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MdmfferTageblaii Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Q für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Sonnabend, den 14. Inni 1930 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raumzeile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Dekannimachungen 40 Reichs pfennig, die 3gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweijungsgebühr 20 Reichspsennige. Vor- geschriebeneErscheinungs- tage und Platz»Urschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsorun Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annahmebisvorm.10Uhr. — Für die Richtigkeit der durch FernrufübermitteltenAnzcigen übernehmen wir keine Garantie. J.-derRabatiansprrch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigennrhmen alleDrrmittlurgsstellenentgegen. Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 ^ »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. 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Nicht ^kcn und Dichten, nicht Leistungen der Wissenschaft oder hMik waren es, die Deutschland einen neuen Welt- ^disterschaftstitel brachten, sondern der Sports Ameling holte ihn sich, diesen Titel des „Box- dj.-Leisters" in Amerika, das seit mehr als 40 Jahren in Beziehung unbesiegbar war. Aber in Deutschlani s^ es doch eigentlich erst in der Nachkriegszeit den Vox- j?ftwohl dieser gewaltige Gegensatz war es, der auch Weniger „box-begeisterten" Kreisen Deutschlands ein Misses nationales Interesse für jenen Kampf und eine »n auch gemäßigte Freude über den Ausgang erwecken Alltagssorgen. Es war einmal ... — Erste Uoung - Anleihe. Das Schicksal der Preissenlungsaktion. — Ein neuer Weltmeister. „ .Es ist eine Lust, zu leben." — Wie aus einer unvor- Mnr wxji zurückliegenden Zeit her klingt uns dieser in die Ohren. Wie ein Märchen, das uns di« Steren erzählen. Wie ein „Es war einmal../ "war einmal eine Zeit, in der wir Deutsche nicht imme, "r mit sorgenvollen Blicken auf das Heut« ."d Morgen sehen mutzten, sondern die Augen dar- ? " hinaus auch einmal richten konnten auf die Zukunft " war einmal eine Zeit, in der diese Sorgen des Alltags N» Deutsche nicht so vom Wirbel bis zur Zehe in Mfpruch nahmen, in der uns die Möglichkeit gegeben Mst aus dem Alltag zu entfliehen. Jetzt aber nimmt das , eute uns so absolut gefangen, daß wir selbst einem nichi Ak für die Gegenwart, sondern vielmehr noch für ein« Akere und spätere Zukunft bedeutsamen Vorkommnis A der Auflegung der ersten Boung-An- .Ah e nur einen viel zu kurzen Blick gönnen. Und do .Amt es doch zuwenig zum Bewußtsein, daß diese Auf- Mmg, patz diese Anleihe überhaupt für Deutschland recht ^befriedigend ist. Befriedigt davon sind in der Haupt- We die Bankiers, die an diesem Geschäft vier Prozent ^"Vision verdienen dürfen, was bei den 350 Millionen Altar, also rund 1400 Millionen Mark, die nette Summe 5Z Millionen Mark ausmacht; denn der Emissions- As beträgt ja nur 90 Prozent. Und der tatsächliche Asfutz von 6,8 für eine derart langfristige Anleihe er- Mt wenig befriedigende Aussichten sowohl hinsichtlich ft Kosten, die ihre Nachfolgerinnen verursachen werden, 2k auch hinsichtlich der Bedingungen, zu denen künftig- ?z. B. Deutschland langfristige Kredite von Amerika aufnehmen müssen. Deutschland hat mit dieser "e n Teil Mobilisierung seiner Zah - ,Ag sverpslichl ungen infolge des nackten Egois- As' der amerikanischen Bankiers — die ursprünglich AA noch mehr daran verdienen wollten, obwohl doch die Bankiersprovision bei Anleiheemissionen etwa Ats 2,5 Prozent beträgt — also ein recht schlechtes Aschäft gema ch t; außerdem werden sich diese harten Abingungen auch noch weiter auswirken. Nämlich aus A Erzeugungskosten der anleihe bedürftigen "Utschcn Wirtschaft. * Hier umgrenzt ja ein ganzes Gebirge von Sorgen der L'ck. Zwar hat die Verbindlichkeitscrklärung des .Schiedsspruches für die Eisenindustrie mb A" darin enthaltenen Herabsetzung der übertariflichen /wrdlöhne um 7,5 Prozent nun auch sofort dazu geführt, ?K die Eisen- und Stahlpreise mit Rückwirkung bis zum '^uni um durchschnittlich drei Prozent gesenkt worden .sw, — aber die Schwierigkeiten um diesen Schritt be- Awen doch erst. Sowohl nach der einen Richtung hin, A nämlich die Arbeiter und Angestellten in der Eisen- Austric diese Maßnahme in der Praxis aufnchmeu wcr- Ak Und dann ist die andere Frage viel wichtiger, jo scheidend, ob die Preissenkung bei dieser „eisenschaffen- also in der Hauptsache nur Halbfabrikate her- Aenden Industrie sich gleichmäßig und in derselben Ake n a ch a l l e n S e i 1 e n sich auswirkt, außer- „A schleunigst zu einer Reihe von entsprechenden Parallel- Awnen überall in der deutschen Wirtschaft führt, so daß „A recht bald zu einer auch für den Konsumenten — und ..Wcntlich für den ab l. Juli im Lohn herabgesetzten — Asiich spürbaren, allgemeinen Preissenkung kommen, ^stn soll ja die Lohn- und Preisherabsetzung in der .Anindustrie den sozusagen psychologischen Antrieb ,An, und es ist einfach wesentlich sogar für unsere Arnächste Zukunft, ob damit ein Erfolg erzielt wird. Aw nicht erst für übermorgen oder für noch später, son- Ak für sofort. Dabei wird sehr viel davon abhängen, daß A ein gleiches Ziel verfolgenden allgemeinen Verhand- AAen zwischen den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber ^ Arbeitnehmer nicht ergebnislos im Sande verlaufen AH es sich hier um außerordentlich komplizierte, schwer A drüfende, aber auch vielfach ganz verschieden liegende Mchaftliche Verhältnisse handelt, ist ja das einzig Klare gleicht zu Verstehende dabei; bergehoch aber türmen sich Aw die Kompliziertheiten, wenn nun ebenso vom Welt- AAtmarkt wie vom Reich her — Steuererhöhung! — vor- Mg noch gar nicht abzuschätzende Schwierigkeiten hinzu- M ReilhMmett siik MldeilhMkS PkMM Reue Besprechungen über Etaisausgleich Notopser und Lastensenkung. Reichskanzler Dr. Brüning ist am Freitag nack Berlin zurückgekehrt. Aus seiner Rückreise von einen Pfingstferienaufenthalt in Freudenstadt machte dei Reichskanzler bei dem württembergischen Staatspräsi denten Dr. Bolz einen kurzen privaten Besuch. In seinei Begleitung befand sich der von seinem Genesungsausent halt im Süden kommende Reichstagsabgeordnete uni Vorsitzende der Zentrumspartei, Prälat Dr. Kaas, de^ von seiner schweren Krankheit völlig wiederhergestellt er scheint und der die parlamentarischen Arbeiten wieder mi frischen Kräften aufnehmen will. Reichskanzler Dr Brüning sagte, er hoffe, die politischen Schwierigkeiler meistern zu können, im Bewußtsein, daß es eine ander, Möglichkeit, der finanziellen und wirtschaftlichen Nöt, Herr zu werden, .nicht gebe. Ob sich der Dptimismus des Reichskanzlers bewahr heilen wird, werden ja die nächsten Tage zeigen, tn dener die neuen Steuern und das Ausgabensenkungsgesetz in Reichstag vorgelegt werden und zur Verabschiedunc kommen sollen. Am Freitag nachmittag trat das Neichskabinet zusammen, um nochmals das Ausgabensenkungs Programm dnrchzusprechen, über das vor den Pfingst ferien zwar eine grundsätzliche Einigung innerhalb de Neichsregierung erzielt worden war, dessen endgültig Verabschiedung man indessen noch vertagt hat. Zur Kabi nettssitzung war auch Reichsbankpräsidem Dr. Luthe' geladen, um einmal über die internationale Anleihe Bericht zu erstatten, dann aber auch zur Auskunfterteilum über die schwebenden deutschen Anleihefragen uni nötigenfalls zur Mitwirkung beim Finanzprogramn selbst. Das Ergebnis der Kabinettssitzung Amtlich wird über die Kabinettssitzung mitgeteilt: Bei Beginn der Sitzung sprach der Reichskanzler den anwesenden Reichsbankprüsidenten Dr. Luther den Dan der Neichsregierung für die außerordentliche Umsicht aus mit der er und seine Mitarbeiter die schwierigen Verhano lungen beim Abschluß der auf Grund des Haager Ab kommens getätigten Anleihe geführt haben. Der Reichsfinanzminister trug sodann die auf Grün der letzten Kabinettsbeschlüsse formulierte Begründung de Deckungsvorlagen vor, der das Reichskabinett einmütß zustimmte. Die Begründung hat die Ausgbe, das Deckungspro gramm der Reichsregierung für die gesamte Oeffentlichkei in den Rahmen des großen Programms der Reichsregie rung einzufügen. Ziel dieser Politik ist die Ueberlvindung oer Arbeitslosigkeit, die Wiederherstellung der Rentabilität oer Landwirtschaft die Hilfe für den Osten und oie Sanierung der Finanzen Die Arbeitslosigkeit ist nur ein Symptom der schwe ren wirtschaftlichen Depression. Die Neichsregierung is der festen Ueberzeugung, daß durch ihre Maßnahmen obwohl die Arbeitslosigkeit zum Teil durch eine schwer, Weltkrise bedingt ist, in erheblichem Umfange gemiloer weroen kann. Zu diesem Zweck ist das große Arbeitsbeschaffungs Programm aufgestellt, das im wesentlichen in der Er teilung von Aufträgen der Reichsbahn und Reichspos! und in einer starken Belebung des Baumarktes besteht Auch die Maßnahmen auf dem Gebiete der Agrarpoliti! und der Osthilfe dienen dazu, Arbeit und Brot zu schaf fen und damit die Gefahr der Arbeitslosigkeit zu ver mindern. Voraussetzung für die Möglichkeit der Auf bringung der nötigen Kredite ist die unverzügliche Herstellung uno Erhaltung des Gleichgewichts im Haushalt. Durchgreifend überwunden werden können jedoch di, Schwierigkeiten nur dann, wenn es gelingt, alle Pro duktionskosten und Preise heraüzusetzen und so zu einen generell niedrigeren Preisniveau zu gelangen. Bei diesei Politik ist die Neichsregierung aus die Einsicht und du tätige Mithilfe der Beteiligten angewiesen. Sie wir! solchem Vorgehen ihre eigene Hilfe nicht versagen, wü sie es durch die Verbindlichkeitserklärung für oie Grupp, Rordwest der Eisen- und Stahlinoustrie bewiesen hat. Nur auf diesem Wege wird es möglich sein, zu Produk tionsbedingungen zu kommen, die zu einer dauernoer Verbesserung des Arbeitsmarktes die Grundlage leger können. Wesentlich für die Senkung der Produktionskoster ist die Senkung der öffentlichen Lasten. Das Reichskabi nett verabschiedete unter diesem Gesichtspunkte ein Ge setz zur Erzielung von Ersparnissen bei Reich, Länoern und Gemeiuocn. Entsprechend der Notwendigkeit, zu einer Vereinfa chung der gesamten Lebensführung zu kommen, beschloß das Neichskaüinett, auf 20 Prozent der den ReichSministerr für Repräsentationszwecke zur Verfügung stehenden Haus haltsmittel zu verzichten. Diese vorgesehenen umfassender Reformen können aber ausreichende Ersparnisse nur au! lange Sicht bringen, während die Not der Zeit und di« Durchführung des Gesamtprogramms der Reichsrcgierunc entschlossenes, sofortiges Handeln erfordert. Deshalb häb die Neichsregierung fest an der Notwendigkeit der sofor tigen Erledigung des Gesetzes zur Reform der Arbeits losenversicherung, der Deckungsvorlagen und des Ent wurfs einer Reform der Krankenversicherung, der heut, vom Reichskabinett verabschiedet wurde. Dieser Entwurf bezweckt den Ausgleich der vorübergehenden Belastung die durch Erhöhung der Beiträge in der Arbeitslosen versicherung eintreten. Das Reichskabinett ist sich schlüssic geworden, dem Reichstage Abstriche am Reichsetat in Einzelnen zu unterbreiten. Auch diese Ersparnisse könner nach Lage der Dinge zur Zeit nur geringfügig sein, wenn an den größten Ausgabenposten — den Perso^al- kasten — vorbeigegangen wird. Für diese Ersparnis^ ist zur Zeit kein anderer Weg möglich, als wie die von Reichskabinett beschlossene Reichshilfe der Festbesoldeten Auch die in gesicherter Lebensstellung Befindlichen müsse, der Not der Zeit ein Opser bringen, wie auch von den Ar beitnehmern Opser gefordert, werden. Die Reichsregierung sieht in dem Ganzen ein einheib liches Programm, an dem sie nach wie vor festhält. ließ. Und wenn man es symbolisch nimmt: kaum mehr mit Denken und Dichten, wohl aber mit der Kraft seiner Fäuste muß sich heute der Deutsche Weltgeltung erkämpfen. Mit ihnen muß er jene graue Wand der Alltagssorgen durchstoßen, um sich Bewegungsfreiheit für eine spätere Zukunft zu schaffen. Dr. Pr. NerhandlungenüberLohn-undpreissentun, Nachprüfung der Eisenpreise. Inzwischen sind am Freitag die Verhandlungen de Unternehmervertreter mit den Gewerkschaftsführern übe eine Lohn- und Preissenkung wirder aufgenomme, worden. In Kreisen der Unternehmer war man zicmliä zuversichtlich über den Ausgang der Aussprache. Es if damit zu rechnen, daß die Öffentlichkeit über die Hinte verschlossenen Türen stattfindcnden Beratungen bali nähere Aufklärung erhalten wird, zumal mau sich von de, Besprechungen, falls sie tatsächlich zu einem Erfolg führe, sollten, allerhand für die Ankurbelung der Wirtschaf verspricht. Die von den Arbeitgeberverbänden in der Eisen industrie gefaßten Beschlüsse über die Preissenkung Werder gegenwärtig im Reichsarbeitsministerium sowie in Reichswirtschaftsministerium nachgeprüft. Man will voi allem untersuchen, ob die Herabsetzungen der Arbeitgeber aemäß dem Schiedsspruch als ausreichend anzusehcn sind Im allaemeinen beträgt die Preisherabsetzung nach de, Vorschlägen der Arbeitgeber etwa vier bis fünf Prozent Die Arbeitgeberverbände erklären, daß bei einer Lohn kürzung von 7)4 Prozent, wie sie der Schiedsspruch fü, die Akkordlöhne vorsteht, eine Senkung der Preise uw vier bis fünf Prozent ein Maximum darstelle, da ja db Höhe des Lohnes nur einen Bruchteil der Höhe des Preises ausmache. Nie Gemeinschaftsarbeit der Unternehmer und Gewerkschaftsvertreter. Zuversichtliche Verlautbarung des Rcichsverbandes der Deutschen Industrie. Der Neichsverband der Deutschen In dustrie veröffentlicht folgende Mitteilung über di, Besprechungen zum Preis- und Lohnabbau: Die Ver treter der Spitzengewerkschaften, des Reichsverbandes de, Deutschen Industrie und der Vereinigung der Deutscher Arbeitgeberverbände haben in den Besprechungen dei letzten Wochen, ausgehend von der schweren Krisis dei Wirtschaft und insbesondere der hohen Zahl der Arbeits losen, die Fragen der dauernden Sanierung unserei öffentlichen Finanzen, der Selbstkostengestalten der Wirt schaft, der Preisbildung und der Möglichkeiten dei Hebung des Absatzes, damit der Produktion und de.