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Bild links: Ozeanflieger von Gronau wieder in der Heimat. Am 19. September traf der Ozeanflieger Wolfgang von Gronau, dem die in Etappen über Island, Grönland und Kanada zurück- gelegte Uebcrquerung des Atlantischen Ozeans gelang, an Bord des Hapagdampfers „Hamburg" in Cuxhaven ein. Tausende ju belten ihm zu, als er (im Auto stehend) mit seinen Fluggefährten den Hamburger Hauplbahnhof verlieb. — Bild rechts: Gronaus Ozranslugzeug in der Heimat auf dem Templiner See bei Pots ¬ dam, wohin die treue Maschine ihren Führer und seine drei Fluggefährten am 31. September getragen hatte, die dort von den Behörden und Tausenden von begeisterten Zuschauern empfangen wurden. Sie Wime Bosse Das Leden einer Jugendgeliebten Björnstjerne Björnsons. Von vr. Werner Krueger. Vor einundsiebzig Jahren war es, im Frühjahr 1859. Im Vorgemach des Audienzsaales weiland Frederiks VII., des Dicken, herrschte Aufregung. Rank und schlank, blau äugig und goldhaarig, drängte sich ein junger Seekadett mit kurz gestutztem Haar durch die Reihen der Diener, verblüffte mit seiner Keckheit den diensttuenden Adjutanten, der die großen Flügeltüren zum Empfangszimmer öffnete, warf sich dem Dänenkönig zu Füßen und bekannte, die ehrsame und tugendhafte Jungfer Rosalinde Thomsen aus Hemmingstedt in Dithmarschen zu sein. Ueberraschung des gutmütigen Königs, aufgerissene Mäuler der Domestiken. Schweigen ... Auf die königliche Frage endlich, wozu in aller Welt der Aufzug, erklärte sie verschmitzt lächelnd, eine Jungfer hätte nie Zutritt zum Allerheiligsten Ihrer Hochfürstlichen Gnaden gefunden. Und der König schmunzelte, dachte an seine eifer süchtige Gemahlin, die Gräfin Danner und — schmunzelte noch einmal. s Schauspielerin wollte die Jungfer Werden. Entweder auf der königlichen Bühne am Kongens Nytorv debütieren, vor den Bronzeheroen Holbergs und Oehlenschlägers, oder gar nicht. Deshalb war sie mit Postkutsche und Schiff aus der schleswig-holsteinischen Heimat nach Dänemark gekommen. Der König zeigte sich gnädig. Kopenhagen hatte inzwischen etwas erfahren. Man tuschelte und begrüßte am 20. No vember des gleichen Jahres schon die junge und impertinente Rosalinde Thomsen mit beigeistertem Applaus. Die Presse bemächtigte sich der Sensation. Und war die kleine Rosa linde auch nicht übermäßig begabt, so doch schön und jung und, Wie gesagt, impertinent. Mit diesen Gaben haben sich schon des öfteren Schauspielerinnen zu halten gewußt. Eine kurze Zeit freilich nur trat sie am Kongens Nytorv auf, die Zeit, in welcher der ihr wohlgesinnte König noch regierte. 1863 ging sie zu Ende. — Im Salon des damaligen Ministerpräsidenten Hall traf sich die Welt der Bühne und der Feder. Hier war Rosalinde Thomsen häufiger und stets gern gesehener Gast. Hier tauchte auch ein junger norwegischer Dichter auf, dessen Bauern novelle „Synnöve Solbacken" gerade eifrig besprochen wurde. Der in Bergen und Kristiania bereits bekannte Theaier- kritiker Björnstjerne Björnson. Die Naive des Bergener Theaters, Karoline Reimers, war ein Jahr zuvor des jungen Norwegers Frau geworden. Aber dieser junge Björnson glich einem Vulkan, der alles in seinen Bannkreis zog, was sich nahte, leicht entzündet, und er mußte als Dichter erleben. Dazu war Rosalinde Thomsen schön Eine Sommerliebe erlebte er mit ihr. Einen kurzen nordischen Sommer lang. Dann war alles zu Ende! Durch wessen Schuld? Nahe aber, vielleicht seh: nahe, ist Björnson sein kurzes Sommerglück doch gegangen. Im römischen Frühling des Jahres 1861 schrieb er das historische Drama „König Sverre". Er dichtete es im Gsdeicken Rosalindes; er schrieb es sentimental: denn damals waren auch norwegische Dichter noch sentimental. Es ist nicht das beste Bühnenwsrk Björnsons — um Superlative zu gebrauchen — und heute fast vergessen. Un vergessen aber werden die Szenen zwischen Hakon, Sveresson Damit im Bezüge für den Monat Oktober keine Unter brechung eintritt, bitten wir unsere Postbezieher, das Abonnement auf das „Wilsdruffer Tageblatt" bis zum 25. September beim Briefträger zu erneuern. Nach dem 25. dieses Mo nats verlangt die Post eine Verspätungsgebühr von 20 Pfennigen (bei Nachlieferungen 30 Pfennige). und Inga von Böragarzysiel bleiben, unvergessen überall dort, wo heute noch Björnsons Liebeslieder gesungen werden. Und Björnsons Inga, die junge, ranke, mit Augen, die den „blauen Hochsommerh'mmel der nordischen Felseinsamkeit" widerspiegeln, üe tanzte damals auf den Brettern des Kön gens Nytorv. Auch Inga naht sich dem König Sverre, ihrem Herrn, in knabenhafter'Verkleidung. Noch andere Liebeslieder schrieb Björnson für sie. Sic selbst, die viel Geveimnis aus ihrem Leben, aber wenig aus ihrem Lieben machte, hat sie mit fröhlichem Herzen hinaus getrillert in die Welt, damals, als sie längst nichts mehr dir kleine Rosalinde Thomsen, sondern die große Magda van Dolcke und der Stern der Münchener und Berliner Bühmn war. — Als die junge Rosalinde Lyonsan Kopenhagen gekränkt verließ, sagte Heiberg von Ur, „es <st nicht leicht, jung und schön zu sein und sich in Gefahren zu begeben." Rosalindc aber sah nun Deutschland zu ihren Füßen. Sie entzückte als Maria Stuart König Ludwig II. von Bayern so sehr, daß sic vor ihm in jenen b-rühmten Nachtvorstellungen mit dem Könige als einzigem Zuschauer auftreten mußte. Den Weg nach Deutschland hatte ihr ein alter dänische: Hagestolz bereitet, H. C. Andersen, der große Märchen crzähler, der für sie ein Sonnenstrahl gewesen, „hell uni leuchtend, während einer Zeit, deren Himmel sonst nur vol war von finsterem G-»ölk." Die kleine Rosalinde liebte du große Geste. Sie nannte sich „sein kleines Mädchen". Je denfalls konnte niemand ihr das Gegenteil beweisen. Sie ist Wohl oft so genannt morden. Ein Mächtigerer hat ihr noch andere Koseworte mit liedersüßem Munde zu geflüstert. Oskar II. von Schweden, der sie beschützte, solang- sie in Schweden war. Hier hat sie mit ihrer tollen, über mütigen, sich schrankenlos gebärdenden Schönheit „nicht nur vom Rampenlicht aus eine Legion nordischer Kavaliere siä zu Sklaven gemacht", wie ein verbitterter Kritiker nich durchaus gegen die Wahrheit feststellte. Dieser Mann wa> freilich ein Düsterer — August Strindberg. Sie war nicht nur eine Abenteuerin des Herzens, son dern auch eine Büknenleüerin großen Formates, aufgestachel'. durch Ehrgeiz und Eitelkeit. Ihrer Reisetruppe gehörte Ranft an, der späiere G-neraldcrektor des Stockholmer Dra matischen Theaters, vnd als Leiterin des kleinen Stockholmer Bijouthcaters entböte si? Torre Sweaberg, einen der be deutendsten schwedischen Schauspieler. — Kometenhaft, wie sie ausgeraucht war, verschwand sic auch. Ein Stimmbruch in d«m achtziger Jahren machte ihrer Laufbahn ein allzu frühes Ende. Und sie, die flatterhafte, leichtsinnige, die niemals sparen konnte, heiratete den Bürsten macher Bosse um der Geborgenheit eines bürgerlichen Mit tagstisches willen. Darauf Schweigen. Ruhe im Hafen nach stürmischer Fahrt. Wie dieser Hofen war, darüber läßt sich schwer etwas sagen. Bis dann mit einer?» Male aus der Anstalt Sankt Hans eine Greisin kleine, beschmierte, nicht sehr devote Briefe an den Kongens Nytorv schrieb, das nämliche Theater, in dem weiland der kecke Seekadett durchaus debütieren wollte. Die Greisin, unsere Witwe Bosse, wollte durchaus die Maria Stuart spielen, noch einmal im alten ruhmbekränzten Kon gens Nytorv vor den Bronzeheroen Holbergs und Oehlen schlägers. Ihre Adresse war: Frau Witwe Bolle, Sankt- Hans-Stift, Kopenhagen. Und als man nachforschte, stellte man fest, daß es der verwirrte Geist der ehemals berühmten Rosalinde Thomsen war, der die kleinen Schreiben in die Feder diktierte. Letzte Herberge — Irrenhaus. Im Kopenhagener Theatermuseum zeigt man seit einiger Zeit eine Neuerwerbung Ein Jungmädchenbild, rank und schlank, blauäugig und goldhaarig — Rosalinde Thomsen. Daneben, in einem Schränkchen, vergilbt, bestaubt, ein kleines Päckchen Briefe des jungen Björnstjerne Björnson. Alles zusammen auf einer Auktion aus der Hinterlassenschaft der Witwe Bosse erworben. Bild links: Die Weihe eines Denkmals für die Gefallenen des einstigen Kürassier-Regiments Nr. 8 in Köln-Deutz am 21. Sep tember, bei der der letzte Regimentskommandeur, Oberst a. D. Koehne von Wranke-Deminski, die Weiherede hielt (rechts). — Bild rechts: Die drei großen Sieger des Berliner Internationalen Sportfestes, das am 21. September vom Sport-Club Charlotten burg veranstaltet wurde (von links): Nurmi, das finnische Laufwunder, erreicht nach 14:58 das Zielband des 5000-Meter- Laufes — der Franzose Ladoumägue geht im 1506-Meter- Lauf weit vor Dr. Peltzer in 3:53,7 durchs Ziel —- der In" Haber des Speerwurfweftrekordes, der Finnländer Järvinen, bei seinem Siegeswurf von 66,88 Metern.