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»mfferÄMM Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Lar »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der BeschLstsstclle und den Ausgabestellen r AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten L,rv AM., bei Poftbestellung l AM. zuzüglich Abtrag. .. »°bühr. Einzelnummern ldÄpsg AllePostanstalten W0theNvIlltt ftlk WtlSovUff U. UMgLgLNo PostbotenundunsereAus. trSgcrund Geschäftsstellen - ——— —————— nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Fall« höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oderKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deiliegt. s für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter i Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennige, die 3gespaltene Rcklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 2ü Reichspfennige. B»r- geschriebeneErscheinunk». „ tage und Platzvorschrist« werden nach Möglichkeit 6 berücksichtigt. Anzeig«»- annahme bis norm.10Uhr. ' ' Für die Richtigkeit d« durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, mir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 276 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr,: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 27. November 1930 Zwischen ReWral und Reichstag. Während die parteipolitischen Auseinandersetzungen das Für und Gegen Brüning immer schärfere und schroffere, zugespitztere Formen annehmen, auch die gegen seitigen Vorwürfe der Parteien aufeinanderprasseln, kann man ja auch einen Augenblick auf die Gesetzent würfe selbst blicken, zumal sie ja im Reichsrat in einigen doch nicht ganz unwichigten Punkten abgeändert worden sind. Ein paar von diesen übrigens durch die Neichsregierung gebilligten Abänderungen sind nämlich recht interessant. Da ist z. B. das sogenannte „Pla- fond"gesetz, das den Ländern und den Gemeinden u. a. jede Erhöhung ihrer Ausgaben übe: das jetzige Matz verbot. Diese harte Bestimmung ist im Reichsrat doch ein wenig gemildert worden. Beides Länder wie Gemeinden, dürfen über die bisherige Aus gabengrenze hinausgehen, wenn „besondere Verhältnisse" vorliegen und dadurch Ausgaben entstanden sind, die so ohne weiteres nicht ausgeglichen werden können. So können z. B. Hochwasser- oder sonstige Naturereignisse, die eine staatliche Entschädigung der Betroffenen nötig machen, eine Erhöhung der Ausgaben herbeiführen, aber in jedem Falle muß der zuständige Landessinanzminister seine Zustimmung geben. Ebenso ist eine Ausgaben erhöhung über die bisherige Grenze hinaus zulässig, wenn z. B. eine Gemeinde eine langfristige Anleihe zwecks Finanzierung werbender Anlagen aufnimmt. Autzerordentlich wichtig ist aber nun eine Milderung jener Bestimmungen, die die Verwendung etwa entstehen der Überschüsse bei den Finanzverwaltungen der Gemeinden festlegten. Grundsätzlich hatte die Vorlage gefordert, datz derartige Einnahmeüberschüsse — aus die man bei einem Wiederaufleben der Wirtschaft wird rechnen können — lediglich zu einer Steuersenkung ver wendet werden sollten. Daraus ist jetzt etwas anderes geworden: solche Überschüsse können, dem abgeänderten Entwurf zufolge, Verwendung finden zur Schuldentilgung oder auch zur Verminderung des etwaigen Bedarfs nach einer langfristigen Anleihe oder auch zur Steuersenkung. Auch hier hat der zuständige Landesfinanzminister aber zum Ausgleich dieser Lockerung doch recht starke Ein griffsmöglichkeiten, aber — die unbedingte Erzwingung von Steuersenkungen bei Einnahmeüberschüssen besteht nicht mehr. Auch bei der R e a l st e u e r r c g e l n n g ist eine ge wisse Milderung des Vorgesehenen im Neichsrat durch gedrückt worden. Ursprünglich sollten alle Länder den aus sie entfallenden Wohnungsbauanteil an der Hauszinssteuer dafür verwenden, die Nealsteuern um den gleichen Betrag zu senken. Aus dieser Hälfte ist nun aber nun unter bestimmten Bedingungen nur ein Drittel ge worden und man rechnet schon heute damit, daß nicht 400 Millionen, wie man anfangs glaubte, sondern höchstens 270 Millionen aus der Hauszins st euer für die Zwecke der Realsteuersenkung Verwen dung finden werden. Diese Kürzung ist in Rück sicht auf jene Gemeinden geschehen, wo die Wohnungsnot und damit der Bedarf an Neubauwohnungen besonders groß ist; sie hat aber andererseits in weiten Kreisen der Wirtschaft, die auf eine stärkere Verminderung der vielfach unerträglichen Realsteuerlasten gehofft haben, natürlich eine große Enttäuschung hervorgerufen. Weniger ein schneidend ist aber eine andere Einschränkung: Länder mit einer Realsteuerbelastung, die seit 1926 nicht wesentlich erhöht worden ist, können jenen Anteil von der Hauszins steuer auch zur Abdeckung schwebender Schulden verwen den; für die dortigen Gemeinden gelten entsprechende Be stimmungen. Überall ist aber bei einer anderweitigen Verwendung dieser Mittel aus der Hauszinssteuer, soweit damit eben die Realsteuern nicht gesenkt werden, die Ge nehmigung des Reichsfinanzministers bzw. des zustän digen Landesfinanzministers notwendig. Diese Zuständigkeit erstreckt sich noch auf einen anderen Punkt, und zwar auf einen solchen im Per sonalaufwandsgesetz, das grundsätzlich den Ausgleich zwischen den Beamten- und Angestellten gehältern in Reich, Ländern, Gemeinden und öffentlich- rechtlichen Körperschaften herbeiführen will. Hier hat nnn aber emc Ausdehnung und nicht eine Einschränkung der im Entwurf vorgeschlagenen Bestimmungen stattgefunden, insofern nämlich, als nun auch die Oberbürgermeister in das Gesetz embezogen worden sind. Wenn deren Gehälter und Bezüge »offensichtlich unangemessen hoch sind", dann müssen ste neugeregelt werden, und überdies können die obersten Landesbehörden für die Festsetzung dieser Ge hälter Richtlinien aufstellen. Diese Bestimmung ist wohl sicherlich ein Kmd sehr bekannnter Ereignisse der letzt- vergangenen Zett; allerdings liegen aber auch gewisse Gefahren darin, wenn man die Gehälter gerade für Per sönlichkeiten allzusehr beschränkt, die eine unzweifelhaft hohe Verantwortung zu tragen haben. Ltm die Tabakbelasiung. Der Deutsche Tabakverein an den Reichspräsidenten. , Der Deutsche Tabakvcrein hat an den Reichspräsidenten °in Telegramm gesandt, in dem es heißt: Die von, Reichsrat beschlossene Tabaksteuervorlage bringt unzählige Volksgenossen As Elend. Der Verein appelliert in letzter Stunde an den -aeichsprästdenten mit der Bitte, das Gesetz zu verhüten. veumklanlk promt in Lenk Beschwerde gegen polnische MM beim Völkerbund. Außerordentliche Ratstagung? Die Reichsregierung hat die angekündigte Protest note wegen der Vorgänge in Polnifch-Oberschlesien an den Völkerbund abgesandt. Die Veröffentlichung der Note wird voraussichtlich am Freitag erfolgen. Sie gibt eine zusammenhängende Darstellung der Deutschenverfolgungcn in Obcrschlesicn. Der Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Ratstagung wird wahrscheinlich in der nächsten Kabinettssitzung von der deutschen Regierung be schlossen werden. Die Einberufung muß auf Verlangen eines Natsmitgliedes erfolgen, nachdem der Präsident des Völkerbundrates die andereu Ratsmilglieder über die Dringlichkeit des Verlangens befragt hat. Die Dringlich keit hält man ohne weiteres für gegeben. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages ist zur Besprechung der gleichen Angelegenheit für Dienstag, den 2. Dezember, einberufen. Mittlerweile sind in G o l a s s o- witz weitere zehn Deutsche verhaftet worden, mit den früher Verhafteten im ganzen 40. Es sind das fast alles Angehörige des Evangelischen Männer- und Jüng lingsvereins, die sich gegen einen überfall polnischer sog. „Aufständischer" zur Wehr gesetzt hatten. Während des Getümmels ist der Anführer der Polen, ein Polizei beamter, zu Tode gekommen. Die Korfantysche Zeitung „Polonia" ist wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die Deutschenverfolgungen beschlagnahmt worden. Polnische Gegenmanöver. Bei den auswärtigen Regierungen hat Polen bereits die Sachlage so dargestellt, als ob Deutschland sich in innere Angelegenheiten Polens einmische. Der polnische Vertreter bei der Gemischten Kommission für Oberschlesien hat beim Präsidenten Calonder im Namen der Warschauer Regierung Protest eingelegt gegen das „unzulässige" Auf teten des deutschen Reichs- und Staatsvertreters bei dieser Kommission, das polnischerseits darin erblickt wird, datz sich Konsul Illgen „selbständig" nach Hohenbirken, wo die schlimmsten Greueltaten stattfanden, begeben habe Sein Vorgehen verstotze gegen Artikel 601 der Genfer Konvention. Das polnische Innenministerium hat ferner nach Genf berichtet und ausgeführt, die Ausschreitungen wären durch Angriffe von Deutschen auf polnische Staatsange hörige herbeigeführt worden. Man dürfe nicht vergessen, datz die polnische Bevölkerung durch die deutsche Kam pagne für die Grenzrevision und durch die Nachrichten über das Schicksal der polnischen Minderheiten innerhalb der deutschen Neichsgrenzen stark aufgeregt gewesen sei. Ist eine Sondersitzung des Genfer Rats möglich? Eine außerordentliche Sitzung des Völkerbundrates muh einberufen werden, wenn die Einberufung von einem Rats- mitglicd oder von drei Völkerbundmitglieoern, die nicht dem Nat angehören, verlangt wird. Unberührt hiervon bleiben oie Bestimmungen, nach denen eine außerordentliche Tagung einberufen werden mutz, wenn Kriegsgefahr besteht oder wenn zwischen Völkerbundratsmitgliedern ein schwerer Konflikt aus gebrochen ist. Nach einem Ratsbeschlutz vom Jahre 1922 soll der Generalsekretär eine außerordentliche Tagung nur ein berufen, wenn der Präsident die anderen Ratsmitalieder über die Dringlichkeit des Antrages befragt hat. Seit Bestehen des Völkerbundrates haben bis jetzt drei außerordentliche Tagungen uarigesunoen, im AUgup w^t zur Siegelung ver over- fchlestschen Frage, im Dezember 1925 zur Regelung des griechisch-bulgarischen Grenzkonfliktes und im Februar 1926 zur Vorbereitung der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. * Calonder fährt nach Warschau Auf Einladung Zalefkis. Außenminister Zaleski hat offenbar im Zusammen Hang mit den Vorfällen in Oberschlesien den Präsidenten der Gemischten Kommission in Kattowitz, Calonder, nach Warschau eingeladen. Calonder dürfte am Donnerstag oder Freitag in Warschau eintresfen. * Erregung in NerWesM. Der Gleiwitzer Polizeipräsident mahnt znr Ruhe. Gleiwitz, 27. November. Angesichts der Empörung der Bevölkerung über die polnischen Ausschreitungen in Ostober schlesien hat der Polizeipräsident in Gleiwitz unter dem 26. No vember einen Aufruf an die Bevölkerung des oberschlesischen In dustriegebietes erlassen, in dem er bringend bittet, sich auf keinen Fall zu irgenwelchen Gewalttätigkeiten gegen die polnisch gesinn te Bevölkerung oder gegen polnische Staatsangehörige Hinreitzen zu lassen, da jede derartige Handlung den Erfolg der von der Negierung zu unternehmenden Schritte auf das schwerste gefähr de und vor allem unsere Volksgenossen jenseits der Grenze im mer wieder auf das schwerste in Gefahr bringe. Zum Schluß des Aufrufes heißt es: „Bei allem Verständnis für die Erbitterung, welche alle Kreise der Bevölkerung erfüllt, halte ich mich für ver pflichtet, daraus hinzuweisen, datz ich für die Sicherheit des ober- schlesischen Industriegebietes verantwortlich bin und datz die mir unterstellten Pvlizeibeamten die Pflicht haben, gegen jede Ruhe störung auf das allerschärsste vorzugehen." Abrüstung soll kontrolliert werden. Ein Ausschuß wird eingesetzt. Der Abrüstungsausschuß hat die Bildung eines ständigen Kontrollausschusses beschlossen, der die Durchführung des Ab rüstungsabkommens überwachen soll, über die Machtbefug nisse dieses Ausschusses gehen die Meinungen noch weit aus einander. Dem Ausschuß soll u. a. die Prüfung der Klagen über Nichteinhaltung des Abrüstungsabkommens obliegen. Während die Großmächte fordern, daß der Ausschuß in erster Linie aus Vertretern der ständigen Ratsmächte sowie der Ver einigten Staaten zusammengesetzt werden soll, verlangen die kleineren Mächte die Vertretung aller vertragschließenden Staaten im Ausschuß. England mit der Entwicklung der Abrüstungs frage unzufrieden. Henderson wurde im Unterhaus die Frage vorgelegt, welche Schritte in den letzten zwölf Jahren unternommen worden seren, um die allgemeine Abrüchung zu verwirklichen, die nach dem Versailler Vertrag auf die Entwaffnung Deutsch lands zu folgen Hütte. Der Außenminister erklärte sich außerstande, im Rahmen der parlamentarischen Fragen eine erschöpfende Antwort zu geben, fügte aber hinzu, daß er mit der Entwicklung keines wegs zufrieden sei. Die Regierungsverhandlungen. Dr. Brüning konferiert mit den Parteien. Das Abschiedsgesuch des Reichsjustizministers Dr Bredt ist vorläusig zu den Akten der Reichskanzlei ge nommen worden. Die Entscheidung darüber soll einst weilen vertagt Wörden. Der Reichskanzler empfing in zwischen die Leitung der Deutschnationalen, und zwar - an Stelle des in Berlin nicht anwesenden Dr. Hugenberg — den Abgeordneten Dr. Oberfohren; ferner die Führer der Sozialdemokraten und der Bayerischen Volkspartei während ein Empfang der Nationalsozialisten nicht vor gesehen ist. über die Unterredung des Reichskanzlers mit dem Führer der Landvolkpartei sind Gerüchte im Umlaus, wonach auch diese Partei, ähnlich der Wirtschafts- Partei, der Regierung mitgeteilt habe, sie könne nicht für sie stimmen. In politischen Kreisen sollen Erörterungen darüber schweben, ob die Reichsregierung auch Gesetze verfassungs ändernden Charakters mit Hilfe einer Notverordnung auf Grund des Artikels 48 in Kraft setzen könne. Die Neichsregierung habe durch die zuständigen Stellen diese Fragen prüfen lassen und als Ergebnis dieser Auslegung stehe sie auf dem Standpunkt, daß ste auch bei verfassungs ändernden Gesetzen in der Lage sei, Artikel 48 anzuwenden Reichskanzler Dr. Brüning feierte am Mittwoch seinen 45. Geburtstag und erhielt sowohl vom Reichs Präsidenten von Hindenburg wie vom Reichsministern«» die herzlichsten Glückwünsche. Jas Ende eines unerquicklichen Streites: Mit dem Spruch des Staatsgerichtshofes über das Be nennungsrecht für die Verwllliuugsratssitze der Reichsbahn ist am Dienstag ein Streit zu Ende gegangen, der seit etwa drei Jahren gespielt und der mehr Verärgerung geschaffen hat, als es für ein ersprießliches Verhältnis zwischen dem Reich und seine» Ländern gut ist. Worum es ging, sei noch einmal kurz gesagt: Als Sachsen und die anderen sogen. Eisenbahnländer — Preußen, Bayern, Baden und Württemberg — im Jahr« 1920 ihre Eisenbahnen an das Reich abtraten, erhielten sie von der damaligen Reichsregierung die Zusicherung, in der Ver waltung der Reichseisenbahn ausreichende Vertretung zu be kommen. Nach dem Reichsbahngesetz von 1924 wurde diese Zusage erfüllt, im Verwaltungsrat der Reichsbahn wurde von den gennanntcn Ländern je ein Vertreter auf Vorschlag ihrer Regierung aufgenommen. Später erinnerte sich das Reich aber nicht mehr an seine Versprechungen, und als der Preu tzische Vertreter starb, ernannte die Reichsregierung, ohne auf Preußen zu hören, von sich aus einen Nachfolger, der der jetzige Reichsbankpräsident Dr. Luther war. Es gab einen hes tigen Konflikt, und als Preußen darauf den Staatsgerichts Hof anrief, entschied dieser gegen das Reich. Trotzdem hieb das Reich, als satzungsgemätz auch Vertreter der anderen Länder ausscheiden mußten, an seinem Standpunkt fest. Und deshalb ist nun der Staatsgerichtshos noch einmal mit dieser Angelegenheit beftßt worden. Da das Urteil im Fall Preußen schon seit Jahr und Tag