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aus. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren so schlecht, daß der Obermusikmeister den Konkurs anmelden mußte. Vor wenigen Tagen erst hatte das Ehepaar sich vor dem Mindener Schöffengericht wegen Konkurs vergehens zu verantworten. Adam wurde zu zwei Wochen, seine Frau zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Auch bei dieser Gelegenheit kam die Verschwendungssucht der Frau zur Sprache. Das Reichsgericht hat bei der Be sprechung des militärischen Teiles des Spio nageprozesses die Öffentlichkeit einschließlich der Presse ausgeschlossen. Nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit kam die Schuldenwirtschaft der Angeklagten zur Erörterung, wobei die Eheleute sich gegenseitig zu belasten suchten. Frau Adam sagte unter anderem: „Ich habe erst Geld seit den Spionagegeschäften bekommen. Nicht die Geschäftsleute sind schuld an unserem Unglück, mein Mann ist daran schuld!" Vor dem Kriege sei ihr Mann oft ausgegangen, aber von dem Tage an, wo die Spio nagegeschichte war, sei er keinen Abend mehr zu Hause gewesen. Er habe in der Bar gesessen und geschrien: „Was schert mich Weib, was schert mich Kind! Eine Pulle Sekt her, wenn ich tot bin, dann bin ich tot!" * Ltrieil im Prozeß A-am. Hohe Zuchthaus st rasen. Im Landesvcrratsprvzctz gegen das Ehepaar Adam wurde folgendes Urteil verkündet: Der Obermusikmeister Peter Adam wird wegen Landesverrats im Sinne der Anklageschrift zu zehn Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Die Ehefrau Marie Adam wird zu fünf Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust ver urteilt. Den beiden Angeklagten werden je vier Monate drei Wochen der verbüßten Untersuchungshaft aus die Strafe angcrechnet. 12 000 Mark Spionagegelder und ein photographische Apparat werden beschlagnahmt ! Ueue5 aus aller Äelt! Sturm und Hochwasser an der Elbmiindung. Die starken westlichen Winde der letzten Tage haben in Ham burg großen Schaden angerichtet. So wurde u. a. ein Schornstein umgeweht. Das Mauerwerk durchschlug das Dach eines Hauses. Menschen kamen nicht zu Schaden. Die Verholung der Seeschiffe im Hamburger Hafen be reitete wegen des hohen Wasserstandes große Schwierig keiten. Die Unterelbe und ihre Nebenflüsse führen Hoch wasser. Die Außendeichländereien an der Oste wurden überschwemmt und gleichen jetzt einem einzigen See. Der Sturm erreichte die Windstärke >0 und brachte schwere Gewitter und Hagelböen. Das Redaktionsgebäude der Nordfchlcswigschen Zeitung abgebrannt. In Apenrade wurde das Haus, in dem sich die Rordschleswigsche Zeitung befindet, während eines Gewitters vom Blitz getroffen und brannte in kurzer Zeit ab. Mehrere Familien, die im ersten Stock wohnten, konnten nur mit Mühe gerettet werden, ein Teil der Be wohner nur im Hemd. Der Hauptteil des Archivs der Zeitung dürfte gerettet worden sein. Das Zeitungs gebäude selbst ist vernichtet, wogegen die Druckerei, die sich in einem Nebengebäude befindet, verhältnismäßig wenig beschädigt worden ist. Sieben Schwerverletzte bei einem Autounglück. In Toulouse ereignete sich ein schweres Automobilunglück. Ein Mietwagen, in dem sieben Soldaten Platz genommen hatten, raste in voller Fahrt mit einem Privatwagen zu sammen und ging vollkommen in Trümmer. Die sieben Soldaten wurden mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Militärlazarett übergeführt. Der Besitzer des Privat wagens kam wie durch ein Wunder mit einigen Haut abschürfungen davon. Ein Personenzug überfährt einen Autobus. In der Nähe von Ploesti in Rumänien stieß ein mit achtzehn Per sonen besetzter Autobus mit einem Personenzug zu sammen.. Els Personen waren aus der Stelle tot, vier wurden lebensgefährlich, drei leicht verletzt. Von den Schwerverletzlen dürfte kaum einer mit dem Leven davon kommen. Die Ursache des Unglücks war Fahrlässigkeit des Bahnwärters, der die Schranken nicht herabgelassen hatte. Eine gefährliche Raststätte. In der Nähe von Madras in Indien hatte sich ein Trupp von Eisenbahnarbeitern zur Rast aus den Eisenbahngleisen niedergelassen. In folge eines Zusammenstoßes setzten sich mehrere Güter wagen in Bewegung und fuhren in die Gruppe der Schla fenden hinein, von denen fünf getötet und 16 verletzt wurden. Die 160. Fahrt des „Graf Zeppelin". Das Luftschiff „Graf Zeppelin" hat am Dienstag seine 150. Fahrt gemacht. Die Fahrt führte nach Holland. In Venlo warf das Luft schiff Post ab und nahm gegen 1400 Briefe und Karten an Bord. Zusammenstöße zwischen Studenten und Polizei vor der Berliner Universität. Vor den Ausgängen der Uni versität in Berlin kam es zu Zusammenstößen zwischen sozialistischen und nationalsozialistischen Studenten. Als die Polizei eingriff, wurde sie mit einem Pfeifkonzert empfangen, worauf sie den Vorhof der Universität räumte. Bunte Tageschronik Berlin. In dem Beleidigungsprozetz des Reichsanwalts Zorns Lesen den Redakteur Bornstein ist vom Vorsitzenden Bild links: Di e Tagungsställe der „Konferenz am Runden Tisch", m der jetzt die künftigen Beziehungen zwischen England und Indien geregelt werden sollen, ist der Sitzungssaal des St. James-Palastes in London. Der runde Tisch, der — zum Ausdruck der Gleichberechtigung auch der indischen Verkeler — der Konferenz den Namen gab, ist besonders für diesen Zweck gebaut worden. — Bild rechts: „Do. X" bei seiner Lan ¬ dung in England, wo das Flugschiff bei dem Marineflughafen Lalfhot unweit Southampton) am Nachmittage des 10. November niedcrging und hiermit die zweite Etappe feines AmerikaAuges glücklich beendete. des Gerichtshofes das persönliche Erscheinen des Angeklagten, der bisher der Verhandlung ferngeblteben war, angeordnet worden. Lissabon. Das Großflugzeug „D. 2000" startete von Lissabon nach Frankreich. Was man noch wchsen muß. „Graf Zeppelin" ehrt die Toten von Alsdorf. Aachen. „Graf Zeppelin" überflog die Anlage des Esch weiler Bergwerksvereins und ging an der Unglücksstelle von Anna II bis auf 80 Meter hinunter. Die Flagge am Heck wurde halbmast gesetzt. Uber den frischen Gräbern der toten Bergknappen machte er eine Schleife. Sturmschäden in Schlesien. Breslau. Durch schwere Sturmböen wurde in den Vor orten Breslaus erheblicher Schaden angerichtet. In der Sied lung Klein-Tschansch wurden die Dächer mehrerer Häuser vollkommen abgedcckt. Unglücksfall auf „Frauenlob". Wilhelmshaven Der Stationstender „Frauenlob" bekam uf einer Fischereischutzfahrt so schwere See, datz der Heizer- Gefreite Jännicke über Bord gespült wurde und ertrank, ehe er geborgen werden konnte. Die Arbeiten der Neichsratsausschüsse. Die Reichsratsausschüsse erledigten die Haushaltpläne des Post- und des Reichsarbeitsministeriums. Nie besteuerie KrankeuhÜfe. Stundung und Niederschlagung. Die Notverordnung sieht bekanntlich für die Mitglieder der Krankenkassen die Entrichtung einer Krankenschein gebühr von 50 Pfennig und einen Rezept" st en- beitrag in gleicher Höhe vor. In besonderen Fällen kann die Kasse die Gebühr auf 25 Pfennig ermäßigen. Die Inan spruchnahme der Kassen und Arzte hat sich infolge dieser Be stimmungen stark vermindert. Viele Ärzte beziffern ihren Ausfall aus 30—50 Prozent. Von den Ärztevereinigungen ist aus die Gefahr der Benachteiligung der Krankenbehandlung und der Vernachlässigung der Gesundheitspflege hingewiesen worden. In der Tat wäre die etwaige Verschleppung not wendiger Behandlung bedenklich, falls der Erkrankte, vielleicht erwerbs- und mittellos, nicht imstande wäre, die verlangten Gebühren zu zahlen. Deshalb wird auf ein Rundschreiben des Reichsarbeiisministeriums hingewiesen, wonach die Kasse die Gebühr „im Fall- erster augenblicklicher No? stunden und „bei Uneinbringlichkeit" ganz niederschlagen kann. Ein solches Verfahren — heißt es — milden Härten, die sich nn Einzelfalle ergeben können, ohne daß dadurch der Zweck des Gesetzes gefährdet wird. Die Gebühr für das Rezept, die bei der Abnuhme von Arznei, Heil- und Stärkungsmitteln fällig wird, kann vom Apotheker oder der sonst zuständigen Abgabestelle erlassen werden, wenn der Patient auf dem Rezept unterschriftlich bescheinigt, daß er nicht zahlungsfähig ist. Seines Herzens Königin Roman von Marie Blank-Eismann. G. Fortsetzung Nachdruck verboten „Ja, der Hofmeister Roßberg erzählte es am Apparat, er hat doch den jungen gnädigen Herrn noch gekannt und hat von ihm Abschied genommen, als er ins Feld zog, er hat ihn jetzt als erster auch begrüßt, denn der junge Herr hat das Auto am Vorwerk halten lassen, um seiner jungen Gemahlin den Besitz zu zeigen." Leopold Mayburg wehrte hastig ab. „Es ist gut — gut —" rief er hastig und wandte sich dann Lieselotte zu. Seine Augen strahlten voller Sonne. Seine Stimme zitterte in heftiger Erregung. „Lieselotte, hast du es gehört — mein Junge komm: — er wird gleich hier sein — er will seinen alten Vater nun doch noch überraschen —- Herrgott, da müssen wir uns aber beeilen — gib mir doch rasch meinen anderen Rock her — und binde deine Schürze ab, Lieselotte — eigentlich solltest du ein Festkleid tragen, das dir Romanowski aus der Stadt mitbringen wird — aber dazu ist es nun zu spät — und die Girlanden sind auch noch nicht alle aufgehangen — und die Fahne — Herrgott, vergeßt nur die Fahne nicht — sie soll ihm doch schon weithin unseren Gruß entgegentragen — er soll wissen, daß er willkommen ist —" Hastig und erregt kamen die Worte über die Lippen Leo pold Mayburgs und ungeduldig zerrten seine Finger an der schweren Seidendecke, die über seinen Füßen ausgebreitet lag. Es schien, als hätte er diese am liebsten beiseite schie ben mögen, um aufstehen zu können. Leise legte ihm die Schwester, die nun schon viele Jahre still und geduldig an seiner Seite waltete und ihm all die Handreichungen machte, zu denen er selbst keine Kraft mehr hatte, ihre schmale Hand auf die Schultern und mahnte: „Sie dürfen sich nicht zu sehr ausregen, Herr Mayburg, denken Sie an Ihre Gesundheit, vergessen Sie die Mah nung des Arztes nicht, Ihr krankes Herz könnte Schaden leiden — nur ruhig bleiben — ganz ruhig, Herr May burg." Aber der Gelähmte lachte. „Liebe Schwester Elsa, heute predigen Sie tauben Ohren — heute kann ich Ihre Mahnungen nicht beherzigen — mor gen will ich gewiß wieder folgen — nur heute nicht — denn heute kehrt mein Junge ins Vaterhaus zurück —" „Ich weiß, Herr Mayburg, und ich kann Ihre große Freude verstehen, denn ich habe in den letzten Jahren Ihren Schmerz und Ihre Trauer um Ihre beiden Söhne kennen gelernt, und ich freue mich mit Ihnen, daß Ihnen der heu tige Tag beschieden ist, aber —" Leopold Mayburg hielt sich rasch beide Ohren zu und entgegnete: „Nur heute kein „Aber", Schwester Elsa — ich bin ja so glücklich — so voller Freude —" „Auch Freude kann oft gefährlich werden, Herr Mayburg, und es ist meine Pflicht, Sie daran zu gemahnen, daß Sie die Erregungen dieser Stunde nicht Herr über sich werden lassen —" Doch Leopold Mayburg wehrte lächelnd ab. „Eine solche Freude ist wie ein Gesundbrunnen, Schwe ster Elsa —, ist Lethe für ein krankes Herz." „Hoffen wir es —" flüsterte die Schwester leise und ihr Blick zeigte dabei einen ernsten, besorgten Ausdruck. Doch Leopold Mayburg achtete nicht darauf, sondern drängte: „Rasch — rasch — meinen Fahrstuhl hinunter in den Garten — ich will den Heimkehrenden am Tor empfangen, so wie es stets Sitte war, wenn ein junges Paar seinen Einzug hielt — komm Lieselotte, du sollst an meiner Seite stehen — sollst den Plaß einnehmen, der dir gebührt —" Er faßte Lieselottes Hand, die sich in diesem Augenblick eiskalt anfühlte, und drängte vorwärts. Er gönnte sich keine Ruhe. Er hetzte die Dienerschaft durcheinander, damit sie die letzten Befehle noch ausführte. Girlanden mußten rasch noch aufgehangen werden, die Burschen und Mädels mußten vor dem Tor Aufstellung nehmen, die Kinder der verheirateten Dienstboten erhielten Blumen in die Hand, damit sie diese dem jungen Paar zuwerfen sollten. Leopold Mayburg war von einer seltsamen Unruhe. Seine Augen hatten einen flockenden Glanz und seine Hände zit terten so sehr, daß auch Lieselotte erschrak und mit besorg ter Stimme mahnte: „Du mußt ganz ruhig bleiben, Väterchen —" Da aber wurde der Kranke ungeduldig und ries im är gerlichen Tone: „Wer könnte in einer solchen Stunde ruhig bleiben? Da müßte ich doch kein Herz im Leibe haben, wenn ich ruhig und gelassen dasitzen könnte und auf das Wiedersehen mei nes totgeglaubten Sohnes wartete. Sorgt euch nicht um mich, Lieselotte, diese Stunde ist jetzt die beste Arznei für mich — wird mein Herz gesund machen." Ehe Lieselotte noch antworten konnte, waren laute, ju belnde Rufe zu hören. Ein Auto näherte sich in rascher Fahrt dem Gutshofe. Weit offen stand das Tor für den Heimkehrendcn. Willkommensgrüße schallten ihm entgegen. Und die Fahnen flatterten im Winde. Da hielt es Konrad Mayburg nicht mehr länger auf seinem Sitz aus. Trotzdem der Wagen noch in rascher Fahrt war, sprang er auf, schwenkte grüßend seinen Hut und schrie mit tränenerstickter Stimme: „Vater — mein Vater —" Mit jähem Ruck hielt der Wagen. Die Leute drängten sich heran, die Kinder jubelten und warfen Blumen. Aber Konrad Mayburg sah nur seinen Vater, seinen, alten Vater. Er stürzte auf ihn zu, er umklammerte die schlanke Ge stalt und vreßte seinen Kopf in dessen Schoß. (Fortsetzung folgt.)