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aichi beurteilen. Andererseits wird milgeteilt, dass im März 1925 im Sauerlande eine ähnliche Giftnebclepidemie aufgetreten sei. Es seien damals allerdings nur zwei Personen gestorben, ehemalige Kriegsgasvergiftete, stellenweise aber auch Vieh und namentlich viele Fische. Damals sei man auf den Gedanken gekommen, daß es sich um giftige Gase eines Meteors handeln könnte. Die Sonncnflccke sind schuld! Wenn man irgendein Naturereignis nicht ohne weiteres erklären kann, holt man irgendeinmal bestimmt die Sonnen- fleckc zur Erklärung des Uncrklärbareu heran. So sind denn auch prompt Astrologen aufgetaucht, die den geheimnisvollen Nebel, der die vielen Todesopfer fordert, auf die Flecken gruppen der Sonne zurückführen. Das vermeintliche Giftgas sei nicht aus der Lufthülle über den betroffenen Ortschaften gekommen, sondern direkt aus dem All, direkt von dem Glutball der Sonne, wo sich gerade in den letzten Tagen die Fleckengruppen un gewöhnlich vermehrt hätten. Die Fleckcngruppen seien zwar immerhin 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, aber sie übten trotzdem einen für uns Menschen meist ungünstigen Einfluß auf die Atmosphäre der Erde aus. Es habe den Anschein, als ob die Vermehrung der Flecke aus der Sonne mit gewaltigen elektromagnetischen Störungen einhergehe, Störungen, aus die zum Beispiel die Telephon- und Tele graphennetze der Erde empfindlich reagierten. Auch der mensch liche Organismus, insbesondere das Nervensystem, bleibe von diesen Einwirkungen nicht verschont, und ein Pariser Arzt habe durch jahrelanges Studium ermittelt, daß an Sonnenflecken tagen die Sterblichkeit durch Schlaganfälle ein ungewöhnliches Ansteigen zeigt. Warum also sollte nicht auch der belgische Giftnebel seinen Ursprung aus der Sonne haben? Ja, da weiß man nichts Rechtes zu antworten. Man könnte sich höchstens darüber wundern, daß die große Sonne sich für ihre giftigen Ausstrahlungen ein so winziae« c^- ausgesucht haben soll. Neschästigung für die ardeMose Jugend! Erteilung von zusätzlichem Unterricht. Der preußische Handelsministcr hat an die Negie rungspräsidenten folgenden Erlaß gerichtet: Infolge der gegenwärtigen Lage des Arbeitsmarktes ist auch eine verhältnismäßig große Anzahl von Jugendlichen arbeitslos geworden. Um zu ver hüten, daß diese Jugend Schaden an ihrer beruflichen Ausbildung leidet, der Arbeit entwöhnt wird und in Müßiggang verfällt, und um die Folgen zu vermeiden, die damit sowohl für die charakterliche Entwicklung des einzelnen wie für Polk und Staat, insbesondere für die Wirtschaft entstehen müssen, ist es notwendig, sofort die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um nach Mög lichkeit die gesamte arbeitslose Jugend, insbesondere in den Städten und den Industriegebieten, zu erfassen und beruflich zu betreuen. Für die durch die Be rufsschulpflicht erfaßte Jugend kommt dafür in erster Linie ein zusätzlicher Unterricht im Umfange von wöchentlich 12 bis 18 Stunden in Frage, für die n i ch 1 berufsschulpflichtige Jugend ein Unterricht von wöchentlich 18 bis 24 Stunden, der ui der Richtung des gewählten oder erstrebten Berufs wird liegen müssen. Die sofortigeLösung dieser Aufgabe ist um so drin gender, als mit einer Verschlechterung der Arbeitsmarkt lage und daher mit zunehmender Arbeitslosigkeit auch der Jugend während des Winters zu rechnen ist. Um mit der Beschulung und der Betreuung der er werbslosen Jugend mit dem 1. Januar -931 beginnen zu können, ist es notwendig, unverzüglich die erforder lichen Porarbeiten aufzunehmen. SMscheidunMerKeWWaMeschwerde Entlassung aus der Hast gegen 10 000 Mark Sicherheit. Aus Berlin wird berichtet: Der vierte Strafsenat des Kammergerichts entschied über die Haftbeschwerde des in Potsdam wegen Blutschande zu Zuchthaus verurteilten Schornsteinfegermeisters und früheren Bezirksvorstehers Frenzel. Der Haftbefehl des Amtsgerichtes Potsdam Wird aufrechterhaiten, jedoch soll Frenzel aus der Haft entlassen werden, wenn er eine Sicherheit von 10 000 Mark leistet. Das Kammergericht nimmt an, das; Frenzels Fluchtfähigkeit durch seinen schlechten Gesundheitszustand nicht beeinträchtigt wird. Einstweilen wird Frenzel wohl in der Haft bleiben müssen, da er über nur 6000 Mark verfügen zu können scheint. Seine Verteidiger hoffen jedoch, die noch fehlen den 4000 Mark auf dem Wege einer Sammlung zu sammenbringen zu können. Der Schauplatz vcr Überreichung der Nobelpreise, die wie alljährlich am 10. Dezember, dem Todestage des Stifters Alfred Nobel, stattfand, war der Festsaal des Konzerthauses in Stockholm. Rebel und Gchneestürme über England. Tödliche V e r k e h r s u n f ä l l e. Die englische Küste, London und Southampton, oaren wieder in dichten Nebel gehüllt. Der Nebel ver ursachte zahlreiche Verkehrsunfälle, wobei drei Personen getötet und viele verletzt wurden. Bei Hatfield stießen drei Güterzüge im Nebel zusammen. Etwa dreißig Güter wagen wurden schwer beschädigt. Aus den nördlichen Teilen Englands werden Schneestürme gemeldet. postau-o abgesiürzi. Viele Verletzte. Das Postauto, das mit 15 Personen aus dem Pitztal kam, geriet in der letzten Kurve vor dem Imster Bahnhof infolge des Glatteises ins Schleudern, rutschte über den Straßenrand ab und stürzte in die Tiefe. Der geschlossene Omnibus überschlug sich mehrere Male und blieb ungesähr 30 Meter unterhalb der Straße schwer beschädigt liegen. Sämtliche Insassen erlitten Verletzun gen. Eine Reihe von Personen mußte der ärztlichen Behand lung zugeführt werden. Drei sehr schwer verletzte Personen wurden in das Krankenhaus nach Imst gebracht. psUMGe HunGAsu Deutsches Reich Die Landbundführer bei Hindenburg. Der Reichspräsident empfing eine Abordnung des Reichslandbundes, bestehend aus den Präsidenten Graf Kalckreuth, Lind und Bethge und den Direktoren von Kriegsheim und von Sybel, zu einer Besprechung der Not lage der Landwirtschaft und zur Entgegennahme von Vor schlägen zur Besserung derselben. An der Besprechung nahm auch der Reichsminister für Ernährung und Land wirtschaft, Dr. Schiele, teil. Kommunale Fehlbeträge und Triüutlasten. Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Dr. Gör- deler, hat in einer Besprechung u. a. erklärt, daß die Stadt Leipzig und auch alle anderen großen deutschen Städte nicht ohne Fehlbetrag bleiben können. Mit wirtschaftlichen Maßnahmen könne der Fehlbetrag nicht beseitigt werden. Es seien baldige außenpolitische Maßnahmen notwendig, die den Abbau der Tributbelastungen zum Ziele hätten. Dänemark. Schwerer Automobilunfall des dänischen Königs. König Christian von Dänemark erlitt bei einetn Automobilunfall schwere Schnittwunden im Gesicht. Sein Wagen stieß mit einer kleinen Jnnensteuerlimousine zu sammen, die vollständig zertrümmert wurde. Portugal. Die Verschwörer von Lissabon. Eine in Lissabon aufgedeckte Verschwörung gegen die Diktatur scheint erheblich größeren Umfang zu haben, als es am Anfang erschien. Die Polizei hat jetzt auf dem Bahnhof Santa Appolonia vierhundert Bomben mit Zeitzündung und zahlreiche aus Heeresbeständen stam mende Maschinengewehre mit der dazugehörigen Muni tion gefunden. Die Diktaturregierung ist vollständig Herr der Lage. Aus Zn- und Ausland Prag. Die Direktion der tschechoslowakischen Staatsbahnen gibt bekannt, daß vom 1. Januar 1931 ab die Fahrpreise durch schnittlich um etwa 20 Prozent und die Gebühren für die Be förderung von Gepäck in Pcrsonenzügen um 30 Prozent erhöht werden. Kowno. Nach der Begnadigung der im Moskauer Ramsin- Prozeß zum Tode Verurteilten wurden alle Angeklagten unter strenger Bewachung aus Moskau weggebracht. Sie kommen zunächst nach Nishnij-Nowgorod, wo sie die Gefängnisstrafe verbüßen sollen. Bereiielie Bombenanschläge. Zwanzig Verhaftungen in der Pfalz. In den letzten Tagen ist die Untersuchung der von ko m m u n i st i s ch e r Seite in der Pfalz vorbereiteten Bombenanschläge so gefördet worden, daß bis jetzt zur Fe st nähme von über zwanzig Personen ge schritten werden konnte. Die Anzahl der in verschiedenen Wohnstätten hergestellten und von der Untersuchungs behörde ausgesundenen Bomben ist erheblich. Nach An gaben der Beschuldigten waren die Bomben zur Verwen dung in einem Bürgerkrieg und gegen Faschisten bestimmt. Die Gehäuse der Bomben wurden aus Granat hülsen gewonnen, die mit Sprengstoff geladen wurden. Ale Vombenfunde in der Pfalz. Pirmasens. Die aufgedeckten Attentatspläne des kommunistischen Antifaschistenbundes in der Pfalz haben die Polizeibehörden zu umfangreichen Untersuchungen veranlaßt. Außer einem Dutzend Bomben, die aus Granaten verschiedenen Kalibers hergestcllt waren und die im Verwendungsfalle eine außerordentlich starke Sprengwirkung gehabt hätten, wurde noch Material zur Herstellung von Bomben, wie Sprengstoff, Zündschnüre, Sprengkapseln usw. vorgefundcn. Bis jetzt sind 24 Personen verhaftet worden. protvkMverlefungimdombenIegerprozeß Was die Angeklagten tn der Voruntersuchung gesagt haben. Im Kleinen Bombenlegerprozetz, der in Altona ver handelt wird, wurde mit der Verlesung der Protokolle fort- , gefahren. Der Angeklagte von Wilamowitz-Möllen» vorf erklärte nach der Verlesung der ihn betresfenden Proto kolle, daß das geltende Recht die Menschen zur Angeberei zwinge. Sodann wurden die Protokolle der Anaeklaaten L> am brock-. Seines Herzens Königin Roman von Marie Blank-Eismann. 67. Fortsetzung Nachdruck verboten „Und ich bin arm und heimatlos wie du, Michael." Der Kranke schloß die Augen. „Wie groß könnte mein Glück sein, wenn ich dich jetzt in meine Arme nehmen dürfte, damit du an meinem Her zen eine Heimat hast, dann könnten wir uns ein Nest bauen, Lieselotte, ein Nest, in dem trotz aller Schicksalsstürme das Glück wohnen sollte und nun muß ich sterben, sterben durch die Hand eines Schurken, der mit seiner Geliebten mein ganzes Leben zerstört hat, wehe dir, Sascha Lermontow, wehe dir, Werra Krasinski, mein Tod soll an euch einst ge rächt werden." Aber Lieselotte wehrte hastig ab> und flüsterte: „Fluche ihnen nicht, denn sie wissen nicht, was sie tun." „Aber sie tragen die Schuld an meinem frühen Tod und ich möchte noch so gerne leben, Lieselotte." „Du darfst noch nicht sterben, Michael, hörst du es? Ich habe doch jetzt niemanden auf der Welt als dich, ich habe alles verloren." Michael atmete schwer. „Noch nicht sterben, noch nicht sterben," flüsterte er mit matter Stimme und ein qualvoller Seufzer hob feine Brust. „Ach, ich möchte ja so gerne noch leben, sage mir noch einmal das süßeste Wort, nach dem ich mich im Wachen und Träu men so ost gesehnt habe." „Ich liebe dich, Michael." „Küsse mich, Lieselotte, nur ein einziges Mal — laß deine süßen, roten Lippen auf meinem Munde ruhen, mir ist, als ob ich unter deinen Küssen genesen müßte." Da beugte sich Lieselotte zu dem Kranken nieder und preßte ihren Mund aus den seinen. Und seine Arme hielten sie dabei so fest umschlungen, daß sie ihren Mund nicht mehr von dem seinen lösen konnte. M.L Ke-MliH. Mgccht da flüsterte er; „Leben will ich, leben für dich, du meines Herzens Kö nigin." Dabei tasteten seine Hände nach den ihren und hielten diese so fest, als sollte es nie mehr eine Trennung geben. Mit einem seligen Lächeln lag Michael in den Kissen. „Nun wirst du immer bei mir bleiben, süße Lieselotte." „Immer." „Nun kann uns nichts mehr trennen." „Nichts mehr!" Da atmete Michael Romanowski wie erlöst auf, seine Micke suchten noch einmal die großen blauen Augensterne Lieselottes, als wollte er auch darin das selige Geständnis lesen. Dann lehnte er sich in die Kissen zurück, schloß seine Augen und während er die Hände Lieselottes fest in den seinen hielt, flüsterte er aufs neue: „Nun bist du doch mein, Lieselotte, süße Lieselotte — du meines Herzens Königin." Und mit einem seligen Lächeln schlief er ein. Ganz ruhig atmete er, alle Unruhe war gewichen, das hohe Fieber ge- funken. Und draußen dämmerte der neue Morgen herauf. 23. Regungslos faß Lieselotte am Bett des Kranken und schaute unverwandt in sein bleiches Gesicht. Sie vermochte kaum zu denken. Sie wußte nur das eine, daß er in der Stunde, da der Tod seine Hand nach ihm ausstreckte, eine Beichte abgelegt hatte, eine Beichte, die ihr die Gewißheit gab, daß er un schuldig war. Und er hatte s i e lieb, nicht die andere. Sie schreckte aus ihren Gedanken plötzlich auf, als sich eine Hand auf ihre Schultern legte. Aufblickend sah sie Annie Millingers besorgtes Gesicht. Und wie aus weiter Ferne ver nahm sie deren leise Stimme, die ihr zuflüsterte: „Er schläft, Lieselotte, deine Nähe hat Wunder gewirkt; vielleicht kann doch alles wieder gut werden." Lieselotte wagte kaum zu atmen. Sie hielt die Hände der vertrauten Freundin in den ihren fest, als müßte sie daran Schutz und Halt suchen. Aber sitz vermochte kein Wort zu sprechen. Doch Annie Millinger fuhr hastig fort: „Nun mußt du auch an dich denken, Lieselotte, und dich ein paar Stunden niederlegen. Ich habe schon in meinem Zimmer alles für dich bereit gemacht." Lieselotte starrte für Augenblicke Annie Millinger fas sungslos an. Und mit zuckenden Lippen wiederholte sie: „Hinlegen? Ausruhen?" Dann schüttelte sie in heftiger Abwehr den Kopf und murmelte: „Nein, dazu habe ich keine Zeit." „Aber der Kranke schläft ja, Lieselotte, und du darfst mir glauben, daß der Schlaf die beste Medizin für ihn be deutet und außerdem weißt du ihn ja bei mir in besten Händen, ich werde in seiner Nähe bleiben, ich werde über ihn wachen und ihn behüten, so daß du ohne Sorge sein kannst." Lieselotte hatte ganz leise dem Kranken ihre Hand ent zogen und er schlief fo fest, daß er es nicht merkte. Hastig richtete sie sich auf und schaute mit irren Augen im Zimmer umher. Dabei preßte sie ihre Hand auf das klopfende Herz. Eine Weile stand sie regungslos da, starrte vor sich hin und an dem Zucken ihrer Schläfen war ganz deutlich zu erkennen, wie erregt ihre Gedanken arbeiteten. Annie Millinger schaute erstaunt die Freundin an, wagte aber weder ein Wort zu sprechen, noch eine Frage zu stellen. Das Schweigen, das zwischen den beiden jungen Mädchen lastete, währte aber nicht lange, denn Lieselotte strich sich hastig Uber die Stirn, faßte dann erregt Annie Millingers Arm und flüsterte: „Ja, Annie, bei dir weiß ich ihn in besten Händen — du wirst deine ganze Kraft dafür einsetzen, daß er mir er halten bleibt, daß er wieder gesund wird und wir die sichere Beute dem Tod entreißen können, er darf nicht sterben, Annie, er muß leben, denn," hier huschte eine flammende Röte über Lieselottes Wangen und wie ein Hauch kam es von ihren Lippen: (Fortsetzung folgt.)