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KiWmfferÄgeM Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20Npfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Vor- geschriebeneErscheinungs- —, , ' tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit sv VE M SV: Amt Wilsdruff NV. v berücksichtigt. Anzeigen annahme bis oorm.10 Uhr. — ———————— — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Vetrag durch Klage eingezogen werdenmutzoderdcrAustraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen^ Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in !»«r Deschästsstelle und den Ausgabestellen L AM. im Monat, bei Anstellung durch die Boten 2,3u AM., bei Postbcstellung LAM. zuzüglich Abtrag- , __ . gebühr. Einzelnummern UiApsg.All-Postanst-lten Wochenblatt für Wtlsdruff u. Umgegend PostbotenundunsereAus. trägerund Geschäftsstellen -— 1 U L-U nehmen zu jeder Zeit Bc. stellungen entgegen. JmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aückscndung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 297 — 89. Jahrgang Telegr.-Avr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 22. Dezember 1930 Genfer Intrigen. Es hat fast den Anschein, als wachse die deutsche Aktion wegen des polnischen Terrors gegen die deutsche Minderheit hinaus über den Rahmen, der ihr einerseits für die Behandlung durch die Reichs regierung bzw. den Reichsaußenminister gegeben worden ist, andererseits in Genf für die kommende Tagung des Völkerbundrates vorgezeichnet oder beabsichtigt wurde. Im Preußischen Landtag spielte diese ganze Angelegen heit insofern eine Rolle, als der preußische Innenminister sich gegen den Vorwurf der Opposition wehren mußte, er habe in Oberschlesien die Abwehrmaßnahmen und die Gegenaktion durch das Verbot aller gegen Polen gerich teten Demonstrationen zum Stoppen gebracht. Etwa gleichzeitig hatte im Auswärtigen Ausschuß des Reichs tages der Außenminister Dr. Curtius keinen leichten Stand. In Genf ist bei der sogenannten Abrüstungskommis sion nur das eine herausgekommen: Es wird nicht abgerüstet; wenn man will, übrigens auch das zweite: die 1919 zur Abrüstung gezwungenen Staaten dürfen trotzdem nicht aufrüsten. Die deutschen Bemühungen haben also, objektiv gesehen, mit einer Niederlage ge endet; selbstverständlich hat es die deutsche Delegation ab gelehnt, durch Unterschrift unter den Bericht der Kom mission diesem Ergebnis noch ihre Sanktion zu geben. Daß sich der Reichstag für diesen Mißerfolg an den Reichs- außenminister hält und ihn zwingen will, nun weitgehende Folgerungen daraus zu ziehen, ist natürlich an sich ge geben. Hinzu kommt, daß der Ausschuß — zum mindesten die Hälfte seiner Mitglieder — die Art, wie vom Reichsaußenminister der deutsch-polnische Streit be handelt wird, schon früher stark kritisiert hat und man zu Entschlüssen kam, die sehr deutliche Demon strationen gegenPolen verlangten, aber im Reichstagsplenum abgelehnt worden sind. Die Opposition gegen Dr. Curtius, die dort unterlag, hat den Kampfplatz wieder in den Ausschuß zurückverlegt; ist es doch im Plenum zu einer Abstimmung über die von mehreren Seiten gegen Dr. Curtins gestellten Mißtrauensanträge nicht gekommen. Sie sind im Ausschuß wieder aus genommen worden, und zwar im Anschluß an das Er gebnis in der Genfer Abrüstungskommission; natürlich spielte aber auch die deutsch-polnische Frage eine nicht minder wichtige, zweifellos Wohl die entscheidendere Rolle. Nun liegen geschäftsordnungsgemäß die Dinge so, daß auch in diesem Auswärtigen Ausschuß zahlenmäßig die Parteien der Opposition — in der Hauptsache: Natio nalsozialisten, Deutschnationale, Landvolkpartei, Kom munisten — eine stärkere Stellung besitzen, als das im Plenum der Fall ist; denn die bei den dortigen Abstim mungen häufig den Ausschlag gebenden und fast restlos hinter der Regierung stehenden kleinen Parteigruppen" sind im Ausschuß nicht vertreten. Streitfrage war es nun allerdings, ob im Ausschuß überhaupt ein Miß trauensantrag gegen einen Reichsminister gestellt und eventuell angenommen werden könne, — das Formelle rückt also in den Vordergrund und mit dem Übergang zur Tagesordnung wurde durch Stimmengleichheit diese Zulässigkeit verneint. Andernfalls wäre ein Mißtrauens antrag gegen Dr. Curtius vielleicht von der Mehrheit des Ausschusses angenommen worden. Und doch ist hier etwas mehr als nur Formelles erledigt worden: ein Reichstagsausschuß hat nur den Zweck, Vorarbeit für die beratende und beschließende Tätigkeit der Vollversamm lung zu leisten, beschließt also Änderungen zu einem ihm überwiesenen Gesetzentwurf oder Initiativantrag, saßt auch Entschließungen, deren Annahme er dem Plenum empfiehlt. In zwei Anträgen war nun das Mißtrauens votum enthalten; die Abstimmung ergab aber, daß der artiges als geschäftsordnungsmäßig nicht zulässig be trachtet wurde, sondern lediglich der Vollversammlung Vorbehalten werden müsse. Auch ein Zentrumsantrag, der einen Protest gegen den Mißerfolg der Abrüstungs beratungen enthielt, wurde lediglich mit Stimmenmehr heit abgelehnt, während eine Entschließung angenommen wurde, die ausdrücklich die Neichsregierung zueifriger Aufklärungspropaganda über die Ge fahren, die dem Deutschen Reich aus der Richtab rüstung der Nachbarvölker drohen, nnd zum Festhalten an dem deutschen Rechtsanspruch auf die allgemeine Ab rüstung auffordert. Wieder einmal — und das ist das eigentliche Ergebnis dieser Auseinandersetzung — ist die S t ä r k e d e r O p p o- sition gegen die politische Haltung des Außenministers offenbar geworden. Und nun muß man darauf Hinweisen, daß Dr. Curtius auf der kommenden Ratstagung Vorsitzender sein wird, bei der ja nun nicht zuletzt die deutsch-polnischen Streitfragen zur Behandlung kommen sollen. Jene Stärke der deutschen Opposition braucht nun durchaus nicht für Dr. Curtius eine Schwäche seiner Stellung darzustellen, sondern eher eine Stärkung. Um an ein Beispiel zu erinnern: 1924 hat der französische Ministerpräsident Herriot auf der Lon doner Dawes-Konferenz die sofortige Räumung des Nuhr- reviers mit der Begründung abgelehnt, daß ihn die Oppo sition in der Pariser Deputierlenkammer sofort stürzen könnte, wenn er ein solches Zugeständnis an Deutschland machen würde. Und nun sind in Genf bereits allerhand Intrigen im Gange, die sich gegen eine energische Geltendmachung des deutschen Standpunktes richten. Es ist dort auch tatsächlich aus geschäftsordnungsmäßigen vr. Curtius in Oberlchleüen Die overschlefische Not und der Völkerbund. Eine Rundreise des Ministers. Reichsaußenminister Dr. Curtius traf zu dem ange kündigten Besuche Oberschlesiens in Gleiwitz ein. Zur Begrüßung des Ministers, in dessen Begleitung sich Ge heimrat Reinebeck, der bisherige deutsche Generalkonsul in Kattowitz, Frhr. von Grünau, Oberregierungsrat Dr. Erbe vom Reichsinnenministerium und Oberregierungs rat Dr. Heide befanden, hatten sich die Spitzen der Be hörden aus dem Bahnsteig eingefunden.' Der Minister begab sich nach der allgemeinen Begrüßung zunächst in das Haus Oberschlesiens, wo die erste Fühlungnahme mit den Vertretern der oberschlesischen Bevölkerung stattfand. Über Hindenburg erfolgte dann die Weitersahrt des Ministers nach B e u t h e n , wo abermals Besprechungen abgehalten wurden. Dann ging es weiter nach Oppeln. In Oppeln war eine große Konferenz anberaumt, in der dem Minister durch oberschlesische Wirtschaftsführer, Politiker, zuständige Behörden und die Vertreter der Handwerker- und Arbeiterorganisationen ein genaues Bild über die politische, wirtschaftliche und kulturelle Lage der Provinz gegeben wurde. Material für Genf. Der Minister soll besonders auch über die Lage der polnischen Minderheit in Oberschlesten genau informiert werden. Dies geschieht, weil polnischerseits die Absicht besteht, bei der kommenden Tagung des Völkerbundrats in Genf anläßlich der Erörterung der deutschen Beschwcrde- notcn über die Vergewaltigung der deutschen Minderheit Beschwerde über angebliche Behelligungen der polnischen Minderheit in Oberschlesien vorzubringen. Die polnische Presse wendet den Reisen des Außen ministers nach Ostpreußen und Oberschlesien größte Aufmerksamkeit zu. Der Krakauer „Kuryer" schreibt, daß Minister Curtius, der vor dem Verlust seines Minister- portefeuillcs gestanden habe, in seiner Zwangslage immer j mehr dem nationalistischen Drucke erliege. Es sei aber kein Zweifel darüber, daß in Genf gegenüber seinen Ver suchen die entsprechende Abwehr geschehen werde. Der overschlesische Besuch -es Außenministers. Rückreise nach Berlin. Im Oberpräsidinm zu Oppeln fand eine mehrstündige Aussprache mit den Vertretern aller Bevölkerunaskretse statt. Oberpräsident Dr. Lukaschek begrüßte den Minister und gab seiner Ireude darüber Ausdruck, dak der Vertreter der deutschen auswärtigen Politik Gelegenheit nähme, Oberschle sien, sein Land und seine Leute aus eigener Anschauung kennenzulernen. Der Oberpräsident dankte Dr. Curtius für die in Genf anhängig gemachten Klagen, die der oberschlesischen Bevölkerung ein Zeichen dafür seien, daß Deutschland die durch Vertrag geheiligten Rechte niemals aufgeben werde. Reichsminister Dr. Curtius brachte in seiner Erwide- rung zum Ausdruck, daß er durch den Besuch Oberschlesiens einen alten Wunsch erfüllt sehe, da er schon als Neichswirt- schaftsminister am Ausbau der oberschlesischen Industrie und lm Reichskabinett an den zahlreichen Hilfsaktionen mitgewirkt habe. Nur an Ort und Stelle erfüllten sich einem die Dinge mit lebendiger Anschauung, und nur unmittelbar lasse sich me seelische Verbindung zu Oberschlesien schlagen. Der Minister ging dann im einzelnen auf die außenpolitischen und wirt schaftspolitischen Gegenwartsfragen ein und betonte, daß die Reichsregierung sich ihrer Verpflichtung bewußt sei, Ober schlesien in seiner schweren Not zu helfen, in der es sich poli tisch, wirtschaftlich und psychologisch befinde. In einer per sönlichen Schlußbemerkung brachte Dr. Curtius zum Aus druck, daß er nie nationaler sühle, als wenn er in Gens inter national zu verhandeln habe. Warmer Beifall dankte dem Minister für seine Ausfüh rungen. — Abends nahm der Minister an einem parlamenta rischen Abend der Deutschen Volkspartei teil, worauf er die Rückreise nach Berlin antrat. Rauschers Beisetzung. Die Teilnahme der Reichsregierung und Polens. Auf dem alten Friedhof von St. Blasien fand die Beisetzung des verstorbenen deutschen Gesandten in Polen, Ulrich Rauscher, statt. In dem großen Trauergefolge sah man Mitglieder der Reichsregierung, des Auswärtigen Amtes, Vertreter der polnischen Ge sandtschaft in Warschau, Mitglieder der badischen Negie rung nnd Vertreter des deutschen Instituts für Ausländs deutsche in Stuttgart. Die Gattin des Verstorbenen war von einigen näheren Angehörigen begleitet. Am Grabe sprach Staatssekretär von Bülow, der im Auftrage der Reichsregierung und im besonderen des Reichsaußenministers einen Kranz niederlegte. — Mi nister Szumlakowski, der Kabinettsches des polni schen Außenministers Zaleski, der einen Kranz von roten Rosen mit einer Widmung des polnischen Außenministe riums am Grabe uiederlegte, widmete der Witwe sowie der deutschen Regierung herzliche Worte des Beileids. Polnischerseits wurden ferner noch Kränze niedergelegt im Namen der polnischen Regierung, ferner vom polni schen Gesandten in Berlin, Knoll, und von der Rechtsab teilung des polnischen Außenministeriums. Auch der amerikanische Außenminister in Warschau ließ einen Kranz am Grabe niederlegen. Gründen immer schwieriger geworden, die Minderheiten frage zu behandeln. Jetzt soll eine Dreierkommission — in der aber „unmittelbar interessierte" Mächte nicht sitzen dürfen! — unter Ausschluß der Öffentlichkeit solche Fragen beraten und entsprechende Entschließungen dem Völker- bundrat vorlegen. Was dann und dabei für die Inter essen der deutschen Minderheit in Polen herauskommt, kann man sich ja denken! Und daß Dr. Curtius im Hinblick aus die starke Opposition im Reichstag dann sehr bald die Grenzlinie für irgendein deutsches Entgegen kommen ziehen muß, ergibt sich schon daraus, daß diese Opposition auch Kreise umfaßt, die sich aus innenpolitischen Gründen bisher Zurückhaltung aufertegten. Aber nur bis eine Stunde nach der Entscheidung in Genf! VernMungsversuch zwischen Wirth und Frick. Eingreifen des Reichsgerichtspräsidenten. Nach halbamtlicher Mitteilung hat der Vorsitzende des Staatsgcrichtshofes, der Neichsgerichtspräsidcnt Dr. Bumke, die Parteien im Streit Reich—Thüringen für Montag, den 22. Dezember, zu einer Besprechung nach Leipzig gebeten. In Betracht kommen also zunächst Reichsinnenminister Dr. Wirth und der thüringische Innenminister Dr. Frick. Präsident Bumke will den Parteien im Rahmen dieser Besprechung einen Vergleichs vorschlag unterbreiten und ausidiese Weise versuchen, den Konflikt zwischen Berlin und Weimar beizulegen. Das thüringische Innenministerium hat in diesen Tagen auf das Schreiben des Neichsinaenministers Dr. Wirth in der Angelegenheit der G e r a e r R e i ch s- bannerübungen ein Antwortschreiben nach Berlin abgesandt. Wie sich aus dem Bericht über die Übung des Geraei Reichsbanners ergebe, habe es sich dort um eine rein militärische Übung gehandelt. Das Ministerium wieder holt in seinem Schreiben den Antrag auf Erteilung der Zustimmung zum Verbot der Ortsgruppe Gera des Reichsbanners auf Grund des Gesetzes zur Durchführung der Artikel 177 und 178 des Friedensvertraaes vom 21. März 1921 und drückt gleichzeitig sein Erstaunen dar über aus, daß der Reichsinnenminister sich zunächst ein Bild davon zu machen wünsche, ob der vom thüringischen Innenministerium gestellte Antrag wirklich darauf ab ziele, die für notwendig gehaltenen Maßnahmen zu treffen. Der Brief des thüringischen Innenministers ist vom Reichsinnenministerium geprüft worden. Der Reichs innenminister hält das ihm vom thüringischen Innen minister mitgeteilte Material über die Reichsbanner- Übungen in Gera zur Begründung eines Verbotes aus Grund der bekannten Artikel des Versailler Vertrages nicht für ausreichend. Er hat das Material zunächst dem Neichswehrminister mit der Bitte zugeleitct, zu prüfen, ob die Übungen militärischen Charakter gehabt haben oder nicht. * Der im Zusammenhänge mit dem Streit Reich- Thüringen in Zeugniszwangshaft genommene sozialdemo kratische Redakteur Töpfer in Gotha ist aus der Hast ent lassen worden, nachdem er nach einer vorherigen Rück sprache mit seinem Verteidiger erneut vernommen worden ist. SeOMnelle Rede gegen Versailles ia WaWgwn. Washington, 21. Dezember. Im amerikanischen Abge ordnetenhaus forderte der Vorsitzende des Bankenausschusses, Mac Fadden, in einer aufsehenerregenden Rede die Revision des Versailler Friedensvertrages, weil die Deutschland auferlegten Bedingungen übertrieben schwer seien und jeden wirtschaftlichen Wiederaufbau verhinderten. Deutschland sei durch den Friedens vertrag weder gesetzlich noch moralisch gebunden. Ein Abrüstungsaufruf Lord Cecils. London, 21. Dezember. Lord Cecil läßt durch die Völker- bundsvereinigung in der englischen Presse einen Aufruf für die Abrüstung verbreiten. Das Jahr 1931, so meint er, sei ein kriti sches Jahr für den Völkerbund, denn von der Entwicklung der öf fentlichen Meinung der Nationen werde es abhängen, ob die Ab-