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MOmfferTageblati für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Baumzeile 2V Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs« Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspfennige. Bor- geschriedeneErscheinungs- tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Amt 2BllSorUff Nt*. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. J?der Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigennehmenalle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- Michts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. l40 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 19. Juni 1930 Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, ?" -WU»Lruffer Tageblatt» erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis. Bei Abholung in , sAichästsstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,ZU RM., bei Postbestellung e,»,,«'^nursg- . ., ,, . — ., . gebühr." Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P°stb°te»unduns°r-Aus. .Lund Geschäftsstellen ! — nehmen zu jeder Zeit D°. Zungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg odcrsonstiger Betriebsstörungen besteht klin Anspruch aufLieserung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandtcr Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beilicgt. Amerikas Zollmauern. > . Das unangenehmste bei Wahlversprechungen ist, daß AM schöne Tages der, von dem sie gemacht worden M, nun auch vor die Notwendigkeit gestellt wird, sie er- k " zu sollen. So geht es dem jetzigen Präsidenten A°ver, geht es den Mehrheiten im Repräsentanten- A2 und im Senat der Vereinigten Staaten. Vor der Ml wurde die „Erhaltung der Wirtschafts- '"te" bzw. Hilfe in Wirtschaftsnöten versprochen, Amtlich den arg bedrängten nordamerikanischen Far- An, und nun muß der damals ausgestellte Wechsel Morien werden, zumal sich die Wirtschastskon- Mktur in den Vereinigten Staaten seit- A. radikal zum Niedergang gewendet hat, Asi die tatkräftigsten, mit gewaltigen Mitteln geführten ' Ancn diesen Niedergang zwar hemmen, aber nicht wieder " einer entschiedenen Aufwärtsentwicklung führen konn- A. obwohl sich der Präsident selbst sehr energisch an die spitze der in den Kampf hineingeworfenen Kräfte gestellt Mie. Zum drittenmal istanderNewyorkerBörse M schwerer Kurseinbruch erfolgt und die A Hochschutzzoll gesteigerte, vom Präsidenten genehmigte Abelastung des Imports soll das Heilmittel in Not abgeben. , ,Jn Genf haben ein paar internationale Wirtschafts- "Nfcrenzcn stattgcfunden — Amerika war, wie üblich, wiziell nickst dabei! —, sind allerhand Beschlüsse gefaßt vrden über Zollfrieden, wurden mehr oder weniger gute «den gehalten über die Notwendigkeit eines künftigen lbbaues der Zollmauern. Nur nutzen wird dies alles Mts oder nur wenig. Eine Welle von Hoch- Vf" ' ooI l t c n d e n z c n geht durch die Welt. In Vland hat man in einflußreichen Kreisen sogar noch viel geeckte Ziele, nämlich die eines allenglischen Wirt- Ws- und Zollimperiums, die m scharfem Gegensatz auch den hier und da auftauchendcn Plänen eines zoll- Misch geeinten Europas stehen. - und nun ist das in AUtzzollfragen nie sehr zurückhaltende Nordamerika Mn gewaltigen Schritt auf diesem Wege vorwärts- Wngen. Und das geschieht derart radikal, daß man den Minin für die Inkraftsetzung des neuen Zolltarifs nicht Ma noch etwas hinausschiebt, wie das sonst zu ge- Men pflegt, sondern ihn bereits in wenigen Tagen Etig werden läßt- * . Ziel der amerikanischen Zollerhöhun- j 'M ist der fast zur Prohibition gesteigerte Zollschutz für M Rohstoffe und Halbfertigfabrikate agrarischen Ur- Angs. Dazu sind aber auch Textilien jeder Art zu Anen, offenbar, weil die Vereinigten Staaten für den Matz der einheimischen Wolle, Baumwolle, Seide, Kunst A usw. bessere Bedingungen schaffen wollen. Eine Mze Reihe von Waren jeder Art, die bisher zollfrei Men, werden jetzt durch teilweise recht hohe Einfuhrzölle Astet. Ein paar Ermäßigungen wie bei den Zöllen auf Momobilc und — eingeschliffene Diamanten sind patür- : A demgegenüber von gar keiner Bedeutung. Aber es Anu bei dieser ganzen Hochschutzzollpolitik vor allem Mauf an, derAgrarkriseHerrzuwerden, mW Mwegen nimmt man mit in Kauf, daß die Kosten der Hurch herbeigeführteu Preiserhöhung natürlich auf di-? Austern des breiten Verbrauchs fallen. Kanadas und Mentiniens Konkurrenz soll hier möglichst weitgehend geschränkt werden. Was aber bei dieser Sache noch viel Zimmer ist, sind die Bestrebungen, überhaupt jede Aus Msware fernzuhalten durch entsprechende zollpolitische Abnahmen — dann nämlich, wenn diese Ware in derselben Ae und nicht teurer in den „Staaten" selbst Hergestell: Aden kann oder hergestellt wird. Amerika ist ja immer A schnell mit dem Vorwurf des „Warendumpings" zur Aid, wenn es sich um billigere europäische Güter handelt: An heißt es — Deutschlands Eisenindustrie weiß ein Md davon zu singen — immer gleich, die Ware werde A Amerika unter Selbstkostenpreis oder unter Zuhilfe Anie offener oder heimlicher Staatssubventionen Arsten. Das Hai „drüben" bereits zu der Forderung AArt, die Kosten der Herstellung solcher Waren dun, Aükanische Kontrollbcanue in den europäischen Fabrike i A'nprüfen, immer mit der Drohung, im Weigerungsfall A Einfuhr der betreffenden Ware in Amerika überbaut l Möglich zu machen. § Es ist von ein paar Dutzend Staaten — auch Deutsch Md war darunter v- Protest eingelegt worden: Ahtzt hat es nichts. Gegenmaßnahmen werden ange Mm — wie weit diese Drohungen Wirklichkeit werden Anen, wird wohl schon durch die Tatsache illustriert, daß A bereinigten Staaten die Geldgeber der Welt M und daher tausend Mittel haben, solchen Gegenmaß Asim sofort ein Halt entgegenzustellen. Was soll z. B. Aischland, das natürlich anch zu den Leidtragenden ge- AA wird, dagegen tun, wenn es doch wie alle Welt den Afrikanischen Geldmarkt mit Anlcihewünschen bestürmt! obwohl durch eine Zollerhöhung auf Agrarprodukte ^ breiten Massen getroffen werden, sind die amerika- AMn Arbeitergewerkschaften wie bisher schon so auch Ai unbedingte Anhänger der Hochschutzzollpolitik des sen, weil ihnen dadurch die Beschäftigung und vor fiinäenburg loü enttcheicken Abgelehni! DieDeckungsvorschlägevordemReichsrat. Die Reichsratsausschüsse begannen am Mittwoch die Beratung der Deckungsvorlagen der Reichsregierung ein schließlich des Gesetzes über die Reform der Arbeitslosen versicherung. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer erklärte zur Begründung der Deckungsvorlagen, daß eine geordnete Finanzpolitik die Abdeckung des Fehlbetrages unbedingt erforderlich mache, wenn der deutsche Kredit nicht schweren Schaden erleiden solle. Eine Erhöhung der indirekten Steuern sei nur in bescheidenem Maße möglich, weil von einem solchen Vorgehen eher Mindererträgnisse zu er warten seien. Auch eine Reubelastung der Wirtschaft mi: direkten Steuern sei unmöglich. Deshalb sei der Gedanke entstanden, die Festbesoldeten zu einer Reichshilfe heran zuziehen. Nur sehr schweren Herzens habe er sich zu diesem Entschluß durchgerungen. Die Reichshilfe sei nur ein Teil des großen Programms, dessen Endziel die Über Windung der schweren Wirtschaftskrise sei. Dieses Ge samtprogramm laufe darauf hinaus, auf der ganzen Linie zu einer sparsamen Wirtschaft zu gelangen. Die Vorschläge zur Reform der Arbeitslosen- und Krankenversicherung seien nur die erste Etappe auf dem Wege zu einer großen Reform der Sozialversicherung überhaupt.. Auf dem ganzen Gebiet der Produktion müsse eine Senkungder Löhne und der Preise erreicht werden. Werde das Deckungsprogramm abgelehnt, so bleibe nur die Mög lichkeit, entweder den Haushalt ungedeckt zu lassen oder zu produktionshemmenden Sienern zu greifen. Der Ausschuß des Neichsratcs hat die Vorlage der Reichsregierung über das Notopfer mit großer Mehrheit aügelehnt. Der preußische Antrag drang ebenfalls nicht durch. Für die Neichsregierung ist dadurch eine schwic rigc Situation entstanden. Sie muß entweder eine Doppclvorlagc cinbringcn oder dem Wunsche des Reichs rats entsprechend neue Vorschläge zur Deckung des Defizits machen. Ser AeichsfinanWimsier zurückgelreien. Aus Wunsch seiner Parteifreunde. Auf die Stellung des Reichsfinanzministcrs Dr. Moldenhauer ist am Mittwoch ein neuer Angriff unter nommen worden. Der Vorsitzende der Deutschen Volks- Partei, Abg. Dr. Scholz, hatte mit seinem Fraktions genossen, dem Reichssinanzminister, mehrere Unterredun gen, in denen er Dr. Moldenhauer nahelegte, auf seinen Ministcrposten zu verzichten. Die Deutsche Volkspartei will sich durch den Rücktritt des Ncichssinanzministcrs von diesem distanzieren, um jede Verantwortung für die Idee des Notopfers, die in der Öffentlichkeit so große Erregung hervorgerufen hat. von sich zu weisen. Reichsfinanz Minister Dr. Moldenhauer behielt sich seinem Fraktions führer gegenüber seine endgültige Stellungnahme vor, bis eine Entscheidung im Reichsratsausschutz gefallen sei, der sich mit den Deckungsvorlagen der Regierung beschäftigte. Nachdem auch der Neichsratsausschutz sich gegen die Moldenhauerschen Pläne ausgesprochen hatte, stellte Dr Moldenhauer dem Reichskanzler sein Porteseuille zur Ver fügung. Das Kabinett, das für Mittwoch abend zu einer Sitzung einberufen war, um sich mit der Frage zu bc schäftigen, ob das Reichsministerium für die besetzten Gebiete schon im Oktober d. I. aufgelöst werden oder zur weiteren Abwicklung der Geschäfte noch bis zum 31. März l931 bestehen bleiben soll, besatzte sich auch mit dem Rück krittsgesuch Moldenhauers. Kabinett versucht Moldenhauer zu halten. über die Sitzung des Reichskabinetts am Mittwoch abend wurde folgende amtliche Mitteilung ausgegeben: Das Rcichskabinett beschäftigte sich mit dem Nüütritts- gcsuch des Neichsfinanzministers Dr. Moldenhauer und bat ihn einmütig, von diesem Gesuch Abstand zu nehmen. Da dex Reichsfinanzminister demgegenüber auf seinem Rüütrittsgesuch beharrte, wird der Reichskanzler dem Reichspräsidenten Vortrag halten. Reichspräsi dent von Hindenburg weilt zurzeit bekanntlich aus seinem Gute Neudeck in Ostpreutzen. Dem Vernehmen nach wird Reichskanzler Dr. Brüning baldmöglichst mit dem Reichspräsidenten Fühlung nehmen. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer amtiert zunächst noch weiter. Wie zu dem amtlichen Kommuniquö weiter zuverlässig ver- lautel, Hai sich der Reichskanzler im Kabinett Vorbehalten, welche Empfehlungen er dem Reichspräsidenten für die Be handlung des augeboicnen Rücktrittsgcsuchcs Dr. Molden hauers geben wird. In politischen Kreisen vermutet man, daß der Reichskanzler sich unter leinen Umständen von Dr. Moldenhauer trennen will. Das würde bedeuten, datz das Reichskabinett gegenwärtig wieder stärker als in den letzten Wochen mit dem Gedanken umgeht, die von ihm für erforderlich gehaltenen Maßnahmen nötigenfalls mit Hilfe des Artikels 48 durchzusctzcn. Kabmettsbesprechungen mit den Parteiführern. Berlin. Im Reichstag fand am Mittwoch nachmittag eine gemeinsame Sitzung des Reichskabinetts mit den Führern der Regierungsparteien statt. Zur Verhandlung standen Fragen des besetzten Gebietes. Irgendwelche Beschlüsse wur den noch nicht gefaßt, die Aussprache vielmehr auf Freitag vertagt. Im Anschluß daran trat das Reichskabinett zu einer besonderen Sitzung zusammen. allem die Lohnhöhe bewahrt und geschützt werden ,ou. Genau so, wie gerade diese Kreise energische Befürworter einer möglichst weitgehenden Einschränkung der Einwanderung sind. Aus denselben Gründen: die Konkurrenz der europäischen Arbeiter, der ungelernten wie der qualifizierten, soll ferngehalten werden, so sehr es nur geht. Und daß diese ganze Politik schärfster Rück sichtslosigkeit gegen die Interessen aller übrigen Länder in der Welt geht, die Weltwirtschaftskrise sich eher noch steigern läßt, außerdem in einem geradezu grotesken Gegensatz zu den bekannten politischen Bestrebungen über nationaler Art wie Kellogg-Pakt und Abrüstung, Frie- denssicherung und Kriegsächtung steht, all das macht de» Amerikanern in dem Augenblick herzlich wenig Sorge, in dem es sich um ihr eigenes wirtschaftliches Wohl und Wehe dreht. Dann hört jede „falsche Scham" sofort auf. Einsparungen und neue Einnahmen. Forderungen der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion. Wie die sozialdemokratische Reichstagsfraktion mitteilt, hat sie sich in mehreren Sitzungen mit der gegenwärtigen Wirt schafts- und Finanzlage und den Decküngsvorschlägen der Neichsregierung beschäftigt. In diesen Besprechungen sei die Notwendigkeit erkannt worden, die Fehlbeträge des Reichs- Haushalts alsbald zu decken und damit eine wichtige Voraus setzung für die Belebung der Wirtschaft und die Aufrecht erhaltung der Sozialpolitik zu kcbaiien Daaeaen wurde dem Versuch, die jetzige Wirtschaftskrise zu einem ^allgemeinen Abbau der Leistungen der Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung zu benutzen, entschiedenster Widerstand angekündigt. Übereinstimmung bestand darüber, daß das wichtigste Erfordernis die Arbeitsbeschaffung sei. Übereinstimmung herrschte ferner über die Notwendigkeit erheblicher Einsparung bei den öffentlichen Aus gaben. In erster Linie müssen die militärischen Aus gaben herabgesetzt werden. Dies gilt auch für viele andere Ausgaben, so z. B. für die des A u s w ä r 1 i g e n Dienstes, für die hohen Pensionen usw. Soweit durch die Er sparnisse die Deckung der Fehlbeträge nicht erzielt werden könne, ist die Beschaffung neuer Einnahmen unerläßtlich. Das Deckungsprogramm der Neichsregierung wurde von der Fraktion sowohl in seinen Grundgedanken als anch in vielen Einzelheiten abgelehnt. Da der Fraktion eine große Anzahl positiver Vorschläge vor liegen, durch die die Überwindung der Wirtschaftskrise an- gebahnl und die finanzielle Sanierung erfüllt werden soll, wurde der Vorstand beauftragt, der Fraktion in ihrer nächsten Sitzung Richtlinien zu unterbreiten. * Unternehmer und Gewerkschaftsführer beraten weiter. Die Gerüchte, nach denen die Verhandlungen des Unlernehmerausfchusses mit den Gewerkschaftsführern abgebrochen sein sollen, sind unrichtig. Tie Verhandlun gen werden tatsächlich f o r t g e f ü h r t. Am Donnerstag findet eine weitere Sitzung statt.