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Unschuldig zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Ostober 1929 wurde in Breslau der Bäcker Pohl wegen Er mordung der Sittendirne Schulz aus Grund von Indizien und trotz seiner Unschuldsbeteuerungen zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Nunmehr hat der Arbeiter Schieweck, der in der letzten Schwurgerichtstaaung wegen Mordes an seiner eigenen geschiedenen Ehefrau und an einer anderen Sitten dirne zum Tode verurteilt worden war, gestanden, auch die Schulz ermordet zu haben. Die Nachprüfung und ein Lokal termin haben die Zuverlässigkeit des Schieweckschen Geständ nisses so unterstützt, daß sie Freilassung Pohls angeordnet worden ist. Pohl hatte seine Strafe am 16. August d. I. an- getreten. Deutsche Gportsiege in Ltngarn. Schubert-Breslau Erster im MO-Meter-Crawlschwimmen. Der zweite Tag des Internationalen Schwimmfestes in Budapest aus Anlaß der Einweihung der neuen gedeckten Schwimmhalle brachte dem deutschen Vertreter Schubert-Bres lau einen glänzenden Sieg im 200-Meter-Crawlschwi.nmen, in dem er den Ungarn Szekely aus den zweiten Platz verwies Auch Neitzel-Deutschland hielt sich recht gut im 400-Meter- Crawlschwimmen, mutzte sich aber hinter dem Rekord schwim wenden Halassy <5 :15,8) mit dem zweiten Platz begnügen. Zwei deutsche Schwimmrekorde wurden aufgestellt. Fräulein Sasserath unterbot den 1OO-Meter-Rückenreko"d von 1:26,2 um zwei Zehntelsekunden, Nire-Charlottenburg ver besserte den 6X50-Meter-Kraul-Stasfel-Rekord des Magdebur ger Damen SC. von 3 :46,2 auf 3 :38,3. Der erfolgreichste Sechstagesahrer der Welt ist Piet van , Kempen, der in der internationalen Liste nach seinen zweiten Plätzen im Kölner und Berliner Sechstagerennen jetzt mit 113 Punkten vor Mac Namara 112 Punkte und Giorgetti 75 Punkte führt. Vermischtes Das vornehme Schuhgeschäft ohne Schuster. In einer größeren Stadt Ostdeutschlands gibt es ein ungemein vornehmes Schuhwarengeschäft. Trotz seiner Vornehmheit mußte dieses Geschäft vor einiger Zeit eine seiner Ange stellten fristlos entlassen, und da die Angestellte damit nicht einverstanden war, kam es zu einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, für die ein großer Zeugenapparat aufge boten worden war. Da erst zeigte sich die wahre Vor nehmheit des beklagten Schuhwarengeschäftes. Unter den Zeuginnen befand sich nämlich eine junge Dame, die sich Schulz nannte, ganz schlicht und einfach Schulz. Der Vor sitzende des Arbeitsgerichtes suchte in der Zeugenliste und sagte: „Ich finde hier kein Fräulein Schulz!" Da trat der Geschäftsführer des Schuhwarengeschäftes an den Ge richtstisch und gab, bestaunt und belacht von sämtlichen Anwesenden, folgende klassische Erklärung ab: „Das Fräulein hier heißt richtig Schuster. Aber wir sind ein so vornehmes Schuhgeschäft, daß man uns eine Angestellte mit dem Namen Schuster nicht zumuten kann. Das hätte uns in den Augen des kaufenden Publikums, das bei der Nennung eines solchen Namens an einen Witz oder besten falls an eine Flickschusterei gedacht hätte, stark herabgesetzt. Deshalb haben wir dieses Fräulein, mit seiner Zu stimmung Schulz genannt!" Es geht nichts über die wahre Vornehmheit! Jeder Franzose ist ein kleiner Krösus. Ein Pariser Blatt hat ausgerechnet, daß jeder Franzose — wie sie da stehen und liegen — 1250 Goldfranken besäße, wenn es der Bank von Frankreich plötzlich in den Sinn käme, ihre Goldbestände in kommunistischer Weife unter die Bürger zu verteilen. Der Bank von Frankreich wird das wahr scheinlich nicht in den Sinn kommen, aber in der Theorie mindestens stimmt das alles. In derselben Tbeorie und nach dem gleichen Verteilungsshstem besäße jeder Yankee 800 Goldfranken und jeder John Bull 400, was beschämend wenig ist. Wie es mit uns Deutschen steht, wird leider nicht ausgerechnet — wahrscheinlich lohnt es sich nicht erst. Wenn man nun aber glaubt, daß die Franzosen restlos glücklich sind, weil jeder von ihnen in der Bank von Frankreich 1250 Goldfranken liegen hat, so irrt man sich ganz gewaltig. Die Franzosen fürchten nämlich, daß man eines Tages ihnen ihre 1Z50 Goldfranken vorwerfen könnte. Wenn — so kalkuliert das Pariser Blatt — Deutschland einmal für seine Reparationszahlungen ein Moratorium nachsuchte und wenn dann auch Frankreich sich genötigt sehen könnte, bei seinen Gläubigern um Schuldenstundung vorstellig zu werden, so könnte leicht einer kommen und sagen: „Was, ihr wollt was gestundet haben? Ihr seid ja geradezu unangenehm reich mit euren 1250 Goldfranken pro Kopf — also, bitte, bezahlt mal!" So liegen die Dinge, und weil sie so liegen, zerbricht man sich in Paris schon heute den Kopf. Die Amerikanerinnen sind unzufrieden. Alle Frauen sind unzufrieden — das ist Grundsatz. Die Amerikane rinnen aber sind ganz besonders unzufrieden, erstens als Frauen an sich und zweitens als Amerikanerinnen ins besondere, weil doch Amerika in der Welt vorangehen müßte. Eine amerikanische Frauenrechtlerin stellt jedoch fest, daß Amerika, was die Frauen angehe, in der Welt immer noch hintenan marschiere. Die beste staatsbürger liche Stellung hätten die Frauen in den südamerikanischen Ländern und in Rußland, das in Europa außer der Reihe tanze. In Chile, in Argentinien, in Paraguay usw. be halte die Frau auch nach ihrer Verheiratung ihre frühere Staatsangehörigkeit: wenn z. B. eine Chilenin einen Indianer ehelicht, bleibt sie auch in der Ehe Chilenin. In U. S. A. ist das seit einigen Monaten zwar ähnlich, aber nicht ganz so. Die rechtliche Stellung der verheirateten Amerikanerin ist noch immer schrecklich schlecht. Wenn Miß Smith Herrn Jonathan Hopkins, der die bürgerlichen Ehrenrechte verloren hat, als Gatten heimführt, hat auch sie plötzlich keine bürgerlichen Ehrenrechte mehr, was allerdings ein bißchen „happig" ist. Ist aber umgekehrt Miß Smith um ihre bürgerliche Ehre gekommen, während Jonathan Hopkins seine Rechte noch hat, so verliert Jonathan seine Ehre auch nicht durch eine Heirat mit Miß Smith. Das ist es, was die Amerikanerinnen so unzufrieden macht, und aus diesem Grunde beneiden sie sogar Rußland. Heitere Umschau. Die Ruhestörer. Schulze sitzt im Theater: vor ihm be findet sich ein Ehepaar, das sich ununterbrochen laut unterhält. Schließlich wird es Schulze zu dumm und er wendet sich an den Gatten: „Entschuldigen Sie gütigst, aber es ist wirklich kein Wort zu verstehen!" — Worauf der Angcredele schnaubt: „Was brauchen Sie zu verstehen, was ich erzähle?" Unschuldiges Kinderspiel. „Mutti," ruft der kleine Willi seiner Mutier zu, als diese vom Ausgang heimkommh „wir haben Briefträger gespielt und haben jedem auf der Straße einen Bries gegeben!" — „Und wo habt ihr denn die Briefe herbekommen?" — „Die haben wir aus deinem Schreibtisch genommen, weißt du, aus dem Päckchen, das mit einem rosa Band verschnürt war." Beim Wort genommen. Autoverkäuscr: „Wann werden Sie nun endlich das von mir vor einem Jahre gekaufte Auto bezahlen?" — Der Käufer: „Als Sie es mir verkauften, sagten Sie: Das Auto macht sich selbst bezahlt! Und darauf warte ich eben." Folgerung. Lehrer: „Fritz, dein Aufsatz ist sehr gut; nur hat er einen Fehler: er lautet genau so wie der deines Nach bars. Was muh ich daraus folgern?" — Fritz: „Daß meines s Nachbars Aufsatz auch sehr gut ist!" Vörie. Kanari - LNrtl»aN Aus der sächsischen Landwirischast. Landwirts Notizbuch. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mittetlt, ist für die Zeit vom 12. Januar bis 7. Februar 1931 ein Kursus in Viehpslege, Melken und Milchwirtschaft angesetzt auf dem Lehrgut der Landwirtschaftlichen Schule Bautzen „Oberhof" in Preuschwitz für Söhne von Landwirten. Der gleiche Kursus für Töchter von Landwirten findet vom 9. Fe bruar bis 7. März statt. Eine Ausschußsitzung der Kreisdirektion der Landwirt schaftskammer Dresden findet am 12. Dezeniber im Italieni schen Dörfchen, Dresden, statt, in der Dr. Friedrich einen Be richt geben wird über Ergebnisse auf den angeschlossenen Ge nossenschaftsweiden, während Diplom-Landwirt W. Bergmann über „Auswertung landwirtschaftlicher Betriebsergebnisse" spricht. Ter Neichsverband deutscher Guts- und Forstbeamter ver anstaltet innerhalb seiner Kreisvcreine in der kommenden Zeit folgende Versammlungen: in Dresden am 7. Dezember (Schilds Hotel), in Freiberg am 14. Dezember (Drei Raben), in Leipzig am 14. Dezember (Zur Börse), in Löbau am 14. Dezember (Alberthof), in Pirna am 7. Dezember (Sächs. Hof), in Plauen am 7. Dezember (Sächs. Hof), m Wurzen am 7. Dezember (Zur Post). Zur Durchführung des von der Landwirtschaftskammer eingerichteten Verfahrens zur Bekämpfung der Aufzuchtkrank- heiteu wird außer dem festgesetzten Beitrag von 4 Mark für jedes Rind vom 1. Januar 1931 ab eine jährliche Grundge bühr von 10 Mark für jeden dem Verfahren angeschlossenen llinderbestand erhoben. Amtliche sächsische Notierungen vom 8. Dezember. Dresden. Die Börse wies eine allgemein schwache Haltung mf. Größere Verluste gab es nur am Papier- und Photo- markt. Es verloren Dresdner Albumin-Genußscheine 7, Ver Photo-Genußscheine 6, Deutsche Ton und Schubert u. Salzer je 3, Kcramag 2,50, 1. Kulmbacher 2,25, Bergmann 2 Prozent. Dagegen gewännen Riebeck 3,50 und Aktienfärberei Münchberg 3 Prozent, übrige Kursveränderungen unter 2 Prozent. An lagewerte verkehrten wieder leicht gedrückt. Leipzig. Die Börse verkehrte in schwacher Haltung. Spezial- Werte büßten bis zu 3 Prozent ein. Neue Realbesitz verloren 5, Falkensteincr Gardinen 4 Prozent. Anleihen still, Freiver kehr unverändert. Chemnitz. Die Börse verkehrte freundlich, und zuversicht lich. Kursvcränderungen gingen nach beiden Richtungen nicht über 2 Prozent hinaus. Etwas höher lagen Gnüchtel, Schön herr, Bachmann u. Ladewig, Bank für Brauindustrie. Eine Kleinigkeit niedriger notierten Faradit, Großenhainer Web stuhl, Schubert u. Salzer, Commerzbank und Dänat. Renten geschäftslos. Fretverkehr ruhig. Leipziger Schlachtviehmarkt. Auftrieb: 60 Ochsen, 270 Bullen, 207 Kühe, 53 Färsen, 244 Kälber, 746 Schafe, 2903 Schweine. Preise: Ochsen 1. 57—59, 2. 54—56; Bullen 1. 54 bis 55, 2. 50—53, 3. 47—49; Kühe 1. 44—50, 2. 38—43, 3. 32—37, 4. 27-31; Färsen 1. 54-56, 2. 44-53; Kälber 2. 66—72, 3. 60—65, 4 55—59; Schafe 1. 54—58, 2. 62-64, 3. 45—53; Schweine 1. 62—63, 2. 62—63, 3. 61—62, 4. 58—60, 7. 54—57. Geschäftsgang: Rinder und Schweine schlecht, Kälber und Schafe mittel. Chemnitzer Schlachtviehmarlt. Auftrieb: 82 Ochsen, 163 Bullen, 441 Kühe, 14 Färsen, 3 Fresser, 457 Kälber, 252 Schafe, 1958 Schweine. Preise: Ochsen a) 2. 50—54, b) 1. 46—48, b) 2. 46—48,c) 40—45, d) 30—38, Bullen a) 51—54, bj 47—48, c) 40—45, Kühe a) 47—50. b) 38-45, c) 28—36, d) 20—26, Kälber b) 72—74, c) 65-70, d) 55-64, Schaft aj 2. 53—54, b) 46—50, c) 40—44, d) 35—38, Schweine a) 66, b) 65—67, c) Mein Vater fuhr also nach Dresden, um bei seinen Lieferanten Futter zu kaufen. Aber er bekam nichts. Ein zweiter Versuch war ebenfalls vergeblich. Sie hatten ihn bis zum nächsten Male vertröstet. Folglich konnte der Anzug nicht gefertigt werden. In dieser Not schrieb mein Vater an die Familie, ob sie vielleicht etwas Futter daliegen hätte. Aber sie hatten sich auch nicht mit Futter versehen. Ja, wie sollte nun der Anzug fertig werden! Endlich nach zwei oder drei Wochen benachrichtigte uns die Firma Wagner k Kinne, Dresden, daß mein Vater einige Meter Jackettfutter erhalten könne. Die Firma dürfe nur eine kleine Menge verteilen. Sie hätten Futter da, doch der Staat hätte es beschlagnahmt, und sie dürften nur von Zeit zu Zeit etwas abgeben. Also fuhr mein Vater nach Dresden und holte sich das Futter. Es war zwar sehr teuer, aber es war auch noch ziemlich gute Ware. Nur gegen sofortige Kasse wurde es abgegeben. Auch das Einkaufsbuch durfte nicht fehlen. Dahinein wurde geschrieben, wieviel und was für eine Sorte von Futter gekauft worden war. Zum Glück hafte er beides mit, sonst wäre er wieder leer nach Hause gekommen. Nun konnte der Anzug gearbeitet werden. Der Herr war froh, als mein Vater schrieb, daß er Futter dazu erhalten habe. Man glaubt nicht, wie schwer es ist, etwas in Futtermaterial zu er langen. Ebenso ist es mit dem Stoffe. Den erhalten wir durch die Reichs- bekleidungsstelle, und ehe wir davon etwas bekomme^, das dauert monate lang. , E. W. 2. Voriges Jahr, zu Weihnachten, wollte mir die Mutter ein Paar Schuhe schenken. Sie schickte mich daher auf das Rathaus, mir einen Bezugs schein ausstellen zu lassen. Das war aber nicht so einfach, meine Mutter sollte erst selber kommen und einen Fragebogen ausfüllen, sprach Frau Kunze. Auf meine Antwort, daß Mutter nicht Zeit habe, gab sie mir den Bogen mit nach Hause. Darauf wollte man wissen, wieviel Paar Schuhe ich noch hätte, ob ich sie notwendig brauchte und ob ich ein Paar alte Schuhe dafür abgeben wollte. Nachdem dies ausgefüllt war, schaffte ich den Schein wieder auf das Rathaus. Nun nahm ich meine alten Schuhe, ging zu Platt- uers in die Ankaufstelle und bot diese zum Kaufe an. Ich erhielt ganze 0,20 Mk. dafür, die ich gar nicht erst in Empfang nahm; denn sonst hätte ich nochmals auf das Rathaus gehen und mir eine Quittung holen müssen; dabei geht doch wirklich mehr an Schuhsohlen ab. Nun erst bekam ich meinen Bezugsschein, aber leider keine Schuhe. Jetzt sind wir von Geschäft zu Geschäft gelaufen, doch Schuhe gab's nirgends. Endlich, der Schein war schon wieder bald verfallen, bekam meine Tante in einem Dresdner Schuh geschäft noch ein Paar und zum Glück auch noch gute Lederschuhe. M. H. 3. Als der Krieg begann, bekam mein Vater nicht mehr so viel Zucker wie im Frieden. Davon kann er kein Konfekt und keine Pfefferminze mehr arbeiten, sondern jeden Tag nur etwas Malz. Früh um 8 Uhr, wenn wir zur Schule gehen, müssen sich die Leute anstellen, sonst läßt sie mein Vater nicht herein. Jedes bekommt nur ü» Psd. Malz. Im Frieden dagegen konnten sie holen, so viel sie wollten. Montags werden die Bestellungen für Malz angenommen. Da stehen die Leute gewöhnlich bis an die Haus tür. Daraus ersieht man, daß es nicht fo einfach ist, Malz zu kaufen. I. I. 4. Fast jeden Tag kommen zu meinem Vater Leute, um sich photogra phieren zu lassen. Meistens schicken sie die Bilder an die Front, oder sie heben sie als Andenken für spätere Zeiten auf. Bei schönem Wetter ist Sonntags der meiste Betrieb, so daß sehr viele Platten gebraucht werden. Aber sic sind rar und kaum zu bekommen. Da ist es nicht so einfach, nicht in Verlegenheit zu kommen. Schon dreißig Wochen vorher müssen die photographischen Platten bestellt werden, ehe sie geliefert werden können. Oft muß mein Vater auch noch zu dem Vertreter der Firma hinfahren, oder er muß nachfragen, ob die Platten wirklich geschickt werden. Nicht Viet anders ist es auch mit Chemikalien, Kartons und sonstigen Artikeln, die mein Vater braucht. Daraus geht hervor, wie schwer es jetzt in Kriegs zeiten ist, sich seine notwendigsten Waren zu verschaffen. CH. M. 5. Mein Vater bestellte vorigen Herbst eine Ladung Sandsteine. Darauf erhielt er den Bescheid, daß er sich längere Zeit gedulden müsse, da es sehr an Arbeitskräften mangle. Nach einigen Monaten fragte mein Vater wieder an, ob er die Steine bekommen könnte. Nun wurde ihm mitgeteilt, daß die Fracht beförderung eingeschränkt sei. Sie fügten ein Schreiben bei, in dem er an geben mußte, ob die Waren ganz dringend gebraucht würden. Er ging also aufs Polizeiamt und ließ sich bestätigen, daß er die Steine notwendig brauche. Das Schreiben ging erst auf die Kriegsanftsstelle Dresden. Von d.ort aus wurde den Lieferanten die Erlaubnis erteilt, die Steine abzuschicken. Endlich kamen sie an. Nun fehlte es wieder an einem Fuhrwerk, das die Steine von der Bahn abfuhr. Herr Fuhrwerksbesitzer Pietzsch ist selbst im Felde, hat wenig Leute und auch weniger Pferde als sonst. Mein Vater borgte sich einen Tafelwagen, und ein Gutsbesitzer fuhr mit seinen Pferden die Steine herein. Es war aber höchste Zeit; denn mein Vater mußte am selben Tage mit dem Abendzuge wieder eintreffen. Auch hätte er müssen Standgeld zahlen, wenn es am bestimmten Tage nicht abgeladen wurde. E. L. 6. Am Sonntag nach Ostern traf uns die traurige Nachricht, daß unser guter Vater gefallen war. Als er auf Urlaub war, äußerte er den Wunsch: „Wenn ich einmal fallen sollte, so will ich hier begraben werden". Wir woll ten seinen Wunsch erfüllen, wenn eine Ueberführung möglich war. Noch am selben Tage ging mein Onkel zur Post und gab ein Telegramm an die Kom pagnie auf. Nach einer Woche bekamen wir Nachricht. Der Feldwebel schrieb, wir sollten uns an das Generalkommando in Dresden wenden, da würden wir Bescheid erhalten. Das versorgte wieder mein Onkel, weil er eingezogen und noch in Dresden war. Nach einigen Tagen bekamen wir einen Brief vom Generalkommando. Wir sollten sehr viele Fragen beantworten. Meine Mutter fuhr gleich selbst nach Dresden. Sie sagte dort, daß mein Vater den Wunsch ausgesprochen habe, in heimatlicher Erde zu ruhen. Die Ueberfüh rung der Leiche wollte meine Mutter einer Dresdner Ueberführungs-Gesell- schaft überlassen. Bei der Ausgrabung der Leiche sollte mein Onkel mit dabei sein. Wir mußten nun immer noch ein Gesuch machen. In derselben Woche erhielten wir Nachricht, das Gesuch war abgelehnt. Wegen Transportschwie rigkeiten konnte die Leiche nicht übergeführt werden. So muß denn unser guter Vater in fremder Erde ruhen. I. W. 7. Es ist noch nicht so lange her, als ich ein neues Sonntagskleid brauchte. Ich ging aufs Rathaus, um mir einen Bezugsschein ausstellen zu lassen; denn ohne diesen bekommt mau nichts. Statt eines Bezugsscheines bekam ich von Frau Kunze einen Zettel, den meine Mutter ausfüllen mußte. Es stand darauf, wieviel Stoff wir benötigten und was für Kleider ich noch hätte. Meine Mutter füllte alles aus und lieferte den Zettel wieder ab. Bald konnte