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Wilsdruffer Tageblatt 8 2. Blatt — Nr 231 — Montag, den 27. Olt. 1S30 Z Heimkehr. Zn meine Heimat kam ich wieder, Es war die alte Heimat noch, Dieselbe Lust, dieselben Lieder — Und alles war ein andres doch. Die Welle rauschte wie vor Zeiten, Am Waldweg sprang wie sonst das Reh, Bon fern erklang ein Abendläuten, Die Berge glänzten aus dem See. Doch vor dem Haus, wo uns vor Jahren Die Mutter stets empfing, dort sah Ich fremder Menschen fremd Gebaren; Wie weh, wie weh mir da geschah! Sie Trauerfeierlichkeiien in Alsdorf. 259 werden zu Grabe getragen. Unter grauverhangenem Himmel pilgerten die Ange hörigen der Opfer der Grubenkalastiophe und mit ihnen fast alle Einwohner von Alsdoif und den schwer betroffenen Nachbargemeinden Kellersberg und Schaufenberg zu den Trauerfeiern, die mit Seelen ämtern und Trauergottesdiensten begannen. Viele Häuser hatten halbmast geflaggt. Am Kasino der Grnbenverwaltung waren die Bergknappen in ihrer Tracht mit Barett und Federbusch, die brennende Gruben lampe in der Hand, angetreten. In langen Rethen standen die mit Tannengrün ausgeschlagenen Lastautos, die die Toten vom Verwaltungsgebäude zum Friedhof bringen sollten. Einfache weiße Kreuze, die nur die Namen der Toten trugen, wurden auf die Wagen gelegt. Die Trauer feier begann mit einer Trauerlundgcbung des Gemeinderates im Alsdorfer Rathaus. In dem schwarz ausgeschlagenen Saale waren die Stühle der beiden bei dem Unglück zu Tode gekommenen Beigeordneten mit schwarzem Flor verhüllt. An dem Platze der beiden Toten lagen Blumen sträuße. Bürgermeister Becker gedachte in einer kurzen Ansprache des schweren Leids, das die Gemeinde Alsdorf und ihre Nachbargemeinden betroffen habe. Er forderte die Gemeindemitglieder aus, alles das, was in ihren Kräften stehe, zur Hilfeleistung zu tun. Zu der Trauerfeier im Verwaltungsgebäude und in den anschließenden Hallen, die dann stattfand, hatten sich neben den Angehörigen der Opfer viele Ver treter von Behörden und Verbänden eingefunden. Mau fah neben den Ministern Dr. Siegerwald und Schrei ber den Oberpräsidenten und die Regierungspräsidenten der Rheinprovinz, Vertreter des in- und ausländischen Bergbaus, zahlreiche Industrielle des Ruhrgebiets, die Oberbürgermeister vieler rheinischer Städte und benach barter holländischer Gemeinden sowie Vertreter der Ar beitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Nach einer kurzen Ansprache des Generaldirektors des Eschweiler Bergwerk vereins, Dr. Westermann, der das Beileid der Ver waltung aussprach und den Rettern, die unter Einsatz des eigenen Lebens übermenschliches geleistet hätten, dankte, nahm dos Wort vor Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald, der das Beileid des Reichspräsidenten und der Reichs regierung aussprach und den Vertretern der französischen und der jugoslawischen Regierung, die zur Trauerfeier er schienen waren, dankte. Dr. Stcgcrwald legte darauf den vom Reichs Präsidenten im Namen des ganzen Volles übersandten Kranz nieder. Der preußische Handelsministcr Schreiber, der darauf das Wort ergriff, gab das feierliche Ver sprechen, daß die preußische Regierung alles tun werde um die- bis jetzt noch unbekannte Ursache der Katastroph« festzustellen. Man müsse alles tun, um so furchtbar« Grubenkatastrophen zu verhüten. Nach dem Minister spracl in ergreifender Weise als Vertreter der Arbeiterschaft das Betriebsratsmitglied Wacker, worauf Ansprachen des Weihbischofs Dr. Sträter- Aachen, des Leiters (Präses) der Rheinischen Provinzial synode 0. Wolff und des Rabbiners Tr. Schön berger- Aachen folgten. Vertreter der verschiedenen Ge werkschaften, die dann zu Wort kamen, gaben dem Wunsch« Ausdruck, daß alles getan werden möge, damit in Zu kunft Katastrophen von solchem Ausmaße verhindert wür den. Zum Schluß sprach der Vorsitzende des Nie derländischen Roten Kreuzes. Die ganze Feier war umrahmt von Choralvorträgen der Knappschafts kapelle des Eschweiler Bergwerkvereins. Nach der Trauer feier setzte sich der gewaltige Leichenzug mit den 259 Särgen vom Verwaltungsgebäude aus in Bewegung. Sanitäts Mannschaften, bergmännische und andere Bergwerksab ordnungen eröffneten den Zug. Vor den 40 Lastautos mi den Särgen schritten 32 katholische Geistliche, 16 evange lische Geistliche und der Rabbiner. Die Särge waren vor den reichen Kranzspenden fast verdeckt In langem Zuge trugen Feuerwehrleute die riesigen Kränze des Reichspräsidenten, der Reichs- und Staats behörden, der Städte und Verbände. Unmittelbar hinter den Wagen folgte der Zug der Angehörige» der Ver storbenen, leidtragende Frauen, Männer, Kinder, Väter und Söhne. Die Vertreter der Verwaltung des Eschweiler Bergwerkvercins, der Zechenverwaltungen usw. bildeten den Abschluß. Nach einer kurzen Strecke zweigten die Wagen mit den in Kctlersberg und Schaufenberg beheimateten Toten ab. 137 Tote wurden in Alsdorf, 10 in Schaufen berg und 57 in Kellersberg beigesetzt. Die Bestattung de: übrigen Toten erfolgt auf den auswärtigen Heimatsried Höfen, über eine Stunde lang zog der erschütternd! Trauerzug an den Tausenden von Menschen vorüber. Der kleine, aber schmucke Friedhof konnte die Menge der Leid tragenden nicht fassen. Nach der Einweihung der Gräber durch die Geistlichen und nach kurzen Gebeten wurden dir Särge in die Gruft gesenkt. Blumengewinde deckten sic zu. Der Bcrgmannsgrutz „Glückauf" schwebte über den Gräbern. * Beileid ausländischer Staatsoberhäupter. Die Königin der Niederlande, der König von Spanier und der Präsident der Tschechoslowakischen Republik haben dem Reichspräsidenten aus Anlaß der Katastrophe von Alsdorf telegraphisch ihre Teilnahme und ihr herzliches Mitempfinden für die Hinterbliebenen der Opfer zum Ausdruck gebracht. Ferner haben ihre Anteilnahme aus gedrückt: der französische Außenminister Briand, der italie nische Botschafter, der japanische Geschäftsträger, der mexi kanische Gesandte, der brasilianische Gesandte und die Ge sandtschaft von Ekuador. Der Traucrzug in den Straßen von Alsdorf. Tie KmMschzeii in AW. Ein Glückwunschtelegramm des Reichspräsidenten. Unter strömendem Regen und unter Hagelschauern fand in Assisi die Trauung der Prinzessin Giovanna von Italien mit dem König Boris von Bul garien statt. Die Trauung wurde vom Klosterabl in der Obcrkirche des Franziskanerllvsters mit größter Feier lichkeit, aber ohne jedes äußere Gepränge vollzogen. Die geistliche Handlung beschränkte sich auf die Trauungs zeremonie; eine Messe wurde nicht gelesen. Prinzessin Giovanna, die von ihrem Vater zum Altar geführt worden war, trug ein hochgeschlossenes weißes Kleid mit einer langen Schleppe, die Königin von Italien ein vio lettes hochgeschlossenes Kleid. Sämtliche Damen waren ohne Schmuck. König Boris und König Ferdinand hatten bulgarische Generalsunisorm angelegt. Trauzeugen waren der Kronprinz von Italien und der älteste Schwiegersohn des Königs von Italien. Die Stätte der Hochzeitsseier von Assisi, wo König Boris von Bulgarien und Prinzessin Giovanna von Italien getraut wurden, war die Villa Konstanza. Hier wurde das Hochzeitssrühstück eingenommen, hier waren die dein Königshause verwandten Gäste untergebracht. Nach der Trauung hörte der starke Regen auf, so daß der Hochzeitszug sich „trocken" aus der Oberkirche in die Unterkirche znm Grabe des heiligen Franziskus von Assisi begeben konnte. Darauf führte König Boris die junge Königin aus der Kirche. Anschließend folgte die Ausfertigung der Eheschlicßungsakte und die Überreichung der Geschenke im Nathause vou Assisi. Die Hochzeitsgäste begaben sich sodann zum Festessen in die Villa Costanza. Von hier aus fuhren die Neuvermählten nach Ancona, um sich an Bord des Schiffes „Zar Ferdinand" nach Bulgarien zn begeben. Hindenburg gratuliert. Der Reichspräsident von Hindenburg hat dem italie nischen Königspaare sowie dem König Boris anläßlich der Vermählungsfeier telegraphisch in herzlichen Berten seine Glückwünsche übermittelt. Assisi im Festschmuck. Das sonst so stille, schlichte, mittelalterlich verträumte Assisi erschien in der Fülle des Fahnen- und Blumen schmuckes ganz verwandelt. Die öffentlichen Gebäude und viele Privatgebäude hatten die italienische und die bul garische Fahne geflaggt. Von den Balkons und den Fenstern der öffentlichen Gebäude hingen Gobelins, antike Damaststoffe und vor allen Dingen Teppiche herab. Eine Fülle erlesener südländischer Pflanzen und reicher Blumen flor vervollständigten den Festschmuck. Während des gan zen Freitags läuteten die Glocken und am Abend war die Stadt von Tausenden von Fackeln und bunten Lichtern beleuchtet. Vom frühen Morgen an zogen die Truppen durch die Straßen. In vier Sonderzügen waren die Hoch zeitsgäste in Assisi eingetroffen, erwartet von Musso lini und anderen Staatswürdenträgern und von einer großen Volksmenge lebhaft begrüßt. Auf der etwa fünf Kilometer langen Strecke vom Bahnhof bis zur Kloster kirche bildeten Truppen aller Waffengattungen Spalier. IS Meie? hoher FahrikschbrnsteLn umgestürzi. Ei» schweres Unglück ereignete sich in einer Seifen fabrik bei Marseille. Die Fabrik war noch nicht vollständig anfgeüaut und ein Schornstein von 78 Meter Höhe crst vor wenige,! Tagen beendet. Die Bauarbeiter bemerkten plötz lich, wie sich der Schornstein langsam neigte und dann mit seiner ganzen Länge auf das Dach des neben ihm liegen den Fabrikgebäudes stürzte, cs durchschlug und die darin beschäftigten Arbeiter unter sich begrub. Zwei von ihnen konnten nur als Leichen geborgen werden, während acht '-»/Wer vcr.chl W...m