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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend strageruno Geschäftsstellen 2 2-^ nekmen,u jeder Zeit Ne. stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rucksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr LO Reichspsennige. Dor- geschriebeneErscheinungs- —, , tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit !?ernsvremer: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis vorm.10 Uhr. > - — — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Ieder Rabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werdenmuß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigennehmen alleVcrmittlungsstellenentgegen« ?Bllsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 292 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 16. Dezember 1930 Dunkle Schatten. Heute ist Spa-nien durchaus nicht mehr, wie Mephistopheles im „Faust" sagt, „das schöne Land des Weins und der Gesänge," sondern seit dem Rücktritt des früheren Diktators Primo de Rivera durchbrechen die revo lutionären, antimonarchischen Strömungen immer wieder die Oberfläche. Ausgedehnte, langdauernde Streiks, nicht selten auch revolutionäre Erhebungen in der Armee selbst bringen den Boden, auf dem der König und eine kaum verhüllte Diktatur stehen, immer von neuem zum Erzittern und die Schüsse, mit denen einzelne Führer der Revolu tionäre hingerichtet werden, sind nicht bloß eine Art Alarmsignal, sondern sie scheinen kaum eine ab schreckende Wirkung auszuüben. Geradezu dramatisch muten die Schilderungen an, wie jetzt wieder in der nord spanischen Provinz Galicien ein solcher Militäraufstand ausbrach und durch regierungstreue Truppen nieder geschlagen wurde. Aber es sind nicht bloß Teile der Armee, die hier revoltieren, sondern es ist neben der Ar beiterschaft auch die studierende Jugend, die sich seit langem an den Revolten beteiligt. Was man zunächst erzwingen will, ist ja nichts anderes als freie Wahlen zur Volksvertretung, die schon vor mehr als sieben Jahren von dem Diktator Primo nach Hause geschickt und seitdem nicht wieder zusammenberufen worden ist. Wohl nicht ganz mit Unrecht befürchtet man, daß bei den nun festgesetzten, wenigstens vorläufig versprochenen Neu wahlen die Regierung einen entsprechenden Druck aus üben Will, um einen gefügigen „Kongreß" wählen zu lassen. Der jetzt vierundvierzigjährige König Alfons scheint aber letzten Endes selbst bedroht zu sein. Aller dings steht er dem Treiben der Offizier„juntas" offenbar ziemlich hilflos gegenüber, hat sich übrigens auch die Diktatur Primos 1923 durch eine Offiziersrebellion ebenso abzwingen lassen wie die seitherige Ausschaltung des Parlaments. Sofort, als Primo zurückgetreten war und der Druck der Diktatur wenn auch nicht aufgehoben, so doch gemildert wurde, sind die Rufe nach Abschaffung des Königtums und Einführung einer Republik laut geworden und mußten durch militärisches Dazwischengreifen gewalt sam gedämpft werden. Eine weit offen stehende, nahe gelegene Zufluchtsstätte hatten die politischen Flüchtlinge immer an Frankreich und es ist wohl durchaus zutreffend, wenn die spanische Regierung behauptet, daß die Auf ständischen in den spanischen Rordprovinzen auch über die französische Grenze mit Waffen versorgt werden; das wäre nicht zum erstenmal geschehen! „In span'sche Stiefel eingeschnürt," wie auch Mephistopheles einmal sagt, ist freilich das meiste, was an Nachrichten heute aus Spanien herausgelassen wird. Beim Nachbar, in Frankreich, kriselt es auch trotz Bildung des neuen Ministeriums munter weiter. Der Senator Steeg, dem es gelungen ist, ein Kabinett zu sammenzubringen, steht erst noch vor der Feuerprobe der parlamentarischen Abstimmung. Er tat einen Schritt nach links, stützt sich hauptsächlich auf die größte Partei der Kammer, aus die Radikalsozialen, ohne aber eine klare Mehrheit zu besitzen. Die „Affäre Oustri.c" schwebt als dunkler Schatten über den brodelnden politischen Gewässern und der Vorsitz in dem parlamen tarischen Ausschuß, der diese Affäre mit der Überschrift „Po litik und Geschäft" zu untersuchen hat, liegt in den Händen Marins, des Führers einer rechtsradikalen Gruppe und damit der Opposition überhaupt. Auch Tardieu, der Gestürzte — und seinen Sturz führte die demokratisch- radikalsozialistische Mehrheit des Senats herbei — ist erbitterter Gegner des neuen Kabinetts, obwohl zu diesem sogar mehrere seiner bisherigen politischen Freunde ge hören. Aber sie werden von der Rechten als „Verräter" und „Überläufer" beschimpft, und es ist sehr fraglich, ob sie genügend parlamentarische Helfer mitbringen, um die neue Negierung jene Feuerprobe bestehen zu lassen. Briand, der Unverwüstliche, hat auch diesen Kabinetts wechsel überstanden, bleibt Außenminister und sehnt sich vermutlich keineswegs übermäßig nach Tardieu zurück. Im übrigen trifft er sich im Kabinett wieder mit dem jetzigen Handelsminister Loucheur, dem bekannten Groß industriellen, der allerdings zusammen mit Briand 1922 dem Ansturm Poincarös weichen mußte, — um sich ein Jahr später aber mit ihm wieder zu vertragen! Parla mentarisch-politische Krisen in Frankreich haben nämlich ein eigenartiges Gesicht, das vor allem sehr „persönliche" Züge trägt. Or. Curiius in Ostpreußen. V o r d e m B c s u ch d e s R e i ch Z a u ß e n m i n i st e r s. Reichsaußenminister Dr. Curtius wird in Königsberg mit den Vertretern der Provinz Ostpreußen persönlich in Fühlung über die dringlichsten schwebenden Ostfragen treten. In seiner Begleitung befinden sich der Referent der Ostabteiluna des Auswärtigen Amtes, Ministerial direktor Trautmann, sowie der Referent der Osthilfe im Reichsinnenministerium, Ministerialrat Wachsmann, und der persönliche Referent des Ministers, Legationsrat Reinebeck. Dr. Curtius bat für die nächste Zeit noch eine Reise ru seiner persönlichen Unterrichtung nach Oberschlcsien in Aussicht genommen. MgtMWstM IN Wz SWien Die Ausrufung des Generalstreiks. Die volitische Bewegung in Spanien scheint trotz der von der Negierung gemeldeten Niederschlagung des Militäraufstandes von Jaca und der Erschießung der Hauptschuldigen Offiziere den Höhepunkt keineswegs überschritten zu haben. Der Ausrufung des General streiks in Saragossa schlossen sich die Städte Santander, Bilbao, Valencia, San Sebastian, Sevilla, Cadix, Barce lona und noch einige andere an. Der Belagerungs- » zustand ist über das ganze Land verhängt worden. Mili tärflugzeuge überflogen die Stadt Madrid und warfen über allen Kasernen und wichtigen Plätzen gedruckte Pro klamationen ab, nach denen in ganz Spanien die Revolu tion ausgebrochen sein soll. Der abgeworfene Aufruf schließt mit den Worten: „Es lebe Spanien, es lebe die Republik!" Im übrigen heißt es in den Proklamationen: „In ganz Spanien ist die so lange erwartete republikanische Bewegung ausgebrochen, erwünscht von allen, die Gerech tigkeit ersehnen. Volk und Heer haben vereint die Be wegung durchgeführt. Die Nachrichten, die man von der schon eingesetzten republikanischen Regierung erhält, be stätigen den Erfolg, wie er zu erwarten war. Alle müssen sich der Bewegung anschließen, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Tut ihr das, verdient ihr den Dank des Vaterlandes und verhütet, daß unschuldige Opfer fallen. Wenn euch aber eure Schwäche und Ahnungslosigkeit zum Widerstand gegen einen nationalen Willen veranlaßt, so werdet ihr die ersten Opfer sein." Zst Vie Negierung gefährdet? Der Generalstreik allein kann die Regierung nicht ge fährden, da die Arbeiter zum größten Teil ohne Wassen sind. Gefährlicher kann das meuternde Militär werden, das sich nach den Madrider Meldungen sogar im Besitze von Flugzeugen befindet. Anscheinend hat der Abschluß der Revolte bei Jaca in Nordspanien, deren Ende die standrechtliche Erschießung der führenden Offiziere durch Regierungstruppen bildete, den Auftakt für eine neue Welle von Erregung abgegeben. Von großer Bedeutung ist die Frage, ob es gelingt, den Eisenbahnverkehr stillzulcgen. Die Revolutionäre hoffen, daß sich ihnen das Personal von Post und Tele graphie in der Hauptsache anschließen wird. Von dem Aufstand in Jaca hat die Regierung anscheinend vorher überhaupt nichts gewußt. Die Polizei hat vollkommen versagt. Wie eigentlich der Vorstoß aus Huesca gescheitert ist, läßt sich noch nicht feststellen. Behauptet wird, daß die Regierung ihre Verluste verschweige, weil sie den schlechten Eindruck auf die übrigen ihr ergebenen Truppen fürchte. Offenbar ist lange und erbittert gekämpft worden, ehe die Aufständischen von Jaca geschlagen werden konnten. Marokkotruppen werden nach Madrid gebracht. Weitere Verhaftungen. In Gibraltar ist eine größere Anzahl von flüchtigen spanischen Republikanern eingetroffen. Sie berichteten, daß die Zivilgarde in allen spanischen Städten in der Nähe von Gibraltar republikanische Führer verhaftet habe. Die Madrider Regierung hat eine Abteilung Zivilgarde aus Marokko nach Spanien beordert. In Gibraltar verldutet, daß die spanische Regierung auch die Absicht habe, Truppen der Fremdenlegion nach Spanien zu verschicken. Die Artilleristen hätten jedoch gedroht, jedes Schiff zu beschießen, daß mit Truppen an Bord den Hafen verlassen sollte. Im Laufe des Tages teilte die Leitung des Gibral- taer Telephondienstes mit, daß die Telephonverbindung mit Spanien unterbrochen sei. Es liegen keine Nachrichten vor, wann die Verbindung wiederhergestellt werde. Zahlreiche Verhaftungen führender Republikaner wurden in Madrid vorgenommen. Aus Hendaye von der spanischen Grenze wird mit geteilt, daß die Spannung im ganzen Lande ungeheuer ist. Bisher sind mehr als zwanzig führende Mitglieder der Republikanischen Partei, darunter der ehemalige Minister Alcala Zarmoa, der Sohn des früheren Minister präsidenten Miquel Maura, und Alvaro Albornon ver haftet worden. Aus Barcelona wird mitgeteilt, daß die Lage trotz aller Generalstreikberichte normal sei. Die Behörden hätten alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, aber bisher ergab sich keine Notwendigkeit zum Einschreiten. Auch die Telephonverbindungen zwischen Deutschland und Spanien sind gestört. Amtlich wird mitgeteilt, daß die Flieger, die Flug zettel abgeworfen hatten, bei ihrer Landung von regie rungstreuen Truppen gefangengenommen wurden. Paris, 15. Dezember. Nach den am Montag abend aas Spanien hier vorliegenden Meldungen ist der Belagerungszu stand im ganzen Lande verhängt worden. Eisenbahnfahrkarten werden an Reisende nicht mehr verabfolgt. Die telefonischen und telegraphischen Verbindungen mit Nordspanien sind unterbrochen. In Barcelona soll der angekündigte Generalstreik mißlungen sein. Abgesehen von starken Polizeiaufgeboten biete die Stadt das üb liche Bild. Von amtlicher spanischer Seite verlautet, daß die re volutionäre Bewegung, die am Montagmorgen in San Sebastian zum Ausbruch kam. innerhalb kurzer Zeit unterdrückt worden sei. Die Regierung betont in diesem Zusammenhang, daß die Auf stände in Jaca und San Sebastian rein örtichen Charakter hätten. In Madrid selbst herrsche Ruhe. Niederwerfung der Aufstandsbewegung auf dem Militärflugplatz bei Madrid Paris, 15. Dezember. Wie sich jetzt herausstellt, hat der inzwischen im Flugzeug nach Portugal geflüchtete bekannte spa nische Flieger Major Franco die Absicht gehabt, vom Militärflug platz Cuatro Vientos aus eine Putschbewegung gegen die Madri der Regierung einzuleiten. Die Besatzung des Flugplatzes — ins gesamt etwa 500 Mann, sowie mehrere Offiziere, darunter auch der Kommandant des Flughafens — hatten sich der Bewegung angeschlossen. Von Cuatro Vientos aus wurden — wie bekannt — mehrere Flugzeuge nach Madrid entsandt, um die Flugblätter, in denen zur Revolution anfgefordert wurde, abzuwerfen. Die Madrider Regierung hatte jedoch sehr bald Mitteilung von den Vorkommnissen auf dem Flugplatz erhalten und schickte re gierungstreue Truppen aus, die sofort das Artilleriefeuer auf die Flugplatzanlagen eröffneten. Schon nach kurzer Zeit ergaben sich die Aufständischen. Major Franco und die übrigen Offiziere flüch teten in vier Flugzeugen. Die Regierungstruppen fanden auf dem Flugplatz mehrere Flugzeuge vor, die mit Bomben versehen wa ren. Anscheinend sollten sie dazu bienen, die in den Flugblättern enthaltene Drohung eines Bombardements der Hauptstadt in die Tat umzusetzen. Ueber die Zahl der Opfer, die die Beschießung des Flugplatzes gefordert hat, ist noch nichts bekannt. An der spanisch-französischen Grenze ist von der spanischen Grenzpolizei die Kontrolle verschärft worden, um eine Flucht der Aufständischen zu verhindern. Der Pyrenäenkamm ist mit hohem Schnee bedeckt, sodaß eine Üeberquerung große Schwierigkeiten bereitet. Major Frarrcos Flucht Madrid, 16. Dezember. Die Regierung läßt durch die Madrider Blätter Sonderausgaben verbreiten, in denen über die Ereignisse am Montag eingehend berichtet wird. Von der Regie rung wird besonders darauf hingewiesen, daß Anzeichen vorhan den seien, daß Major Franco der Führer der gescheiterten Auf standsbewegung gewesen sei. Sicher sei, das Franco am Montag morgen Madrid überflogen habe. Während der Kapitulation der Besatzung des Flugplatzes Cuatro Vientos hätten Major Franco und General Oueipo Del Lano ein Flugzeug bestiegen und seien nach privaten Meldungen entflohen. Eine Jagdstaffel habe die Verfolgung ausgenommen. Um die Mittagszeit wurde der Belagerungszustand über Madrid verhängt. Der Bruder des Ministerpräsidenten, der Ge neralkapitän von Madrid. Federico Berenguer, hat das Oberkom mando übernommen. Nach dem aus der Provinz vorliegenden Meldungen herrscht dort im allgemeinen Ruhe. Nur in San Se bastian wurde der Versuch gemacht, einen Aufstand anzuzetteln. Mit Pistolen bewaffnete Republikaner drangen in das Zivil gouvernement ein und nahmen den Gouverneur gefangen. Es ge lang aber bald, die Bewegung zu unterdrücken und den Gouver neur zu befreien. 51 englische Parlamenta rier gegen die Polengreuel. London, 15. Dezember. Auf Veranlassung der „Vereini gung für demokratische Kontrolle" haben 51 englische Parla- mentsmitglieder eine an den Generalsekretär des Völkerbundes, Sfr Eric Drummond, gerichtete Petition sowie eine Erklärung an den Außenminister Henderson unterzeichnet. Beide Dokumente be lassen sich mit der Behandlung der Minderheiten in Polen. In der Petition wird auf die jüngsten Ereignisse in Ostgalizien hin gewiesen. wo Strafexpeditionen in 700 ukrainische Dörfer geschickt worden seien, obwohl gegen die Mehrzahl der Ansiedlungen keine Beschuldigungen terroristischer oder verfassungswidriger Hand lungen vorlägen. Hunderte von Männern, Frauen und Kindern seien ge peitscht und einige sogar getötet worden. Tausende seien ins Gefängnis geworfen und viele Bibliotheken, Klubs und Konsumgenvssenschaftsläden geplündert und zerstört worden. In der Erklärung an Henderson protestieren die Unterhaus mitglieder gegen die Methoden der polnischen Regierung bei den letzten Wahlen für den polnischen Reichstag und den schlesischen Landtag. Nach Anführung der von den Polen gegen die ulraini-