Volltext Seite (XML)
MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D«s .Wilsdruffer Tageblatt" an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in dar Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RM., bei Postbestellung L NW. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern UNPfg.AllcPostanstalten Wochenblatt für AZilsdruff u. Umgehend Postboten und unsereAus- t»L«erundGeschäftsstellen —— —— U -!— nehmen zu jeder Zeit Be- stellnngen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht sein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Lürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20Rpfg^ die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^0 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reichspfeunige. VO»- geschriebeneErscheinungs- tage und Platzvorschrift« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Auzeiga». annahmebisoorm.lvUhr. — - — -- - Für die Richtigkeit d« durch FernrufübermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabatianspruch erlischt, wenn der Betrag dmvch Klr:^ eingezogen werden muß oderderAuftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen eutgeg«. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstremamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 2 4 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt« WilSdrUff-DreSdeN Postscheck: Dresden 2640 DvUNervtag, dSU 25. Sept. 1939 Steigende Flut. Mitten in das Hin und Her parteipolitisch-parlamen tarischer Debatten und Beschwörungen, Alarmnachrichter und ihrer Abwehr, in die tastenden Versuche, allmähliö eine Art Gliederung in diesen Wirbel hineinzubringen, fäll die Mitteilung, daß in der ersten Hälfte des Septembers die Arbeitslosenziffer fchon ganz dicht ar die drei Millionen herange rückt ist. übe: 160 000 Erwerbslose mehr als im August müssen nur „stempeln gehen«, und es ist durchaus kein Trost, das trotzdem die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger bei der Arbeitslosenversicherung zurückgegangen ist. Denr die Entlastung erfolgte ja nur dadurch, daß über 100 00t Menschen, Arbeitslose aus der Versicherung ausscheider und zur Krisenfürsorge hinüberwandern mußten, — alsc in der Regel schon etwa ein Jahr ohne Arbeit, ohne Ev werb sind. Von dort aus geht ja der Weg weiter zu: „Wohlfahrt", wenn der Arbeitslose „ausgesteuert« ist Und schon sind in der Westdeutschen Schwerindustrie neue umfangreiche Arbeiterentlassungen angckündigt. Zu immer größerer Höhe reckt sich dieses Problem, das nickst bloß eine einzetwirtschaftliche, sondern seit langem schon auch eine nicht mistder wichtige allgemein-finanzielle Seist aufweist. Die Arbeitslosenversicherung und die Krisen- fürsorge, deren Kosten ja nicht nur von den Geldern der Versicherten, sondern auch zu sehr erheblichem Teil am sonstigen öffentlichen Mitteln gedeckt werden, versorge: jetzt fast zwei Millionen Erwerbslose. Das wirft natürlich alle bisherigen B e rechnungen über den Haufen, die auf einen Jahresdurchschnitt von 1,6 Millionen Arbeitslosen, sower sie im Bezug der Versicherungsrcnte stehen, also ausschließ lich der Kosten der Krisenfürsorge, aufgebaut waren. Auü die Hoffnung auf durchschnittlich „nur" 1,9 Millicmer Rentenbezieher scheint hinter der viel übleren Wirklichkei noch weit zurückzubleiben. Schon ist die Zahl 2,5 auf getaucht und findet Glauben — anscheinend auch bei de: Reichsregierung. Denn man hört von Gerüchten, die aui der einen Seite von einer Erhöhung derBeiträg« für die Arbeitslosenversicherung Wisser wollen, die aber auch daran erinnern, daß ja das Reich ver pflichtet ist, die Hälfte der Kosten zu tragen, die bei eine: Annahme von 2,5 Millionen Arbeitslosen sich für die Ver sicherung ergeben würden. Ungefähr 400 Millionen dürft« das ausmachen und, während die eine Hälfte diese: Summe durch die um 1 oder 1,5 Prozent erhöhten Bei träge aufgebracht werden soll, muß das Reich die restlicher 200 Millionen hcranschaffen. Dazu kommt aber — was wirklich nicht vergessen werden darf, sich dem Steuerzahler übrigens auch stark und immer stärker bemerkbar macht — noch die schnell wachsende Ausgabenlast de: Kommunen für die Zwecke der Wohlfahrt, aber be sonders der Arbeitslosenunterstützung, durch die nun fast alle Kommunen finanziell immer mehr ins Gedränge ge raten. Und immer höher hebt sich die bange Frage: Was soll erst werden, wenn der Winter naht, zu der an sich schon so schweren „konjunkturellen« Arbeits losigkeit nun auch noch die „saisonmäßige« hinzutritt, also Landwirtschaft, Baugewerbe und andere vom Wetter in ihrem Beschäftigungsgrad entscheidend beeinflußte Indu strien auch noch zur Einschränkung bzw. Stillegung des Betriebes, damit also zu weiteren Arbeiterentlassungen schreiten müssen? Gewiß ist im jetzt laufenden Jahr die Zahl der in diesen Teilen der deutschen Wirtschaft Be schäftigten viel geringer gewesen als in den früheren, wird der Zustrom in die Arbeitslosigkeit also auch verhältnis mäßig geringer sein als sonst bei Wintersbeginn, aber einen Ausgleich bietet das natürlich nicht, da eben schon drei Millionen auf der Straße stehen. Über die wirtschaftlich-finanziellen Folgen dieser furchtbaren Entwicklung darf man aber die sozialethischen nicht übersehen, jene „Entwöhnung von der Arbeit«, eine schwere Einbuße am wertvollsten Teil des Volksvermögens, nämlich an der Arbeitskraft und dem Arbeitswillen. Nicht zuletzt darum ist bei den Tarif verhandlungen in der Berliner Metallindustrie ein V o r - schlag von den A r b e i t n e b m e r v e r t r e t e r n gemacht worden, der nicht bloß die Zahl der Arbeitslosen herunterdrucken, zugleich damit also auch die Kaufkraft der Masten, die Absatzmöglichkeiten heben will: An die Stelle der Aroertszelt von wöchentlich 48 Stunden tritt eine 40stundtge unter entsprechender Lohnherabsetzung und Heranziehung arbeitsloser Metallarbeiter in einer Zahl, durch die lene Leistungsverkürzung ersetzt wird. Allerdings verlangt man für jenen eintägigen „Lohnaus fall« eine geringe Lohnerhöhung, - aber das hat nicht etwa gehindert, daß die Verhandlungen fortgesetzt werden sollten, obwohl von Arbeitgcberseite eine Lohnherabsetzung verlangt worden war. Natürlich liegen die Dinge nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht, weil eben Arbeitszeit und Lohn ganz wesentlich vom Beschäftigungs grad des Betriebs und von seinem finanziellen Arbeits ertrag abhängt. Aber vielleicht läßt sich hier doch ein Weg finden, der zum Ziel einer wenigstens gewissen Er leichterung führt, ohne daß dabei der Lohnanteil am End preis und damit die gesamten Erzeugungskosten steigen, weil sich dann sogleich wieder die Absatzmöglichkeit ein schränken würde. Vie Pläne ckes Kabinetts. Notverordnungen als Gesetz? Keine neuen Steuern. Mittwoch abend trat das Neichskabinett, das sein« Beratungen am Dienstag ohne besondere Entscheidung«:» vertagte, erneut zusammen, um dem Vernehmen nach in einer Nachtsitzung weiterzuverhandeln. Bor allen Dinger handelt es sich darum, wie und mit welchen Maßnahmer man der wachsenden Arbeitslosigkeit entgegentreten kann Für die Reichsfinanzreform kommt das vor allen Dinger in Betracht; bestimmte Vorschläge waren aber bisher nich ins Auge gefaßt worden. Am Dienstag lag lediglich eine Denkschrift des Reichswirtschaftsministeriums über die Wirtschaftslage und ihre sozialen Folgen vor. Während des Mittwochs sind die einzelnen Dienststellen damit beschäftigt gewesen, eine Anzahl von Anregungen nachzuprüfen. Verein- fachungs- und Ersparnismaßregeln sollen die Gedanken die der Unterredung zugrunde lagen, fortführen. Ein« große Rolle werden die Erhebungen spielen, die bis zu: nächsten Woche über die bisherigen Erträgnisse der ir den Notverordnungen enthaltenen Steuererhöhungen ge troffen werden sollen. Erst dann wird es sich zeigen, ol die Notmatzregeln ausreichend waren oder ob sie in be stimmter zweckmäßiger Weise abgeändert werden sollen Die Notverordnungen können entweder dem Reichstag der sie ja vor seiner Auflösung abgelehnt Hai, aufs neu« vorgelegt oder ihm in Gesetzesform zugeleitel werden. Das Kabinett soll diesmal den zweiten Weg wählen Oie Mehrheitsbildung. Neue Steuern oder Erhöhungen von solchen will man auf alle Fälle vermeiden. Für alle Maßregeln des Kabinetts wird es von Wichtigkeit fein, wie die Aussichten auf eine Mehrheitsbildung im neuen Reichstag sich ge stalten. In den mit dieser Zielrichtung in nächster Woch« anzuknüpfenden Verhandlungen des Reichstages wird sowohl die Behandlung der Notmaßregeln wie di« Behandlung der weiteren Reformgesetze erörtert werden Gleichzeitig soll ein Einverständnis darüber erzielt wer den, wie der Reichstag sein eigenes Arbeitsgebiet in diesem Winter treffen will. Es wird erwogen, das Par lament nicht dauernd beisammenzuhalten, sondern es nur zur Erledigung der dringlichsten Gesetze einzuberufen. Oer Verlauf -er Kabmeilsberaiungen Freitag Bekanntgabe des Regierungsprogramms? Die Kabincttsbcratungen über das Sanierungspro gramm der Reichsregierung sollen im Laufe des Donners tags zum Abschluß gelangen. Das Kabinett wird u. a auch von dem Inhalt einer Rede Kenntnis nehmen, di« Reichskanzler Dr. Brüning am Freitag bei der Jubi läumstagung des Deutschen Städtetages in Dresden hast und in der er die wesentlichsten Einzelheiten der von Kabinett beschlossenen Gesetzesvorlagen mitteilen wird Dem Vernehmen nach hat das Kabinett aus Verlange, des Reicksarbeitsministeriums beschlossen, die Arbeits losenversicherungsbetträge um 2 Prozent, von 4)4 aus 6)4 Prozent, hcraufzusetzen. Das Kabinett ist hierzu bekanntlich durch die Not verordnung ermächtigt. Sie schreibt vor, daß die entstehen den Aufwendungen für Zwecke der Arbeitslosenfürsorg« mindestens zur Hälfte durch Reformen oder durch ein« Erhöhung der Beiträge aufzubringen sind. Man schätz« gegenwärtig bei einer angenommenen Durchschnittsziffe: von 2,5 Millionen Erwerbslosen den bis zum Ende des Etatsjahres noch entstehenden Mehrbedarf bei der Arbeits losenversicherung auf rund 400 Millionen Mark. Davor sollen etwa 200 Millionen Mark durch die Erhöhung urr 2 Prozent aufgebracht werden, während die anderen 2(X Millionen Mark dem Reichshaushalt zur Last fallen fallen Hierzu treten weiter erhöhte Aufwendungen für di« Krisenfürsorge in Höhe von etwa 100 Millionen Mark, di« ebenfalls aus dem Reichshaushalt entnommen Werder müssen. AschKeradsehung der SeamteugehÄkri Hartnäckige Gerüchte. Berlin, 25. September. Die Bcamtenkorrespondenz („Beko"), deren Anga ben über das Bevorstehen einer Herabsetzung der Beamten gehälter vor kurzem von zuständiger Stelle dementier: wurden, weist nunmehr darauf hin, daß die Angaben der Korrespondenz von zuständiger amtlicher Stelle als im großen und ganzen richtig bezeichnet würden. Nicht mrr im Reiche bc inde sich esu solches Gesetz in Vorbereitung, sondern auch in den meisten Ländern Die Anregung hierzu solle aus den mehrfachen Minister besprechungen der Fiuauzminister der einzelnen Ländn gegeben worden sein. Die Korrespondenz behauptet Vann positiv zn wissen, daß sowohl im preußischen Finanz ministerium wie auch in Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden und Württemberg an derartigen Entwürfen ge arbeitet würde, die zum Teil schon vor ihrer Vollen dung stürmen. Beweis hierfür wäre, daß der Reichskanzler den preußischen Finanzminister Höpker-Aschosf zu einer Un terredung über die finanzielle Lage gebeten habe. Die Korrespondenz habe bekanntlich vor kurzem gemeldet^ das die Höhe der Besoldungssätze auf den ungefähren Stank von 1926 zurückgedrückt werden solle. SIM Trevinmus MMer? Berlin, 25. September. Eine Reihe von Blättern hatte berichtet, daß Ministc, Trevrranus nicht die Absicht habe, nach Auflösung des Rhern-Mmrstermms am 30. September d. I. dem Reichs- tabmett werter als Minister ohne Portefeuille anzuge- horen. Wre hierzu von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, ist eine Entscheidung darüber, ob Treviranus zum Mi- nrster ohne Portefeuille ernannt werden oder ob er künf- ng lediglich in seiner Eigenschaft als Ostkommissar dem Reichskabmett angehören wird, bisher noch nicht gefallen. Rothermere über Deutschlands ! Wiedergeburt. Die Bedeutung der jüngsten Wahlen. Der bekannte Zeitungskönig veröffentlicht einen Artikel über die deutschen Wahlen, den er „Deutschlands Wiedergeburt" benennt und der großes Aufsehen hervor ruft. Die Beurteilung der Lage durch Lord Rothermere entspricht durchaus nicht der Panikmache, vielmehr setzt Lord Rothermere sein volles Vertrauen in die neue Ent wicklung Deutschlands, die, wie er sich ausdrückt, ein Kapitel in der Geschichte Europas einleite. Die neue Generation in Deutschland, die jetzt an die politische Macht dränge, sei etwas, was die Ausländer in keiner Weise kennten. Diese Generation habe wenig aktive Kriegserfahrung, sie habe nur unklare Erinnerun gen an das alte kaiserliche Deutschland, das vom Mili tarismus beherrscht gewesen sei. Das Deutschland, in dem die junge Generation aufgewachsen sei, sei ein Deutschland der Enttäuschung gewesen. Repara- tiousschulden, verlorene Gebiete und er zwungene Abrüstung seien die einzigen politischen Themen, über die sie reden gehört habe. Die Bedeutung der jetzigen Wahl zu unterschätzen, würde töricht sein. Ein neues Deutschland sei im Entstehen begriffen. Bisher haben wir, so sagt Rothermere, uns Deutsch land als eine Art Kriegsgefangenen vorgestellt. Deutsch land ist nicht frei, wie die anderen Nationen es sind. Wir haben die Rückgabe seiner Freiheit davon abhängig ge macht, daß Deutschland Reparationen bezahlt, und von Bedingungen, die gegen seinen Willen Deutschland ganz mit Recht aufgezwungen sind. Artikel 8 des Versailler Vertrages bat die alliierten Nationen zur Abrüstung verpflichtet; die Deutschland auferlegten Beschränkungen sollten lediglich ein Vorbild zu dem allgemeinen Verzicht auf militärische Macht sein. Während aber jetzt die deutschen Streitkräfte auf 100 000 Mann und ein paar Schiffe zur Küstenver teidigung beschränkt sind, haben seine Nachbarn ihre Rüstungen dauernd verstärkt. Gemäßigte Regierungen in England und in Frankreich müssen das erkennen, müssen Deutschland gereiht werden, ihre Rüstungen vermindern und die Reparationslasten vom Nacken Deutschlands nehmen, sonst muß es ein schr e-ck- liches Erwachen in Europa geben. * Was andere Engländer dazu sagen? London, 25. September. Der sensationelle Artikel von Lord Rothermere über Deutschland wird in Londoner diplomati schen und politischen Kreisen stark beachtet. Die Ansichten gehen stark ausemnder; jedoch ist man sich darüber einig, daß der Ar tikel eine vollständige Wendung Rothermeres gegenüber allen deutschen Fragen bedeutet. Seine politischen Gegner halten ihm vor, daß das Programm der Nationalsozialisten vor einigen Ta gen von seiner Presse verurteilt worden sei, da es rein zerstörend sei und sich aeaen Demokratie und Parlament richte. Rother meres Anhänger bewundern seinen Mut. Seine Presse sucht die Schwenkung dem Publikum mit der Erklärung verständlich zu machen, daß die neue Partei der Jugend in Deutschland nichts mehr mit dem alten Deutschland zu tun habe, das gegen England gekämpft habe. * Botschafter Sackett zur deutsche« Krise. Berlin, 25. September. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Sacket, der sich zur Zeit in den Vereinigten Staaten