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MlsdrufferÄMatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt' erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen r AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,M AM., bei Postbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend trSgerundtSefchLftsstellcn nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Bemalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oderKllrzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke «folgt nur, wenn Porto d-iliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: di« 8gespaltene Naumzeile 20 Rpfg., die 4gcspal«ene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennige, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennig-. B»r- Mn'nachWguchU Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 b°Lftch^°ÄW^ annahmebisvorm.ioUhr. Für die Richtigkeit de, durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Barantic. Jeder Aabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber inKonknrs gerät. Anz. nehmen alleDermittlungsstellcn entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 264 — 89. Jahrgang Tclegr.-Adr: „Amtsblatt" Wilsdrufs-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 12. November 1930 Preisabbau als Vorleistung. Man hatte als Konsument gehört und gelesen, oatz beim Erzeuger teils freiwillig, teils mehr oder weniger sanftem behördlichen Druck nachgebend, die Preise für eine ganze Reihe von Gütern und Waren gesenkt worden waren, nur klagten die Verbrauchermassen immer und überall: „Wir merken nichts davon!" Davon nämlich, daß sich die Preisermäßigung beim Erzeuger nun auch auswirkt bis hinunter zum letzten Verbraucher. Entscheidend ist dabei, daß beim Gesamtumsatz des Einzel handels es sich auf der einen Seite um den „starren" Bedarf handelt — Lebensmittel, Kohlen usw. —, anderer seits um den „elastischen", der Bekleidung, der Ge nußmittel u. a. In Zeiten einer Wirtschaftskrise tritt aber hauptsächlich berm elastischen Bedarf ein freiwilliger oder sehr unfreiwilliger Rückgang des Konsums ein, während an Lebensmitteln nur wenig „gespart" werden kann. Behörd liche Zwangsemgriffe etwa auf Grund der Notverord nung, um die Preise herunterzudrücken, sind aber beim Handel mit Lebensmitteln nicht möglich, denn Preisbindungen" irgendwelcher Art bestehen hier nicht. Weil es sich dabei jedoch um einen „starren" Bedarf handelt, dessen Befriedigung unabweislich, zwangsmäßig ist, wird ein Festbleiben der Preise, selbst eine nur sehr zögernde Preissenkung, überaus deutlich und schmerzlich empfunden. Es war immerhin ein Anfang, daß wenig stens zunächst eine Ermäßigung der Kohlenpreise durchgesetzt werden konnte. Der Verbraucher weiß aber auch, daß gerade der Er zeuger von Lebensmitteln seinerseits wieder nicht etwa überhöhte Preise erzielt, sondern daß seine Erzeugnisse zum Teil unter dem Vorkriegspreis bezahlt werden, während der Verbraucher selbst um etwa 40 bis 50 Prozent mehr als damals für die Deckung seines Lebensmittelbedarfs ausgeben muß. Der Verbraucher hörte z. V. von einer geradezu ,Katastrophalen" Kartoffelernte. „Kata strophal', weil ste so groß gewesen sei wie seit vielen Jahren nicht, — und verspürt trotzdem nur wenig von einem entsprechenden Rückgang des Preises, den er selbst zu bezahlen hat. Beim Prot, beim Fleisch ist es ähnlich. So ist denn, in Fortsetzung der behördlichen Preisabbauaktion auf dem Gebiete des „starren" Bedarfs, durch Besprechungen des Reichsernährungsministers Schiele mit den Fleischern, dem Bäckergewerbe und dem Milchhandel eine Preisherabsetzung durch Verringerung der „Handelsspanne" erreicht worden; dabei wurde aber ausdrücklich der Charakter dieser Preissenkung als eine „Vorleistung" unterstrichen, d. h. es wurde verlangt, daß „die von der Neichsregierung auf der ganzen Linie zugesagten Abbaumaßnahmen sich schnellstens auswirken werden und dre Länder und insbesondere die Gemeinden auf keinen Fall die hohen Lasten und Abgaben beibehalten, sondern sie rm Gegenteil erheblich herabsetzen". Gewiß sind es nur Pfennige, um die sich der Preis für das Brot, für das Pfund Fleisch, für die Milch usw. ermäßigt, und keineswegs sind hier sofort auch alle wich tigsten Lebensmittel des Massenbedarfs in Angriff ge kommen worden. Außerdem beziehen sich die Abmachun zen vorläufig teilweise nur auf Berlin. Aber es ist auch durchgesetzt worden, daß in Norddeutschland, wie es im Süden schon geschieht, das Brot künftig nach festemGe wi ch t, aber zu gleitenden Preisen — entsprechend denen des Getreides — verkauft werden soll; das ist übrigens im „Brotgesetz" bereits bestimmt. Und die Verbraucher inassen werden diese Vereinbarungen auch nur als einen Anfang betrachten. Von einem etwas übersichtlicheren Standpunkt aus wird man nun aber vor allem sagen können, daß ganz all- zemein die Preisabbau-Aktion doch nicht mehr so ganz »ls ein nur rasch vorübergehender, erfolglos bleibender Oersuch einer umfassenden Preisermäßigung betrachtet werden darf, sondern eine starke, zwingende „Tendenz" ist, die übrigens nur dem raseud schnellen Sinken der Weltmarktpreise für Rohstoffe und auch schon für Fabri kate entspricht. Nirgends mehr hat es Zweck, am Preise unbedingt festzuhalten, nur weil sich die Kalkulation der Nare noch auf dem Einstandspreise, den der Erzeuger oder der Handel hat bezahlen müssen, aufbaut. Das geHt ^icht mehr. Verluste sind unvermeidlich geworden und werden es bleiben; der Wiederbeschaffungs- k'reis gewinnt immer mehr an Bedeutung, — und der hat eben seit Monaten die Tendenz nach unten, übt einen irnmer stärker werdenden Druck auf die Verkaufspreise >us. Mit einer nur „vorübergehenden" Erscheinung, die Wan mittels „Durchhaltens" überwinden könnte, ist nicht Aehx zu rechnen. Wenn aber alles „abbauen" muß, dann Ms auch — darin hat nicht bloß der Handel recht — der Preis nicht ebenso hoch bleiben oder gar noch steigen, den Reich, Staat und Gemeinde für die Verwal- bezahlen lassen. Totenehrung im Zeichen der Aufrüstung „Do X" respektiert die englische Waffenstillstandsfeier. . Unter aroßer Beteiligung der Bevölkerung fanden aa„, den Dommien Feiern anlaß ich der Wiederkehr des Waffenstillstand ^ernatimml^ folgend, nahm hieran teil, indem sie die Flaggc Unrast senkte. Zm Gedächtnis der KriegsgeNenen Keine Verkürzung der Dienstzeit in Gens. Widerspruch des deutschen Vertreters. Die Genfer Abrüstungsvcrhandlungen brachten eine Auseinandersetzung zwischen den Militärstaaten darüber, ob es in einem künftigen Rüstungsablommen jedem einzelnen Staat selbst überlassen bleiben soll, die Gesamt dienstdauer in Heer, Marine und Luftarmee festzulegen oder ob durch das Abkommen für die Länder mit all gemeiner Wehrpflicht eine Höchstgrenze vorgeschrieben werden soll. Polen, Rumänen und Engländer waren für, Fran zosen, Belgier und Jugoslawen gegen die Festlegung einer allgemeinen Höchstdienstdauer. Frankreich lehnte eine allgemeine Begrenzung ab, weil es bei seinen Kolonial truppen die Dienstzeit auf drei und vier Jahre erhöht und außerdem im Mutterlande beabsichtigt, vom Jahre 1933 an seine Dienstzeit wieder aus 18 Monate oder zwei Jahre heraufzusetzen, um zwei oder drei Jahrgänge unter den Wassen halten zu können. Der Ausschuß entschloß sich gegen die Stimme des deutschen Grafen Bernstorff dahin, jedem Staate selbst die Festsetzung seiner Dienstzeit zu überlassen, jedoch mit der Einschränkung, daß diese Dienstzeit nicht eine gewisse Höchstgrenze überschreiten dürfe, die auf der Abrüstungs konferenz festgesetzt werden soll. Waffenstitlsiandsfeier. Der Vorsitzende des Vorbereitenden Abrüstungsaus schusses unterbrach am Dienstag um 11 Uhr die Verhand lungen und erklärte: „Es ist heute der 11. November und 11 Uhr. Zu Ehren und zum Gedächtnis aller Toten des Weltkrieges bitte ich Sie, sich zu erheben und eine Minute andächtigen Schweigens den Toten zu widmen." Die Teilnehmer kamen dieser Aufforderung nach. Die Anregung hierzu war von Vertretern der angelsächsischen Länder ausgegangen, wo am 11. November bekanntlich zur Erinnerung an die Beendigung des Weltkrieges und zum Gedächtnis der Toten kurze Gedächtnisfeiern in Form einer Verkehrspause und einer Schweigeminute stattfinden. Die deutschen, türkischen und bulgarischen Vertreter in der Kommission haben bereits am Vortage den Vor sitzenden Loudon daraus aufmerksam gemacht, daß ste an einem solchen Gedächtnisakt nur teilnehmen würden, wenn er ausschließlich den Charakter einer Erinnerung an die Toten des Weltkrieges habe und wenn aus diesem Anlas- keine Reden gehalten würden. Dieser Forderung hat der Präsident entsprochen und in seiner kurzen Erklärung das Wort „Waffenstillstand" weggelassen. * Das Kriegsmaterial soll vermindert werden. Die Abrüstungsaussprache in Genf. Die Reuaufrollung der Kriegsmaterialfrage im Genfer Abrüstungsausschuß führte zu außerordentlich be deutungsvollen Erklärungen der Vertreter Italiens, Eng lands, Amerikas und Deutschlands. Die italienische Re gierung stellte zunächst durch den General de Marinis die Forderung auf direkte weitgehende Herabsetzung des gesamten Kriegsmaterials. Ferner tritt sie für den Sie Sitzung des Reichsladinstts. Steucrvereinsachungsgesetz verabschiedet. Amtlich wird mitgeteilt: Das Reichskabinett verab schiedete in seiner Dienstagabend-Sitzung den Entwur eines Steuervereinfachungsgesetzes, das dem Reichsra: unverzüglich zugehen wird. Ser Streit Thüringens mit dem Reich. Disziplinarverfahren und Haussuchungen. In der Streitsache Thüringens gegen das Reick wegen der Sperrung der Polizeizuschüsse erklärt jetzt du Thüringer Negierung, daß nach dem bisherigen Unter suchungsergebnis des Staatsgerichtshofes die Haltlosig keit der Anklagen des Reichsinnenministers offensichtlich sei. Der Reichsinnenminister sei einem in der Thüringer Polizei bestehenden Spitzel- und Denunziantentum trüb ster Art zum Opfer gefallen. Zum Beweis für diese Auf fassung veröffentlicht die Thüringer Regierung den In halt eines Briefes des Neichsbannergaugeschäftsführerc Dr. Diezel, Weimar. Der als Zuträger verwendete Ober sekretär sei sofort seines Amtes enthoben worden. Weiter hat der mit der Voruntersuchung gegen den Obersekretär beauftragte Richter in den Räumen dec Reichsbanners Weimar eine Haussuchung gehalten, übe- deren Eraebnis noch Stillschweigen bewahrt wird. Antrag der englischen Negierung ein, einen ständigen Kontrollausschuß beim Völkerbund zur Überwachung der Durchführung des künftigen Abrüstungsabkommens zu schaffen. In einer großen Rede erklärte sodann Lord Cecil, daß die Herabsetzung der Rüstungen einen entscheidenden Schritt auf dem Wege der allgemeinen Abrüstung be deuten könne. Er zweifle aber daran, ob die direkte Er fassung des Kriegsmaterials wirklich durchführ bar sei. Ihm erscheine am zweckmäßigsten eine Herab setzung der Rüstungen durch eine Beschränkung der Heeres- Haushalte. Sodann gab der amerikanische Botschafter Gibson die Erklärung ab, die amerikanische Regierung trete nach wie vor für die gerechte Herabsetzung des Kriegsmaterials ein. Graf Bernstorff gab sodann seinerseits eine Erklärung ab, in der er zunächst feststellte, daß in der Vereinbarung zwischen den fünf Seemächten der neue deutsche Kreuzer „Ersatz Preußen" unter der Kategorie der Kreuzer aufgezähtt würde, wäh rend es sich tatsächlich um ein Linienschiff handele Die Deutschland durch den Versailler Vertrag mit Gewalt auferlegte Entwaffnung sei auf der direkten Methode aufgebaut, ebenso sei Deutschland eine Beseitigung der allgemeinen Dienstpflicht auferlegt wor den. Ein gleiches System der allgemeinen Abrüstung könnte und müßte daher auch sämtlichen übrigen Mächten auferlegt werden. Zum Schluß wies der Präsident des Ausschusses Loudon darauf hin, daß der englische Antrag eine weitgehende Überraschung gewesen sei und eine neue Lage geschaffen habe, weshalb er die Aussprache vertage. * Hoover über Sen Welifrieben. Anläßlich des Wasfenstillstondswges hicli der Präsident der Vereinigten Staaten. Hoover, vor einer Versammlung des Weltbundes für internationale Freundschaft in Washington eine Rede, der angesichts der Genier Abrüstungsberatungen besondere Bedeutung zukommt Wenn man der Opfer des Weltkrieges gedenke, so führte Hoover aus. dann müßten die Lebenden immer wieder nach neuen weitergreisenden Möglichkeiten zur Sicherung des Friedens suchen Wenn auch der Ausblick zurzett vielleicht ermutigender sei als vor fünfzig Jahren, so dürfe doch nicht übersehen werden, daß die Völker in Wirklichkeit ständig im Streit miteinander lebten Hoover pries den Kellogg-Pakt als ein machtvolles Friedcnsinstrumenl. Dieser Pakt werde eines Tages in einer Weise erweitert werden, daß zum mindesten die Mobilisierung der Weltmeinung gegen Vertrags brüchige Völker gewährleistet sei. Im weiteren Verlaus seiner Rede verteidigte der Präsident alsdann seine vorjährige An regung, die Lebrnsmittetlransporie in Krtegszeiten sicherzustellen. Als eine Ration deren Un abhängigkeit, Freiheit und Sicherheit aus Krieg geboren sei, könne Amerika nicht behaupten, daß niemals ein gerechter Grund sür Kriege gegeben sei oder sein werde Seit der Er fahrung des Weltkrieges könne niemand die Gefahren leugnen, die durch Kriege an Amerikas Gestade getragen werden könnten: Daher sei Amerika am Frieden in aller Welt interessiert. Die amerikanische Regierung weide, ohne vorher den Charakter ihrer Maßnahmen verbindlich festzulegeu, vermittelnd ihre Hilfe anbieten, falls die Völker ihrer Verpflichtung, aus gebrochene Streitigkeiten friedlich zu regeln, nicht nachkommen sollten. Amerika werde ohne Gewalt von der Möglichkeit Gebrauch machen durch freundschaftliche Vermittlung sür die Erhaltung des Weltfriedens zu arbeiten. Brutaler Kamps gegen die deutschen Zeitungen in Mrschlesien. Kattvwitz, 12. November. Die angekündigten Maß nahmen der Aufständischen gegenüber der deutschen Presse, die das einzige Bindeglied der deutschen Minderheit in Ostvber- schlesien darstellt, nachdem die Deutschen nicht mehr wagen dür- sen, Wahlversammlungen abzuhalten, werden seit Beginn der Mobilisation des Aufständischenverbandes in brutaler Weise durchgeführt. In Gruppen zogen die Aufständischen in Kattowitz von Lokal zu Lokal, zerrissen die dort aufliegenden deutschen Zei tungen und Zeitschriften, belästigten die Gäste, die deutsche Zei tungen lasen, verprügelten die Verkäuferinnen der deutschen Zei tungen und überfielen schließlich die Zeitungsbvtrn an den Stra ßenbahnhaltestellen und in den Zeitungskiosken. Nur heimlich durften deutsche Zeitungen zum Berkaus angeboten werden. In Pschow wurden einem Austräger des „Oberschlesischen Kurier" nicht nur die Zeitungen entrissen und das Fahrrad zertrümmert, sondern er selbst wurde bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen. In Laurähütte wurde ein Ehepaar, das eine deutsche Zeitung gekauft hatte, jämmerlich verprügelt und selbst das Kind, das mit den El tern deutsch sprach, mit Fußtritten bearbeitet. Als Straßenpas- santen zur Hilse kommen wollten, wurden sie von den Strolchen ebenfalls angegriffen. In Königshütte wurde die große Schau fensterscheibe der Geschäftsstelle des „Ostobcrfchlesischen Wan derer" eingeschlagen. In Lipine wurden erneut deutsche Zeitungs-