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Die gerade augenblicklich wieder so brennend gewordenen Auseinandersetzungen über die Berechtigung der jetzigen Grenzziehung im deutschen Osten erhalten eine besonders deut liche Beleuchtung durch ein Buch des fran zösischen Gelehrten Rens Martel. Das von einem anerkannten Manne der Wissenschaft und der Unparteilichkeit geschrie bene Buch gab Anlaß zu der folgenden Be- nachtung. Als den deutschen Unterhändlern in Versailles das Fricdensdiktal vorgelegt wurde, wußte außerhalb eines ganz engen Kreises der Teilnehmer an den Beratungen der „Großen Vier" noch niemand, wie dieses Diktat zu stande gekommen war. Erst allmählich hat sich der Schleier durch die Veröffentlichungen von englischer, ame rikanischer, französischer und italienischer Seite völlig ge lüftet. Mau weiß inzwischen, daß fast alle Bedingungen, die Deutschland noch heute trägt, bei einem Teil der Ententemächte sofort schwere Bedenken erregt haben und erst nach langen Kämpfen in den Vertragstext ausgenom men worden sind. Man weiß aber ganz besonders, daß keine dieser Bedingungen im gegnerischen Lager so heiß umstritten worden ist wie die Errichtung des „Pol nischen Korridors" und die durch ihn verursachte Abtrennung Danzigs und Ostpreußens vom übrigen Reich. Namentlich Lloyd George rechnete mit der Möglich keit, daß Deutfchland es auf einen Marsch der alliierten Heere nach Berlin ankommen lassen könnte. Von einem solchen Marsche aber versprach sich der Engländer nichts, sondern er befürchtete, daß die Besetzungsarmee in Berlin in derselben hoffnungslosen Lage sitzen werde, wie einst Napoleon in Moskau. Es steht heute fest, daß die ganze Friedenskonferenz, ohne daß die deutsche Delegation davon etwas ahnte, bei nahe an dieser Frage der deutschen Ostgrenzen aufgeflogen wäre und daß Wilson schon seine Kösser zur Rückreise nach Amerika gepackt hatte. Alle diese noch immer alle Zeitgenossen aufregenden Vorgänge schildert jetzt in einem jüngst in deutscher Über setzung erschienenen Buche über „Deutschlands blu tende Grenzen" in bisher noch nicht bekannter Aus führlichkeit und Genauigkeit der bedeutende französische Gelehrte Professor Rens Martel von der Pariser Sorbonne. Sein Werk, das bei seinem Erscheinen in Frankreich das größte Aufsehen gemacht hat, begnügt sich aber nicht mit dieser geschichtlichen Darstellung. Es kommt dem Verfasser als überzeugtem und aufrichtigem Friedensfreunde vielmehr daraus an, nachzuweisen, daß , der gegenwärtige Zustand der europäischen Landkarte mit den zerrissenen und blutenden Ostgrenzen Deutschlands unhaltbar ist. Er ist nicht nur für Deutschland un erträglich, sondern auch schädlich für Polen selbst, wie Martel nachweist, nnd eine ständige Bedrohung des euro päischen Friedens. Professor Reno Martel zeigt, daß sein Landsmann Clömencean sich nur von Rachcgefühlen habe leiten lassen, als er gegen den Widerstand der an deren verbündeten Mächte diese Zerreißung des deutschen Ostens durchsetzte, und daß Wilson seine eigenen Grund sätze verletzt hat, als er infolge eines den Polen gegebenen Versprechens trotz schwerer innerer Bedenken diesem Unrecht schließlich zustimmte. Mit innerster Überzeugung verteidigt der französische Verfasser das Recht Deutschlands auf den Be sitz des Korridors und Danzigs, dieser „ur deutschen Stadt", und ferner das Recht Deutschlands auf den Besitz von ganz Oberschlefien. Alles, was in diesen Gebieten an Kultur geschafsen ist, so weist er nach, ist eine rein deutsche Leistung. Diese Kultur ist dem Untergang geweiht, wenn die losgerissenen Landesteile unter polnischer Herrschaft bleiben. Frankreich aber müsse auf feiten der höheren Kultur, in diesem Falle unbedingt auf feiten Deutschlands, stehen und dazu beitragen, das begangene Unrecht wieder gutzumachen. Es gehört zweifellos großer Mui dazu, mit solchen Gedankengängen in Frankreich hervorzutrelen, wo die Grundsätze Clemenceaus, daß es das Hauptziel des „Friedens" sein müßte, Deutschland dauernd ohnmächtig zu erhalten, noch immer eine starke Anhängerschaft haben. Professor Renö Martel ist nicht der einzige, der außer halb Deutschlands heute laut eine Revision der deutschen Ostgrenzen zur Sicherung des europäischen Friedens und der Kulturentwicklung fordert. Englische, amerikanische, italienische und neutrale Stimmen gleicher Richtung liegen in großer Zahl vor und mehren sich täglich. Aber RenS Martel hat das Verdienst für sich, daß er ein genauer Kenner des europäischen Ostens ist. Er spricht alle slawischen Sprachen, er hat die jetzige Lage nicht nur auf deutscher, sondern auch aus polnischer Seite eingehend studiert. Und keiner hat bisher sein Mahnwort so deut lich an das Weltgewissen gerichtet, um zu dem Schluß zu kommen: „Deutschland ist friedlich und wehrlos. Die ganze Welt muß ihm zu seinem Rechte helfen, wenn sie den Frieden erhalten will. Heute ist dazu noch Zeit, morgen wird es vielleicht zu spät sein!" Das ReWWaett über AutzeWlitik Verfassungsmäßige Führung der äußeren Politik. Feststellung des Reichskanzlers. Anläßlich der bevorstehenden Abreise der deutsch-!! Delegation zur Genfer Völkerbundtagung sand unter Vor sitz des Reichskanzlers Dr. Brüning eine Aussprache über die auf der Genfer Tagung zur Erörterung kommenden Fragen sowie die damit zusammenhängenden außenpolitischen Probleme statt. Die eingehende Aus sprache im Ministerlreise führte zu einer völligen Überein stimmung mit dem Vortrage des Reichsministers des Aus wärtigcn, Dr. Curtius. Der Reichskanzler stellte abschließend die einmütige Zustimmung des Reichskabinetts zu den Ausführungen seiner Trierer Rede fest, wonach Kanzler und Außenminister verfassungsmäßig für die Führung der Außenpolitik allein verant wortlich find und Voraussetzung für Stabilität und Konsequenz einer erfolgreichen Außenpolitik das Weiter- schrcitcn auf der bisherigen grundsätzlichen Linie bildet. Am Sonntag wird die unter Führung des Reichs autzenministers Dr. Curtius stehende deutsche Abord nung zur Genfer Ratstagung und zur Europakonferenz in Gens eintreffen. Der Abordnung gehören antzer Minister Dr. Curtius an die Direktoren Gautz, Ritter und Zechlin, die Geheimräte von Weizsäcker und Frowein sowie Imhoff und voraussichtlich Staatssekretär Tren delenburg vom Reichswirtschaftsministerium. Die deut schen Vertreter für die Völkerbundversammlung, denen sich Mitglieder der großen politischen Parteien zugesellen, treffen später ein. * Mnderheiienkongreß in Genf. Der sechste europäische Minderheitenkongrcß wnrde in Genf, wie üblich der Ratstagung vorausgehend, durch den Präsidenten Dr. Wtlfan eröffnet. Dieser begrüßte in d e u t s ch e r S p r a ch e, die die Hauptsprache des Kon gresses ist, dw-Vertteter von 30 MinderheitengrutztzenLUs Ser Danziger SmtMWent über die Winger Mge Danzig, 3. September. In der Vollsitzung des Danziger Volkstages am Mittwoch hielt der Präsident des Senats, Dr. Sahm, eine große außenpolitische Rede und erörterte Danzigs Verhältnis zum Völkerbund, zu Polen und zum Deutschen Reich. Bezüglich des Verhältnisses Danzigs zum Völkerbund betonte Dr. Sahm, Danzig juche nicht den Weg zu den durch die Ver träge geschaffenen Schiedsinstanzen. Es meide ihn aber auch nicht, wenn es ihm zur Wahrung der Rechte Danzigs als notwendig, er scheine. Bezüglich der Danziger Beziehungen zu Polen betonte Dr. Sahm, Danzig sei bereit, die bestehenden Verträge zwischen Danzig und Polen loyal zu erfüllen. Es habe das Vertrauen, daß sich das Wirtschaftsleben Polens nach Ueberwindung der gegen wärtigen Wirtschaftskrise günstig gestalten und daß dann auch Danzig bei ehrlicher wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Polen Vorteile haben werde, denn die Verflechtung der beiderseitigen Wirtschaft sei von Jahr zu Jahr enger geworden. Aber Danzig müsse auch verlangen, daß Polen bei der Gestaltung und Aus wirkung der Verträge ihrem Geiste gerecht werde, damit den In teressen der Danziger Wirtschaft Rechnung getragen werde. Dr. Sahm ging dann eingehend auf die Frage Gdingen über. Bei Ab schluß des Versailler Vertrages hätten die alliierten Mächte er wartet, daß die politische Neuregelung Danzigs den wirtschaft lichen Interessen der Danziger Bevölkerung entsprechen würde. Diese Annahme habe sich nicht bestätigt. Der wirtschafliche Wohl stand Danzigs habe sich in den Jahren der Nachkriegszeit gegen über der Zeit vor dem Kriege nicht gehoben. Das Gegenteil treffe zu. Bei der Mehrzahl der ümschlagsgLter des Danziger Hafens habe der Danziger Eigenhandei seine führende Stellung verloren. Der Danziger Hasen sei vom Handelshafen zum Speditionshafen herabgesunken. Die zahlenmäßige Vergrößerung seines Waren verkehrs beruhe aus einer außerordentlichen Zunahme des Ver kehrs geringwertiger Massengüter. Ein großer Teil des polnischen Handels werde von dem Wege über Danzig abgelenkt, da Polen die nach Danzig führenden Eisenbahnen und Wasserwege nicht in genügendem Maße ausbaue, da es den Ausbau des Danziger Hä sens unzureichend fördere und da es unmittelbar neben Danzig einen eigenen Hasen in Edingen erbaue und den Verkehr dieses Hafens mit allen Mitteln fördere. Danzigs Lage verschlechtere sich von Tag zu Tag. Die Be mühungen der Regierung, eine Regelung im Wege der Verhand lungen zwischen Danzig und Polen zu schaffen, hätten zu keinem Ergebnis geführt, weil die polnische Regierung gegenüber den Forderungen Danzigs eine ablehnende Haltung eingenommen habe. Die Danziger Regierng habe sich daher genötigt gesehen, ven europäischen Siaaien, varümer vesonvers rue Ver treter der in diesem Jahre neu beigetretenen Gruppen ver Basken in Spanien, der Litauer in Deutschland, oer Rumänen in Südslawien und der Schweden in Estland. Der Präsident machte davon Mitteilung, daß ven Vertretern der deutschen und der ungarischen Minderheiten in Südslawien von der Regierung die Pässe zur Teilnahme an dem Kongreß verweigert worden seien. Zu dem Pnncuropagcdankcn vetonte der Redner, daß als Voraussetzung für eine Vereinigung der europäischen Staaten die geistige An näherung und Befriedung Europas notwendig sei. Eine geistige Annäherung dürfe sich nicht aus die Annäherung der Regierungen beschränken, sondern müsse auch in einer Annäherung der Völker als der wahren Träger der Bin dungen und Trennungen zwischen den Völkern bestehen. Die Minderheiten lehnten jedoch den Gedanken der Ver schmelzung, die ihnen ihr nationales Volkstum nehmen wolle, ab. Auf der Tagesordnung stehen: 1. die Lageberichte der Miuderheitengruppen in den einzelnen Staaten und die daraus sich ergebende Gesamtschlutzfolgeruug über die heutige Lage der Minderheiten, 2. die Stellungnahme zum Paneuropagedankeu und 3. die Bildung von natio nalen Volksgemeinschaften der einzelnen Mindcrheiten- gruppen. Aus den erstatteten Lageberichten der europäischen Minderheiten geht hervor, daß heute 40 Millionen Men schen als Minderheiten in 15 europäischen Staaten leben. Ein überspitzter Nationalgedanke sei bei oer Verschieden artigkeit der nationalen Zusammensetzung fast jeden europäischen Staates unmöglich. In einzelnen Staaten werde eine offen zugegebene Entnationalisierungspolitik gegenüber den Minderheiten betrieben. Die wirtschaftliche Schädigung der Minderheiten in den letzten zehn Jahren durch Vermögensenteignung usw. gehe bis zu 75 Prozent des Nationalvermögens der einzelnen Minderheiten gruppen. Die Ungelösthcit des Minderheitcnproblems bedeute für Europa die größten Gefahren, die nur durch Vie Freiheit der nationalen kulturellen Entwicklung be seitigt werden könnten. eine Entscheidung beim Danziger Vöikerbundskommijjar zu bean tragen. Ihre Ansprüche stütze die Freie Stadt Danzig daraus, daß sie nach dem Versailler Vertrag dazu berufen sei, den Zugang Polens zum Meere zu bilden und daß nach der rechtskräftigen Entscheidung des Danziger Völkerbundskommissars Haking vom August 1921 die polnische Regierung verpslichtet sei, den Danzi ger Hafen voll auszunutzen und adererseits die Danziger Regie rung verpslichtet sei, die Interessen Polens bezüglich des freien Zuganges zum Meere zu allen Zeiten zu wahren. lieber die Beziehungen zu Deutschland erklärte Dr. Sahm, daß die Danziger Regierung die engen kulturellen Beziehungen zu Deutschland stets gefördert Hobe in llebereinstimmung mit den Wünschen der Bevölkerung. Die innige Verbundenheit sei ganz besonders bei dem 25jährigen Jubelfest der Danziger Technischen Hochschule zum Ausdruck gekommen. Dr. Sahm schloß mit der Mahnung, sich in Danzig keinem ungesunden Pessimismus hinzugrben. Im Vertrauen auf Danzigs innere Kraft und sein Recht müsse man auf eine bessere Zukunft hoffen. Einschränkung von Kartellbindungen. Gegen bestimmte Preisvorschriften. Das Neichswirtschaftsministcrium veröffentlicht aus Grund der Kartellnotverordnung Ausführungsbestim mungen über Aufhebungen und Untersagungen von Preisbindungen. Reversverträge und Geschäftsbedin- dungen des Lieferanten sind nichtig, wenn sie den Ab nehmer einer Ware für Waren anderer Art oder Herkunft oder aber für gewerbliche Leistungen in seiner Preisstellung rechtlich oder wirtschaftlich beschränken. Da mit wird beispielsweise dem Hersteller eines Artikels untersagt, dem Abnehmer nicht nur für den Wiederverkauf, sondern etwa auch für die Installation dieses Artikels in der Wohnung des Kunden bestimmte Preise vorzu- schrciben. Beispielsweise hatte früher die Linoleumindustrie ihren Abnehmern nicht nur den Weiterverkaufspreis des von der betreffenden Fabrik bezogenen Linoleums gebun den, sondern auch den des Linoleums anderer Lieseranten, ferner darüber hinaus die Preise für Deckleisten, Messing schienen, Pappen und ähnliche Waren sowie die Preise für das Verlegen, Reinigen, Bohnern usw. Auch das Chlor- magnesiumsyndikai hatte die Preise für die Verlegung von Steinholzfußböden (Chlormagnesiumlauge ist für die Her stellung von Steinholz unentbehrlich) für die Abnehmer verbindlich festgelegt. In den beiden genannten Fällen ist übrigens bereits diese Art der Preisbindungen an gegeben worden.