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I Wilsdruffer Tageblatt I 2. Blatt Nr. 237 — Freitag, de« 10 Olt. 1930 Tagesspruch. Der SM ist eine g-ftge Schattenpflanze, Und wer in seinem Garten sie erzog. Der muhte oft schon die Erfahrung machen, Dah an ihm selbst die Wirkung sich vollzog. G. Zieschang. Kärniens Freiheiiskampf. Zum zehnjährigen Gedenken des Abstimmungssteges. Aus Kärnlens Bergen keuchten am 10. Oktober dit Freudenseuer, denn z^hn Jahre ist es her, seit dies Land durch vte Volksabstimmung seinen Willen kundlal, beim alten Deutsch-Osterreich, beim Deutschtum zu verbleiben. Und die Feuer leuchten zum Gedächtnis dieses Sieges, aber auch der Leiden und der Toten, die der Sieg gekoster hat. Kärnten, die „Windische Mark", wie einst diese äußerste Spitze des Deutschtums hieß, gerier ja in größte Ge fahr, als 1918 der Habsburgerstaar zusammenbrach; denü von Laibach her, dem Sitz des slowenischen Volksrates, bean spruchten die Gründer des Südslawischen Staates auü den ganzen südlichen Teil Kärntens, das große Becken um der Wöriher See Weil auch dort Slowenen wohnen, — aber viel wollte man auch bei diesen, den „Windischen", nicht wissen von den Nachbarn im Süden. Demgegenüber erklärte der deutsche Bolksra 1 Kärnten für unteilbar. — aber schon um die Jahreswende 1918/19 herum mutzten die Deutschen den anstür menden Slowenen mit den Waffen in der Hand entgegentreten Mit Erfolg, jedoch im südlichsten Teil blieben die Südslawen, durch eine Demarkationslinie von den Deutschen getrennt, in Besitze der Macht, Aber Klagenfurt und Villach waren gerettet, durch den Widerstand des ganzen kärntnertfchen Volkes Hin und her gehen die Verhandlungen in Paris, auch um das Schicksal Kärntens. Zum zweiten-, zum drittenmal bricht — um „vollendete Tatsachen" zu schaffen — der Slowene los Diesmal glückt es der dutzendfachen Überlegenheit an Infan terie und Geschützen sogar, Klagenfurt zu nehmen und tief in das deutsche Gebiet einzudringen. Wie die Verzweifelten wehren sich die Kärntner in heroisch anmutenden Kämpfen, aber sie müssen zurück — bis endlich der Machtspruch der Entente dic Südslawen wieder hinter die Demarkationslinie treibt. Jene Linie trennt die beiden Zonen, die nun dem Vertrage von St. Germain gemäß zur Volksabstimmung schreiten sollens öre Südzone mutzte die Hauplentscheidung bringen. Denn wenn sie sich für Österreich aussprach, dann brauchte die andere in der auch Klagenfurt lag, nicht erst abzustimmen. Fast un möglich schien es, tu dem von den Slowenen besetzten Südtei! für das Deutschtum zu werben Hunderte und Tausende vor Deutschen waren ja von dort vertrieben, eingekerkeri, unter schwerstem Terror lag das Land. Aber rasch organisierte der kärntnerische Heimaidienst eine Schutztruppe und so konnte du Abstimmung in leidlicher Ordnung vor sich gehen: 11 Prozem in jener Zone stimmen für Südslawien, etwa 59 Prozent - obwohl dort über noch einmal soviel Slowenen als Deutsch« wohnen — und für Österreich Die Heimattreuen Slowenen die „Windischen", haben den Ausschlag gegeben. Als nun am 13. Oktober dieses Resultat verkündet wurde brauste etn^ubelruf von den Karawanken bis hinaus zu den Bergriesen der Tauern an Kärnlens Nordgrenze. Und nochmals, zum vierten Malx^ sprang der Südslawe an, aber er mußte hinaus unter dem Druck der Entente Nun brauchte ja auch die andere Zone nicht erst abzustimmen; Kärnten w a r g e r e i t e t. Dr I o h. P r i tz e. Blick aus Klagenfurt die Hauptstadt von Kärnten. M KlieMsWiM in der M- verorduW. Von Ministerialrat Trießmeyer, Abteilungsdirigent >im Reichsarbeitsministerium. Es ist bekannt, daß erst die N o tv e r o r d n u n g im Som mer die gesetzliche Grundlage für die Regelung schuf, mit der der Haushalt 1930 für die Versorgung der Kriegsbe schädigten schon von seinem Beginn an gerechnet hatte. Die Folge w«, daß die Haushaltansätze für den tatfächlichen Bedarf nicht überall genügten. Sehenden Auges eine Aeberfchreitung des Haushaltes auf sich zu laden, verbot die Gesamtlage der Reichsfinanzen. Die gesetzlich zustehenden Bezüge der Kriegsbe schädigten und Hinterbliebenen vertrugen keine Kürzung im Wege rasch wirkender Verwaltungsanordnung. So blieb nur übrig, in den Ausgaben Kürzungen vorzunehmen, die vom Reich ohne gesetzliche Verpflichtung auf Grund freiwilliger Bereitschaft über nommen worden waren, deren volteWeiterleistung demReich! aber infolge eigener Not gegenwärtig nicht mehr möglich war. Grundsatz des Reichsarbeitsministerium war dabei, von unmittelbaren Eingriffen in bisher gewährte Bezüge möglichst abzusehen. Auf zwei Gebieten ließ sich aber, wenn mit dem Iah- reszwölftel in den kommenden Monaten ausgekommen werden sollte, eine sofortige und eine nahe bevorstehende Kürzung lau fender Bezüge nicht vermeiden. Es sind dies zuächst die Z u schüsse, die den bedürf tigen Offizieren und ihren Hinterbliebenen zum Aus gleich dafür gewährt werden, daß ihnen nicht mehr die gleich günstige Versorgung wie nach altem Recht zusteht. Diese Zu schüsse sind um 10 v. H. gekürzt worden. Daß diese Kürzung im Einzelfall gewisse wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich brin gen wird, ist nicht zu leugnen und muß bedauert werden. Aber da diese Bezüge bisher von jedem Steuerabzug und auch von der Reichshilfe befreit waren, obwohl sie streng genommen als Pen sionsteil angesehen werden müssen, wird die Kürzung etwas von ihrer schmerzlichen Wirkung verlieren: Weitere gewisse Kür zungen werden voraussichtlich die Folge der ungeordneten N a ch- p-rüfung in der Elternversorgung und der Witwen- und Waisenbeihilfe sein. Unter den Maßnahmen, die zur Minderung künftiger Aus gaben dienen sollen, ist an erster Stelle die Beseitigung aller Nachzahlungen für die Bezüge, die auf Grund von Kannvvrschriften, im Wege des Härteausgleichs oder auf Grund von Verwaltungsvvrschriften bewilligt werden, zu nennen. Die Notwendigkeit dieser Beschränkung ergab sich aus der Tat sache, daß z. Zt: von den Versorgungsbehörden monatlich noch mehrere Millionen lediglich, für Rentennachzahlungen und son stige Nachzahlungen geleistet werden. Au der Anordnung, daß bei den L ei ch t b e f ch ä b i gt e n künftig nicht mehr die Kinder zulage bei Berufsausbildung des Kindes über dessen 18. Le bensjahr hinaus gewährt werden kann, darf daraus hmgewiesen werden, daß wiederholt die innere Berechtigung für die Gewäh rung der Kinderzulagen an Leichtbeschädigte bestritten worden ist, weil die Unfallversicherung AehMches nicht kennt und weil bei diesen Versorgungsberechtigten die Rente gewissermaßen nur als ein Zuschuß zum Arbeitseinkommen angesehen werden könne. Weiterhin hielt es das Ministerium für vertretbar, in den Fällen der Versorgung künftig etwas mehr auf die eigene Lei stungsfähigkeit der Reichsfinanzen Rücksicht zu nehmen, in denen kein unmittelbarer Zusammenhang mit der Dienstbeschädigung gegeben war. So ist z. B. für die Gewährung der Witwen- und M a i s e n b e i h i l f e lediglich erforderlich, daß der Ver storbene Rentenempfänger war und daß die Hinterbliebenen be dürftig sind. Irgendeinen Zusammenhang des Todes des Beschä digten mit dem Kriegsdienst fordert das Gesetz nicht. Im Hin blick hieraus glaubte es das Ministerium vertreten zu können, wenn die Gewährung, der Witwen- und Waisenbeihilfe künftig lediglich auf die An g e h ö r i g en S ch w e r b e s ch ä d i g te r beschränkt wurde, weil wohl nur in diesen Fällen von der Mög lichkeit gesprochen werden könne, daß die wirtschaftlichen Ver hältnisse der Familie durch das Dienstbeschädigungsleiden' ständig oder zum mindesten längere Zeit vor dem Tode ungünstig beein flußt worden sind. Au der Verschärfung der Bestimmung über die Gewährung der Zufatzrente an L ei ch t be s chä d i gte sei zunächst daruf hingewiesen, daß die Leichtbeschädigten nach dem Gesetz an sich ausdrücklich von dem Bezug der Zusatzrente ausgeschlos sen sind. Zur Vermeidung von Härten ist jeboch bisher u. a. den Leichtbefchädigten die Zufatzrente dann gewährt worden, wenn und solange sich der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung in ärztlicher Behandlung befand und aus diesem Grunde ar beitsunfähig war Leider haben sich hier, da sich eine genaue und einwandfreie Nachprüfung nicht immer ermöglichen ließ, sehr viele Mißstände ergeben, so daß eine Aenderung dieser Bestim mung bereits von verschiedenen Seiten angeregt worden war. Nach der Neuregelung kann nunmehr Leichtbeschädigten in diesem Falle Zufatzrente nur noch gewährt werden, wenn sie sich wegen ihrer Dienstbeschädigung einer Heilbehandlung unterziehen müssen, aus diesem Grunde arbeitsunfähig sind und ohne allen Zweifel nur deshalb aus ihrer Arbeitsstelle entlassen wurden. In besonderen Härtefällen kann darüber hinaus geholfen werben. Das Reichsarbeitsministerium — darauf möge inan ver trauen — hat zu diesen einsparenden Maßnahmen sich nur ent schlossen, weil nach der gesamten Finanzlage ein anderer Weg nicht gangbar war. Wünsche des SflelbiWn Lsndbun-es. Ein neues Osthilfegesetz gefordert. Die Kampfgemeinschaft Ostelbischer Lanvbünde veröffent licht eine Kundgebung, in der die Notverordnung zur Osthilfe vom 26. Juli 1930 abgelehnl wird und alle der Landwirt schaft nahestehenden Parteien u. a gebeten werden, ihren Ein fluß tu diesem Sinne geltend zu machen. Zur Begründung wird ausgeführ:, daß die in der Botschaft des Reichspräsi denten vorn l8 März d. I. erhobene Forderung nach Maß nahmen, durch Vie der deutschen Landwirtschaft auf die Dauer die Lebensfähigkeit wiedcrgegebeu würde, nicht erfüllt worden sei und Preußen dnrch geschickte Personalpolitik es ver standen habe, den Apparat der Osthilse unter seinen Einfluß zu bringen. An Stelle der bisherigen Notverordnung wird die Einbringung eines neuen Osthilfegesetzes gefordert. LKspZlisrLn statt Obersten. Abrüstungsvorschläge des dänischen Verteidigungs ministers. Der dänische Verteidigungsminister hat im Reichstag die A b r ü st u n g s v o r l a g e von neuem eingebracht. Darin wird vorgeschlagen, das jetzige Heer durch ein Wachtkorpszu ersetzen, für das jährlich 7,2 Millionen Kronen ausgegcben werden dürfen. Die Generale sollen künftig „Oberinspektoren" und die Obersten „Inspektoren" heißen. Ferner wird auch die Kriegsmarine abge schafft und durch eine Staatsmarine ersetzt, die v'-r Wacht-, und Jnspektionsschiffe und andere kleine Fahr zeuge von zusammen 13 090 Tonnen sowie zwölf Wasser flugzeuge umfassen soll. Die Staatsmanns soll 10,7 Mil lionen Kronen im Jahre kosten. LlenkmaZ Her Opfergesmnung. Einweihung einer Gesalleneutafel in der Berliner katholischen Garnisoukirche. In Anwesenheit des Reichswchrministcrs Gröner, des Ehefs der Heeresleitung, Generaloberst Heye, des Chefs der Marmeleitung Dr. Räder, und vieler hoher Militärs nahm Bischof Dr. Schreiber in der katholischen Garnison- kirche in der Hasenheide in Berlin die Einweihung einer Gedenktafel für die katholischen Kriegsgefallenen vor. Reichs präsident von Hindenburg, der ebenfalls eingeladen war, hatte sich in einem Schreiben an die katholische Feldprobstei unter Hmwets aus seine unaufschiebbaren Dtenstgeschäfte entschul digt. Nach dem Pontifikalamt ergriff Bischof Schreiber das Wort zur Gedenkrede. Er wies auf die Taten der Krieger inr Weltkriege hin. Die P s l i ch t t r e u e und Volksverbunden heit seien in dcu Kricgsgefallenen für die Vollbringung ihrer Opfertaten als Beweggründe lebendig gewewn. Der Großteil der Soldaten im Kriege sei religiös gesinnt gewesen. Die Pflichttreue der Gefallenen habe es erreicht, daß das Vaterland, von einigen Grenzstrichen abgesehen, erhalten geblieben sei. Leider hätten sie cs nicht erreicht, daß dem deutschen Volke das Schicksal eines ver lorenen Krieges erspart geblieben sei. Den Lebenden riefen sie jetzi zu: Setzt euch alle ein für das deutsche Volk, damit es von den Wunoen des verlorenen Krieges wieder genese wendet ihm zu die ganze Kraft eurer Opfergesinnung, Pflicht treue, Volksverbundenheit. Eine Mesen-Hypocheksnbank. Die größte Hypothekenbankgruppe der Welt. Im deutschen Hypothekenbankgewerbe vollzieht sich eine Zusammenschlußbewegung größten Stils. Durch Zusammen fassung und Neugruppierüng zahlreicher Hypothekenbanken soll eine Riescnhypothekenbank gegründet werden, die die größte Hypothekenbankgruppe der Welt darstelleu wiirde. Einer aus Sonnabend, 11. Oktober 1930, anberaumteu Auf- sichtsratssttzung der acht MUgliedsbauken der Gemeinschafts gruppe Deutscher Hypothekenbanken, der Preußischen Central- öodenkredit- und Pfandbrief-A.-G. uns der Frankfurter Hypo- ibckenbonk werden eniivrechende Anträge unlcrbreitei werden. 28 Das Abendessen veMef anfänglich frostig und durchweg in jener gewinen Lneisyeit, die dem englisch geschulten Tisch mit aufwartendem D-wner immer anhaftet. So lange hatte auch Helene sich Zwang angetan, um ihre gute Erziehung zu zeigen. Als dann aber abgetragen war und das an grenzende Familtenzimmer mit seinem gedämpften Lampen schein zu traulichem Geplauder und freiem Gedankenaustausch lud. fand sie schnell ihren heiteren, von Innigkeit beseelten Ton wieder, der stch gleicherweise in Ohr und Herz ein wenden. — — — . - . Während Maya, etwas abseits sitzend, sich in eine Skizzenmappe vertiefte, erzählte ne nun dem gespannt for schenden Vater von ihrem großen Erleben, wie sie, in seinen Futzlapfen wandelnd, helfend erngegriffen und Maya vom sicheren Tode errettet hatte. Als sie dann den weiteren Verlauf ihres Beisammen seins schilderte, wie sie, nach Beratungen mit dem „schwar zen Doktor", Maya, nach erneutem Zusammenbruch, gesund gepflegt und die Heimat- und Elternlose von Herzen lieb gewonnen hatte, deren Vorzüge und guten Eigenschaften sie gar nicht genug rühmen konnte, erwärmte sich des Vaters Herz immer mehr für sein geltebtes, unschuldiges Kind. Sie war in allem so ganz ihre Mutter, daß er wie gebannt <ru ihren Lippen hing und für nichts anderes mehr Auge und Ohr hatte. Leichter gingen nun Frage und Antwort von Mund zu Mund. Für beide war es Befreiung. Erst als Helene sich wieder nach der Freundin umsah, bemerkte sie deren Abwesenheit. Maya war still hinausgegangen. Für Selene ein willkommener Anlaß zu neuen Lobeserhebungen über ihre Bescheidenheit, ihren Takt und andere liebens würdige Züge ihres innersten Wesens, die sie zu beobachten Gelegenheit hatte. Es war klar, Helene wußte von nichts, und es lag ihrem Vater daran, sie in ihrer Unwissenheit zu erholtem Er lobte lle für das, was sie getan hatte Auch für Maha fand er einige anerkennende Worte. Als Helene dann erneut in ihn drang, Maha eine angemessene Stellung im Hause zu geben, um ihre Zugehörigkeit zur Familie auch nach außen- hin darzutun, widersprach er zunächst nicht, er zweifelte nur, daß Maha in solcher Ruhe und Gebundenheit sich auch wohlfühlen und bei ihnen werde bleiben wollen. Helene versicherte das Gegenteil. Maya habe ihr gesagt, sie sehne sich nach einem solchen Ausruhen in voller Geborgenheit. Neues Mißtrauen stieg in ihm auf. „Ich werde jedenfalls mit ihr reden", sagte er beschwich tigend. Er stand auf. „Wann? Wann?" drängte Helene. „Bald. Morgen", wehrte er ab. „Sowie eine Gelegen heit sich bietet, mit ihr allein zu sein. Entschlüsse von solcher Tragweite müssen beiderseits wohl erwogen werden, auch von mir." Helene flog ihm an den Hals. Sie war heilfroh, soviel er reicht zu haben. Nun mutzte sich ja alles zum Guten wenden. In diesem Augenblick klangen von dem entfernteren Musikzimmer her Töne auf, die ihren Vater bewegt auf- horchen ließen. Die Mondscheinsonate! Sw stand, horchte, schwieg. Nur Eine spielte das so, sie, die längst von ihm gegangen war,die ihres kurzen Lebens Leid und Lust in dieses tönende Schluchzen verwoben und ausgeströmt hatte, in dieses Ewigkeitslied, das nie ver stummen wird, so lange es Menschen gibt, in denen die Sehnsucht schreit nach dem, was nicht sein kann und nie sein wird. „Wer?" fragte er leise, erschüttert. «Sie, Maha", entgegnete Helene verhalten. Beide lauschten. Wunderbar, wie diese Tonwellen, dunkel und leid- beschwert, aus einer fernen, schönen Vergangenheit herüber- schlugen in die lastende Gegenwart. „Sie, Maha", wiederholte er mechanisch, in tiefem Sinnen. Er setzte sich wieder, stützte den Kopf, schwer, in beide Hände. Ein Zittern lief über ihn hin. „Vater!" Doktor Bayers fuhr empor. Sein Kind blickte aus tränenfeuchten Augen zu ihm auf. Er richtete sich auf. „Ja, Kind", sagte er weich, „so spielte das nur Eine — ! deine Mutter". — Kapitel 9, Helenens Abenteuer im Busch. Der Tramp und der Gentleman. Es war am andern Tag. Helene hatte sich heimlich ausgemacht und war früh vom Hof geritten, diesmal ohne Burburra, den sie im Garten beschäftigt wußte. Sie hatte sich ihr Pferd selbst gesattelt. Sie wollte ihrem Vater Gelegenheit geben, mit Maya allein zu sein. Eine Aussprache war dann unumgänglich. Nach ihrer Meinung konnte diese nur zu dem von ihr so Heitz ersehnten Ziele führen, Maya für immer an ihr stilles Buschhelm und an sich zu fesseln. So ritt sie nun frohgemut in den taufrischen Morgen hinein. Wie ein Jauchzen war es in ihr, wie ein Auf atmen nach langer Stubenhaft. So hell batte die Sonne noch nie geleuchtet, so lustig hatten die Vögel noch nie gesungen. Ganz in sonnige Träume versponnen, hatte sie dem Pferd die Zügel gelassen, ohne sonderlich ihres Weges zu achten. Es waren ja nun schon gewohnte Bilder, die hier in reichem Wechsel an ihrem Auge vorüber zogen. Busch und Serub. Saud- und Steiuwüsten: dazwischen eingestreut gab es flache Salzseen mit starkem Baumbestand. — — Plötzlich scheute das Pferd und machte einen Satz, der selbst sie, dic gewandte Reiterin, fast aus dem Sattel warf. War es auf eiue Schlange getreten? War es gebissen? Der bloße Gedanke bereitete ihr lähmendes Entsetzen. Helens war jäh erbleicht. Ihre Hand zitterte. Das schnaubende Roß setzte sich auf die Hinterbeine und vollführte einen wilden Tanz. „Sieh da! Sieh da!" rief da eine rauhe Männerstimme. „Eine Fee im Reitkleide, und am Hellen Tag! Gott verdamm' meine Augen, wenn das nicht Glück bringt!" Ein brutales Auslachen schallte zwischen den Bäumen her. Ein Tramp war es, ein wandernder Goldgräber. Schippe, Hacke und Blechschüssel, das typische Diggergerät, lagen neben ihm am Boden. Der Bach schattete hinter ihm auf, doch nicht der Bach mit dem Hauch von Romantik, den Mahas Schilderung darüber hingebreitet batte, sondern der Bach, wie er in Wirklichkeit war, mit seiner Brutalität, mit seinem Lärm, seiner Gier, seiner Wüstheit, die wie ein Grauen um diesen Menschen woben. Helene erschauerte. (Fortsetzung folg'.'