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MKdmfferAgeblail Nationale Tageszeitung für die ^andwirMast, Das ^Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäslsst.lle und den-Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Posibestellung 2 NM. zuzüglich Antrag- n gebühr. Einzelnummern lLNpfs-AllePostanstalten Wochenblatt für Wilsdruff A. Umaeqend PostdotenundunkercAus- träger und Geschäftsstellen — ---- --- - —- —- nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonst. Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oderKürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto deittegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 4gespaltcne Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- pfennige, d e 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr. 20 Neichspfennige. 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Es war einmal eine Konferenz, auf der sehr viel von einer „Gesamtliquidation des Krieges" gesprochen und vieles demgemäß beschlossen wurde, auf der man so zusagen eine „neue Ära der Nachkriegsge schichte" eingeläutet hat. Wenigstens hieß es so. Auch der französische Ministerpräsident Tardieu läutete mit. Das war in der allen Deutschen nur allzu wohlbekannte!'. Stadt den Haag geschehen. Frankreichs Außenminister Briand freilich hielt sich dabei stark zurück; denn man hatte es ihm in einflußreichen politischen Kreisen seines Landes schon arg verdacht, daß er seit Jahren laut und eifrig die Glocke von Locarno geläutet hatte. Auch diese Gegner hat er jetzt zu beruhigen versucht, indem er in seiner Rede über die französische Außenpolitik vor einigen Tagen erklärte, „wer den Vertrag von Locatno kenne, der dürfe ihn nicht angreifen, weil er in Wirklichkeit nichts anderes sei als die Konsolidierung des Versailler Ver trages". In Deutschland war man bisher hierüber recht anderer Meinung! Aber es war einmal eine andere Konferenz, aus der eine Petition von 150000 Saarländern vorgebracht wurde; sie erklärten, daß das ganze Saargebict den Anschluß an Frankreich und die Trennung von Deutschland wünsche. Das geschah aus der Versailler Konferenz 1919; aber ver geblich versuchte Clemenceau, mittels dieser „Volks abstimmung" die anderen Alliierten zur Einverleibung des Saarlandes zu bestimmen. Die „Petition" war eine g r o ß e F ä l s ch u n g; ihr Vater war der damalige Gehilfe und Berater Clemenceaus und heutige franzö sische Ministerpräsident Tardieu. In Deutschland sollte man daran denken, wenn man nun fast überrascht ist von den Ausführungen Tardieus in der französischen Depu tiertenkammer. Was aus dieser Rede sprach, war welteuweit entfernt von dem „Geist des Friedens und der Versöhnung", der angeblich so große Fortschritte gemacht hat. Das war — mit brutaler Deutlichkeit ausgesprochen — der Ungeist der Gewalt und des Pochens auf den Buchstaben von Versailles. Doch nur, soweit in ihm dem deutschen Volke Verpflichtungen auferlegt sind. Und da öffnet sich ein geradezu grotesker Gegensatz zwischen Tardieu und seinem Außenminister. Erst hört man aus Briands Mund die Feststellung, der Artikel 19 des Völkerbundpaktes „erlaube das Studium gewisser Fragen". Der Revision bestehender Friedensverträge nämlich, wenn diese den Frieden in der Welt bedrohen. „Und man könne einem Lande das Recht nicht absprechen, dieses Studium vorzunehmen." Doch, „man" tut es. Der Chef des Kabinetts nämlich, dem Briand angehört, Tardieu, tut es. „Niemand hat 1919 daran gedacht, den Artikel 19 überhaupt zum Instrument der Vertragsrevision zu machen; da nun Artikel 19 für den von Deutschland angestrebten Zweck gar nicht bestimmt ist.... so müssen diejenigen, die sich seiner bedienen wollen, Mißtrauen und Zweifel erregen." Wer von den beiden gibt nun die offizielle Ansicht Frankreichs wieder? Die Antwort hierauf ist ja naheliegend, — auch wenn Briand feierlich erklärt, er befinde sich mit seiner poli tischen Haltung, mit seinen Erklärungen in vollkommener Übereinstimmung mit Tardieu und den anderen Kabi nettsmitgliedern. Und Deutschland wird auch wissen, Wie die Antwort lautet. Es war einmal ein französischer Außenminister, der sprach in Genf über das Verhältnis Deutschlands und Frankreichs das wünschende Wort: „Fort mit den Kanonen! Fort mit den Bajonetten!" Das war Briand. Man hat ihm in bestimmten deutschen Kreisen den Vorwurf gemacht, er treibe eine „Politik des Frie dens" nur mit — Worten. Auch er halte eisern fest an den Bestimmungen des Versailler Diktats und seine pan europäischen Pläne seien nichts anderes als von der Ab sicht diktiert, den Versailler Vertrag noch einmal zu kon solidieren, gleichzeitig die- darin festgelegte tatsächliche Herrschaft Frankreichs in Europa zu sichern. Mag er dieses Ziel haben, mag er grundsätzlicher Pazifist — allerdings vor allem französischer Staatsmann — sein, so müssen Wir Deutsche doch wohl seinem Wort, „Frankreich habe alles Interesse daran, die Fricdensstimmung in Deutschland zu fordern", mit der Frage begegnen, wo und wie denn Frankreich jemals nun praktisch diesem „Interesse" gedient habe? Und ob es „die Friedensstimmung in Deutschland fördern heißt, wenn der französische Ministerpräsident brutal erklärt, „die territorialen Fragen" — also eine Re vision der Versailler Grenzziehungen — „aufwerfen, be deutet den Krieg, und wenn man den Krieg will, soll man es sagen". Oder wenn er in gewiß unbeabsichtigter Iro nisierung des Genfer Briand-Wortes die Abrüstung zwar über Deutschland unabänderlich verhängt und gewahrt wissen will, uns sogar vorwirft, unsere hierauf bezüglichen Verpflichtungen noch nicht restlos erfüllt zu haben, — aber bestreitet, daß aus der Einleitung zum Teil 5 des Ver sailler Vertrages irgendwelche Verpflichtungen der Alliierten zu entnehmen seien, selbst abzurüstcn. Wie Deutschland dies behaupte. Freilich — der englische Außenminister Henderson hat es kürzlich in Genf sogar mit überaus scharfen Worten behauptet und — Briand hat dem zugcstimmt. Es war einmal . . . Chamade Briands oder Fanfare Tardieus, friedlich- versöhnliche Hirtenschalmei oder Kriegsdrommete der Ge walt, Geig der Verständigung, der endlichen überwin- MWl MW mllle Mehrheit erzwingen Die Wahlen in Polen. Gewaltmaßnahmen der Regierung. Im September dieses Jahres wurden in Polen der Sejm (polnische Abgeordnetenkammer) und der Senat aufgelöst. Jetzt fanden die Neuwahlen zum Sejm statt, denen in einer Woche die Senatswahlen folgen. Die von der Regierung für die Wahlen ausgegebene Losung lautet, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine parlamentarische Mehrheit zu erzwingen. So find denn von der Negierung bzw. von dem in Wirklichkeit allein bestimmenden Marschall Pilsudski, gegen dessen Dik taturgelüste sich die in der überzahl befindliche Opposition des Sejms richtete, Gewaltmaßnahmen vorgenommen worden, wie sie bisher in Europa wohl noch nie da gewesen sind. Sie bilden offenen Hohn aus das ver fassungsmäßige Recht und in einer öffentlichen Versamm lung durfte der Minister des Innern, Sladkowski, erklären, er habe seine Beamten aufgefordert, dafür zu sorgen, daß überall unbedingt die Kandidaten Pilsudskis gewählt werden. Das haben die Beamten in vollstem Umfang getan. Das begann damit, daß man 80 bisherige oppositio nelle Abgeordnete in den Kerker warf, ihnen 4000 Ver trauensleute der oppositionellen Parteien nachschickte, wo sie noch schmachten. Von den 21 angemeldeten Staats listen wurden nur 15 zugelassen, die übrigen unter ver schiedenen Vorwänden für ungültig erklärt. Auch ein großer Teil der in den einzelnen Wahlkreisen aufgestellten Wahllisten wurde gestrichen. Alle widerstrebenden Zeitungen verbot man, die Justiz versagte vollständig aus Befehl des Willkürregiments. In dem deutschgesinnten Ostoberschlesien, das nach dem Frieden von Ver sailles an Polen fiel, erreichten die unerhörten Zustände ihren Höhepunkt. Polnische Sendlinge und Pöbelhaufen gingen mit Waffen und Mißhandlungen gegen die deutsche Bevölkerung vor, um jede Stimme des Wider spruches gegen Pilsudski zu ersticken. Die Zusammensetzung des Parlaments. So rechnete man damit, daß die bisherige Zusam mensetzung des Sejms sich stark zugunsten des Re gierungsblocks verschob, diesem vielleicht gar die absolute Mehrheit von 223 von den insgesamt 444 Sejmsitzen brachte, nachdem die Opposition durch den Terror der Regierung bisher bereits insgesamt etwa 130 Sitze ein- gebüßt haben dürfte. Zu Vergleichszwecken sei im nachstehenden das Kräfteverhältnis im Sejm auf Grund der Wahlen von 1928 angeführt: Regierungsblock 122 Mandate; National demokraten 37 Mandate; Zentrolew, Verband zur Ver teidigung des Rechts und der Freiheit des Polkes, be stehend aus Polnische Sozialistische Partei 63 Mandate (mit zwei deutschen Sozialisten); Bauernpartei „Wyzwo- lenie" 40 Mandate; Bauernpartei „Piast" 21 Manuale, Bauernpartei-Stronnictvo Chlopskie" 26 Mandate, Natio nale Arbeiterpartei 14 Mandate; Ukrainisch-Weißrussischer Wahlblock, bestehend aus Undopartei 25 Mandate, Ukrai nische Sozialradikale Partei 8 Mandate, Weißrussischer Block 4 Mandate, Deutscher Wahlblock 19 Mandate; Nationaljüdischer Block in Galizien, Block zur Verteidi gung der Rechte der jüdischen nationalen Minderheit in Polen, Allgemeiner jüdischer Wirtschaftsblock 13 Man date; Katholischer Volksblock (Christliche Demokraten) 15 Mandate. Zu diesen Listen kamen hinzu auf der einen Seite die der Pilsudski-Sozialisten und der pilsudski- freundlich eingestellten Bauernpartei, auf der anderen Seite die der Jüdischen Arbeitspartei, der Ukrainischen Sozialdemokraten, der russischen Bauernorganisation und der monarchistischen Organisation aller Stände. Änderung der Verfassung war bereits die Losung des Regierungslagers bei den Wahlen von 1928, die der Regierung aber trotz ver schiedener Machenschaften keine Mehrheit brachten. Die Mehrheit hatte die Opposition inne, die sich, je mehr der Sejm von der Regierung und dem Regiernngsblock mut willig herausgeforderl wurde, desto geschlossener und feindseliger zur Regierung und zu Pilsudski stellte. Die Durchführung der Pläne Pilsudskis (die er jetzt mit einem willfährigen Sejm versuchen will), wurde dadurch immer mehr in Frage gestellt. Die polnischen Sejm-Wahlen. Zwei Todesopfer in Warschau. Teilweiser Erfolg des Wahl-Terrors. Auf Grund der bisher aus allen Teilen Polens über den Verlauf der Sejm-Wahlen eingegangenen ersten Mel dungen scheinen die größte Wahlbeteiligung Posen und Pommerellen mit ihren deutschen Wahlern auszuweisen. In Warschan dürfte der Kampf zwischen Regierungspartei und Nationaldemokraten im Vordergründe stehen. In mehreren Städten kam es zu Zusammenstößen. In Warschau allein sind zwei Tote und über 60 Verletzte gemeldet wurden. In Posen zerstreute berittene Polizei eine Kundgebung der Nationaldemokraten, wobei es gleich falls Verletzte gab. In Biala in Schlesien nahm die Polizei in den Wahllokalen der Sozialisten Haussuchungen vor beschlag nahmte zwei Millionen Flugblätter und verhaftete einige Personen. Auch in anderen Ortschaften wurden Verhaf tungen vorgenommen. In dm ostoberschlesischm Landgemeinden ist ein Rück gang der deutschen Stimmen um durchschnittlich 50 Proz., in einzelnen Orten sogar bis zu 70 und 80 Prozent zu ver zeichnen. Die polnischen Aufständischen können also den traurigen Ruhm für sich in Anspruch nehmen mit ihrem wochenlangen unbeschreiblichen Terror riet ach Erfolg ge ballt zu baßen. düng des Krieges oder Ungeist des Buchstabens von Ver sailles Deutschland gegenüber, kurz: Briand oder Tardieu— „d a s i st h i e r d i e F r a g e". Jst's aber wirklich und überhaupt noch eine „Frage"? (8644) 8 (6). Evang. Volksdienst: 2688 (4463) 3 (0). Deutschnationale: 4535 (2378) 2 (9). Wirtschaftspartei: 2144 (2734) 3 (3). Bauernpartei: 0 (48) 0 (0). Gesamtergebnis -er Danziger Vollslags. Wahlen. Die Wahlen zum Danziger Volkstag hatten folgendes Gesamtergebnis (bei den Mandatsziffern ist zu berück sichtigen, daß der neue Volkstag nach der in Gens an genommenen Verfassungsänderung statt 120 nur noch 72 Abgeordnete zählt. Sozialdemokraten: 53741 (1927: 61779) 19 Mandate (1927: 42).' Deutschnationale VP.: 27553 (35826) 10 (25). Zentrum: 30841 (26096) 11 (18). Kommunisten: 22489 (11700) 7 (7). Nationalliberale Bürgerpartei: 4465 (8331) 2 (7). Deutsch-Danziger Wirtschaftsp.: 6056 (8010) 2 (6). Deutschliberale: 3400 (6204) 1 (4). Bür gerliche Arbeitsgem. (Beamtenp.): 4886 (4227) 1 (3). Polen und poln.-kath. Partei: 6441 (5764) 2 (3). Mieter: 1306 (1686) 0 (4). Fischer: 1637, 0. Natsoz. 34294 (2130) 13 (1). Eisenbahner: 3547, 1 ,0). Christl. VolksP.: 1623, 0. Deutsche Volksgem. (Stadt): 1527, 0; (Land): 6975, 3 (3). Gemeinde-Wahlen in Baden. Die Gemeindewahlen in Karlsruhe haben folgendes Ergebnis (in Klammern die Ziffern der letzten Reichs tagswahl und die Mandate der Gemeindewahl von 1926): Zentrum 11039 (14670) 16 Sitze (19). Sozialdemokraten: 12719 (21423) 18 (24). Deutsche Volkspartei: 2512, 3 (12). Nationalsozialisten: 18889 (23014) 28 (O).Staats- partei: 2031 (Dem. 9513) 3 (5). Kommunisten: 5803 Beschlüsse der Bayerischen Bolkspariei. Gegen Diktatur In München begann unter Teilnahme des bayerischen Ministerpräsidenten und der Minister der Partei sowie der Reichs- und Landtagsabgeordneten die Landesversammlung der Bayerischen Volkspartei. Die Ausführungen der Partei führer gipfelten in einer Reihe von Entschließungen. Zur innerpolitischen Lage wird gefordert, daß die Partei für die Erhaltung und Stärkung einer wahrhaften inneren deutschen Einheit eintrete, den völlig undeutschen Gedanken der Diktatur ablehne und eine wahrhaft deutsche und christliche Demokratie anstrebe. Insbesondere wendet sich die Kundgebung gegen jede Politik, die die historische Eigcnstaatlichkcii der Länder miß achte und eine illohale Aushöhlungspolitik betreibe. In einer außenpolitischen Kundgebung wird von den maßgebenden Stellen gefordert, daß die Lüge von der deutschen Kriegsschuld als Unterlage erpreßter Ver träge verschwinde und daß auf Grund des in Artikel 19 der Völkerbundsatzung vorgesehenen Grundsatzes diese Verträge aufgehoben und geändert werden, damit auck die untragbaren Lasten des Noung-Planes von dem deutschen Volke genommen würden, ferner däß das deutsche Volk in jener Stunde, in der die Abrüftungsverhandlungen des Völkerbundes sich als heuch lerisches Spiel herausstellen sollten, das Recht des gleichen Schutzes und der gleichen Sicherheit wie seine Nachbarvölker in Anspruch nehme. In kulturpolitischer Hinsicht wandte sich der Parteitag in einer Entschließung gegen den immer mehr zunehmenden Ma terialismus. Dabei könne sich der Kamps nicht aus das Schlag wort „gegen den Marxismus" beschränken, well auch im Lager derer, die gegen den Marxismus angeblich Sturm laufen, A Hänger einer rein materialistischen Weltanschauung seien.