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Totensonntag. Wenn wir an euren Gräbern stehen, Drin unsres Lebens Liebstes ruht, Und uns aus Himmelshöhn umwehen Die Grüße eurer Liebesglut, Dann «faßt, wie auch die Jahre gingen, Das Herz die harte Wahrheit nicht, Daß alles Menschenglück Verklingen, Im Tod Verwohn auf Erden bricht. Es flammt in uns mit wilden Bränden Der Schmerz am stillen Totentag, Daß man mit schwachen Menschenhänden Das Liebste nicht zu halten mag, Daß, was so innig uns verbunden Mit seiner ganzen Liebeskraft, Von Schicksalsmächten überwunden Der Tod von unsrer Seite rafft. Von uns — doch nicht aus unsren Herzen, Drin eures Geistes Glut noch lebt! Das ists, was uns aus Qual und Schmerzen Ins Sternenlicht, ins EwM hebt! Wär rrdgebunden alles Streben Und alles Ewige nur ein Schein, Dann könntet ihr in uns nicht leben Und ein Erinnern uns nur sein! Ihr aber lebt! An jedem Tage Mhln wir, wie ihr uns leis umschwebt, Wie ihr in Glück und Ungemache Uns Trost und Kraft und Richtung gebt, Fühln wir, wie wir hinübergleiten In jenes Land- das euch nun trägt, Wir näher uns aus Ewigkeiten Die Liebe ihre Brücken schlägt. Wär sterblich unser letztes Wesen, Gäbs nur, was Menschenaugen sehn, Dann müßte, was ihr uns gewesen, Allmählich in uns leis verwohn. So aber wachsen nur die Banden Und Wessen wird, was zag und bang Linst Ahnen war: in euren Landon Ist Heimat — hier nur Uebergang! Felix Leo Göckeritz. Ser Konflikt in der Volkspartei. Zum Rücktritt Dr. Blühers. Die Deutsche Volkspartei war bisher die Partei, die nach außen die größte Geschlossenheit zeigte. Die Krisis, die beinahe alle Parteien erfaßt hat, geht nun auch an ihr nicht spurlos vorüber. Es ist offenes Geheimnis, daß der Rücktritt des Parteiführers Dr. Scholz nicht allein aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist, und deutlicher noch zeigt der Konflikt in Nerhalb der sächsischen Organisation der Partei, daß in man chen Dingen die Meinungen ziemlich weit auseinandergehen. Man hat erst versucht, den Streit nicht an die Öffentlich ckeit dringen zu lassen. Dabei ist man übrigens denkbar un- geschickt verjähren. Als gemeldet wurde, daß eine Vertreterkon- /erenz Ostsachsens der Landtagsfraktion und besonders deren .Vorsitzenden, Oberbürgermeister Dr. Blüher, wegen der Hal tung bei der Wahl des Landtagspräsidcnten ein Mißtrauens votum ausgesprochen habe, schwieg die Partei still, und wenn Man sich bei ihr direkt erkundigte, dann erhielt man zur Ant wort, daß es sich um Indiskretionen handle, und daß die Mel dung falsch sei, ein formelles Dementi wurde aber nicht her- ausgcgeben. Es war nicht schwer, daraus zu schließen, daß die wesentlichstell Angaben doch richtig sein müßten. Die am Bußtag in Leipzig abgehaltene Sitzung des Landesvorstandes brachte ja dann auch die Bestätigung in vollem Umfange: die einstimmige Mißbilligung für alle volksparteilichen Abgeord neten bis auf den einen, den Abgeordneten Hardt, der dem nationalsozialistischen Präsidentenkandidaten Kunz seine Stim me gegeben hatte. , Es ist bekannt, daß durch die Stimmenthaltung der volks parteilichen Fraktion — nach ihr haben sich sicherlich auch die Abgeordneten der Christlich-Sozialen und der Aufwertungs- Partei gerichtet — die Wiederwahl des Sozialdemokraten Weckel herbeigeführt worden ist, er hat ja nur mit einer Stim me Mehrheit über den nationalsozialistischen Kandidaten ge siegt. Es mag sein, daß die Entrüstung der Volkspartei über ihre Landtagsfraktion nicht so scharf zum Ausdruck gekom men wäre, wenn es sich nicht gerade um Weckel gehandelt hätte. Diesem hat man sein Verhalten während der Landtags beratungen um die Abschaffung des Movemberfeiertags noch nicht vergessen, und man erinnert jetzt auch daran, daß damals der Abgeordnete Dr. Blüher als Sprecher aller bürgerlichen Parteien diesem Präsidenten das schärfste Mißtrauen zum Ausdruck brachte und sogar mit einer Abänderung der Ge schäftsordnung in dem Sinne drohte, daß ein mißliebiger Präsident beseitigt werden kann, was jetzt nicht möglich ist. Aber auch grundsätzlich lehnt man das Verhalten der Fraktion ab, wie ja aus der Leipziger Entschließung deutlich zu er kennen ist. Es kann kaum bezweifelt werden, daß sich die Mißstim mung in erster Linie gegen den Fraktionsführer Dr. Blüher richtet. Er hat außerhalb seiner Partei wenig Freunde, inner halb der Partei ist die Freundschaft in den letzten Jahren gleichfalls immer geringer geworden. Man hat ihm schon mehr als einmal vorgeworfen, daß er im Landtag sich mehr als Dresdner Oberbürgermeister denn als volksparteilicher Abge ordneter fühle, und man hat auch gesagt, wenn er immer die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten befürwortet habe, so sei das ebenfalls auf seine Dresdner „Rathausrück sichten" zurückzuführen. Bisher aber war es ihm gelungen,seine Gegner zum Schweigen zu bringen, seine überlegene Taktik hat ihm viel dabei geholfen. Es schien aber, wie gesagt, schon seit einiger Zeit etwas anders geworden zu sein, und es ist Tatsache, daß er sich im Landtag selbst viel mehr als früher zurückgehalten hat, selten hörte man ihn noch als Redner. Seine Mandatsniederlegung, die am Donnerstag nach allem vorangegangenen nicht mehr allzu überraschend kommen konnte, zieht nun den Schlußstrich. Ob det Parteikon flikt mit der Opferung Blühers erledigt ist, oder ob er noch weitere Kreise ziehen wird, muß sich bald zeigen. Sin Freund und Forscher sächsischen VMmms. Alfred Meiche 60 Jahre alt. Am 24. November tritt ein weithin bekannter fach sischer Forscher in das 60. Lebensjahr ein: Prof. Alfred Meiche. In der Kunstblumenstadt Sebnitz (Sächsische Schweiz) geboren, wo seine Eltern eine Fabrik künst licher Blumen betrieben, hat er die Universitäten Leip zig, München und Heidelberg bezogen, wo er sich zuerst dem Studium neuerer Sprachen, später vornehmlich dem der Germanistik und Geschichte widmete. Seine Doktor- Promotion erfolgte 1898 auf Grund einer Dissertation^ „Dialekt der Kirchfahrt Sebnitz". Tann hat Meiche nach dem Vorbilde seines Münchner Lehrers Wilh.von Rieh! größere Fußwanderungen durch Deutschland unternom men, um Land und Leute kennen zu lernen. Auch nach Oesterreich, der Schweiz, Italien, Frankreich führten ihn längere Studienreisen. Seit 30 Jahren lebt er als Privat gelehrter dauernd in Dresden. Viele seiner größeren Arbeiten gelten seiner engeren Heimat, der Sächsischen Schweiz. Dort erscheint er seit langem schon als der berufene Nachfolger des ersten Hi storikers der Gegend, des Mag. W. L. Götzinger. Von feinen hier einschlägigen Arbeiten sei nur erinnert an das „Sagenbuch der Sächsischen Schweiz" und an die her vorragendste Leistung heimatgeschichtlicher Forschung, die „Historisch-topographische Beschreibung der Ämtshaupt- mannschaft Pirna". Unter seiner Leitung und wesentlichen Mitarbeit erschienen ferner zwei Jahrbücher des Gebirgs vereins für die Sächsische Schweiz: „Die Burgen und vor geschichtlichen Wohnstätten der Sächsischen Schweiz" und „Ein Mühlenbuch". Ein wahres Volksbuch ist das 1903 von ihm herausgegebenc umfangreiche „Sagenbuch des Königreichs Sachsen" geworden, das heute noch emsig be gehrt wird, obgleich es längst vergriffen ist. Auch der- Oberlausitz, dem Erzgebirge und vor allem dem benach barten Teutfch-Böhmen hat der Jubilar ost seine histo rischen und sprachlichen Forschungen zugewendet. So steht sein Name als Historiker, Volkskundler und Etymologe an hervorragender Stelle. Sprechapparate Platten,Nadeln,Reparaturen Teilzahlung gestattet! Otto Rost, Waffen u. Fahrräder, Dresdner Sir. „Das ist der Tag des Herrn." Konradin Kreutzers 150. Geburtstag. Am 22. November 1780 wurde Konradin Kreutzer geboren. Von den 25 bis 30 Opern, die er komponiert hat, hat nur „Das Nachtlager von Granada" sich auf dem Spielplan erhalten. Einige Melodien dieser Oper sind geradezu volkstümlich geworden, so der stimmungsvolle Chor „Schon die Abendglocken klangen", so das Jägerlied „Ein Schütz bin ich". Länger als Kreutzers Ostern werden Kreutzers Männerchöre leben. Man braucht da nur an seine Vertonungen der Uhlandschen Lieder „Die Kapelle" („Droben stehet die Kapelle") und „Schäfers Sonntags lied" („Das ist der Tag des Herrn") zu erinnern. Vor trefflich ist auch Kreutzers Musik zu Ferdinand Raimunds „Verschwender". Wer kennte nicht seine Melodie zu dem anscheinend so heiteren und doch so tiefernsten Texte „Da streiten sich die Leut' herum . . .!" Konradin Kreutzer. Kreutzer stammte aus Baden und hatte zuerst Medizin studiert, sich dann aber der Tonkunst als Lebensberus zu- gewandt. Lange Zeit machte er als Virtuose Kunstrcisen mit dem „Panmelodikon", einem Instrument, das damals neu erfunden war. In Stuttgart wurde er dann nach einer Aufführung seiner Oper „Konradin von Schwaben" Kapellmeister. Später kam er als Kapellmeister nach Donaueschingen zum Fürsten von Fürstenberg und schließ lich nach Wien. Gestorben ist er im Dezember 1849 als Theaterkapellmeister in Riga. Außer Opern hat er Messen und andere Kirchenstücke, Quartette, Klavierstücke und anderes noch komponiert. Einschr'ä'NkLMg der Ka^svaLsfeiern. Kein R o s e n m o n > a g s z u g in Köln. Der Regierungspräsident von Köln hat angeordnet, daß karnevalistische Sitzungen, Bälle, karnevalistisches Treiben in öffentlichen Lokalen usw. grundsätzlich nur in der Zeit von vier Wochen vor Karnevalssonnabend an, an den drei Karnevalstagen selbst sowie am 11. November (Martinsfest), am Silvesterabend und am Neujahrstage eines jeden Jahres zugelassen werden. Die Zeit, in der karnevalistische Veranstaltungen stattfinden können, be ginnt also in diesem Winter am l 7. Januar. Die Ortspolizeibehörden sind aber ermächtigt worden, für alle bereits jetzt vorgesehenen und mit den Saalbesitzern ab geschlossenen Festlichkeiten, insbesondere für die bereits jetzt feststehenden Veranstaltungen der Karnevalsgefell schaften, Ausnahmen für den Zeitraum vor Beginn der Karnevalszeit zu genehmigen. Die Einschränkungen gelten für den gesamten Regierungsbezirk Köln. Die übrigen Regierungen der Rheinprovinz sowie die von Wiesbaden haben zugesagt, entsprechende Anordnungen zu treffen. Der Festausschuß des Kölner Karnevals hat auf Grund der Verordnung beschlossen, 1931 auf den Rosenmontagszug zu. verzichten. Der Festausschuß ist der Ansicht, Haß es nach den Zeit- Verhältnissen und der politischen Lage nicht angebracht sei, einen Karnevalszug zu veranstalten. Die Kölner Karne- valsgesettschaftcn werden nur eine beschränkte Anzahl von Sitzungen und Maskenbällen abhal'ten. Seines Herzens Königin Roman von Marte Blank-Eismann. 8t. Fortsctzunu Nachdruck verboten Michael zuckte. „Ja, ich werde schweigen, solange der Tote im Hauss nicht zur Ruhe gebracht ist — ich will diese schweren Stun den der Trauer nicht entweihen — will nicht in diesen Ta gen neues Unglück über dieses Haus bringen — aber wenn die sterblichen Ueberreste Leopold Mayburgs der Erde übergeben sind, dann werde ich sprechen, Sascha Lermon tow, falls Sie und Werra keinen anderen Weg gefunden haben." Saschas Gesicht sah bleich und verzerrt aus. Seine großen grauen Augen funkelten erregt. Doch er fand keine Zeit zur Antwort, denn Lieselotte war ganz nahe gekommen und hätte jedes weitere Wort ver stehen können. Ihr Fuß stockte und verwundert blickte sie von einem zum andern, denn sie war so in Gedanken versunken gewesen, daß sie die beiden nicht gesehen hatte. Hinter den großen, weißen Blütenzweigen hervor blickte sie mit ihren blauen, schwermütigen Augen traurig Michael Romanowski an. Wie eine stumme Frage lag es in ihrem Blick. Und Michael Romanowski hätte jedes Opfer bringen mögen, wenn er jetzt mit ihr hätte allein sein können. „Sie kennen sich bereits, meine Herren?" fragte sie mit leiser Stimme, und während ein müdes Lächeln um ihren Mund flog, fügte sie noch hinzu: „Ach, ich vergaß ganz, daß Sie ja Landsleute sind, die sich in der Fremde oft schneller näherkommen als daheim." , Michael und Sascha wechselten einen raschen Blick mit einander, aber keiner wagte ein Wort zu sprechen. Unwillkürlich entstand eine quälende Pause und Liese lotte schaute abermals verwundert die beiden Männer an. In Michael Romanowskis Gesicht war eine flammende Röte gestiegen. Sascha aber hatte sich zuerst gefaßt. Er trat auf Lieselotte zu und bat mit einschmeichelnder Stimme: „Darf ich Ihnen die Blumenlast, abnehmen, gnädiges Fräulein?" Doch Lieselotte schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich will diese Zweige selbst tragen, denn ich habe sie für Väterchen gepflückt und zu ihm will ich sie bringen und sein letztes Ruhelager damit schmücken; denn der weiße Flieder gehörte zu seinen Lieblingsblumen." Sie blickte Michael Romanowski an und bat: „Würden Sie nach dem Vorwerk reiten und dort noch mehr von diesem Flieder holen. Ich weiß, daß er dort noch schöner blüht als hier im Park." Michael Romanowski verbeugte sich. „Ihr Wunsch ist mir Befehl, gnädiges Fräulein — ich eile, um ihn auszuführen." Lieselotte streckte Michael ihre Hand entgegen. „Ich danke Ihnen, danke Ihnen, daß Sie meinem Väter chen diesen Dienst erweisen wollen —" Kaum aber hatte Sascha das warme Aufleuchten in Mi chael Romanowskis Augen gesehen, da bot er Lieselotte sei nen Arm und erklärte: „Darf ich Sie nach dem Gut zurückbegleiten, gnädiges Fräulein, sicherlich wird man Sie schon vermissen, denn meine Schwester und auch Konrad fragten bereits nach Ihnen —" Lieselotte nickte und legte leicht ihre Hand in Saschas Arm. Michael aber stand wie gelähmt da und starrte den bei den nach. Seine Zähne gruben sich in die Unterlippe. Unwillkürlich ballten sich seine Hände zu Fäusten. Er hätte zu den beiden Hinstürzen mögen, um Sascha Lermontow von Lieselottes Seite zu reißen, denn ihm schien es, als würde diese durch die Berührung beschmutzt. Aber er zwang seine Erregung gewaltsam zur Ruhe. Er schloß seine Augen, um die beiden nicht mehr zu sehen — er preßte seine Hand auf das Herz, um dessen unruhiges Klopfen zu hemmen. Dann wandte er sich dem Ausgang des Parkes zu, lief mit gehetzten Schritten, als wäre er auf einer Flucht. Aber in einem einsamen, stillen Winkel des Parkes brach er auf einer Bank zusammen, preßte sein Gesicht in beide Hände und stöhnte verzweifelt aus. Ja — er war auf der Flucht, auf der Flucht vor einem furchtbaren Gespenst, vor dem Gespenst der Vergangenheit. Lange saß er regungslos da, den Kopf in beide Hände vergraben. Seine Schläfen klopften und hämmerten — fast glaubte er dem Wahnsinn nahe zu sein. Er schlug sich mit den Fäusten gegen die Stirn, als müßte er sich davon überzeugen, daß ec wach war, ganz wach — Er hätte ja.so brennend gern gewünscht, daß dies alles nur ein schwerer Traum blieb. Aber seine Blicke, die bang und verzweifelt umherirrten, sagten ihm, daß die Erlebnisse der letzten Stunden Wirklich keit waren, furchtbare, gräßliche Wirklichkeit. Und er hatte bereits mit der Vergangenheit abgeschlossen, hatte hier in der Fremde Wurzel gefaßt und in aller Heim lichkeit darauf gehofft, daß ihm hier ein süßes, wundersames Glück erblühen sollte. Lieselotte — Lieselotte — Verzweifelt schrie sein Herz den Namen des geliebten Mädchens. Und hastig erhob er sich und floh noch tiefer in den Park hinein, so wie sich ein todwundes Wild verkriecht, das von der tödlichen Kugel getroffen wurde. Wie süß waren seine Träume gewesen — wie wunder sam jene Stunden, da er Lieselotte am Teetisch gegenüber saß, da er mit ihr musizierte — oder ihr seine Lieder vor sang — Dann hatte seine Seele Flügel bekommen, um in das Land der Seligkeit zu fliegen. (Fortsetzung folgte