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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. ?senn^"di"'s«esvattcÄ bic « gespaltene Zcüx d„ amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs, geschriebene Erscheinung^- 'M textlichen -elle I Reichsmark. Nachweisungsgcbühr 20 Reich-Pfennige. Bor. AnnahmeUFernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 Kla??echa-^°e^weidenm?k"aU°u"^m"?/^°^'^L"°^°'°''"^ J-d--Rad°tt-nsprucherlischt'wenn?eEel°r°gdurch „ „ . . tage -'ngezogen werden mich oderderAuftraggcber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen! Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. 'Das Wilsdruner Taoeblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bel Abholung in id« G^chaftsKe und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3» RM, b°Wb°Mwng "bR^g.SPolL Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Woien^ stellunaen mta?aen^^m Falle HSHerer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingefandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Wilsdruff-Dresden Telegr.-Adr.: „Amtsblatt' Nr. 291 — 89. Jahrgang Postscheck: Dresden 2640 Montag, den 15. Dezember 1930 Neichstagsferien. Acht Tage früher, als Wohl selbst die Negierung es angenommen und als Grenze gesetzt hatte, ist der Reichs tag in die Ferien gegangen. Und zwar gleich für sieben Wochen. Auch jetzt besteht ein formeller Beschluß, daß sein Wiederzusammentritt an einem bestimmten Tage er folgen soll, so daß die Opposition nicht die Möglichkeit besitzt, die Einberufung des Reichstages zu einem sicheren Termin herbeizuführen. Das war — allerdings erfolg los — mährend der letzten Ferien des Reichstages ver sucht worden. Natürlich wird in den nächsten sieben Wochen der „Wallotbau" nicht verödet dastehen, sondern dort wird nun die vielleicht wichtigste Arbeit des Reichstages be ginnen: die Beratung des Reichshaushalts für 1931 im Schoße des Haushaltsausschusses. Bom Reichsrat ist der „Haushaltsentwurf 1931/32" bereits angenommen worden. Dann ist der Reichskanzler von seinem ursprünglichen Vorhaben, auch diesem Entwurf durch die Notverordnung Gesetzeskraft zu geben, doch wieder abgekommen und läßt ihn durch die parlamentarische Mühle gehen. Da wird Wohl manches zermahlen werden; denn die Deutsche Volks partei z. B. hat ankündigen lassen, daß sie eine weitere Senkung der Ausgaben um 300 Millionen verlange. Nun ist der Haushalt mit 10,6 Milliarden ausgeglichen und so Wäre die deutschvolksparteiliche Forderung ein Abstrich von 2,5 Prozent an den vorläufig vorgesehenen Ausgaben. Ihre Erhöhung ist ja - erfreulicherweise — durch die Notverordnung unmöglich gemacht worden und künstig sind auch solche Anträge wie der in der letzten Sitzung des Reichstages verhandelte, etwa 400 Millionen für eine große Winterbeihilfe an sozial Notleidende zu bewilligen, nicht bloß deswegen überflüssig, weil keine Deckung da ist, sondern weil die Ausgaben über die im Haushaltsent wurf festgesetzten überhaupt nicht hinausgehen dürfen. Der Reichsfinanzminister hat zwar recht optimistisch ge äußert, der Haushalt sei ausgeglichen und die „Gesahren- momente" seien aus ihm ausgeschaltet, aber Vorsicht ist besser als — Nachtragsetats, und das deutsche Volk, der hochbelastete Steuerzahler, ist dem Reichstag für jede Mil lion dankbar, die an den Ausgaben gestrichen wird. Andererseits hat aber der Reichstag noch schnell eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen zur Notverordnung gleichfalls dem Haushaltsausschuß überwiesen, die vielfach das Gleichgewicht des Neichshaushalts in Einnahmen und Ausgaben zu bedrohen scheinen. Auch die von der Mehrheit des Reichstages als un zeitgemäß abgelehnte Auseinandersetzung über die deutsche Außenpolitik wird wenigstens in einem seitdem spruchreif gewordenen Punkt nachgeholt: im Aus wärtigen Ausschuß wird man sich sehr ausgiebig über die nun zu Ende gegangenen „Abrüstungs'werhandlungen in Genf unterhalten und damit etwas berühren, über das in Deutschland ja nur eine einzige Meinung besteht. Daß wir uns in dem Protest gegen das Ergebnis dieser Kon ferenz anch auf zustimmende Erklärungen im angelsäch sischen Ausland beziehen können, kann freilich nichts daran ändern, daß wir machtlos einer Front der „Siegerstaaten" gegenüberstehen, die über alle deutschen, ungarischen usw. Forderungen zur Tagesordnung übergegangen ist und auch künftig übergehen wird. Mehr als ein neuer Protest bleibt uns und dem 'Auswärtigen Ausschuß auch nicht übrig. Außerdem wird in die Neichstagsferien auch noch die Sitzung des Völkerbnndra'ts fallen, aus der die deutscheBeschw erde überPolen verhandelt wird, so daß der Reichstag nach seinem Wiederzusammen tritt auch über genügend außenpolitischen Beratungsstosf verfügen wird. Schacht über Palilik «oh Wirtschaft. London. 14. Dezember. In einer vom Referenten wider gegebenen Unterredung fetzt sich Dr. Schacht für einen stärkeren Einfluß der wirtschaftlichen Sachverständigen auf den Gang der Weltereignisse ein. Der allgemeine Wiederausbau Europas sei durch die Politiker und die Neigung bedroht, die Dinge zu sehr i>n politischen Lichte betrachten zu wollen. Das europäische Problem fei niemals zu verstehen, wenn man sich nicht zunächst über die wirtschaftlichen Tatsachen klar werde. Auf ihnen allein lasse sich ein festes Gebäude aufbauen, das politischen Gegen sätzen widerstehen könne. Der Wirtschaftler sei niemals so not wendig gewesen, wie heute, um die Fehler der Politiker wieder gut zu machen. In feiner ursprünglichen Form, habe der Poung- Plan gegenüber dem Dawesplan einen Fortschritt bedeutet, er fei durch die Politiker verunstaltet worden und müsse deshalb dersagen. Vielleicht könne ein besonders wichtiger Ausschuß noch dazu beitragen, den Poungplan so arbeiten zu lassen, daß er Wenigstens einigermaßen ein Erfolg werde. Das hänge wesent lich von den beteiligten Persönlichkeiten ab. L«iher Mr WWlm-Rtkision lind PrWWlden. Paris, 14. Dezember. Die „Neue Pariser Zeitung", das 'n der französischen Hauptstadt in deutscher Sprache erscheinende ^rgan, veröffentlicht einen Artikel des Reichsbankpräsidenten ^r. Luther, in dem Luther sich mit den Tributen und der Wirt- Die MlittttMe in Zm mterdM Republikanische Bewegung in ganz Spanien. Vorläufer einer Revolution. Ein plötzliches, auffälliges Verbot der spanischen Regie rung, telephonische, telegraphische oder Rundfunkmitteilün gen ans Ausland zu geben, ließ auf besondere politische Vorkommnisse in Spanien schließen. Nach der fpätei wicdcrhergcstellten Verbindung wurde denn auch bekannt daß in der nordspanischen kleinen Festung Jaca eine Militärrevolte ausgebrochen sei. Die Regierung mutzte die Tatsache des Ausstandes.zugeben. Sie trat sofort zu Nach m Madrid nmlausenden Gerüchten hat die Zivil bevölkerung in Jaca sich den. revoltierenden Truppen an geschlossen. Die Ansicht gewinnt an Boden, daß der Putsck der Vorläufer einer allgemeinen republikanischer Bewegung in ganz Spanien ist. Es scheint, daß bei Führer der Revolte der frühere Hauptmann Galen ist, der im Jahre 1926 wegen betrügerischer Umtriebe aus de, Armee ausgestoßen worden war. Auch der Ozanfliege: Major Franco, der kürzlich aus dem Gefängnis in Madrid entwichen ist, soll an der Bewegung beteiligt sein. 4- Generalstreik in Saragoffa. Blutiger Kampf zwischen Regierung und Aufständischen. In Saragossa ist der Generalstreik ausgerufen worden, nachdem es vorher zu Schießereien zwischen den regierungstreuen Elementen und Republikanern gekommen war. Diese Tatsache dürfte für die Arbeiterschaft das Signal sein, sich dem Aufruhr von Jaca anzuschlicßcn. In Madrid wurden mehrere republikanische Abgeordnete und führende linksstehende Journalisten verhaftet. Der spanische Ministerpräsident teilte mit, daß die von der Regierung entsandten Truppen aus Saragossa etwa 30 Kilometer von Huesca entfernt auf die Aufständischen gestoßen sind, wobei es zum Kamps zwischen den beiden Parteien kam. Im Verlaufe des Gefechts, bei dem von den Regierungstruppen auch Artillerie eingesetzt wurde, konnten 100 Gefangene gemacht werden, darunter einige Offiziere. Die Verluste betragen nach amtlicher Angabe auf feiten der Rebellen drei Tote und elf Schwer verletzte. Die gefangenen Offiziere werden vom Kriegs gericht abgeurteilt und voraussichtlich erschossen wer den. Die Regierung hält damit den Aufstand fürnieder- geschlagen. Im Gegensatz hierzu herrscht auf republi kanischer Seite die Überzeugung, daß die Bewegung noch weiter um sich greisen wird. schaftlichen Zukunft Deutschlands befaßt. Zunächst gibt Luther sei ner Üeberzeugung über die Festigkeit der deutschen Währung Ausdruck. Die sieben Jahre alte Reichsmark habe die sieben wahrlich nicht fetten Jahre durchgehalten und sie werde noch viele Male sieben Jahre durchhallen. Ein im Innern starkes Deutsch land habe auch jetzt noch Erfolgsaussicht im außenpolitischen Ringen. Mit Nachdruck müsse deutscherseits darauf hingewiesen werden, daß im Houngplan auch die von den anderen zu erfül lenden Voraussetzungen gehörten. Die Reparativnnen seien auf die Dauer nur erfüllbar, wenn Deutschland genügend Ausfuhr- Märkte habe. Auch die Kapitalhortung, zu der heute besonders Frankreich neige, müsse vermieden werden. Auch die leiden schaftlichen Vorkämpfer einer Revision seien, sich darüber klar, daß alle Privatschulden bedingungslos und rechtzeitig bezahlt werden müßten. Was aus den Erörterungen über das Mora torium der Revision auch werden möge, Deutschland werde seine privaten Schuldverpflichtungen ordnungsmäßig erfüllen. Je deutlicher Deutschland seine Unterschrift unter den Wung- plan als bindend anerkenne, umso wirkungsvoller könne es von den Vertragspartnern fordern, was ihnen vertragsmäßig obliege. Die neue französische Regierung. Briand wieder Außenminister. Nach längeren hin- und herschwankcnden Verhand lungen ist an Stelle des gestürzten Tardieu ein neuer Ministerpräsident ernannt worden. Es ist das der Sena tor Steeg, der dem Präsidenten der Republik bereits die Ministcrlistc vorgclcgt und Bestätigung dafür erhalten hat. Bezeichnend ist die Erhaltung Briands für die auswärtige Politik, auch die radikalen Politiker Sarraut, Chautemps, Daladier und Barthou gehören dem Kabinett an. Es umfaßt im ganzen folgende Namen: Minister präsident und Kolonien: Steeg (radikal); Inneres: Leygues (Linksrepublikaner); Justiz: Chöron (Republi kanische Vereinigung); Äußeres: Briand (Sozialrepubli- kancr); Finanzen: Germain Martin (radikale Linke); Budget: Palmade (Sozialrepublikaner); Krieg: Barthou (Demokratische und radikale Vereinigung); Marine: Albert Spanische aufständische Miere hingerichtet. Madrid, 14. Dezember. Das in Huesca tagende außer ordentlich« Standgericht hat am Sonntag das Urteil gegen die des Militärausruhrs angeklagten Osfiziere und gegen einen Ser geanten, die bei der Bewegung von Jaca eine führende Rolle ge spielt haben, gefällt. Der Infanteriehauptmann Galan und der Artilleriehauptmann Hernandez wurden zum Tode durch Er schießen, der Artilleriehauptmann Salnias, Infanterieoberleut nant Muniz, Oberleutnant Navarro und der genannte Serge ant zu lebenslänglichem schweren Kerker verurteilt. Die Todes urteile wurden um 13.30 Uhr in Huesca vollstreckt. Die beiden zum Tode verurteilten Offiziere waren bereits unter der Diktatur Primo de Riveras in Aufruhrversuche verwickelt, also rückfällig, was als straferschwerend beurteilt wurde. Hauptmann Galan wurde übrigens nicht von den Regierungstruppen gefangen, son dern er hat sich an der Spitze seiner 300 Mann in voller Ord nung selbst gestellt, um das Leben seiner Leute nicht nutzlos zu opfern. Die Fluchtmöglichkeit nach Frankreich lehnte er ab. In republikanischen Kreisen erwartet man für Montagfrüh die Er klärung des Generalstreiks in Madrid. Barcelona, Valencia, Se villa und Bilbao. In Madrid hat die Regierung 7000 Mann Bürgergarde zusammengezogen und in Klöstern untergebracht. Der normale Stand dieser Truppe in der Hauptstadt beträgt sonst etwa 2000 Mann. Die Regierung erklärt, sie verfüge über die Befehlshaber der Truppenverbände. Im Gegensatz hierzu hört man von der Gegenseite über gewisse Zusagen in der Garni son Burgos aus gut unterrichteten Kreisen verlauten, daß der Generalstreik zunächst zum Zeichen des Protestes gegen das Vor gehen der Regierung in Jaca und gegen die Erschießung der beiden Offiziere ausgerusen werden soll. Der Plan geht ferner dahin, die Streiks zum gewaltsamen Umsturz auszunühen. Die Arbeiterschaft scheint mit Waffen reichlich versehen zu sein. Die Regierung glaubt, die lebenswichtigen Betriebe durch Besetzung mit Truppen aufrechterhalten zu können. Die Regierung teilt mit, daß bei den Kämpfen bei Jaca der Militärgouverneur von Huesca, Generalleutnant Heras, verwundet wurde, ebenso ein Hauptmann der Bürgergarde. Ein weiterer Hauptmann dieser Truppen wurde von den Rebellen erschossen, außerdem ein Feldwebel. Weitere Regierungsverluste sind bis jetzt noch nicht bekanntgegeben. In Madrid wurden weitere Republikaner ver haftet, darunter der während der Diktatur nach Paris verbannte Eduardo Ortege y Gasset. Sarraut (radikal); Unterricht: Chautemps (radikal); Natio nale Wirtschaft (Handel und Industrie): Loucheur (radi kale Linke); Landwirtschaft: Victor Boret (Demokratische und radikale Vereinigung); Öffentliche Arbeiten: Daladier (radikal); Post und Telegraphie: George Bonnet (radikal); Lnftfahrt: Painlcvö (Sozialrcpublikaner); Handelsmarine: Daniölou (Unabhängige Linke); Arbeit: Grinda (Links- republikaner); Pensionen: Thoumyre (Linksrepublikaner); Gesundheitspflege: Queuillc (radikal). Dazu tritt eine Anzahl von Unterstaatssekretären. Alle Minister sind entweder Senatoren oder Abgeordnete. Poincarö, der eine Zeitlang selbst in Betracht kam, begünstigte die Wahl Steegs und dachte in zweiter Linie an Briand. Tardieu, der bisherige Ministerpräsident, der während seiner Negierungszeit unverhohlene Neigun gen nach rechts bekundete und bekanntlich scharf gegen Deutschland und dessen Abrüstnngsverlangcn austrat, hatte seine Stützen bei der Rechten verloren, wird allem Anschein nach entschieden gegen Steeg auftreten, obwohl dessen Kabinett eine Reihe von Tardieus Mitarbeitern wieder angehört. Nach links gerichtet? Im allgemeinen herrscht die Ansicht vor, Steegs Kabinett bedeute eine deutliche Wendung nach links, ob wohl es den Charakter eines erneuten Konzentrations ministeriums, das den Ausgleich zwischen den Parteien verkörpern soll, nicht verloren hat. Sein Schicksal wird abhängen vom Vertrauensvotum der Kammer, der sich das Kabinett am nächsten Donnerstag vorstellen will. Während die Anhänger Tardieus rhm sicher erneu schweren Stand bereiten werden, sollen aus der anderen Seite die Sozialisten gesonnen sein, für Steeg zu stimmen. * Sie Mehrheit «och «icht gesichert. In parlamentarischen Kreisen ist man äußerst ge spannt auf den Kampf, der sich am Donnerstag vor der Kammer abspielen Wird. Es steht nämlich noch keines wegs fest, ob Steeg trotz der Unterstützung der Sozialisten die Mehrheit erhalten wird.