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Kurze Mitteilungen. 23. Dezember 1927 Zn Berit n wurde in 90 Fällen ärztlicher Bei stand wegen Unglücksfällen infolge Glatteises in Anspruch genommen. j Die Erwärmung in Deutschland Hal wei tere Fortschritte gemacht. Nur in einigen Gegenden Sachsens, in Schlesien und Ostpreußen sind noch Tem peraturen von unter Null Grad zu verzeichnen. Zn der gestrigen Senatssitzung verteidigte sich Poincare gegen die Norwürfe gegen seine Finanz- Politik. Die Schweizer Regierung verlangt von Frankreich die Auslieferung des Prinzen ! Ferdinand von Bourbon wegen einer Bc- truqsaffäre. s Politische Tagesschau. Der braunschweigische Weser kreis will zu Hannover. Der gestrige außerordentliche Kreis tag des Kreises Holzminden hat gestern einstimmig einen Beschluß gefaßt, in dem es heißt: Der braun schweigische Weserireis Holzminden gehöre für den Fall einer Neueinteilung des Deutschen Reiches zu dem Teil, zu dem die jetzige Provinz Hannover komme, da er da mit geographisch, wirtschaftlich, volksstämmisch und ge schichtlich von jeher verwachsen sei. Weihnachtsbegnadigungen in Bayern. Anläßlich des Weihnachtsfestes hat der bayrische Minister rat eine Anzahl Begnadigungen beschlossen. So werde der seinerzeit wegen Landesverrat zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilte Freiherr v. Leoprechting unter Umwandlung seiner Strafe in acht Jahre Zuchthaus, wovon er sechs Jahre verbüßt hat, in Freiheit gesetzt. Außerdem wurde der Metzger Lindner, der seinerzeit im Bayrischen Landtag die Attentate gegen den Minister Auer, den Abg. Ose! und Major Joreis verübt hat, wobei dieser schwer verletzt und die beiden anderen ge tötet wurden und der deshalb zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, nach Verbüßung von sieben Jahren seiner Strafe unter Zubilligung einer Bewäh rungsfrist für den Strafrest aus dem Zuchthaus entlassen. Weiter wurde der am Eeißelmorde beteiligt gewesene Zuchthausgefangene Huber, der zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, nach Verbüßung von sieben Jahren seiner Strafe auf freien Fuß gesetzt. Aus Sem Gerichtssaai. 23. Dezember !92: Der tödliche Autsunfall auf dein Gesrgplatz. Ein entsetzlicher Unfall trug sich am 14. November gegen 11 Uhr vormittags an der Ecke Georgplatz und Bürger wiese zu. Das Dienstmädchen Frieda Paul, geboren 1908 zu Mengelsdorf bei Görlitz, in der Moritzstraße in Stellung befindlich, kam zu vorgenannter Stunde, einen kleinen zweirädrigen Wagen vor sich herschiebend, die Straße entlang gefahren, und wurde von einem mit Ziegeln schwer beladenen Lastkraftwagenzug überholt. Die Paul wurde offenbar zu scharf geschnitten. Die ihr drohende Gefahr erkennend, klammerte sie sich an den Anhänger an, kam aber dabei doch zu Fall und geriet mit dem Kopf unter das rechte Hinterrad des schweren Anhängers. Der Kopf des Mädchens wurde buchstäblich breitgefahren, der Tod trat auf der Stelle ein. Durch die Deichsel des von der Verunglückten geschobenen kleinen Wagens wurde auch noch ein Fußgänger ge troffen und mit umgerissen. Der Führer und Besitzer des Lastkraftwagenzuges, der 1898 zu Starbach bei Nossen geborene und in Dresden wohnhafte Spediteur Erich Gehre müßte sich am Donnerstag wegen fahrläs siger Tötung und Uebertretung der Kraftfahrbestim mungen vor dem Gemeinsamen Schöffengericht Dresden verantworten. Der Angeklagte bestritt, eine Fahrlässig keit begangen zu haben, er will die Verunglückte wohl ge sehen und geglaubt haben, sie wolle nach der anderen Seite fahren. Wie sich der Anfall ereignen konnte, sei ihm unerklärlich. Das Gericht vernahm hierzu eine An zahl Zeugen, darunter den Kriminalkommissar Schimmel, der die polizeilichen Feststellungen getroffen hatte. Aus der Beweiserhebung ergab sich, daß die Paul etwa acht bis zehn Meter geschleift worden ist, bevor sie mit dem Kopfe unter das Rad geraten war. Gehre wurde der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden und zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Lus atter Wett. 23. Dezember 1927 * Fleischvergiftungen in Schwerin. Bor einigen Tagen sind in Schwerin über 25 Personen unter be denklichen Magen- und Darmvergiftungserscheinungen schwer erkrankt. Sämtliche" Erkrankten hatten von einem hiesigen Schlächter rohes Schabefleisch ekauft. Todesfälle sind glücklicherweise bisher nicht zu ver zeichnen. * Eine Fran mit ihren drei Kindern erstickt. Wie ein Morgenblatt aus Königsberg meldet, wurde am Donnerstag in Stuhmersfelde (Kreis Stuhmf die Frau Detektorempfang aus 15V Kilometer. Der neue „Deutschlandsender bei Königswusterhausen", wie j er amtlich heißt, stellt ein neues Meisterwerk deutscher Technik dar. Die internationale Eifersucht, den Aether zu beherrschen, hat dazu geführt, daß die fremden Staaten, die von jeher auf die Ausnutzung jeder Propagandamöglichkeit den größten Wert gelegt haben, Sender bauten, deren Wellenbereich erheblich über die Staatsgrenzen hinausging und damit zur Förderung wirt schaftlicher und kultureller Ideen herangezogen werden konnte. Der letzte Fall, der die Bedeutung eines Senders klar illustriert, ist der der polnischen Funkstation Kattowitz, die das Arbeiten des deutschen Senders in Eleiwitz illusorisch macht. Um diesen ausländischen Stationen erfolgreich gegenüber- ' treten zu können, wurde in Zeesen der neue Sender erbaut, der eine Leistung von 120 Kilowatt «ufweist und damit die bisher größte englische Station, die nur über eine Leistung von 50 Kilowatt verfügt, bei weitem übertrifft. Der Sender wird in ganz Europa zu hören sein und vermutlich auch darüber hinaus greifen. Detektorapparate können ihn im Umkreise von 150 Kilo meter aufnehmen. Technisch bemerkenswert ist, daß statt der Schalthebel durchweg überall Druckknopfsteuerung angewendet worden ist. Ein Druck auf einen Knopf genügt, den ganzen ' Sendebetrieb ein- oder auszuschalten; auch alle übrigen Schal- tungen sind mit Druckknopf versehen. ; Die Antennenmaste, die unser Bild zeigt, sind 210 Meter ! hoch, 450 Meter voneinander entfernt und tragen eine aus fünf Drähten von je 280 Meter Länge bestehende Antenne. Im i Innern der Maste befinden sich Winden, die das Auf- und Ab lassen der Antenne ermöglichen. Aurores Hochzeitsreisen. Roman von Ulrik Uhland. Berechtigte Übersetzung aus dem Schwedischen von Rhea Sternberg. 62) lRachdruck verboten.) Als sie mit dem Packen fertig waren, klingelte Äurore und ließ Schokolade bringen. Agneta war strahlend und entzückt von Aurores Liebenswürdigkeit. „Wohin fahren Sie?" fragte Agneta schließlich. „Machen Sie eine weite Reise?" „Das weiß ich nicht. Zunächst geht es nach Stock holm und dann werde ich weiter sehen. Ich nehme meine Schwester Metta mit. Bielleicht gehen wir ins Ausland." „Ins Ausland?" fragte Agneta erstaunt. „Ja. 'Aber ich weiß, wie gesagt, noch nichts Be stimmtes." „Und wann kommen Sie zurück?" „Zurück?" wiederholte Äurore — und dann schwieg sie, ohne zu antworten. Sie nahm eine dünne russische Zigarette aus dem Kasten aus dem Tisch und zündete sie au. Und plötzlich überkam sie das Gefühl der ganzen Tragik, die in einer Scheidung lag. In tiefe Gedanken versunken, hörte sie kaum, was Agneta sagte. „Sagen Sie mal, Agneta," fragte sie plötzlich, „wie finden Sie Ihren Onkel?" „Meinen Onkel? Clarenee meinen Sie?" „Ja, Clarence, Clarence Nelson," erwiderte Äurore langsam. Wie gut dieser Name zu ihm paßte, etwas Starkes und Klangvolles lag darin, genau wie in seiner Stimme. „Sie sind wirklich komisch, Sie bewe," lächelte Agneta. „Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die verheiratet und sich doch so fremd sind." „Finden Sie das?" „Ja, es ist, als wären Sie soeben erst miteinander bekanntgeworben " „Vielleicht sind wir oas auch," meintc Äurore und setzte sich bequem aus dem Sosa zuicchr „Und das Drolligste ist," suhl Agneta fort, „daß Clarence auch gestern fragte, wir ich Sic fände, Äurore." I „Nenne mich nicht Sie." bat Äurore. „Also, wie ich dich fände," „Und was hast vu geantwortet?" „Ich weiß nicht, ob ich es wiederholen darf," sagte Agneta lachend. „Du darfst mir nicht böse sein, teils kannst du dich geschmeichelt fühlen und teils verletzt." „Das tut nichts. Erzähle mir s nur." „Run, ich sagte, du seiest die schönste und vornehmste Frau, die mir je begegnet sei, aber auch die kälteste." „So, das ist allerdings Angenehmes und Unange nehmes zugleich, doch das erstere ist jedensalls das Vor wiegende." „Hatte ich nicht recht?" „Nun, über das erstere kann ich mich nicht gut äußern," antwortete Äurore. „Ach, du weißt ja doch, daß du schön bist," lachte Agneta. „Sonst könntest du dich nicht so gesucht kleiden, wie du es tust." „Das ist auch ein Gesichtspunkt." „Ja, lache nur nicht darüber. Ich finde, es ist ein rechter Genuß, eine so schöngekleidete — sagen wir Prin zessin zu sehen, wie du es bist." „Eine Prinzessin? Na, weißt du, Agneta!" „Das habe nicht ich herausgefunden." „Wer denn sonst?" „Clarence." „Clarence?" Äurore errötete. Und Agneta mußte lächeln. „Gott, wie drollig ihr seid. Eine junge Frau, die errötet, wenn sie hört, daß ihr Mann ihr ein Kompliment gemacht hat. Aber jedensalls ist es wahr, daß er mir geantwortet hat: Ja, sie ist schön und vornehm wie eine Prinzessin." „Und warum glaubst du, daß ich kalt sei?" fragte Äurore nach einer kleinen Pause. „Ja, das weiß ich nicht recht, aber du gehst hier um her und siehst aus, als gehörtest du nicht hierher." Äurore schwieg. „Ich wollte dich nicht betrüben,' sog!: Agneta, als sie sah, welchen Eindruck ihre Worte auf Äurore gemacht ! eines auswärts tätigen Stellmachers und ihre drei ! Kinder im Alter von 9, 15 und 16 Jahren in der Woh- nung tot aufgefunden. Man vermutet, daß die Familie den Gasen aus einem alten Ofen zum Opfer gefallen ist. * Stahlkabel um „8 4". Es gelang den Tauchern, nach angestrengtester Arbeit, zwei Stahlkabel unter den Rumpf des „8 4" zu legen. Die Rettungsschiffe - werden nunmehr versuchen, das Boot zu heben. Da ; die See sich inzwischen verhältnismäßig beruhigt und der Sturm nachgelassen hat, hofft man, daß der Ver- ! such gelingen werde. Inzwischen haben die Taucher die Außenhaut des Bootes durchbohrt und ein Luft- ! ventil angebracht, durch das, wie bereits gemeldet, fünf ! Stunden lang Sauerstoff mittels eines Luftschlauches eingepumpt wurde. Die eingeschlossene Mannschaft gab jedoch auf die Klopfsignale der Taucher keine Antwort. Es muß also mit der Tatsache gerechnet werden, daß . alle Matrosen inzwischen ihren Tod gefunden haben. * Schwerer Unfall auf einem französischen Kriegs- > schiff. Nach der Meldung eines Morgenblattes aus Paris ereignete sich auf dem Aviso „Remiremont", der dem Kriegshafen von Cherbourg zugeteilt ist und sich auf einer Probefahrt nach Brest befand, am Mittwoch abend, wie jetzt erst vom französischen Marinemini sterium bekannt gegeben wird, ein Dampfrohrbrnch. Zwei Deckoffiziere und ein Matrose wurden durch die ausströmenden Dämpfe so schwer verbrüht, daß sie ihren Verletzungen erlagen. Zwei Offiziere und ein Matrose kamen mit leichteren Brandwunden davon. " Explosion im Küchenherd. Wie ein Abendblatt aus Kattowitz berichtet, ereignete sich gestern in der Villa des Direktors Portzyl in Hohenlohenhütte eine sehr heftige Küchenexplosion. Der Luftdruck war so stark, daß eine Wand vollständig zusammenstürzte und die Mauerstllcke 30 bis 40 Meter weit umhergeschleuoert wurden Unter den Trümmern wurden die Frau des Direktors und ein elf Monats altes Kind begrabet, während sich ein Dienstmädchen, das sich im Neben zimmer aufhielt, vor Schreck aus dem Fenster stürzte. Die Frau, sowie das Dienstmädchen erlitten schwere Verletzungen und wurden nach dem Krankenhause ge schafft. Die Explosion ist vermutlich darauf zurückzu führen daß sich in den Kohlen ein Sprengkörper be fand. * Die Prinzessin Karaqeorgewitsch lebensgefähr lich verletzt. Wie die Morgenblätter aus Genf melden, geriet ein von der österreichischen Baronin Henriette Pflüge! gelenktes Automobil, in dem ihre Mutter die Prinzessin Dadia Karageorgewitsch und deren Kam merfrau saßen, auf einer vereisten Straße ins Schleu dein und fuhr mit voller Wucht gegen einen Chaussee bäum. Die Prinzessin stürzte kopfüber aus dem Wagen gegen den Baum und erlitt sehr schwere Verletzungen. Baronin Pflüge! erlitt ebenfalls schwere Verletzungen und ebenso die Kammerfrau. Alle drei wurden in eine Klinik gebracht. Das Befinden der Prinzessin gibt zu den ernstesten Befürchtungen Anlaß. " Mysteriöse Vergiftungen in Linz. In den neu erbauten Häusern, die erst gestern bezogen worden sind, erkrankten in der letzten Nacht insgesamt zehn Personen unter mysteriösen Vergiftungserscheinungen. Zwei der Erkrankten sind bereits gestorben. Vor der Uebersied lung aus den Wohnbaracken in die neuen Wohnungen war das Inventar der Mieter gegen Ungeziefergefahr mit Blausäure desinfiziert worden. Man vermutet nun, daß Reste von Blausäuregas in den Möbeln, ins- besöndere in den Snohsücken zurückgeblieben sind und die Vergiftungen verursacht haben. Allerdings ist auch eine Kohlenoxydgasvergiftung nicht ausgeschlossen. * Explosionsunglüü in Southport. In Southport explodierte heute ein großer Gasbehälter. Der Ex plosion folgte ein Brand, der bedeutenden Schaden an richtete. Zwei Arbeiter wurden verletzt. * Erdrutsche auf Sumatra. Aus Padang werden große Erdrutsche gemeldet, darunter ein Bergsturz von IO000 Kubikmeter. Einer der Hauptverbindungswege ist völlig versperrt. Die Aufrüumungsarbeiten werden mindestens einen Monat dauern. hatten. Sie legte den Arm um sie und küßte sie auf die Wange. „Siehst du, Äurore, ich bin nicht so dumm, wie du glauben magst. Ich habe natürlich gemerkt, daß etwas zwischen dir und Clarence nicht m Ordnung ist. Du bist nicht glücklich und er ist es auch nicht" Äurore schwieg. Sie fühlte, daß sie ihre Stimme nicht beherrschen könnte, wenn sie spräche. Sie strich die Asche von ihrer Zigarette und sah Agneta an. „Hast du schon geliebt?" fragte sie dann plötzlich. „Ich?" Agneta errötete. „Du bist süß, Kleine, und auf die Kunst der Verstel lung verstehst du dich nicht," lachte Äurore. „Nun, wer ist es denn, den du liebst?" „Der, von dem ich dieses Armband hier bekommen habe." „Das ist ja eine sehr diplomatische Antwort. Aber ich will auch diplomatischen Takt beweisen und nicln weiter fragen." „Das täte im übrigen auch nichts," sagte Agneta lächelnd. „Denn er kommt in einigen Tagen, nm Papa einen Besuch zu machen." „Dann werde ich ihn also nicht mehr sehen?" „Nun, du wirst ja doch zurückkommen." „Das kann man nie wissen. Es kann mir ja auf der Reise etwas zustoben." Sie sagte es scherzend Dann bat sie: „Erzähle mir doch alles." Interessiert hörte sie Agnetas Bericht und lachtc über ihre Schilderung des alten Junggesellen im Schlaf rock, der sich plötzlich in einen stattlichen, jugendlichen Herrn verwandelt hatte. „Wo hast du denn deine Ringe gelassen?" fragte Agneta unvermittelt. „Ich nahm sie vorhin ab. Sie liegen dort auf dem Tisch. Sie sind mir zu groß geworden und saßen in der letzten Zeit eigentlich ein wenig zu lose auf den Fingern," fügte sie mit einer gewissen Selbsiironic hinzu. „Dieser Brillantring ist entzückend," erklärte Agneta, indem sie ihn aufnahm ^Fortsetzung folgt.)