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Nr. 275 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: Schweres Autounglück. Lieben Arbeiterinnen schwer verletz» In der Llsnitzcr Straße in Luqau wurde ein von «lsnjtz kommendes Lastauto, das allmorgendlich Arbei- tcrinncn nach ihrer Arbeitsstätte in Lungwitz bringt, in °'ncr Kurve bei Lugau von einem entgegenkommenden Lastauto augefahren. Dabei erlitten sieben Arbeiterinnen ° schwere Berletzungen, daß sie ins Stoüberger Kranken- cingcliefert werden mußten. Der Kamps mit den Parteien. Immer wieder und bei jeder Gelegenheit ist von dem Reichskanzler oder einem seiner Ministerkollegen mit besonderer Schärfe und Deutlichkeit darauf hingewiesen worden, daß die große Steuer- und Finanzreform nicht bloß den selbstverständlichen Zweck habe, Ordnung ans längere Sicht in die Haushalte von Reich, Ländern und Gemeinden zu bringen, sondern daß man darüber hinaus auch noch das Ziel verfolge, die Arme finanziell frei zu bekommen für eine Außenpolitik der Revision. Ähnlich liegen nun die Zwecke der Reform, wenn man ihre wirtschaftspolitische -Seite be trachtet. Nicht mehr steigende steuerliche Belastung, sondern Entlastung der Wirtschaft, um Krise und Arbeits losigkeit allmählich zu überwinden, andererseits — „außen politisch" gesehen — Schaffung des Vertrauens in der mnanzwelt des Auslandes, daß dieZukunftunserer Wirtschaft nicht so gefährdet ist, als es jetzt in der Zeit der Krise hier und da befürchtet wird. Einen Augen blick darf man daran erinnern, daß vor einigen Tagen der 500-Millionen-Auslandskredft an Deutschland über- lviesen worden ist, mithin das Ausland doch ein gewisses Zeichen des Vertrauens schon gegeben hat. Die Öffent lichkeit ist nicht darüber unterrichtet worden, inwieweit dieses Vertrauen abhängig ist von der Person bzw. von der Politik Dr. Brünings, oder genauer gesagt, von dem Vertrauen des kreditgebenden Auslandes darauf, daß ihm die möglichst baldige Durchsetzung seines Neformplanes gelingt. Unterrichtet ist man, wie gesagt, darüber nicht, aber man kann sich's denken, daß diese Erwägung eine recht erhebliche Rolle gespielt hat bzw. noch spielt, daß Man also draußen mit einer schnellen „Stabilisie rung" der deutschen Finanzen rechnet und Dr. Brüning entschlossen ist, mit allen Mitteln, die ihm die Verfassung dazu in die Hand gibt, seinen Reformplan durchzusctzen und damit jener Anschauung Unserer Gelvgeber im Ausland gerecht zu werden. Leicht wird der Kampf um die Reform, der noch im Reichstag bcvorsteht, gewiß nicht werden. Mannigfache Abänderungen, die an ihr im Reichsrat vollzogen wurden, haben alle Widerstände nicht ganz beseitigen können, haben neue erstehen lassen. So pro testiert der Neichsverband der deutschen Industrie dagegen, daß jetzt die für eine Senkung der Realsteuern ursprüng lich vorgesehenen Mittel nicht unerheblich vermindert werden sollen. Außerdem bestehen noch Differenzen dar über, ob gewisse Bestimmungen der Notverordnung vom Juli — sie wird ja jetzt im Reichstag durchberaten — wesentlich abgeändert oder erhalten werden sollen. Das ist insofern wichtig, als die Debatte hierüber in die V er - Handlungen des Reichskanzlers mit den Parteien hineinspielt. Das Thema dieser Besprechun gen ist natürlich: Ist es möglich, die Reform durch den Reichstag zu bringen, und zwar obendrein ohne wesentliche Abänderung? „Seine" Re gierungsparteien hat der Kanzler nicht mehr ganz ge schlossen hinter sich. Das Mitgehen der Sozialdemokraten dürfte von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht werden; bei der Nechtsopposition wird er auf ein Ent gegenkommen auch nicht stoßen, — und dazu kommt nun noch, daß einige Teile der Finanzreform einen ver lass ungsändernden Charakter haben, also im Reichstag eine Zweidrittelmehrheit verlangen. Eine solche erhält der Kanzler aber bestimmt jetzt — da es in seiner „eigenen" Koalition zu wanken begann — noch weniger Wohl als früher. Immerhin wird er sich in den nächsten Tagen bis unmittelbar vor Zusammentritt des Reichs tages bemühen, sestzustellen, ob und wieweit er auf dem üblichen parlamentarischen Wege vorwärtskommt oder ob ihm hier von den Parteien unüberwindliche Hindernisse in den Weg gebaut werden. Wie sehr mit dieser zweiten Alternative bereits gerechnet wird, ist daraus zu ersehen, daß man in politisch-parlamentarischen Kreisen schon jetzt ganz offen davon spricht, der Kanzler werde die Reform gesetze durch eine Neichspräsidialnotverord- Uung verkünden und ihnen damit zunächst wenigstens Gesetzeskraft verleihen lassen. Wann diese neue Not- Verordnung dann dem Reichstag vcrfassungsgemäß vor gelegt wird, ob z. B. etwa noch ein Mißtrauensantrag En dir ''^in Kabinett dazwischen geschaffen w-rd, wann die Notverordnung selbst ergeht usw. — das alles lwgt noch "" Schaße einer allerdings sehr nahen Zukunft. Wobei Heun: freilich schon mit einem als ganz sicher gerechnet werden darf: Kampflos ergibt sich Doktor- Brüning mcht. Ariern er wird, wie schon mehrfach mit Erfolg, auch ^eses )Ral sich den Marsch auf die außen- und wirtschaftspolitischen Ziele hin zn erzwingen. Kur MdPltrWie in WWmtizen Andrees Tagebücher veröffentlicht. Warum der Ballonflug zum Pol scheiterte. Die mit großer Spannung erwarteten Andröeschen Tagebuchaufzeichnungen sind in Stockholm in Buch form erschienen; die Übersetzungen in nicht weniger als 15 Sprachen folgen in den nächsten Tagen. Aus den Auf zeichnungen ergibt sich, daß die früheren Annahmen über den Ballonflug und die Wanderung über das Eis zum Teil unrichtig sind. Der Ballon „Srnen" hat nicht eine Kurve beschrieben, die die Form des Buchstabens „v" hatte, sondern ist im Zickzack geflogen, etwa in der Form eines umgekehrten „2". Andröes Tagebuch schließt mit dem Augenblick, in dem die aus Eisstücken erbaute Hütte einstürzte. Obwohl über das Nahen des Todes keine Aufzeichnungen vor handen sind, hat Professor Lithberg auf Grund der nun vorliegenden ausführlichen Angaben das Ende der Katastrophe konstruieren können. Andrsc und seine Be gleiter sind nicht gestorben, weil Nahrung, Munition und Feuerung zu Ende gingen, sondern weil ihre Kleidung ungenügend war. Die Ausrüstung bestand aus gestrickten Fingerhandschuhen, Hemden von dünnem Baumwollstoff und aus dünnen Wadenstrümpfen, war also alles andere als polarmätzig. Ohne Pelze konnten die drei Flieger den eisigen Stürmen nicht genügend Widerstand leisten. Viel leicht haben sie noch einen erfolglosen Versuch gemacht, die Weitze Insel zu verlassen und über das Eis nach Spitz bergen zu gelangen. Als erster ist Strindberg gestorben, nach ihm Andrse und Fränkel, nebeneinander im Zelte liegend. Ergreifend sind die Aufzeichnungen Strindbergs, die für seine Braut bestimmt waren. Von Strindberg stammt auch die letzte Notiz vom 17. Oktober; sie ist unvoll- eudet und lautet: „Nach Hause 7.05 Uhr vormittags". Wie lange der Todeskampf gedauert hat, wird sich also niemals feststcllen lassen. Bezeichnend sind die Aufzeichnungen AndrSes vom 12. Juli, dem zweiten Tage des Ballonfluges; hier heißt es: „Wir haben heute viel Ballast abwerfen müssen und haben keinen Schlas in die Augen bekommen, der fort währenden Stöße wegen, und wir können wohl nicht mehr weiter aushalten. Wir müssen alle drei ausruhen, und ich schicke Strindberg und Fränkel um 11.20 Uhr zu Bett; ich denke sie bis sechs ooer peoen icywien zu taffen, saus ich mich so lange auf den Beinen halten kann. Dann will ich versuchen, selbst aus zuruhen. Es ist recht wunderlich, daß wir hier über dem Polarmeere schweben als die ersten, die dies im Ballon getan haben. Wie bald werden wir wohl Nachfolger be kommen! Wird man uns als verrückt ansehen oder wird man unserem Beispiel folgen? Ich kann nicht bestreiten, daß es doch ein stolzes Gefühl ist, das uns alle drei beherrscht. Wir meinen, daß wir heute den Tod ans uns nehmen können, nachdem wir das ausgerichtet haben, was uns gelungen ist. Ob nicht alles von einem äußerst starken Jndividualitätsgefühl herrührt, das es nicht ertragen kann, daß man lebt und stirbt als ein Mann im Gliede, vergessen von dem kommenden Ge schlecht? Ist das Ehrgeiz? Das Rasseln der Schlepptaue im Schnee und das Knattern der Segel sind die einzigen Lante, die man außer dem Knirschen der Ballongondel hört." Über den unmittelbaren Anlaß zur Landung Andree nichts. Deutsche Beschwerde gegen Polen m Genf. Die Anrufung des Völkerbundes. Der deutsche Generalkonsul in Polnisch Oberschlcsien, von Grünau, hat in Berlin der Neichsregiernng über die Ausschreitungen der Polen gegen die deutsche Minderheit Bericht erstattet. Der umfangreiche Bericht enthielt so viel eindeutige Tatsachen, daß sic Neichsregiernng nunmehr entschlossen ist, auf Grund von Paragraph 72 des deutsch- polnischen Abkommens, der identisch ist mit Paragraph 12 des allgemeinen Minderhcitenabkommens, unverzüglich beim Völkerbund vorstellig zu werden. In dem Para graphen, auf den die deutsche Regierung sich stützt, erkennt Polen ausdrücklich an, daß Deutschland das Recht habe, in jedem Fall einer Verletzung des Abkommens sich an den Völkerbund zu wenden und daß dieser befugt sei, die ihm notwendig erscheinenden Schritte zu ergreifen. Der des Kreises Beuthen-Tarnowiy und frühere deutsche AbstnumuugZkommissar Dr. Urbane! stellt in den Zeitungen sest, daß Polen mit den viehischen Ansschreilungen in Ostoberschlesien die osscne Feindschaft eindeutig erklärt hat Urbanek stellt zwei Forderungen dazu aus: l Keine Vergeb Wilsdruff-Dresden Mittwoch, den 26. November 1930 Postscheck: Dresden 2640 Amtsblatt" ReiWstWinister Mi M zM deutschen Volkes in der Junen- und Außenpolitik nicht Dr. Bredt. Klever Friede in -er MrWaMattei. Die Differenzen zwischen Colosser und Drewitz bcigclcgt. Der Neichsparteiausschuß der Wirtschaftspartci be schäftigte sich mit dem bekannten Konflikt, der zwischen dem Abgeordneten Colosser und dem Parteivorsitzenden Drewitz entstanden ist. über das Ergebnis der Verhand lungen wird aus führenden Kreisen der Partei mitgeteilt, daß der Ausschuß einmütig den Bericht eines Sonderaus schusses gebilligt habe, wonach sämtliche Meinungsver schiedenheiten als ausgeglichen betrachtet werden könnten. gelöst werden. Infolgedessen lehnt die Wirtschaftspartci die weitere Unterstützung des Kabinetts Brüning ab." Der Reichsausschutz der Wirtschaftspartci häl sich ferner dem Standpunkt der thüringischen Landtagsfraktion der Partei angeschlossen, daß die Sperrung der Polizei kostenzuschüsse an Thüringen durch den Reichsinnen minister aufgehoben werde. * Kommt eine neue Notverordnung? Die Schwierigkeiten, mit denen die Reichsregierung mehr denn je in diesen Tagen ringt, sind durch den Ent schluß der Wirtschaftspartei und den anschließenden Rück tritt Dr. Bredts sicher nicht gemildert worden. Die Wirt schaftspartei soll zu ihrem Vorgehen teilweise durch ihre ablehnende Stellung zur Einführung der Gemeinde- und Getränkesteuer, dann aber vor allen Dingen durch die zur zeit noch fortgesetzten Verständigungsverhandlungen des Reichskanzlers mit den sozialdemokratischen Führern be wogen worden sein. Natürlich wird dem Kabinett die Erlangung einer Mehrheit für seine Gesundungsfinanzpläne im Reichstag durch den Abfall der Wirtschaftspartei noch mehr erschwert und es erhebt sich die Frage, ob die Ne gierung bei einem Versagen des Reichstages ihr gesamtes Gesetzwerk erneut mit Hilfe des Notverordnungs paragraphen durchzusetzen gedenkt, welche gesetz geberische Aushilfe die Kabinettsmitglieder bisher für den äußerstes Notfall stets angekündigt haben. Zwar könnte der Reichstag alsbald wieder Aufhebungsantrügc stellen. Jedenfalls bleiben die Machtverhältnisse in dem zum 3. Dezember einberufenen Reichstag vollständig ungeklärt. Die Schwierigkeiten des Kabinetts. Absage der Wirtschaftspartei an Dr. Brüning. Wohl ziemlich unerwartet für Reichskanzler Dr. Brüning und die übrigen Mitglieder der Ncichsregierung hat der Justizminister Dr. Bredt aus Marburg, wo er krank daniederliegt, sein Nücktrittsgcsuch eingereicht. Er wird Anfang der nächsten Woche nach Berlin kommen und sich persönlich beim Reichskanzler verabschieden. Die Ursachen für diesen überraschenden Schritt finden sich in einem Beschluß des zurzeit in Berlin tagenden Reichsaus schusses der Wirtschaftspartci, deren Angehöriger Dr. Bredt ist, wenn er auch nicht mehr in seiner Eigenschaft als Minister dieser angehörte. Der Beschluß lautet: „Bereits am 26. September 1930 hat der Neichsausschuß beschlossen, daß sich die Wirtschaftspartei an keiner Regierung im Reiche beteiligt, auf welche die Sozialdemokratie unmittelbaren oder mittelbaren Einfluß ausübt. Die Er eignisse der letzten Zeit beweisen aber, daß die Neichs- regierung Brüning ihre Politik in Anlehnung an die Sozialdemokratie unter Preisgabe lebenswichtiger Inter essen des deutschen Volkes und der deutschen Wirtschaft durchzuführcn versucht. Nach Ansicht der Wirtschaftspartci können auf diesem Wege die großen Lebensprobleme des MsdrufferNgeblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts, gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» „Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittag» S Uhr. Bezugspreis - Bei Abholung in der Gesch-iftsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,ZV AW., bei Poftbestellung t AW. zuzüglich Abtrag» »* ,, -- s. »edühr. Einzelnummern Epsg.AllePost°nst-u-n Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und UN,-r-Aus. trSgeruudD-schSftsst-ll-n ! L 2-2 nehmen zu jeder Zeit Be» stellungen entgegen, Zm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oderKurzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Lemme, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltcnc Raumzeile 20 Rpfg., die 4gcspaltcne Zeile der amtlichen Lekanr.tmachungen 40 Reichs pfennige, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Neichspfennige. Bor- Ln'uachL^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 d°NchV°«!W annahmebisvorm.10Uhr. 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