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MMufferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte 2 ratt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20 Rpfg., die 4gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Re ichs- eü. - d-e 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RMK. Nachweisungsgebühr 20 Neichspfennige. Vor- LLnachZUZM Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 ^^bvorm.10Ühr. ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogcn werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anz. nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das „Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 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Es war die Zeit, als während der Verhandlungen über den Young-Plan in Paris eine Krise ausgebrochen war; um Deutschland unter politischen Druck zu nehmen, hatte Frankreich damals etwa eine Milliarde k u r z f r i st i g e r Gelder, die es bei uns angelegt hatte, zurückgezogen und die ausge brochene Panik ließ außerdem die K a p i t a l f l u ch t aus Deutschland hoch anschwellen. Die Gold- und Devisendecke für die deutsche Währung wurde beängstigend kurz wegen der gewaltigen Abgaben, zu denen die Reichsbank infolge jener beiden Vorkommnisse gezwungen war. Die Gegen aktion der Diskonterhöhung nutzte nicht viel und deshalb gab man ia in Deutschland dem Druck aus Paris schließ lich nach. Auch bei der soeben erfolgten erstmaligen Wieder- heraufsetzung des Reichsbankdiskonts — er war seit dem Juli 1929 allmählich um 3,5 Prozent ermäßigt wor den — handelt es sich um eine notwendig gewordene G e - genaktion. Seit der zweiten Septemberwoche wieder holte sich der Abmarsch vor allem des französischen, kurz fristig gegebenen Kredits. Panikmeldungen über „bevor stehende" innenpolitische Auseinandersetzungen putschisti- scher Art in Deutschland wirkten alarmierend, jenen Ab marsch noch beschleunigend. Dazu kam die nun wieder heftig emsetzende Kapitalflucht, also die Umwand lung von Markguthaben in ausländische Konten. Der neue Devisensturm auf die Reichsbank kostete diese allein 210 Millionen Gold — 6 Eisenbahnwaggons voll Gold! —, die restlos in die Keller der Bank von Frankreich hinüber wanderten. Aber er kostete in noch viel größerem Um fange Devisen, so daß insgesamt schon bis Ende Septem ber dem Gold- und Devisenschatz der Reichsbank über 800 Millionen entzogen waren; dieser Abfluß setzte sich im Oktober fort, kürzte die bestehende „Golddecke" unserer Währung um 15 Prozent und erzwang damit die Herauf setzung des Neichsbankdiskonts, obwohl jene Decke immer noch viel großer als gesetzlich vorgeschrieben ist. Die ein- prozentige Erhöhung vergrößert den Abstand des deut schen Satzes von dem in Newyorl, London, Paris, Amster dam usw. aber gleich derart, daß es für den auslän dischen Geldgeber ein sehr gutes Geschäft wird, Kredit — also Devisen — nach Deutschland zu legen. Und dabei ist vor allem zu beachten, daß England und nament lich Amerika lenes ganze Vorgehen Frankreichs nicht mit gemacht haben, sogar gerade in den letzten Tagen — mau denke z. B. an den der Regierung Brüning in Aussicht ge stellten Überbrückungskredit - mit sehr erheblichen Geld angeboten herausgekommen sind. Der auch jetzt wohl ziemlich mit emer Milliarde abzuschätzende Geldentzuo durch Frankreich durfte also zum großen Teil in abseh barer Zeit wieder wettgemacht werden. Allerdings spielt dabei die Art, wre sich das Finanz resormpro- gramm der Reichsregierung weiterentwickeln wird, eine sehr wichtige, wohl die ausschlaggebende Rolle. Aber das alles ändert nichts daran, daß die Rück wirkung dieser Diskonterhöhung auf die deutsche Wirtschaft eine Verteuerung des Kredits sein wird — und vom größten bis zum kleinsten Betrieb wird ja heute mit Bankkredit gearbeitet! Daher wird es sich auch über all bemerkbar machen, daß mehr Zinsen verlangt werden bzw. zu zahlen sind. Preisdrückend wirkt das auch gerade nicht! Aber allen wirtschaftlichen Bedenken voranzusteheu hat die Rücksicht aus den Schutz unserer Währung Unerfreuliche Rückwirkungen wird es auch auf dem Ka pitalmarkt geben. Langsam war das Zinsniveau des lang fristigen Kredits gesunken —, damit dürfte es jetzt auch zu Ende sein. Auch das muß ertragen werden. Jene Haltung Frankreichs Deutschland gegenüber iß eben — was man als „tröstend' betrachten dars — weitei nichts als eine Störung des Eeldniveans auf den Weltmarkt. Durch Heraufsetzung des deutschen Bankzins fußes locken die Hüter unserer Geldwirtschaft zwar teure) bezahlte, dafür aber auch wieder reichlicher strömend« Mittel aus dem Ausland herein, öffnen auch manche bis her verstopfte Geldquellen im Inland sMst, — ein Not mittel gegen die Kapitalflucht! Mancher überleg: stch's doch, im Ausland sein Geld zu der Hälfte der Zinser anzulegen, die er im Inland erhält. Entscheidend freilick für die Weiterentwicklung ist nnd bleibt doch, ob und wann und wie sich die deutsche Wirtschaft zu gesünderen Ver hältnissen emporarbeiten wird. -r- Trhöhung des ReichsbankdiMis. Die Folge starker Goldverluste. Der Zentralausschuß der Rcichsbank hat dem Be Muß des Neichsbankdirektoriums, den Diskontsatz von 4 auf 5 Prozent und den Lombardzmssatz von 5 auf k Prozent zu erhöhen, zugestimmt. Kein Anlaß zur Beunruhigung. .. Zur Begründung des Beschlusses des Reichsbank mrektoriums, den Diskont- und Lombardsatz um je ein Prozent zu erhöhen, führte Präsident Dr. Luther vor dem Zentralausschuß aus, daß dis Maßnahme der Relchsbank keinen Anlaß rur Beunrubiauna SAG gegen die MuiWlsuzahlWeu Neuyvrk, 9. Oktober. Der frühere Reichsbankpräsident Dr. Schacht nahm an einem Essen teil, das der Neuyorker Bond- Club ihm zu Ehren veranstaltete. Ueber 5V0 Personen aus suh lenden Bantkreisen waren erschienen. Dr. Schacht führte aus, er sei diesmal als Privatmann nach Amerika gekommen, um seine Freizeit zu einer ausgedehnten Studienreise zu benutzen. Gern sei er, obwohl Privatmann, der Einladung gefolgt, um auf Wunsch seiner amerikanischen -Freunde seine Ansicht über die augenblickliche Lage Deutschlands auszusprechen. Er habe leider seftstellen müssen, daß in Amerika im Augenblick ein unbehag liches Gefühl angesichts der deutschen Zustände herrsche. Wer die geradezu übermenschliche Geduld des deutschen Volkes gegen über aller wirtschaftlichen Not und außenpolitischen Bedrängnis objektiv beobachte, könne unmöglich überrascht davon sein, daß ein so rechtschaffenes Volk wie das deutsche feiner Empörung Ausdruck gebe. Daß dies nicht durch Gewalttaten, sondern durch den Stimmzettel geschehen sei, sei nur ein neuer Beweis dafür, daß das deutsche Volk das ordnungsliebendste der Welt sei. Die jenigen deutschen Zeitungen, die solche falschen Nachrichten über eine bevorstehende Revolution in Deutschland berichteten, begin gen ein Verbrechen an der Welt. Es ginge in Deutschland lediglich darum, ob das deutsche Volk genügend Beschäftigung finden könne, um am Leben zu bleiben. Noch sei die wirtschaftliche Potenz Deutschlands unerschüttert. Aber die Reserven seien teils durch falsche Finanzpolitik, teils durch die Reparationen aufgebraucht, die nicht aus dem Lieber schuß der Wirtschaft, sondern durch Aufnahme neuer Kredite ge leistet worden feien. Im kommenden Winter müsse Deutschland auf eine Arbeitslosenzahl von über vier Millionen Menschen gefaßt fein, ohne dabei auf irgendwelche Finanzreserven zurück- greisen zu können. Die Wahrheit sei nach seiner festen persön lichen Ueberzeugung, daß Deutschland aus eigener Kraft die Annuitäten des Houng- plans nicht werde zahlen können. Es müßte auf Kosten der übrigen Länder sonst seinen Außenhandel fast um die Hälfte steigern. Er glaube nicht, daß die übrigen Völker gewillt seien, Deutsch land die Zahlung der Annuitäten dadurch zu ermöglichen, daß sie solcher Steigerung des deutschen Warenexportes auf eigene Kosten beitrügen. Es könne deshalb nur eine Frage der Zeit sein, wann das Reparationsproblem erneut zur internationalen Dis kussion stehe. Er könne sich unter keinen Umständen vorstellen, daß irgendeine Macht der Welt in der Lage oder nur geneigt sei, Deutschlands politischen Schuldverpflichtungen einen Vor rang vor privaten Schuldverpflichtungen zu verschaffen. Eins Negierung, die etwas Derartiges versuchte, würde selbst jeden Kredit in der Welt verlieren. Wie auch immer das Schicksal der Reparationen fein möge — Deutschland werde keinen seiner ausländischen Geldgeber jemals enttäuschen. Darin sei auch die Bounganleihe mit einbegriffen unbeschadet ihres politischen Ur sprungs. Die moralische Kreditwürdigkeit des deutschen Unterneh mertums sei unverändert. Der deutsche Kaufmann, der In dustrielle, der Landwirt würden keine Schuldverpflichtun gen übernehmen, wenn sie nicht der ehrlichen Ansicht seien, Zinsen und Amortisationen aus der Produktion heraus- wirtschaften zu können. Was aber den Kredit für öffentliche Körperschaften betreffe, so machten sich heute weite Kreise in Deutschland die Kritik zu eigen, die er vom ersten Tage seiner Amtsführung an der öffentlichen Finanzgebarung geübt habe. Die Forderung nach Beseitigung der sozialistischen Verschwendungswirtschaft und nach finanzieller Ordnung fei das Hauptproblem des Augenblicks. Dr. Schacht fuhr fort: Sie werden mich fragen, ob die Re gierung stark genug sein wird, eine solche Politik der finanziellen Ordnung durchzuführen. Ich erwidere darauf, daß uns auch hier das Ausland durch eine gerechtere Behand lung unserer nationalen und moralischen Forderungen Helsen könnte. Das deutsche Volk ist, im ganzen genommen, viel zu ordnungs liebend, fleißig und ehrenhaft, als daß es den Geist der Unord nung oder des Bolschewismus zur Herrschaft gelangen lassen wird. Aber auch hinsichtlich der Reparationsabmachungen wird Deutschland im Rahmen der abgeschlossenen Verträge bleiben. Der Poungplan sieht eine ökonomische Abwicklung des Repa- rativnsprvblems vor. Er enthält aber auch alle Möglichkeiten einer Neuanpassung, wenn die Unmöglichkeit einer exakten Durchführung sich ergeben sollte. Wenn trotzdem eine psycholo gische Beunruhigung über das Reparationsproblem in der Welt herrscht, so aus dem Grunde, weil die Politik das „sels liquida- ting schme" des Boungplans im Haag mit Sanktionen bepackt hat. Sr. HWMerg Mu die MDWeit einer Minen RevWllrMitik. Oslo, 9. Oktober. Die Zeitung „Tidens Tegn" veröffent licht eine Unterredung mit Dr. Hugenberg, in der er u. a. aus- sührt: Unsere Außenpolitik kann zunächst nur ein Ziel haben: eine vernunftgemäße Revision der beiden Verträge, unter deren Druck das deutsche Volk bald vollends zusammenbrechen muß. Es ist Unsinn, im Zusammenhang mit dieser Revisionsforderung vom Kriege zu reden. Das völlig entwaffnete Deutschland ist weniger als der kleinste freie Staat Europas zu irgend einer kriegerischen Aktion fähig. Aber die Bestimmungen der Verträge selbst weisen uns den Weg, der beschritten werden muß. Artikel 19 des Völkerbundspaktes betont ausdrücklich, daß „internatio nale Verhältnisse, deren Aufrechterhaltung den Weltfrieden ge fährdet, nachzuprüfen sind". Der französische Schriftsteller Mar tel nennt die deutsche Ostgrenze richtig „eine dauernde Gefahr für den Frieden, die unbedingt beseitigt werden müsse". Ebenso un erträglich ist die einseitige Entwaffnung Deutschlands, mit deren erniedrigenden Begleiterscheinungen der Entmilitarisierung des Rheinlandes und der neutralen Zone östlich des Rheines. Selbstverständlich bedarf die Reparationsfrage einer sofortigen Revision. Der Boungplan hat sich sogar schneller als es die größten Pessimisten annahmen, als undurchführbar erwiesen. Auf Möglichkeiten von Deutschland aus während einer Ueber- gangszeit seine unerträglichen Wirkungen vom deutschen Volke abzuwAzen, habe ich in zahlreichen Reden hingewiesen. Aber trotzdem gibt es schließlich keinen anderen Weg, als daß die Staatsmänner und Finanzsachverständigen sich noch einmal zu sammensetzen, um eine der Vernunft entsprechende Neuregelung zu finden. Unter dem heutigen Zustand leidet schließlich nicht nur Deutschland, sondern die ganze Erde, denn die Weltwirtschafts krise steht in engstem Zusammenhang mit den widernatürlichen Bedingungen, unter denen eines der wichtigsten Produktions- und Absatzgebiete der Erde zu leben gezwungen wird. zu geben geeignet sei. Die Lage des Instituts habe" durch die starken Gold- und Devisenverluste der letzten Zeit hierzu gezwungen. Tatsache sei, daß eine wesentliche Verringerung der Ansprüche seit dem Septem berultimo nicht eingetreten sei. Insgesamt seien bis zum Ultimo rund 808 Millionen Mark Gold und Devisen auf Schecks und Jnhaberpapiere abgezogen worden. Die Notendeckung durch Gold allein betrage jetzt 54,3 Prozent, durch Gold und deckungsfähige Devisen 57,3 Prozent. Dr. Luther erinnerte dann daran, daß trotz des niedrigen Diskontes der Reichsbank bis vor kurzem noch dauernd Gold zugeführi wurde. Dieses sei in allerletzter Zeit umgekehrt gewesen. Dr. Luther betonte jedoch, daß die Reichsbank sich durch keinerlei politische Motive bei ihren Maßnahmen leiten lasse. Sie gehe rein sach- l i ch als Zentralnoteninstitut vor. Keine grmldsWlhe MllWNg der AlltzkWlM im ReichsdMttt. Berlin, 9. Oktober. Die „Konservative Korrespondenz" schreibt zu der amtlichen Mitteilung über die Sitzung des Reichskabinetts am Mittwoch, in der Dr. Curtius Bericht erstat tete, u. a. folgendes: Das offizielle Kommunique bedarf infofern einer Richtigstellung, als es sich hierbei nicht um, wie das Kom munique besagt, eine vollinhaltliche Billigung der von Curtius geführten Verhandlungen handelt. Vielmehr hat der Reichskanz ler lediglich dem Minister für seine Arbeit in Genf seinen Dank ausgesprochen. Curtius hat in Genf in den wesentlichen Fragen der Abrüstung, weiter in der Frage der Anschneidung der Revi sion unserer gesamten Außenpolitik, nichts erreicht. Demgegen über treten die spärlichen Erfolge, die er in der memelländischen und auch der Saarfrage angeblich erreicht hat, vollkommen zu rück. Wir sind nach wie vor der Ueberzeugung, daß auf den Po sten des Außenministers nicht ein nur verwaltungstechnisch be gabter Epigone des Herrn Stresemanns gehört, sondern ein Mann, der die außenpolitische Situation Deutschlands, die schon ohne unser Zutun an Chancen reicher geworden ist, zu meistern versteht. Jie EtMSMtei zerM weiter. Berlin. Wie wir von bestunterrichteter Seite Horen, wird in allernächster Zeit eine weitere Abbröckelung von der Staats partei erfolgen Die Gruppe junger Volksparteiler, die sich unter Führung von Joseph Winschuh der Deutschen Staatspartei an- geschlosien hatte, ist im Begriff, dem Beispiel der Volksnationa- len zu folgen und das sinkende demokratische Schiff zu verlassen. Wie wir erfahren, hat man von staatsparteilicher Seite Dr. Winschuh den Posten des zweiten Vorsitzenden der Deutschen Staatspartei angeboren, aber Winschuh hat abgelehnt. So dürf te schon zu Beginn der nächsten Woche von der Staatspartei nichts mehr übrig sein. , Es bleiben dann noch vierzehn Demokraten übrig, die mcyt