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Tagesspruch. Nur ein Glück, nur eines gibt's hinieden. Fast für diese Welt zu gut und groß: Häuslichkeit! In deines Glückes Frieden Liegt allein -der Menschheit großes Los. Der StahlhelmM untersagt. Beschwerde eingelegt. Die Filmprüfstelle in Berlin hatte sich mit dem Film zu befassen, der vom 11. Reichsfrontsoldatentag in Koblenz helgestellt worden war. Nach Borführung des Films gaben die Vertreter der beteiligten Ministerien ihre Gutachten ab. Zunächst äußerte sich der Vertreter des Auswärtigen Amtes dahin, daß eine Gefährdung unserer Beziehungen zum Auslande durch den Film nicht vor liege, da er lediglich einen Bericht über ein Ereignis dar stelle, über das im Auslande bereits ausgiebig in Wort und Bild berichtet worden sei. Anschließend äußerte sich der Vertreter des Neichswehrmtnisteriums, der gleichfalls erklärte, daß gegen den Film keine Bedenken vorliegen, zumal irgendwelche militärischen Übungen nicht gezeigt würden. Schließlich erklärte der Vertreter des Neichs- inncnministeriums, der Film zeige lediglich Bilder eines erlaubten Aufmarsches ohne jede hetzerische Tendenz. Eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sei daher nicht zu befürchten. Nach dreiviertelstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende der Kammer den Beschluß: Die Aufführung des Films ist verboten. In der Begründung hieß es, der Film sei geeignet, die öffentliche Ruhe und Ordnung zu gefährden. Ebenso gefährde er die Beziehungen Deutschlands zum Auslände, da man im Auslande aus den im Film gezeigten Bildern „die militärische Bereitschaft Deutschlands zum Kriege er kennen" könne. Im Anschluß an die Begründung des Beschlusses teilte der Vorsitzende der Kammer, Negierungsrat Dellin ger, mit, daß er selbst Beschwerde gegen diesen Be schluß der Kammer einlege, da dieser Beschluß in starkem Gegensatz zu den Gutachten der Sachverständigen gefällt worden sei. Dieser Beschwerde schloß sich der Vertreter des Stahlhelms an, so daß sich nunmehr die Filmober prüsstelle mit der Frage der Zulassung des Stahlhelm films wird beschäftigen müssen. Der Berliner Lokalanzeiger bezeichnet dieses Verbot als „Rache der Linken". -i- Die Filmoberprüfstelle hatte sich mit dem Antrag aus Widerruf der Zulassung des Films „Gebändigte Kraft", eines Werbewnsllms für Elektrizitätsverbrauch, zu be schäftigen. Da in diesem Film Petrus im Himmel gezeigt Wird, hatte sich der Vertreter der katholischen Kirche, Prälat Wienken, gegen die Aufführung gewandt. Die Filmoberprüfstelle kam nach kurzer Beratung zu dem Verbot der beanstandeten Rahmenhandlung mit der Begründung, daß die Darstellung des Petrus geeignet sei, das religiöse Empfinden der katholischen Volks- krcise zu verletzen. Außerdem gab die Filmoberprüfstelle noch einer thüringischen Beschwerde gegen den Film „Das Ge schlechtsleben und seine Folgen" statt, so daß zwei Stellen aus dem Bildstreifen geschnitten werden mußten, da sie verrohend und entsittlichend wirken. * Proteste gegen das Kiimverboi. Das Reichsbanner hat für die nächste Zeit zu Protest- Versammlungen gegen das Verbot „Im Westen nichts Neues" aufgerufen. In einer in Potsdam bereits abgehal tenen Reichsbannerversammlung betonte der Berliner Polizeipräsident, daß der Kampf gegen den Film nur ein Vorwand für den Kampf gegen die Republik war, die die Völkerverständigung wünscht und die Wiederholung der Kriege, der furchtbarsten Geißel der Menschheit, verwirft. Wis das KÜmmteil beurteilt wird. Das Urteil der Filmoberprüfstelle, die den Film „Im Westen nichts Neues" für ganz Deutschland verbot, Hai die parteipolitische Kritik mobil gemacht. Während die linksstehende Presse den Urteilsspruch scharf ablehnt, be grüßen die übrigen politischen Kreise bis zum Zentrum oas Verbot des Films. Es ist interessant, die Stimmen der einzelnen politischen Meinungen zu verfolgen. Der sozialdemokratische Vorwärts schreibt zu dem Urtcilsspruch: Was nun geschehen ist, ist ein Erfolg der Nationalsozialisten in ihrem Bestreben, das, was sie „das Novemberverbrechen" nennen, nnaescheben zu machen. Es ist M SWWeit der deiitsiheil Minderheit Neue deutsche Beschwerde in Genf. 200 neue Deutschenmißhandluugeu iu Polen. Die deutsche Negierung hat dem stellvertretenden Generalsekretär des Völkerbnndes eine Nachtrags note zu der vor einiger Zeit überreichten großen deut schen Beschwerdenote in der oberschlesischen Frage überreicht. Die Nachtragsnote enthält ergänzendes Material zu der ersten deutschen Note und bringt neue schwere Terror fälle in Oberschlesten dem Völkerbundrat zur Kenntnis, jedoch werden in der deutschen Nachtragsnote keinerlei konkrete Forderungen, wie Be strafung der Schuldigen, Entschädigung der Verletzten oder Revision der polnischen Wahlen, erhoben. Die deutsche Nachtragsnote wird sämtlichen Mit gliedern des Völkerbundrates und auch der polnischen Regierung übermittelt werden. Der neuen deutschen Note liegt eine ganze Reihe von bisher unbekannten Fällen zugrunde. Die deutsche Note vom 27. November hatte schon zum Ausdruck gebracht, daß aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht sämtliche Terrorfälle aufgeführt werden können, sondern daß man an Hand von besonders krassen Beispielen die Schutzlosigkeit der deutschen Minderheit kenn zeichnen wolle. Inzwischen sind aber 200 neue Fälle nach und nach bekanntgeworden, die eine weitere Er härtung des ersten deutschen Schrittes in Genf bedeuten. Auf folgende Fälle fei insbesondere hingewiesen: Am 13. November wurde der deutsche Minderheitenangehörige Raiwa in seiner Wohnung von mehreren Ausständischen überfallen und mißhandelt. Seine Schwester wurde mit dem Gummiknüppel geschlagen. Die Eindringlinge ent fernten sich mit der Drohung, daß Raiwa wie ein Hund niedergeschossen würde, falls er Anzeige erstatte. Zwei Tage darauf wurde der deutsche Minderheitenangchörige Painczhk ebenfalls von Aufständischen überfallen und schwer verletzt. Als seine Fran ihn ins Krankenhans überführen wollte, und um Polizeischutz bat, wurde dieser Wunsch abgclehnt. Am 22. November wurde der Kesselheizer Broisch in Eintrachthütte von einer polnischen Bande in seiner Wohnung überfallen und, kaum bekleidet, auf die Straße geschleppt und so lange geschlagen, bis er zusammcnbrach. Am selben Tage wurde der Arbeiter Andreas Kasparitus in Schwientochlowitz von Aufständischen überfallen. Die Wohnung wurde völlig demoliert. Ein weiterer, der Öffentlichkeit noch nicht bekannter Fall ereignete sich am 23. November, wo ein deutscher Minderheitsangehöriger aus dem Wahllokal herausgeholt und schwer mißhandelt wurde. In diesem Falle beteiligte sich der polnische Polizeibeamte Popiec, der die Uniform der Aufständische» trug, an den Mißhandlungen. Bei den bekannten Zwischen fällen in Golassowitz wurde der Tod des Polizeibeamten Schnapka zum Anlaß benutzt, um 43 deutsche Minderheits angehörige zu verhaften. Die Verhafteten wurden eine ganze Nacht über in einem Kohlenkeller ein gesperrt. Sie wurden verhindert, sich hinzusetzen oder auch nur sich an die Wand zu lehnen. ein Rückfall in de» Geist, der im kaiserlichen Deutschland während des Krieges herrschte. Es ist ein erster Schritt, aber das französische Sprichwort, daß es nur der erste Schritt ist. der kostet, gilt hier nicht. Der erste Schritt scheint noch billig zu sein, aber wie teuer das ist, was daraus folgt, kann heute noch kein Mensch ermessen! Das demokratische Berliner Tageblatt versieht seine Bemerkungen zu dem Filmurteil mit der Überschrift „Kapitulation" und meint, es sei nicht wahr, daß der Film deutsches Ansehen im Auslände gefährde. Seine Ausführun gen gipfeln in dem Schluß: „Das unrühmliche Vorbild darf keine Nachahmung finden Die deutschen Republikaner, die immer noch die große Mehrheil des deutschen Volkes bilden, müssen sich ihrer Kraft endlich bewußt werden, müssen dem Spuk ein Ende machen, mit dem eine nationaifozialistifche Filmoperette, die keine Oberprttfstelle verbietet, täglich die Ordnung und Sicherheil gröblich verletzt und das Ansehen Deutschlands in der ganzen Wett herabzusetzen sich bemüht Das; freilich diese Ausrüumungs- und Aufklärungsarbeit weiter erschwert worden ist, daß der Rechtsradikalismus, des im Stratzenkampf erfochtenen Triumphes froh, zu neue» Talen sich rüstet, das ist der schwere Schaden, den die ietzige ver hängnisvolle Entscheidung angcrichtel Hal" Das Berliner Zcntrumsorgan, die Ger m ania , be gründe! ihren Eimrin für das Verbot folgendermaßen: „Wenn man aus ocm Leben des Fronisotdawn nur die Schattenseiten, nur Minderwertigkeit, Schlechügkeft und Erbärmlichkeit will kürlich herausgreift und zu einem Gesamtbilde runde!, dann entsteh! daraus ein Zerrbild nicht des Krieges, aber des deutschen Soldaten in, Kriege. Diefcs Zerrbild wird zur Tendenz, die sich bis zur schwersten Kränkung für alle >ene »er dichten kann, die ihre einstige Soldalcnpftichi gegenüber Volk und Vaterland aus einer anderen Seelenhaltung und aus einer liesinnerlichen sittlichen Einstellung heraus empfunden und in schwerster Zeir in die Tal umgesetzl haben. Wir lehnen den Film ab, lrotzvem wir den Krieg und jede Spielerei mit dem Kriegsgedanken auf das entschiedenste verurteilen und trotzdem wir aufrichtige Vorkämpfer des Völkersriedens sind. Denn wir wünschen und verlangen, daß die geistigen Wassen, mit denen wir sür den Frieden zu kämpsen entschlossen sind, in ihrer Art makellos und unanlastbar bleiben, daß diese Waffen die echte nationale Würde nicht verletzen." Die der Volkspartei nahestehende Deutsche All gemeine Zeitung beglückwünscht die Filmoberprüs- stelle zu ihrem Mut. „Wir sind froh," so schreibt das Blatt, „daß die gerechten Argumente der Überlegung und der gerechte Zorn der beleidigten Bevölkerung zusammen wenigstens aus gereicht haben, die Oberhand zu behalten. Eine Reinigung der Atmosphäre des öffentlichen Lebens wird die erfreuliche Folge sein. Der Fortschritt in der Selbstbesinnung der Deutschen aus die einfachsten Erfordernisse der nationalen Würde ist zu be grüßen." Der deutschnationale Berliner Lokalanzeiger schreibt: „Der Spruch der Filmoberprüfstelle ist ausgefallen, wie er aussallen mußte. Er hat bestätigt, was wir alle schon wußten: daß der Film „Im Westen nichts Neues" das deutsche Ansehen gesährdet. Und wäre er jetzt in Deutschland nicht ver boten worden, dann hätte man im Auslande mit Recht sagen können, daß Deutschland also anerkenne, von Natur wirklich so beschassen zu sein, wie seine Söhne in diesem Hetzsilm ge- schildert werden, und daß es daher das schlechte Ansehen ver diene, das ihm durch diesen amerikanischen Film in der Weli verschafft werde. Nun ist wenigstens künftiger Schaden einiger Aas Zentrum fordert ein RetchssHntgesetz. Ausbau der Bekenntnisschule verlangt. Die Zentrumsfrattion des Reichstages Hai eine Ent schließung eingebracht, in der ein Ersuchen an die Neichs- regierung angekündigi wird, dem Reichstag den Entwurf eines Rcichsschutgcsrtzes vorzuleaen. Wörtlich heißt, es in der Entschließung: „Die Zentrumsfraktion bcirachiet es nach wie vor als eine ihrer vornehmsten Pflichten, für die Verabschiedung eines Rcichs- volksschulgesetzes in Ausführung des Artikels 146 der Reichs- versassung zu sorgen, das unter Wahrung der Gewissensfreiheit und der Elternrechte eine religiös-sittliche und vaterländische Erziehung des Kindes gewährleistet. Dabei ist im besonderen die Stellung der Bekenntnisschule zu wahren und dort, wo sie ein- geeng! ist, auszubauen." matzen verhütet — der angertchtete allerdings mct» wievergui- gemacht!" Der Angriff, das Berliner Organ des nationalsoziali stischen Abgeordneten Göbbels, schreibt: „Der Schmachfilm ist verboten! Damit Hai die naiionalsozialistische Bewegung den Kamps gegen dieses jüdische Sudelwerk aus der ganzen Linie gewonnen. All die Hungernden und Frierenden, die Verlas senen und Verzweifelnden, die belogenen und betrogenen Frontsoldaten, die Arbeiter der Stirn und der Faust, die am Montag und Dienstag in hinreißenden Massendemonstrationen gegen die jüdische Provokation des Remarque-Films aufmar schierten, sind jene Armee von willensbewutzten und radikalen jungen Deutschen, die es sich nicht mehr gefallen lassen wollen, daß das öffentliche Leben in Deutschland zu einem Skandal und zu einer Schmach und Verhöhnung der deutschen Ehre wird. Sie haben sich hinter unseren Parolen in Marsch gesetzt. Wir werden dafür sorgen, daß dieser Marsch nicht abbricht, sondern daß er ein Ausbruch wird ins neue Reich." Was das Ausland sagt. Die Londoner Presse schenkt dem Verbot des Films „Im Westen nichts mes" ziemliche Aufmerksamkeit. Der Film sei nur ein Vorwand für eine politische Demonstration gewesen, sagt der Berliner Mitarbeiter der „Times". Das Verbot müsse die Extremen ermutigen, die jetzt Haß und Verherrlichung des Krieges unter der Jugend predigten. Die Entscheidung der deutschen Regierung, so sagt die „Morningpost", stehe im scharfen Gegensatz zu der Haltung der preußischen Negierung: denn Herr Severing habe doch gesagt, daß er in dem Film nichts Deutschfeindliches sehen könne. Die Pariser Mocgenbiüner wie „Petit Parisien" und „Matin" beschäftigen sich eingehend mit dem Verbot des Films „Im Westen nichts Neues" für Deutschland. Während der „Matin" das Verbot als einen ersten großen Sieg der Nationalsozialisten nach den Wahlen vom 14. September be zeichnet, betont der „Petit Parisien", daß die von der Ober- prüfstelle angeführten Gründe jeder Grundlage entbehrten. Was den moralischen Wert der deutschen Armee anlange, so habe ein 51 Monate langer Kamps in keinem Lande Europas dazu geführt, ihn jemals in Zweisel zu stellen. Es scheine viel mehr, daß die Reichsregierung die Kundgebungen der National sozialisten fürchte und deshalb zu dem Verbot des Films ihre Zuflucht genommen habe. I - »vu-r vor ver Friedens-Nobelvreise früheren amerikanischen Staatssekretär Kellogg (Ä'fur 19-0 und an den schwedischen Erzbischof Dr. Soederblom (da- wurde der holländische Dampfer „Melhaven", der durch einen im Nebel erfolgten Zusammenstoß mit einem englischen Dampfer ein riesiges Leck in hie Bordwand erhielt. neben) für 1930, die fügen Nobel-Preise vorgenommen wurde. — getrennt von der Ueberreichung der son- — im Hause des Nobel-Instituts in Oslo — Bild rechts: Aus der Weser gerammt