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Wilsdruffer Tageblatt s.Blatt. Rr.281 - Mittwoch, de»3.Dezember1SS0 Tastesspruch. Nur Liebe darf der Liebe Mumen brechen^ Der schönste Schatz gehört dem Herzen an, -Das ihn erwidern und empfinden kann. Schmer. Achtung! Verjährung! Ein wichtiger Termin für Gläubiger. Die Einrichtung der Verjährung im Recht ist nicht eigentlich im Rechtssystem verankert, sondern stellt sich als eine vor allem aus dem praktischen Bedürfnis heraus ge borene Maßnahme dar. Begrifflich sind alle Rechte zeitlich unbegrenzt, aber die Geltendmachung der aus den Rechten ent springenden Ansprüche muß an eine gewisse Frist ge bunden sein. Das liegt im Interesse sowohl der Allgemein heit wie des einzelnen. Es ist nicht angängig, daß z. B. je mand eine Forderung hat und diese erst nach einem so langen Zeitraum geltend macht, daß die Nachprüfung ihrer Recht mäßigkeit fast unmöglich geworden ist. Andererseits mutz eine gewisse Sicherheit für tatsächlich längere Zeit bestehende Zustände geschaffen werden gegen Ansprüche, die möglicher weise dagegen erhoben werden können. Deswegen besteht die Gesetzesbestimmung, daß im allgemeinen die Verfolgung von Ansprüchen, besonders solcher die bereits durch Urteil fest gestellt worden sind, nach dreißig Jahren ausgeschlossen sein soll. Ähnliche praktische und rechtspolitische Zwecke verfolgt die Einrichtung der kurzen Verjährungsfristen. Sie schafft einen gesetzlichen Druck für den Berechtigten, seine Rechte ordnungsmäßig auszuüben. Sie soll nach dem aus drücklichen Willen des Gesetzgebers ein Kampfmittel darstellen gegen den Schlendrian im kleingewerblichen Kreditwesen und hat hier schon viel Nutzen gestiftet. Die Verführung bedeutet nicht, daß das Recht nach Ablauf einer bestimmten Frist erloschen ist denn Leistungen, die nach der Verjährung gemacht worden sind, können nicht unter Berufung ans die Verjährung zurück gefordert werden. Aber der Schuldner kann gegen seinen Willen nicht mehr zur Leistung herangezogen werden. Das Gericht berücksichtigt die Verjährung nur, wenn sie ein redeweise vom Schuldner geltend gemacht wird. Geschieh; dies nicht, so wird er zur Leistung verurteilt und für dieses Urteil kommt dann die dreißigjährige Verjährung in Betracht Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des An spruches. Eine Ausnahme machen die Rechtsgeschäfte mi: kurzer Verjährungsfrist, die unten aufgesührt werden. Bei ihnen beginnt die Verjährung erst mit dem Schluß des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei der Lieferung eines Anzugs durch einen Schneider z. B. beginnt die Verjährung nicht schon mit dem Tage des Auftrages oder der Ablieferung zu lausen, sondern erst am Ende des betreffenden Jahres Unterbrochen wird die Verjährung durch ein Anerkennt nis des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, z. B durch Sicherheitsleistung, Abschlagszahlung, Zinszahlung usw Ferner vor allem durch Klage oder Zustellung eines Zahlungsbefehls. Ist die Unterbrechung beendet, so beginnt die Verjährungs frist von neuem. Am 31. Dezember 1930 laufen nun folgende Verjährungsfristen ab: 1. Ansprüche aus Rechtsgeschüften des täglichen Lebens und Verkehrs, die im Jahre 1928 entstanden sind (zweijährige Verjährungs frist). Dahin gehören besonders die Ansprüche der Kauf leute, Landwirte, Handwerker und Arbeiter wegen gelieferter Waren und Arbeiten — es sei denn, daß die Leistung für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolg: ist —, also für den persönlichen Bedarf des Schuldners Dann die Ansprüche der Gastwirte, Bediensteten, Lehrer, Ärzte, Anwälte, der öffentlichen Unterrichts und Erziehungsanstalten, der Zeugen und Sachverständigen wegen Gebühren. Es verjähren ferner die im Jahre 1928 fällig gewordenen Gehälter und Lohne. 2. Ansprüche aus Rechtsverhältnissen, die im Jahre 1926 entstanden sind (vierjährige Veriahruug), und zwar ungefähr dieselben Ansprüche wie unter Nr. 1, wenn diese Leistungen zum gewerblichen Betrieb des Schuldners erfolgt sind. Ferner Ansprüche aus alle wiederkehrenden Leistungen, wie Unterhaltsansprüche, . . Pacht- und Mietzahlungcn » sowie Ansprüche aus Rückstände von Renten, Besoldungen Wartegelder, Ruhegelder usw. 3. Ersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen (dreijährige Verjährungsfrist). Hier beginnt die Verjährungs- Seines Herzens Königin Roman von Marie Blank-Eismann. HZ. Foetjetzuug Nachdruck verboten „Ich danke dir, Konrad — du erfüllst mir damit einen großen Wunsch." . Lieselotte aber war neben der Bahre niedergesunken und , * hatte ihr Gesicht in beide Hände gepreßt. Sie achtete kaum darauf, daß Konrad mit seiner Gattin das Zimmer verließ. Es kam ihr auch kaum "zum Bewußtsein, daß Michael Ro manowski doch als Dieb entlarvt worden war. Die Worte Werras hatten ihr Innerstes in einen wil- > k den Aufruhr versetzt. Nicht die Tochter Leopold Mayburgs, ' nicht das Kind dieses Hauses. Sie konnte diese Tatsache noch nicht fassen. Ihr schien es, als läge sie in einem schweren Fieber von angsterfüllten Träumen gepeinigt. Da vernahm sie neben sich das schmerzliche Stöhnen des Verletzten. Sic richtete sich auf und starrte in dessen blut-' leeres Gesicht. Arm und heimatlos war er, und das war nun auch ihr Schicksal. Und wenn Michael Romanowski ihr jetzt sagen würde, daß er sie lieb hätte, dann hätte sie die Gcweißheit, daß ihn 'wirklich die große alleinseligmachende Liebe zu ihr zog, nicht die Mitgift, nicht das reiche Erbe. Aber angstvoll zuckte sie bei diesen Gedanken zusammen und starrte Michael Romanowski an. Er war ja ein Dieb, ein Verräter. Doch hatte er seine Tat nicht freiwillig gesühnt? Warum empfand sie einen stechenden Schmerz in ihren: Herzen, wenn sie das Wimmern aus seinem Munde ver nahm? Würde sie sich von jedem andern, von dem sie erfuhr, daß er zum Dieb geworden war, nicht voller Abscheu ab wenden? Was hielt sie hier an dieser Bahre noch fest? , War denn die Liebe eine so große Zauberin, daß sie rucht nach Schuld und Verfehlungen fragte? Glaubte sie Mir mcyr mn oem Ablauf des Jahres 1927, sondern mit dem Zeitpunkt der Entstehung. Außerdem kennt das Gesetz noch eine große Reihe mehr oder minder kurzer Verjährungsfristen, die aber für das täg liche Leben nicht so wichtig sind wie die oben angeführten. Der Gläubiger, der für einen oder den anderen der an gegebenen Fälle in Betracht kommt, wird gut daran tun, ent weder ein Anerkenntnis des Schuldners, am besten ein ausdrückliches, schriftliches, herbcizuführen oder Mage einzu reichen bzw., was einfacher und billiger ist, einen Zahlungsbefehl zu erwirken. Abwegig ist die vielfach verbreitete Meinung, daß auch ein Mahnbrief, selbst wenn er eingeschrieben erfolgt, aus schiebende Wirkung hat. Zu bemerken ist ferner noch, daß alle Schriftstücke bei den betreffenden Personen, Gerichten oder Behörden am 31. Dezember bereits eingegangen sein müssen, daß also eine Absendung am 31 Dezember in den meisten Fällen nicht mehr als ausreichend angesehen wird Adolf Hoffmann gestorben. Im 73. Lebensjahr. Der frühere sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Adolf Hoffmann ist an den Folgen einer Grippe in Berlin gestorben. Er war einer der ältesten Vorkämpfer der Sozialdemokratie und genoß als „Zehn-Gebote- Hoffmann" eine gewisse Popularität. Die Bezeich nung rührte von der Herausgabe einer Flugschrift „Die zehn Gebote und die besitzende Klasse" her. Er gehörte seinerzeit auch dem Preußischen Abgeordnetenhause an, als noch das Dreiklassenwahlreäft in Kraft war, ferner der Berliner Stadtverordnetenversammlung. Zahlreiche Anek doten kursierten über seine Schlagfertigkeit in Debatten und in bezug auf die Berliner Mundart, deren er sich manch mal wohl nicht ohne Absicht, gern zu bedienen pflegte. Nach der Staatsumwälzung war er eine Zeitlang neben dem Mehrheitssozialisten Hänisch als Vertrauensmann der Unabhängigen Sozialdemokratie preußischer Unter richtsminister. Dann wurde er für kurze Zeit Kommunist, kehrte aber bald wieder zur Sozialdemokratie zurück. Merkwürdige Duplizität der Ereignisse. Das Schicksal des Lloydschiffcs „Ludwigsha fen", auf dem ein Brand ausgebrochen war, hat fick), wie man weiß, günstiger gestaltet, als man ursprünglich angenom- Der Frachtdampfer „Ludwigshafen". men hätte. Man glaubte, das Schiff schon verlorengeben zu müssen, aber es ist dank der tatkräftigen Hilfe des eng lischen Frachtdampfers „Benhorvi ch" gerettet worden und konnte dann mit eigener Kraft in den Hafen von Balboa einfahren. Kaum aber war es in Sicherheit, so kam die Kunde, daß der Dampfer „Benhorvich" selbst in schwere Not ge raten war. Er stieß, bald nachdem er das Rettungswerk vollbracht hatte, mit einem amerikanischen Dampfer zu sammen und lief mit einem Leck in der Bordwand in Balboa ein. Hier mutzte er sofort ins Dock gebracht werden. Schlechte Lage des Hotelgewerbes in den Bädern. Klagen und Beschwerden auf der Tagung der Hotelbesitzer. Auf der Reichstagung der Hotelbesitzer, die in Berlin stattfand, erklärte der Geschäftsführer Dr. Knap mann, daß die Lage des Hotelgewerbes in den Bäderr nnd Kurorten, die schon im vorigen Jahre trostlos gewesen sei, sich 1930 weiter verschlechtert habe. Der Rückgang des Umsatzes betrage im Durchschnitt 30 Prozent bei gesteigerten steuer lichen und sozialen Lasten. Eine eingehende Aussprach! entwickelte sich dann über die Frage, wie das Publikuu besser als bisher aus die Schönheiten der deutschen Kur orte hingewiesen werden könne. Allgemein bemängel wurde die Haltung der R e i ch s b a h n g e s e l l s ch a f t deren Tarifpolitik den Reiseverkehr in Deutschland gerade zu erschwere. Der Bäderausschutz richtet die dringend« Bitte an die Reichsbahn, durch Tarifmaßnahmen nach den Beispiele der Sondertarife der ausländischen Bahnen durch die der Verkehr von Deutschland bewußt abgelenk werde, den Verkehr nach den deutschen Bädern und Kur orten wieder zu beleben. In einer Entschließung wurd: auf die nicht mehr tragbare Last der Steuern, insbesondere auf die die Eigenart der gewerblichen Saisonbetriebe in keiner Weise berücksichtigende Haus zins st e u e r hingewiesen. In einer weiteren Ent schließung wurde festgestellt, daß die deutschen Saison betriebe weitgehend der stark gesunkenen Kaufkraft des Publikums Rechnung getragen haben. Die gemachten Er hebungen hätten ergeben, daß die Preise der Saison betriebe in den einzelnen Bezirken erheblich gcsenk Worden seien, wodurch Verluste eingetreten seien, da dir Unkosten gleichgeblieben nnd die steuerlichen und soziale: Lasten weiter gestiegen seien. f psIMfÄie kunüfKau i Deutsches Keich Reichspartcitag der Bauern- und Landvolkpartei. In Berlin tagte der Reichsparteitag der Christlich- nationalen Bauern- und Landvolkpartei. Parteiführer Höser machte grundsätzliche Ausführungen über die Gesamtpolitik. Das Landvolk erblicke im Kampf gegen sen Young-Plan das Kernproblem aller Politik. Das Landvolk hege schärfstes Mißtrauen gegen die derzeitige Außenpolitik. Reichstagsabgeordneter Döbrich erklärte, es verbittere, daß die Reichsregierung die landwirtschaft liche Not zum Objekt taktischer Verhandlungen gemacht habe. Mit den Notverordnungen sei die Regierung zu spät gekommen. Sie seien überdies von ihr verwässert worden. Der preußische Landtagsabgeordnete Voll mers begründete die Haltung seiner Fraktion: Kein Vertrauen und keinen Pfennig dem System Severing- Braun. roprozentigc Auffichtsratssteucr. Von der sozialdemokratischen Fraktion ist im Reichstag ein Gesetzentwurf eingebracht worden, der eine höhere Be steuerung der Aufsichtsratstantiemen bezweckt. Es wird beantragt, wie.vor dem Kriege 20 Prozent als Steuersatz zu erheben, und zwar noch im laufenden Jahre. Schwerz Eröffnung der Schweizerischen Bundesversammlung. Der Nationalrat wählte zu seinem Präsidenten mit 150 Stimmen den ' bisherigen Vizepräsidenten Dr. Sträuli (Radikaldemokrat), Winterthur. Der Ständerat wählte mit 37 von 38 abgegebenen Stimmen den bis herigen Vizepräsidenten Cha r m illo 1 - Bern (Frei- denn noch immer, daß alle die Anklagen und Beschuldigun gen Lüge waren? Und als sollte sie eine Antwort auf all ihre bangen und quälenden Fragen erhalten, trat plötzlich Friedrich Karsten zu ihr herein, legte ihr seine Hand auf die Schulter, so daß sie aus der Erstarrung erwachte und den alten Alaun hilf los anstarrte. Karsten schüttelte ernst den Kopf und flüsterte: „Ein Dieb soll Romanowski sein? Das kann ich nicht glauben, er hat sich nicht die geringste Untreue zuschulden kommen lassen." „Aber der Diamant, er fehlt in Werras Halskette und sie fand ihn in einem Lederbeutel versteckt aus seiner Brust." Friedrich Karsten zuckte mit den Schultern. „Das ist mir ein Rätsel — ich sah bereits einmal, als Romanowski draußen im Walde von dem fallenden Baum getroffen wurde und ich ihm das Hemd öffnete, um seinen Herzschlag zu prüfen, jenen, Lederbeutel auf seiner Brust und in diesem trug er einen kostbaren Stein verwahrt, den ich für einen Talisman — vielleicht auch für ein seltenes Andenken aus seiner Heimat hielt." Lieselotte umklammerte heftig den Arm des alien In spektors und stammelte: „Ist es möglich? — Sie sahen vor Wochen schon diesen Beutel und diesen Stein bei Michael Romanowski? —" „Gewiß! Ich kann es sogar beschwören —" „Dann wäre er also kein Dieb?" „Ich möchte für seine Ehrlichkeit meine Hand ins Feuer legen," erklärte Friedrich Karsten eifrig. „Ich habe ihn oft mals mit großen Summen nach der Stadt geschickt und er hat niemals das geringste veruntreut — so daß ich es für ausgeschlossen halte, daß er ein Schmuckstück gestohlen hat." „Dann müßte also ein Irrtum vorliegen — eine Ver wechslung." Inzwischen waren tue Diener herangekommen und brei teten eine Decke über den Verunglückten und schickten sich an, die Bahre hochzunehmen und aus dem Zimmer zu tragen. Da aber war wieder ein schmerzliches Stöhnen aus Michael Romanowskis Munde zu hören. Lieselotte wandte sich ihm hastig zu und streichelte mit leidig über da's schmerzverzerrte Gesicht. Dabei flüsterte sie mit zärtlicher Stimme: „Du Armer! Hast viele Schmerzen —" Und es schien, als übte die weiche Mädchenstimme einen seltsamen Zauber aus, denn über das Gesicht Michael Ro manowskis flog ein leises Lächeln. Seine Brust atmete tief und langsam schlug er die Augen auf. Dabei begegnete er den besorgten Blicken Lieselottes. Und seine Hände tasteten nach den ihren und hielten sie fest. Ein wundersames Leuchten kam in seine großen, dunklen Augen und ganz leise flüsterten seine Lippen: „Dich hab ich lieb — von allen Menschen nur dich — Lieselotte — du meines Herzens Königin." Mit einem seligen Lächeln um den Mund schloß er die Augen wieder und abermals nahm ihn eine tiefe Bewußt losigkeit gefangen. Lieselotte aber stand regungslos da und starrte in das bleiche Gesicht Michaels. Ihr Herz klopfte in rasendem Takt. Sie atmete schwer und eine flammende Röte stand auf ihren Wangen. Aber die Diener achteten nicht auf ihre Befangenheit, fondern drängten sie zur Seite, hoben die Bahre auf und trugen sie aus dem Zimmer hinunter nach dem Gutshof, wo bereits das Krankenauto stand, um den Verunglückten in die Klinik zu bringen. . Erst das schrille Hupensignal, das zum Zeichen der Ab fahrt gegeben wurde, schreckte Lieselotte aus ihrer Betäu bung auf. Sie eilte zum Fenster und preßte ihr Gesicht an die kühlen Scheiben. Dabei sah sie gerade noch, wie das Sanitätsauto den Hof verließ und das große eiserne Tor hinter ihm geschlos sen wurde. Da brach sie aufschluchzend in die Knie nieder und stöhnte: „Zu spät — zu spät, nun gibt es kein Glück mehr für mich — nun habe ich alles verloren — alles." (Fortsetzung folgt.)