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MMufferTageblati Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, D«, »Wilsdruffer Tageblatt« erschein« an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis« Bei Abholung in Ker GeschLftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Postbestellung 2«M. zuzüglich Abtrag. —,, - ,, . gebühr. Einzelnummern lüApfg.AllePostanstalten Wochenblatt für Wllsdruff u. Umgegend Postboten und UN,-r-Aus. «rüger und «eschäftsftellen l nehmen zu jeder Feit Be. stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg odersonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung Ker Zeitung oder Kürzung de» Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegz. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. -SUSSSE K--ns»-°»°r: Am, WIKKruff Rr. a FMM durch FernrusübermitteltenAnzcigen übernehmen wir deincGarantie. IrderRadatlansprnch erlisch,.wenn dciBetraa durch Klage eingezogcn werden mutz odcrderAuftraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen allc L-rmiltlungsstellenentg-gen. 147 — 89 Jahrgang Telcgr.-Adr.: „Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 27. Juni 1930 Dietrick geieksfinsnxminilter Selbsthilfe der Landwirtschaft. Zölle haben nicht etwa nur den Zweck, „Schutz" zu gewähren, weil das Ausland aus irgendwelchen Gründen objektiv billiger produzieren kann, als das in Deutschland Möglich ist. Zölle haben noch eine andere Ausgabe: hinter dieser Mauer, die sie darstellen, nun vor allein erziehlich in wirken. Tas gilt ganz besonders von den Agrar- Mcn. Deren Zweck ist es durchaus nicht allein, der Land- Mirtschaft wieder zu einer Rentabilität zu verhelfen, die sie haben muß, um leben zu können; deren Zweck ist's Mich weiter nicht nur, das aus mannigfachen Gründen hierin billiger produzierende Ausland nicht zu einer hoffnungslos übermächtigen Konkurrenz werden zu lassen. Zondern diese Zölle würden das, was sie hauptsächlich ermöglichest sollen, also ihre Hauptaufgabe nicht erreichen, Menn hinter dieser Mauer sich die deutsche Landwirtschaft nicht schnellstens zu einer Betriebsumstellung, Ui einer Modernisierung, ja „Industrialisierung" ihres wirtschaftens entschließen will. Also im Staatsschutz zur Zelbsthilfe greift. Gerade dies hat der jetzige Reichsernährungsminister Dr. Schiele ganz besonders scharf und ausführlich unterstrichen in der Rede, die er soeben vor dem Deut schen Landwirtschaftsrat gehalten hat. „Die Wirkung der Regierungsmaßnahmen kann vervielfältigt Merden, wenn sie durch die aktive Mitarbeit der Land- Mirtschaft selbst ergänzt wird." Und wenn man in diesem Dätz Minister Schieles das „kann" durch ein „muß" er setzt, so durchzieht dieser Hinweis auf die dringende Not- mendigkeit einer „aktiven Mitarbeit der Land wirtschaft" die ganze Rede. Der Ernährungs- Minister will also nicht ein endloses Reglementieren, einen Zwang und Druck von „oben" her, sondern erhofft und verlangt von seinen Berufsgenossen die Einsicht in jene Notwendigkeiten einmal der schnellsten Rationali- üerung im Betrieb und weiter der planmäßigen Absatz- Zestaltung. Der Minister verlangt diese selbständige Initiative vor allem bei der Umstellung vom Roggenbau Mif verstärkte Weizeuprodnktion, wozu die finanziellen Voraussetzungen hente gegeben oder zum mindesten an- lebahnt sind durch die Preisentwicklung der letzten Zeit; denn der hohe Weizenpreis soll ja zu vermehrtem Anbau reizen. Aber auf einem anderen Gebiet der landwirtschaft lichen Erzeugung und Verarbeitung ist nicht minder viel, vielleicht noch mehr „aufzuholen", gewiß unter Staats chutz, aber nicht ohne, sondern nur mit aktivster Mitarbeit der Landwirtschaft. Es handelt sich daöei vor allem nm die Veredclungswirtschaft für Milch und Milchprodukte —, immer wieder im engsten Zu- Mmmenhang mit einer planmäßigen, natürlich nur auf Selbsthilfe abgestellten Absatzorganisation. Obst und Ge- diüse kommen noch dazu, und wenn man das Wort »Standard"- oder „Markenerzeugnisse" ausspricht, daun Peiß auch der Laie ungefähr, worauf jene Selbsthilfe der Landwirtschaft abziclen soll. Gewiß ist hier schon eine ganze Menge geleistet und auch viel erreicht worden, wie z. B. dei dem „deutschen Frischei", das geradezu einen Sieges- !»g augctreten hat. Und die deutsche „Markenbutte," hat -hier dänischen „Standard"-Konkurrenz doch schon er- ileulicherweise ziemlichen Eintrag getan —, aber noch viel, lehr viel mehr bleibt zu leisten übrig. So viel, daß der Reichsernährungsminister in diesem Zusammenhang ge radeswegs von einem gegebenenfalls notwendig werden den „erziehlichen Zwang" sprach Und schließlich soll sich der Selbsthilfegedanke noch ^Us einem ganz besonders „kitzligen" Gebiete betätigen, üiinlich dem der Kreditpolitik bei den ländlichen Dar- chnsgenossenschaflen und den entsprechenden Banken: 'n, Sinne eines Z i n S a b b a n e s. Daß heutzutage die Beleihung des landwirtschaftlichen Betriebes mit einem großen Risiko verknüpft und daher teuer ist, mutz ja als Kernpunkt der ganzen agrarpolitischcn Krcditnot an gesehen werden. Nun wird durch die Osthilse und eine vcr- ^inftige Umschuldung dieses Risiko stark herabgemindert, dementsprechend sollten die Bedingungen für die !lredithergave durch die den Landwirtschaftskreisen nahe- Wenden Banken usw. gemildert werden Tie Mahnung W Ministers in dieser Richtung ist nur allzu notwendig; ^nn man weis; aus vielfacher Erfahrung, datz die Banken °vn Zinsfuß zwar schnell und gern heraufsctzen, aber ihn ^Ur langsam und höchst ungern ermäßigen, auch dann, ^enn das Kreditrisiko geringer wird. Übrigens sind entsprechende Bestrebungen aus Er mäßigung des Zinsfußes für langfristigen Kredit auch in Äderen Kreisen, namentlich den öffentlich-rechtlichen Geld- Mstituien, schon in die Wege geleitet worden. - Im April hat der Reichsernährungsminister im Kabinett Brüning ein „Agrarprogramm" durchgeführt, — waren umfassende Maßnahmen des Staates, war We Hilfsaktion durch die Gesamtheit; aber alles dies letzten Endes doch zur Erfolglosigkeit verurteilt, ^un es nicht begleitet, ergänzt und erst erfolgbringend Waltet wird durch ein „Agrarprogramm" der Landwirt- Mf, selbst, durch eine Aktion der Selbsthilfe, dadurch, sich nun auch „die Kräfte dieses Berufsstandes auf wirtschaftlichem Gebiete rühren". Oer Reichskanzler beim Reichspräsidenten. Die Entwirrung der Sanierungskrise. Reichskanzler Dr. Brüning hat sich, wie beabsichtigt, nach Neudeck begeben, um dein Reichspräsidenten dort einen Vortrag über die politisch parlamentarische Lage zu halten. Gleichzeitig wird der Reichskanzler dem Reichs präsidenten Vorschlägen, den jetzigen Reichswirtschafts minister Dr. Dietrich zum Reichsfinanzminister zu er nennen. Die Rückkehr des Reichskanzlers wird für Frei tag erwartet. Das Reichskabinett wird dann nochmals zusammentretcn, um die neuen Deckungsvorlagen zu ver abschieden und sic sofort dem Rcichsral zur Beratung zu- zuleitcn. Wie die neuen Finanzgesetze aussehen werden, dar über wird von der Regierung das strengste Stillschweigen gewahrt. Doch wird die Öffentlichkeit bald Authentisches darüber erfahren, da kurz nach der Verabschiedung der Deckungsvorlagen durch die Reichsregierung die neuen Steuergesetze veröffentlich! werden sollen. Die Regierung hat noch immer die Hoffnung, ihre neuen Sanierungs- Maßnahmen aus streng parlamentarischem Wege verab schieden zu können. In Reichstagskreisen war man am Donnerstag tatsächlich erheblich optimistischer als an den Vortagen, daß die seit Wochen bestellende Sanierungskrise überwunden werden könnte, ohne datz die Regierung zu besonders drastischen Matznahmen, also etwa der An wendung des Artikels 48, schreiten müßte. Dieser Stim mungsumschwung soll darauf zurückzuführen sein, daß in einer Unterredung zwischen dem Reichsaußenminister Tr. Curtius und dein Führer der Deutschen VolkSparrei, Dr. Scholz, nach Wegen gesucht wurde, die es der Deutschen Volkspartei ermöglichen, eventuell weiter in der Regierung mitzuarbeiten. Tie Verhältnisse im Reichstag werden sich erst etwas entwirren, wenn der Reichskanzler wieder in Berlin ein getroffen sein wird und die Ergebnisse seiner Be sprechung mit dem Reichspräsidenten vorliegen. * Dietrich Relchssmanzmimster. Trendelenburg mit der Führung des Wirtschafts- Ministeriums beauftragt. Der Reichspräsident hat auf Vorschlag des Reichs kanzlers den bisherigen Wirtschaftsmiuister Dietrich zum Rcichsfinanzminister ernannt und den Staatssekretär Trendelenburg mit der Führung der Geschäfte des Wirtschastsministeriums beauftragt. Die Trikolore sinkt. Die Räumung des Rheinlandes vor dem Abschluß. Von dem östlichen Pfeiler der Rheinbrücke Kehl- Straßburg wurde der gallische Hahn, der seinerzeit vom Verein Pariser Presse gestiftet worden war, entfernt. Die meisten Militärangehörigen haben die Stadt Kehl verlassen. Die Schilder, die auf die Besetzung hindeuteten, sind verschwunden. Eine Kommission hat die Sprengungsarbeiten an den früheren Kehler Forts besichtigt, das Abnahme protokoll wurde jedoch noch nicht unterzeichnet. Das noch in Kehl liegende Bataillon des 170. Infanterieregiments wird Kehl am Sonnabend vormittag verlassen. In Mainz wurden das französische Militärgericht und das französische Militärgefängnis, das unter dem Namen „Vater Hofmann" bekannt ist, den deutschen Behörden übergeben. Damit ist das französische Gericht in Mainz aufgelöst. Tie noch schweben den Verfahren gegen französische Soldaten werden in Frankreich zu Ende geführt, verschiedene Verfahren gegen deutsche Augeklagte wurden eingestellt. Tas Offiziers- und das Unteroffizierskasino wurden ge schlossen. Das französische Bedienungspersonal hat die Stadt verlassen. Die französischen Offiziere und Unter offiziere müssen sich auf eigene Rechnung in den Gast häusern verpflegen. Mit dem letzten französischen Zug am 30. Juni, 1.20 Uhr, werden General Guillaumat und die letzten in Mainz weilenden französischen Soldaten die Stadi verlassen. Der Kommandant der französischen Be satzung in Trier stattete dem Regierungspräsidenten und dem Oberbürgermeister Abschiedsbesuche ab. Die beiden letzten französischen Jnfanterieregimenter sind ab befördert worden. Die Trikolore auf dem neuen Regierungsgebäude, in dem das fran zösische Hauptquartier untergebracht war, ist eingeholt worden. Die demokratische Fraktion zu Dietrichs Ernennung Die demokratische Reichstagssrattion hatte eine Be sprechung mit dem Vorstand des Reichsbeamtenausschusse der Deutschen Demokratischen Partei. Zur Frage de ' Defizits erklärte der Parteivorsitzende Abg Aoch, ""d der Vorsitzende der Reichstagsfraktion Abg. Meher, Berlin, die Fraktion halte an ihrer Ver Weigerung einer „einseitigen Belastung der Beamtenschaft' fest. Reichswirtschastsminister Dietrich habe das Amt de- Reichsfinanzministers auf eigene Verantwortung auf siö genommen. Es herrsche zwischen dem Minister und de Fraktion Uebereinstimmung in der Auffassung, daß ein Bindung der. Fraktion zu seinen Vorschlägen nicht be stehe, und daß die Fraktion damit völlig freie Hand habe Zu den Verhandlungen zwischen Arbeit gebern und Arbeitvehmern. Berlin, 26. Juni. In einer längeren Erklärung wenden sich der Reichsverband der Deutschen Industrie und die Vereini gung der deutschen Arbeitgeberverbände gegen den im „Vor wärts" unternommenen Versuch des Allgemeinen Deutschen Ge- werkschastsburdes, in einzelnen durch die Wirtschaftskrise ausge lösten Vorgängen im Londe einen Grund für den Abbruch der Verhandlungen zwischen den Vertretern der Gewerkschaften und der Unternehmer zu sehen. Die Epitzenverbände der deutschen Wirtschaft erklären, daß sich die Unternehmer trotz des und ange sichts des so tiefen Ernstes der Lage einer Anregung der Ge werkschaften, die unmittelbaren Verhandlungen wieder auszrmeh- men, nicht versagen würden. Die in der Wirtschaft Tätigen hät ten die Pflicht, praktische Wege zu einer Erleichterung der Lage zu suchen und zu beschreiten. Voraussetzung für eine Gesundung der Wirtschaftslage sei eine Umkehr auf den Gebieten der Fi nanz-, Wirtschasts- und Sozialpolitik. Der sür Belebung der Wirtschaft unbedingt erforderliche Preisabbau fei durch die Selbstkostenentwicklung in den letzten Jahren außerordentlich er schwert. Die Senkung der Selbstkosten könne nur erzielt werden, wenn alle Faktoren auf ein Maß zurückgeführt würden, das der inneren deutschen Finanzirast und den Forderungen einer richti gen Wirtschaftsführung entspreche. Es müsse erstrebt werden, durch Senkung der Selbstkosten und der Preise den Verbrauch aus normale Höhe zu bringen und in der Folge zu steigern. Er forderlich sei ferner eine Anpassung der Persvnalausgaben für alle in der Privatwirtschaft tätigen Personen an die wirtschafliche Notlage. Auch in der Sozialversicherung, deren Aufrechterhal tung grundsätzlich Notwendigkeit sei, müsse jede mißbräuchliche Ausnützung verhindert und die Verwaltungskosten auf ein Min destmaß zurückgeschraubt werden. Nur könne die Frage der Arbeitslosigkeit einer Losung zugesührt werden. Michsratsbefchlüffe. Ausprägung der Rheinlandgcdenkmünzen genehmigt. Der Reichsrat stimmte u. a. dem Gesetz über das vor läufige Handelsabkommen mit Ägypten, dem Abkommen über den kleinen deutsch-französischen Grenzverkehr und dem Zufatzprotokoli zum Zoll- und Kreditvertrag mit Holland zu. Auch der Verordnung über Änderung von Aus- sührungsbestimmungen zum Schlachtvieh- und Fleisch- beschaugcsetz, das Maßnahmen zur Bekämpfung der Schweinepest enthält, sowie der Verlängerung der Gültigkeits dauer über Umsatzsteuervergünstigungen für Ostpreußen bis Ende Juni 1932 stimmte der Reichsrat zu. Ebenso ge nehmigte er die Ausprägung von Neichssilbermünzen im Nennwerte von 3 und 5 Marl, die aus Anlaß der NheiNland- räumung als E r i n n e r u n g s m ü n z e n geprägt werden sollen. Heoschreckenschwärme in Aiederösterreich. Feuerwehr und Militär im Kampf mit den Insekten. Bei Obcrcgqcndvrf in der Nähe von Wtcncr - Nc n- stadt liest sich ein grosser Hcufchrcckcnschwarm nieder. Die Feuerwehr versuchte, den Schwarm durch übergießen mit Benzin, das sodann angezündet wurde, zu bekämpfen. Das Mittel erwies sich aber als unzureichend. Darauf forderte der Landeshauptmann militärische Hilfe an. Der durch die Heuschrecken verursachte Schaden ist beträchtlich. Ein Gütcrzug, der in den auf dem Gleis lagernden Hcu- schreckenschwarm geriet, blieb stecken und konnte seine Fahrt nicht fortsctzcn. , - Der Einbruch der Heuschrecken hat große Aufregung unter der Bevölkerung hervorgerufen. Kleinere Schwärme zeigten sich bereits vor einigen Tagen. Der Hauptschwarm von Millionen Heuschrecken folgte dann und ließ sich aus den Bahngleisen und den angrenzenden Feldern nieder. Die Züge konnten selbst, nachdem der Bahndamm not dürftig von den Heuschrecken befreit war, wegen der schlüpfrigen Gleise nur sehr langsam fahren. Nach ihrer ersten Vertreibung sammelten sich die Heuschrecken von neuem und setzten ihren Weg in der Richtung nach Wiener- Neustadt fort.