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3622 JL 230, 2. Oktober. Nichtamtlicher Theil. schafsung Ihres Handwerkszeuges auf das Maß des Nothwcndigstcn, Unentbehrlichen. Ich selbst besitze von Drucksachen nur den Tacitus, er ist meine Bibliothek. (Seine Wohnung halte in der That kaum sür eine bescheidene Bibliothek ausreichenden Raum, bestand sie doch nur in einem Stübchen mit anstoßender Kammer, wie sie der ärmste Student nicht einfacher aufzeigen konnte.) Wollen Sie sich indessen, fügte er wohl auch in der ihm eigenen, trocken humoristischen Weise hinzu, meine Vierzig Bücher vom Staate anschasscn, meine Herren, so würde ich nichts dawider haben." So seiner Zeit der gefeierte Lehrer, „der Alte vom Staate", wie ihn die Studenten nannten. Den Wink seines alten Lehrers nicht beherzigend, schaffte sich Einsender schon auf Universitäten, besonders aber mit dem Eintritt ins praktische Leben nach und nach die bedeutenderen juristischen Werke an, benutzte sie wohl auch früher viel, später jedoch immer weniger, da ihm in seiner amtlichen Stellung die Gerichtsbibliothek jederzeit zu Gebote stand. So wurde ihm erst in den reiferen Jahren, in denen man durch das Fegseuer des Zweifels in die kühle Gegend der Erkenntniß gelangt, das Wort seines Lehrers klar. Seine Bibliothek war ihm nun nur noch „ ein Bücherhauf, den Wurme nage», Staub bedeckt". Er sah ein, daß, zumal bei der jetzt vorherrschenden Neigung zu codificiren, selbst die Meisterwerke der zcitherigen tonangebenden Rechtslchrer mehr und mehr ver alte» würden. Darum, als er den Dienst guittirtc, entschloß er sich zugleich, sich nur von den klassischen Werken unserer großen Dichter und Denker, zu deren Studium ihm von nun an erst die ersehnte Muße vergönnt war, in die Einsamkeit des Ruhestan des begleiten zu lassen, des übrigen Wissensquatms aber, seiner ju ristischen Bücher sich zu entäußern. Der Erlös der einer Buchhand lung in Leipzig übertragenen Versteigerung deckte jedoch kaum die Kosten; und als er jüngst noch das Bücher-Verzeickniß eines ver storbenen befreundeten Juristen auf Ansuchen seiner Wittwe einigen hiesigen Antiquaren vorlegte, schätzten diese den Werth der Bücher gleich Maculatur. Aehnlich aber wie um den Werth juristischer Bücher, mag es, selbstverständlich mit Ausnahme gewisser besonderer Wissenszweige, Wohl auch mit dem in anderen Fachwissenschaften sichen. Darum, wer nicht Sammler aus Passion ist, hüte sich vor Anhäufung solch todter Schätze, eingedenk der Worte des alten Zachariä, dessen ganze Bibliothek eben nur in den Werken jenes großen Römergeistes bestand, eingedenk der Aufschrift am Japanischen Palais — usui xublico xatons —, er wird dabei in seiner Wohnung einen immer kostbarer werdenden Raum, er wird viel Geld, er wird sich endlich die Sorge ersparen um das Vergilben und Verstauben, um Motten fraß und Rostflecken, um das Veralten und Erhalten. — 'Also thut der „Dresdner Anzeiger" zu wissen. Miscellcn. Aus Berlin. DieBank- und Handels-Zeitung berichtet unterm 28. Sept.: „Wie uns mit Bestimmtheit versichert wird, befindet sich ein Preßgcsetzentwurf für das Reich in Vorbereitung und allem Anschein nach in vorgerückterem Stadium, als dies nach den letzten Zeitungsmittheilungen erwartet werden konnte. Die preußische Regierung ist damit einverstanden, daß der Grundsatz der Stempelfrciheit der Zeitungen in das Gesetz ausgenommen werde." Die Ausgaben deutscher Classiker. — An die Aushe bung der Privilegien und Vcrlagsrechtc für viele unsrer Autoren knüpften sich gewiß große Erwartungen von Seiten der Verleger und der Sortimenter, ebenso auch mit Recht von Seiten des ge- sammten Publicums. Fragen wir, wieweit sich dieselben erfüllt haben, so bleibt doch zu bekennen, daß der deutsche Buchhandel den seiner Speculation eröffnet-» Spielraum nicht genügend ins Auge gefaßt habe. Es fehlt in der That an Ausgaben, welche ansprechend genug gelten können, um den Verehrern unsrer Classiker zugleich ein angenehmer Besitz zu sein, würdig ihres hochgeschätzten Inhaltes. Es erschienen zumeist billige Ausgaben, ermöglicht durch gedrängten Druck auf knapp bemessenem, geringem Papiere. Sie mögen ein Bedürfniß erfüllt haben, sind aber für Auge und Herz keine Freude,, und der Sortimenter weiß es, wie sehr man oft davon absieht, ein so für die Mindestzahlenden berechnetes Werk etwa als ein Geschenk anzubietcn, obgleich Hrn. Volckmar's Einbände noch ihr Möglichstes sür diesen Zweck thnn. Von einigen Schriftstellern gibt cs, um auch dem gerechten Verlangen nach richtigeren Texten zu entsprechen, kriti sche Ausgaben in schönen Drucken, die wiederum durch hohe Preise nur Wenigen sich zugänglich machen. Ausgaben hingegen, die in höchster Vollständigkeit ihren Werth suchen, und alles aufnehmen, was die früheren Herausgeber oft mit gutem Grunde verwarfen, können eigentlich nur dem Literator von Fach von Interesse sein, am wenigsten oft der Jugend und somit der Hausbibliothek dienen. Durch sogenannte Auswahl und billige Einzelausgabe vorzüglicher, namentlich poetischer Werke hat der Buchhandel ebenfalls vielen Wünschen zu entsprechen gewußt. Allein ein noch immer erst zu erfüllender Wunsch des Publicums besteht darin: Ausgaben seiner elastischen und Lieblingsschriftsteller zu besitzen, welche den correcten Tert in einem handlichen klein Octav in deutlichem Drucke und aus gutem Papiere bieten, und ebenjd anständige als gefällige Bände bilden, etwa wie eine frühere Eotta'sche Schillerausgabc. Wären diese Bände so eingerichtet, daß außer den Titel» für die sämmt- lichen Werke auch die Einzellitel voranständcn, und wären dieselben einzeln käuflich, so würde zugleich Jeder die ihm beliebende „Aus wahl" selbst treffen können. Solche Ausgaben zu mittleren Preisen würden dankbare Abnehmer finden; und wenn den große» Klassi kern in solider würdigen und ansprechenden Weise ausgestattet sich die Drucke anderer, auch neuerer Dichter und prosaischer Schriftstel ler anschließcn wollten, so würde schon das gleiche Formal zu man chem Ankäufe verlocken, wie die Erfahrung früher mit dem soge nannten Schillerformat gelehrt hat. Möchte diese Aussprache, im Name» des kauflustigen Publicums an die Verleger gerichtet, Zu stimmung und Berücksichtigung finden. nck. Zur Ausstellung v on Zeugnissen. — Während an dieser Stelle gewohntcrmaßen alle unsre geschäftliche» Mißstände, manchmal selbst unwesentliche, zur Besprechung kommen, hat ein Uebelstand von meist unberechenbar nachtheilbringendcn Folgen, seit langem wenigstens, noch keinen der Herren College» zu einer Rüge veran laßt. Einsender meint das sehr häufige Erthcilcn glänzender und rühmend empfehlender Zeugnisse an unfähige und unmoralische Ge hilfen. Abgesehen von dem Schaden, Verdruß und häufigen Wech sel, der den Prinzipalen, die sich bei Besetzung vacanter Stellen natürlich nach den Zeugnissen der Bewerber richten, aus dein leicht fertigen Ausstellen unwahrer Zeugnisse erwächst, ist dieses Verfahren auch eine unverantwortliche Benachtheiligung derjenigen Gehilfen, welche neben Bildung, bnchhändlcrischcn Kenntnissen und Fleiß auch den erforderlichen moralischen Halt besitzen, um ohne Beaufsichtigung selbständige Stellungen mit Ehren auszufiillen, denen aber meist die Zudringlichkeit der lockeren Zugvögel abgeht. — In jüngster Zeit wenden sich dem Buchhandel so viele junge Leute zu, daß es sür uuscrn Stand gewiß kein Nachtheil wäre, wenn dergleichen räudige Schafe aus demselben ausgemerzt würden. . . . l. I-ps. Eine Hauptschwicrigkeit zum Jncasso der Buchhändler- Reste von langsamen Zahlern sind die verschiedenen Gesetzgebungen,