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MimsserNgebla« für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter ÄM»drufs-Drc»den Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Postscheck: Dresden 284V ^otionale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tageblatt» erschein, an allen Werktagen nachmittags 5Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ,u,ügnch°Ab^" Ausgabestellen 2 RM. ,m Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 AM., bei Poftbeftellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PÄ^-n^dunse«AÜs" ,, ... „ . nehmen zu ieder Zeir Be. .llegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen beliebt kein Anlvrucb aui Lieferuna Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Rxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- psennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. NachwcisungsgebLhr 2V Reichspsennige. Dor« geschriebeneLrscheinungs» —, - „ „ tage und Platzoarschristen werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. —4^"^sftellen „ - — nehmen zu jeder Zeit Be- annahme bis norm.10Uhr. — ' Für die Richtigkeit der ^8eit»nn Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch g ooer Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. a-^W^druffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- Mrchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. 139 — 89. Jahrgang Telegr Adr .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2840 Mittwoch, den 18. Juni 1930 Neuregelung des Notopfers In den nächsten Tagen werden über diese Pläne mit den Sachverständigen und Führern der Regierungs parteien eingehende Verhandlungen geflogen werden. * Preußische Aenderungsvorschläge zum Serkungsprogramm. Beratungen im Reichsrat. . Im Reichsrat soll am Mittwoch die DcüungSvorlagr ..Er Reichsregierung zur Beratung gelangen. Der Reichs- "anzminister Dr. Moldenhauer will sie namens der Re- protestfiürme. Nun hat sich ungefähr der ganze Reichstag in allen «„eg Fraktionen — abgesehen von einigen kleineren, die Mausig noch schweigen — gegen die „Reichsnot- Mse« Dr. Moldenhauers und mit ihm der Regierung wärt. Gegen die vierprozentige Einkommenbesteuerung ""Er Festbesoldeten und — je nach der Parteirichtung — gegen verschiedene Teile seiner Reform. Während Regierung etwas zu laut und zu feierlich noch Ende ?EWngener Woche betonte, daß sie alles, also Arbeits- Mchafsungs-, Preissenkungs-, Steuererhöhungs- und Msgabensenkungsprogramm, „als ein unteilbares Ganzes pachte". Nun hat sich gegen die „Reichshilfe"pläne Dr. Moldenhauers sogar jene Partei erklärt, der er selbst an- »chort. Und es besteht daher für das Kabinett Brüning >cht die Spur von Aussicht, seine Vorschläge, die jetzt be- Eus dem Reichsrat zugeleitet sind, auf dem üblichen par- ???entarischen Wege durchzubringen. Möglicherweise — wäre ein mehrfach erfolgtes Vorkommnis — wird die «Keichshilfe" in der Moldenhauerschen Form bereits im ^eichsrat „guillotiniert" oder es wird sonst irgendein Manöver vorbereitet, das dann hinter den Kulissen des Aeichsrats oder des Reichstages spielen soll. Denn damit ist ja unbedingt zu rechnen, daß nun die Legierung es ist, die entweder nachgeben oder gehen ?u ß- Den Reichstag auflösen und ihn neuwählen zu lassen, Ware angesichts der gesamten politischen Situation Mi Reglerungsstandpunkt aus eine ebenso große Un- Mlichkelt wie etwa der Versuch, mit Hilfe des Para- Mhen 48 regieren zu wollen, — wobei es noch mehr als /Mich ist, ob der Reichspräsident mitmachen würde. Also T^bt der Regierung Brüning bzw. ihrem Finanzminister M Moldenhauer kaum etwas anderes übrig, als entweder Ewst neue Vorschläge zu machen oder sich solche machen zu Mn, — und dabei das nicht gerade angenehme Gefühl M sich herumzutragen, daß man sich mit der letzten pro- ^ammatischen „W o ch e n e n d" - E r k l ä r u n g reif- M) weitvorgewagt hat. E regnete ja Proteste von allen Seilen und ^berechtigt waren sie durchaus nicht. Daß überdies die Gierung sehr geschickt operierte, auch eine hierbei sehr Mwendige Berücksichtigung massenpsvchologischer Strö mungen und Tendenzen erfolgen ließ, verneinten selbst die 'Munde des Kabinetts. Die Opposition aber fand darin Uharfe Waffen. Im Arbeitsbeschaffungs- /„sogramm bröckelt es auch, weil die Reichsbahn er freu mußte, sie könne von ihrem 240-Millionen-Anteil an M Ertrag der Noung-Anleihe nichts hergeben für diese Zwecke, sondern brauche das Geld zur Deckung des kaufen- en Defizits. Mit der Preissenkung — und gerade des- ist ja die Deutsche Volkspartei so sehr gegen die MichshUfx« — wird natürlich gar nichts, wenn das -Mch gleichzeitig damit die Steuerschraube in der Art Mehl, wie Dr. Moldenhauer und das Kabinett es Vor lagen. — Bisher wenigstens! , Denn was nun als nächstes Programm auf- lchen wird, nachdem das jetzige keinerlei Aussicht aus Zunahme mehr hat, vermag niemand zu sagen, der nicht parlamentarische Couloirgespräche als fertige Be- M Entschlüsse betrachten will. Derart herumschwirrende MschliM gibt es ja eine ganze Menge, aber die „Situa- wie unsere früheren „k. u. k. Bundesgenossen" zu len pflegten, ist doch jetzt so, daß die Regierung ganz von sich aus und ohne sich mit den Regierungs- Mleicn auch nur einigermaßen zu verständigen nicht wie Mlhen aus dem Busch mit neuen oder geänderten Minen Hervorbrechen kann. Sie hat eine Art still- weinendes Mißtrauensvotum erhalten. , Auch die Deutsche Polkspartei hat sich aber nicht damit lnügt, nur die „Reichshilfe" abzulehnen, sondern schlägt M das Reichsdefizit vor allem durch eine sofortige Aus- Mbensenkung möglichst zu verkleinern. Ähnliches hat ja HM. auch der Hansabund angeregt, der nach dieser Achtung hin ganz bestimmte Vorschläge gemacht hat. Muererhöhungen seien dann nur in geringem Umfange °>wendig und nicht dringender Art. Und da mag ein Ul radikaler Vorschlag erwähnt sein: Kürzung aller mtsausgaben um fünf Prozent. Der hört sich zwar Mr einfach an, ist aber höchstens nach der sachlichen Seite M durchführbar. Das eine aber geht mit größter Augen- Mmlichkeit aus der ganzen „Situation" hervor: Wieder ^wal sitzt der Karren fest. Und mit „Macht- -oben" ist er nicht mehr vorwärtszubringen. gicrung vertreten. Es darf schon jetzt als wahrscheinlich gelten, daß die Vorlage über das Notopfcr bereits im Reichsrat fallen wird. Das preußische Kabinett, das sieb mit den Vorlagen eingehend beschäftigt hat, wird im Reichsrat einen anderen Weg zur Deckung des Etats defizits für 1930 Vorschlägen: statt des vierprozentigen Notopfers einen 214 prozentigen Beitrag aller Festbesolde ten zur Arbeitslosenversicherung. Auch andere Länder werden Abänderungsanträge vorbereiten, weil sie das Notopfer ablehnen. Uber die Vorschläge Preußens wird des näheren be kannt: Auf Anregungen, die aus den Kreisen des preußi schen Staatsministeriums an die Reichsregierung heran getragen worden sind, soll das neue Deckungsprogramm jetzt dahin umgestaltet werden, daß für die Angestellten die bisherige Freigrenze bei der Arbeitslosen versicherung von 8400 Mark Jahreseinkommen aufge hoben wird. Das würde also bedeuten, daß künftig auch die Angestellten über 8400 Mark Einkommen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu zahlen haben, daß sie da für aber auch im Falle eintretender Erwerbslosigkeit deren Schutz genießen. In diesem Falle müßten also von den Arbeitgebern der Angestellten künftig 2X Prozent dec- Bruttoeinkommens, von den Angestellten selbst gleichfalls 214 Prozent entrichtet werden. Ähnlich sollen die Leistun gen der Beamten bemessen werden, nur daß hier lediglich sie selbst 2)4 Prozent ihres Einkommens zugunsten der Arbeitslosenversicherung aufzubringen hätten, während Reich, Länder und Gemeinden aus naheliegenden Grün den von dieser Auflage befreit blieben. Alle diese Mitte! sollen, wie gesagt, unmittelbar der Erwerbslosenversiche rung zugeführt werden, die man über den außergewöhn lichen Notstand dieses Jahres damit hinwegbringen zu können hofft. Würde damit deren Status endgültig sanier- worden sein, so könnte zu einem späteren Zeitpunkt die Einbeziehung der Beamten sowohl als auch die Einbe ziehung der höheren Angestellten wieder beseitigt werden Ausbau der Ledigensteuer, Erhöhung der Tabaksteuer, Schankverzehrsteuer. Die Vorschläge der preußischen Staatsregierung er geben nach amtlicher Mitteilung gegenüber dem Deckungs programm der Reichsregierung eine Mindereinnahme von 123 Millionen. Die Staatsregierung beschloß, der Reichsregierung einen Ausbau des Ledigennot- spfers vorzuschlagcn, durch den eine Mehreinnahme von äO Millionen erzielt werden könnte. Der dann noch ver bleibende Unterschied müßte durch Einsparungen oder schärfere Besteuerung des Tabaks gewonnen werden. Die Verkürzung der Besoldung nimmt den Län dern und Gemeinden die letzte Reserve für einen etwa notwendigen Ausgleich von Fehlbeträgen. Beson ders bedenklich ist dies für die Gemeinden, die durch die steigenden Lasten der Wohlfahrtsfürsorge immer stärker bedroht werden. Die preußische Staatsregierung beschloß daher weiter, der Rcichsregierung die Einführung einer allgemeinen Gemeindegct ranke st euer in der Form einer Schankverzehrsteuer vorzuschlagen. * Sachfen gegen das Noiopfer. Von der sächsischen Staatskanzlei wird amtlich mit- geteilt: Das Gesamtministerium hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, im Reichsrat dem Entwurf eines Gesetzes über eine Reichshilfe der Festbesoldeten nicht zuzustimmen. Außer verfassungsrechtlichen Bedenken war hierbei be stimmend, daß die Reichshilfe der Festbesoldeten ein Tei! sines aiks Senkung der Preise, der Produktionskosten und ver Löhne gerichteten Programms sein soll, daß aber, bevor »essen Durchführung nicht irgendwie gewährleistet ist, eine so einseitige und schematische Belastung eines Volksteiles als nicht am Platze erscheint. MdM Wirth-M im RWtag Mr und wider Thüringen. Lärm im Reichstag. Berlin, 17. Juin Der Reichstag setzte am Dienstag die Aussprache über den Etat des Reichsinnenministeriums fort. In der Debatte spielte die Frage Thüringen wieder eine große Rolle. Die Debatte wurde gewürzt durch ein Rededuell zwischen dem thüringischen Innenminister Dr. Frick, der bekanntlich auck nationalsozialistischer Reichstagsabgeordneter ist, und dem Reichsinnenminister Dr. Wirth. Als Dr. Frick die Redner tribüne betrat, füllte sich der Saal und es ging während seiner Ausführungen zeitweilig sehr stürmisch zu Während dei Lärmszenen hagelte es Ordnungsrufe und der nalio nalsozialistische Abgeordnete Göbbels wurde vom Reichstags- Präsidenten aus dem Saale gewiesen. Die Rede Dr. Wirths nahm das Haus ruhig entgegen, und sobald das Rededuell beendet war, ließ das Interesse der Abgeordneten an den Ver handlungen stark nach. * Sitzungsbericht. (177. Sitzung.) 0L. Berlin, 17. Juni Die zweite Beratung des Haushalts des Reichsinnenministeriums wird fortgesetzt. Abg. von Kardorff (D. Vp.) bespricht zunächst die Lage des höheren Schulwesens und warnt davor, ein stellenloses akademisch gebildetes Proletariat heranzuziehen. Im Kon flikt mit Thüringen billigte der Redner das Vorgehen des Ministers. Er habe es schon früher bedauert, daß er in der thüringischen Regierung auch seine Parteifreunde in national sozialistischer Gesellschaft sehe. Nationalsozialisten gehörter nach ihrer ganzen politischen Einstellung nicht in leitend« Beamtenposten. lAbg. Stöhr sNat.-Soz.j erhält wegen un parlamentarischer Zurufe zwei Ordnungsrufe.) Der Fricksch« Erlaß wegen der Schulgebete sei eine Blasphemie. (Groß« Unruhe bei den Nationalsozialisten. Ihr Abgeordneter Stöhi wird vom Präsidenten aus dem Saale gewiesen, als er ruft Das ist zum Kotzen!) Im Zusammenhang mit dem Konflik mit Thüringen betont der Redner die Notwendigkeit der Beschleunigung der Reichsresorm, die mit der Selbständigkeit der Einzelstaaten Schluß macht Die Uniformverbote seien zu begrüßen, die Durchführung des Wasfenverbots müsse noch energischer erfolgen als bisher Bei der Wahlreform halte die Deutsche Volkspartei an dei Verhältniswahl fest. Eine Reichstagsauflösung werd« hofsentlich vermieden werden. Sie wäre zu vergleichen mb Selbstmord aus Angst vor dem Tode, den» der aus den Neuwahlen hervorgehende Reichstag würd« auch nicht arbeitssähiger sein. Das Notopfer lehne du Deutsche Volkspartei Hv. . Abg. Drewitz «Wtrifchaftspariel) myri aus, me Wiri- schaftspartei sei immer bestrebt gewesen, an der Gesetzgebung positiv mitzuarbeiten. Diese Mitarbeit sei ihr aber von der alten Parteien immer erschwert, wenn nicht unmöglich ge macht worden. Bedauerlich sei es, daß man jetzt von Not opfer und Reichshilfe spreche statt das Kind beim rechter Ramen zu nennen Die Ankurbelung der Wirtschaft dürfe Ntcht mit Lohnabbau beginnen, sondern mit einem Ab bau der Gestehungskosten. Der Redner befürwortet den An trag seiner Partei, das Wahlalter auf 2-l Jahre herauszufetzen Der Redner sorden schließlich energische Ausgabensenkung wozu auch eine Änderung des Besoldungsgesetzes, Vorgeher gegen die hohen Pensionen, die übermäßig hohen Gehälter und den Unsug der Ministerialzulagen sowie Herabsetzung der Aufwandsentschädigungen für die Abgeordneten gehören. Abg. v. Mumm lDm. Arbeitsgem.) bedauert die Zu spitzung des Konfliktes in Thüringen. Zur Frage der Schul gebete erklärt er, daß einige nicht zu beanstanden seien, andere aber mit dem Geist der christlichen Religion nicht vereinbar seien. Der Abg. trat weiter für das Schulgesetz ein, das aus finanziellen Gründen nicht verzögert werden dürfe. Hinsicht lich des Stahlhelmverbots hofft der Redner, auf dem Wege ruhiger Verhandlungen zu einer befriedigenden Lösung zu kommen. Abg. Leicht (B. Vp.) schloß sich in der Frage des Konflikts mit Thüringen der Auffassung des Abg. von Kardorff an. In kirchliche Gebete dürfe eine politische Partei nicht Hinein reden. Man dürfe auch nicht die Verurteilung etner ganzen Gruppe von Volksgenossen in die Gebete einflechten. Das Uniformverbot müsse allgemein hurchgeführt werden und nicht einseitig. Abg. Dr. Külz (Dem.) stimm, der Haltung des Ministers gegenüber Thüringen zu. Gebete mit politischer Tendenz seien vom religiösen Standpunkt aus das Widerlichste, was es geben könne. Für die Reichsresorm hielten die Demokraten nach wie vor an der Forderung des dezentralisierten Einheitsstaates fest. Abg. Dr. Frick (Nat.-Soz.) führte aus, der Kamps gegen Thüringen habe groteske Formen angenommen. Die richtige Antwort auf die Sperrung der Polizeizuschüsse wäre es, den thüringischen Finanzämtern die Ablieferung der Gelder au das Reich zu untersagen. (Großes Gelächter links). Die Verstaatlichung der Polizei habe in der Folge Vie Besetzung einiger Stellen notwendig gemacht Die thüringische Regierung habe dabet nicht das preußische Beispiel übernommen, verdiente Parteigenossen an die Spitze zu bringen, sondern Verwaltungsbeamte vorgeschlagen, die den allgemeinen Befähigungsnachweis erbrach, hätten. (Lärm und Zurufe von links.) Das Vorgehen des Jnnenmnnsters widerspreche der Verfassung. Der unpolitische Charakter der Polizei sei in Thüringen durchaus gewahrt. Es sei überhaupt Unsinn, daß Nationalsozialisten nicht Polizeibeamte sein dürsten wenn soaar der oberste Cbei der Polizei Nationallozialist sei