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Neuer aus aller well Leichenbergung mit Hilfe einer Hellseherin. Vor kurzem wurde, wie seinerzeit berichtet worden ist, auf der Sperrmauer der Aggertalsperre bei Dümmlinghausen ein herrenloser Kraftwagen gefunden, in dem ein Zettel lag urit den Worten: „Wir liegen alle drei im Wasser/ Bald darauf gelang es, die Leiche des Händlers Käsbach zu bergen. Dagegen konnten die Leichen seiner Frau und Offnes Kindes nicht gefunden werden. Auf Ersuchen der Angehörigen ließ man nun eine Hellseherin kommen, die von der Sperrmauer aus die Stelle bezeichnete, an der Mau und Kind liegen sollten. Pon Tauchern konnten dann in einer Tiefe von 34 Metern die beiden Leichen un- Nähr an der von der Hellseherin bezeichneten Stelle ge sunden werden. Drei Arbeiter ertrunken. Beim Bau des Neißer Wehres in Winzenburg sind drei Arbeiter ertrunken. Als lle mit einem Handkahn Bruchsteine hinter das Mehr Msften, um sie dort zu versenken, wurde der Kahn von der Strömung erfaßt und zum Kentern gebracht. . , Verhaftung eines neuen Goldmachers. In Hilden vei Düsseldorf wurde der 30jährige frühere Färbergesclle »urschildgen, der mit der Vorspiegelung, durch Atomzer- "urnmerung Gold und Radium gewinnen zu können, eine Zahl hervorragender Persönlichkeiten beschwindelt .hm Geldbeträge von mehreren 1W000 Mark ge- Ä .'R Hai, verhaftet. Der Goldmacher mischte in einer Wasser und Sand, versiegelte dann die Flasche führte ihr elektrischen Strom zu. Beim Offnen der Masche sand man hm und wieder tatsächlich kleine Gold- wrner. Kurschildgen soll sie jedoch vorher in die Flasche ^Mgetan haben. - Strenge Bestrafung von Rauschgiftschmugglern. Drei MPter, die auf Grund von Ermittlungen der Wiener Polizeibehörden verhaftet worden waren, sind vom Gericht "l Kairo wegen Rauschgiftschmuggels zu je fünf Jahren Gefängnis und je 1000 Pfund Sterling Geldstrafe ver urteilt worden. Ei« Züricher Rechtsanwalt ermordet. Der frühere Außerordentliche Staatsanwalt von Zürich, Rechtsanwalt ^r. Rhonheimer, wurde nachts bei der Rückkehr in seine Wohnung im Garten erschossen. Als Täter kommt ein U'Pen Betruges verurteilter Kaufmann, dessen Gegen partei Rhonheimer im Prozeß vertreten hatte, in Betracht. Drei Kinder verbrannt. Wie die italienischen Blätter berichten, brach in einem Gehöft in der Umgebung von Mailand ein Brand aus, bei dem drei Kinder den Tod landen. Das Feuer ist vermutlich dadurch entstanden, ?aß die Kinder in der Nähe eines Holzlagers mit Streich hölzern gespielt halten. voll erfüllen können. Bei allen Betrachtungen über yinanzreform und Lastenausgleich dürfe man nicht über- sthen, daß gerade die Landgemeinden und kleineren rtädte das festeste Fundament des Staats seien und daß die augenblicklich oft mit großen Worten vorgebrachten ronderwünsche einzelner Großstädte auf Konto von Land volk und Landgemeinden gefordert werden. Die Schulgebete in Thüringen. Die Deutsche Volkspartei brachte im Thüringischen Landtag bei den Etatsberatungen zum Volksbildung^ Ministerium eine Entschließung ein, in der angesichts der ernsten Bedenken, die von weiten Kreisen der christlichen Bevölkerung Thüringens, insbesondere auch von der thüringischen Landeskirche und der thüringischen Lehrer- tchast gegen den Schulgebetserlaß des Volksbildungs ministeriums erhoben worden sind, von der Regierung ge fordert wird, in neue Verhandlungen mit der thüringischen Landeskirche und den zuständigen Lehrerorganisationen mnzutreten. Bis dahin soll auf jeden Fall von der An forderung von Berichten der Direktoren und Schulräte ab gesehen werden. — Beim Reichsinnenminister Dr. Wirth llt inzwischen ein neues Schreiben der Weimarer Regie rung in bezug auf die Konflikte zwischen Reich und Thü ringen eingelaufen. Tschechoslowakei. Die Beseitigung der Ein- und Ausfuhrverbote. Auch der englische Gesandte hat im Namen seiner Regie rung dem früheren Ersuchen des französischen und belgischen Gesandten sich angeschlossen, daß die Tschechoslowakei zum 31. Mai die Ratifizierung der Konvention zur Aufhebung der Ein- und Ausfuhrverbote durchführt, um das Inkraft treten des Abkommens zu ermöglichen. Zugunfall in England. Im Bahnhof Eastbourne lief ein Personenzug auf einen Prellbock auf. Der als dritter Wagen eingesetzte Pullmanwagen schob sich in einen anderen Wagen hinein, wodurch dieser in zwei Teile zerschnitten wurde. Insgesamt wurden 37 Personen ver letzt, jedoch mußten nur sechs ins Krankenhaus gebracht werden. Vier junge Mädchen bei einem Zusammenstoß zwischen Wasserflugzeug und Auto getötet. Als ein Wasserflugzeug in Quintero (Chile) landen wollte, stieß es mit dem Auto des Bürgermeisters zusammen. Der Pilot und vier junge Mädchen wurden getötet, sechs andere Per sonen wurden schwer verletzt. Bunte Tageschronik Glatz. Der Mörder ver in Wölfelsgrund ermordeten Ber linerin Elsa Wolfsohn ist in der Person des aus der Straf anstalt Wohlau entsprungenen Zuchthäuslers Richard Neu gebauer, eines früheren Schuhmachers, festgenommen worden. Zuncklunk-Programm Rundfunk Leipzig (Welle 259), Dresden (Welle 319). Sonnabend, 24. Mai. 10.50: Gertrud Haase-Bessell: Rosen lorten und Rosenvstsge im Hausgarten. » 12.30: Wochenendstunde des Schulfunk. » 14.30: Bastelstunde für die Jugend. » 15.15: Schach. S 16: Dr. Schirokauer: Ein neues Handbuch. » 16.15: Hellere Volkslieder. S 17: Kaufmannslehrlina, Eärinerlehrling, Theaterbon. Waller und Erharl Gebhardt unterhalten sich. O 17.30: Uebertragung der Ausfahrt des Deutschen Ruder-Verbandes anläß lich des 9. olnmvischen Kongresses in Erünau. » 19: Arbeitsnachweis. » 19.05: Prof. Dr Karg: Deutsche Modewörter. » 19.30: Prof. Dr. Bangert: Frequenzen diesseits und jenseits des Rundfunks. » 20: Kabarett „Stammtisch". 2t.3O: Tanzmusik. Deutsche Weile. Sonnabend, 24. Mai. 12: Schulfunk. S 14.30: Kinderbastelstunde. S 15 Aus dem Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht. « 15.45: Charlotte Mühsam-Werther: Wie Hilst die deutsche Hausfrau der Landwirtschaft beim Absatz ihrer Produkte? » 16: Prof. Jöde: Anregungen für dis Musikpflege. O 16.30: Prof. Dr. Sachs: Jahrtausende der Musik. » 17.55: Gespräch zwischen Mitgliedern der Internationalen Artistsnloge. » 18.20: M. Vollmberg: Der Wunderdoktor im Karibendorfe. » 18.40: Französiscb für Fortgeschr. » 19.05: Prof. Schmidt: Wesen, Ur- wrung und Entwicklung der menschlichen Familie. » 20: Hamburg: „Tingel-Tangel". Ein bunter Abens. « Anschi.: Zeit, Wetter. S Da- -Tanzmusir. Amtliche sächsische Votierungen vom 22. Rai Dresden. Die Börse wies keine einheitliche Tendenz auf. Nennenswerte Abschlüsse kamen nur am Brauereimarkt zu stande. Hier gewannen Berliner Kindl und Reichelbräu je 5, Gorkauer 3, Riebeck und Radeberger je 2 Prozent. Ferner lagen höher Triton um 3,75, Pöge Stammaktien um 4, Berg mann und Polyphon um je 3,75 Prozent . Darmstädter Bank und Reichsbank sowie Ver. Strohstoff um je 2 Prozent. Größere Verluste erlitten Somag mit 7, Veilsdorf mit 2,50, Mimofa und Vereinigte Photogenuhscheine mit je 2 Prozent. Von Renten lagen höher sechsprozentige Reichsanleihe von 1927 um 1, sechsprozentige wertbeständige Reichsanleihe rückzahlbar 1935 und sechsprozentige Sächsische Anleihe um je 0,50 Prozent. Dagegen verloren Reichsanleihe Ablösungsschuld, Alt- und Neubesitz, je 0,25, Schutzgebietsanleihe 0,2 Prozent. Leipzig.' Die Börse verkehrte in freundlicherer Grund stimmung. Kursaufbesserungen überwogen. Wesentlich höher lagen Leipziger Bier um 3,50, Polyphon um 3, Reichsbank und Landeskultur um je 2 Prozent. Demgegenüber verloren Zit tauer Mechanische 2,75, Nordwolle und Kirchner je 2 Prozent. Rentenpapiere nur wenig verändert. Freiverkehr ruhig. Chemnitz. Die Börse verkehrte in etwas schwächerer Hal tung. Von Maschinenaktien verloren Reinecker 7, auch Schön herr, Werkzeugunion und Döge lagen niedriger. Von Textil aktien büßten Liebermann eine Kleinigkeit ein, während Köbke leicht gebessert waren. Darmstädter und Nationalbank, ferner Auerswalde u. Sauerbrunn, Limmritz-Steina und Rade berger Bier lagen etwas fester. Diverse uneinheitlich. Frei verkehr ruhig. Zeitig vekveMar füll 5UPPLN.5O6SN, 6srnüSS,3aIatL. 113, abfallende Sorten 97 Mark per Zentner. Kartoffelpreise. Die Landwirtschaftskammer für Vie Provinz Brandenburg ermittelte die Kartoffelerzeugerpreise je Zentner waggonfrei märkischer Station wie folgt: Weiße Kartoffeln 1,20—1,40, rote Kartoffeln 1,30—1,60. gelbsleischige (außer Niercnkartoffelnj 2,30—2,60 Mark. Berliner Magervieymarll vom 22. Mai. (Amtlicher Marktbericht vom Magerviehhof in Friedrichsfelde.) Auftrieb: 512 Rinder, varunter 451 Milchkühe, 2 Bullen, 59 Jungvieh, 114 Kälber, 500 Pferde. Verlauf: Sehr langsam, Preise ge drückt. Es wurden gezahlt: Milchkühe und hochtragende Kühe 290—530 Mark je nach Qualität. Ausgesuchte Kühe und Käl ber über Notiz. Tragende Färsen 270—450 Mark je nach Qualität. Ausgesuchte Färsen über Notiz. Jungvieh zur Mast: Bullen, Stiere, Färsen 46—48 Mark je Zentner Lebendgewicht. Ausgesuchte Posten über Notiz. — Pferdemarkt: Preise je nach Qualität 200—1100, Schlachtpferde 50—200 Mark. Ten denz: Ruhiges Geschäft. Preisnoticrungen für Eier. 1. Deutsche Eier: Trtnkeisr (vollfrische, gestempelte) über 65 Gramm 11, 60 Gramm 10, 53 Gramm 9,25, 48 Gramm 8, frische Eier 60 Gramm 9,50, 53 Gramm 8,75, aussortierte kleine und Schmutzeier 7. 2. Aus landseier: Dänen 18er 14, 17er 10,50, Estländer 17er 10, 15,50er bis 16er 9,50, leichtere 8,75, Posener 8, Memelländer 9, Bul garen 8,50, Rumänen 7,75—8, Ungarn 7,75—8, Russen große 8,25, normale 7,75, Polen normale 7,50—7,75, kleine, mittel, Schmutzeier 6,75—7. Tendenz: Matt. Der Durchschnittliche Berliner Börsenroggenpreis für 1000 Kilogramm betrug in der Woche vom 5. Mai bis 10. Mai 1SM ab märkischer Station 160,50 Mark. Leipziger Viehmarkt. Auftrieb: 150 Rinder, darunter 9 Ochsen, 75 Bullen, 57 Kühe, 9 Färsen, 664 Kälber, 226 Schafe, 1687 Schweine. Verlauf: Bei Rindern, Schafen und Schweinen schlecht, bei Kälbern gut. Preise: Bullen a) 51—54, b) 47—50; Kühe a) 45—48, b) 38-44, c) 28-37; Kälber a) —, b) 75-80 c) 65—74; Schase a) —, b) 57—60, c) 45—62, d) 40—44; Schweine a) 60—62, b) 62—63, c) 63-64, d) 62—64, e) 60—61. Amtliche Berliner Notierungen vom 22. Mai. Börsenbericht. Tendenz: Befestigt. Die Börse eröffnete auf allen Gebieten befestigt, doch enttäuschte der kleine Umfang des Geschäftes. Anregend wirkten vor allem die Erwägung über Senkung der Börsensteuer und der Kapitalertragssteuer, die, wie man hört, am 1. Januar 1932 ermäßigt werden soll. Die in ver Londoner City umlaufenden Gerüchte, daß neue internationale Diskontermätzigungen bevorstehen, wurden be zweifelt. Die Beibehaltung der Londoner Diskontrate hat der Auffassung der Börse recht gegeben, doch soll nach Londoner Meldungen eine Londoner Diskontermäßigung aus 2,50 Pro zent weiter akut bleiben. In diesem Zusammenhänge hört man auch von bevorstehenden neuen Diskontentscheidungen in New- york und Paris. Trotz der freundlichen Stimmung war eine gewisse Reserve nicht zu verkennen, die angesichts der Lage am Ärbeitsmarkt und neuer Erwägungen über ein Notopfer neben der geplanten Beitragserhöhung auftrat. Geld war weiter leicht, Tagesgeld 2 bis 4 Prozent, Monatsgeld 5 bis 6 Prozent. Im weiteren Verlauf lag der Schwerpunkt des Geschäftes am Elektromarkt. Devisenbörse. Dollar 4,18—4,19; engl. Pfund 20,34 bis 20,38; holl. Gulden 168,32—168,66; Danz. 81,37—81,53; franz. Frank 16,41—16,45; schweiz. 80,99—81,15; Belg. 58,42-58,54: Italien 21,95—21,99; schwed. Krone 112,26—112,48; dän. 112,02 bis 112,24; norweg. 112,01—112,23; tschech. 12,41—12,43; österr. Schilling 59,05—59,17; poln. Zloty (nichtamtlich) 46,90-47,10; Argentinien 1,598—1,602; Spanien 50,90—51,00. Produktenbörse. Weizen lag im Anschluß an die Über seemeldungen etwas freundlicher. Am Lteferungsmarkte er gaben sich Preisbesserungen um bis 1,25 Mark. Der Roggen- lieferungsmarkt war um 1 bis 2,50 Mark gedrückt. Kahn material, das stärker an den Markt kommt, bleibt trotz des wesentlich niedrigeren Preisniveaus fast völlig vernachlässigt. Weizenmehle haben bei unveränderten Preisen kleines Kon sumgeschäft. Billigere Roggenmehle finden zu 25 Pfennig niedrigeren Preisen vereinzelt Beachtung. Hafer liegt ziemlich stetig. Gerste still. Getreide und Olsaaten per 1000 Kilogramm, sonst per 100 Kilogramm in Reichsmark. 22.5. 19. 5. 22. 5. 19. 5 Wetz., mark. 289-291 289-291 Wetzkl. f. Bin. 8.29,0 8,7-9,2 pommersch. — - Rogkl. f. Bln. 8,59,5 8,59.5 Rogg., märt. 169-177 169-177 Raps — — Braugerste — — Leinsaat — — Futtergerste 168-182 170-184 Vikl.-Erbsen 24,0-29,0 24,0-29,0 Sommergerste — — kl. Speiseerbs. 21,0-25,0 21,0-25,0 Wintergerste — — Fuitererbsen 18,0-19,0 18,0-19,0 Hafer, mark. 151-161 151-161 Peluschken 17,0-18,0 17,0-18,0 pommersch. — — Ackerbohnen 15,5-17,0 15,5-17,0 westpreuß. — — Wicken 19,0-21,5 19,0-21,5 Weizenmehl Luptn., blaue 16,0-17 5 16,0-17,0 p. 100 KZ fr. Lupine, gelbe 21,5-24.0 20,5-23,0 Brl. br. lnkl. Seradella — — Sack (feinst. Rapskuchen 12,0-13,0 12,2-13,2 Mrk. ü Not. 32 0-402 32,0-40,5 Leinkuchen 17.5-18,1 17,7-18,3 Roggenmehl Trockenschtzl. 8,1-8,6 8,2-8.7 p. lOO Kg fr. Soya-Schroi 13,4-14.5 13 5-14 5 Berlin br. Torfml. 30/70 — — inkl. Sack 22,5-25.5 22.7-25.7 Kartoffelflck. 13,0-13,3 13.2-13,5 Berliner Butternotierungen. 1. Qualität 126, 2. Qualität Jie We U M MW. Roman von I. Schneider - Foerstl. 2- Fortsetzung Nachdruck verboten Schwarzgraue Schleier tanzten von dem Lüster nach dem Diman herab, auf welchen sie sich rasch gesetzt hatte, um nicht von dem Schwindel, der sie um ihre eigene Achse drehte, auf den Teppich geworfen zu werden. Daran war nichts schuld als das fürchterliche Konglo merat von Parfüms, das die Mama in ihren Räumen liebte. Sie tastete nach dem Klingelknopf, der am Sofa ende in die Wand eingesügt war, und befahl dem eintreten den Mädchen, die Fenster zu öffnen. „Frau Konsul wünschen achtzehn Grad Wärme," wagte das junge Ding zu erwidern. „Schrecklich! — Sagen Sie meiner Mutter, ich käme spä ter wieder! Ich muß frische Lust haben! — Hier erstickt Wan ja." Noch im Korridor hörte sie den weinerlich resignierten Klang der Konsulin und die tiefe, warme Stimme Testas. Er war wirklich nicht zu beneiden um seine Mühe, Tag für Tag einem halben Dutzend verwöhnten Frauen zum Ideal der Schlankheit zu verhelfen. Merkwürdig, wie rasch die frische kalte Luft Linderung brachte. Sie fühlte nur mehr ein dumpfes Vibrieren in den Schläfen, als sie, in die Ecke ihres Wagens gelehnt, nach den Alsteranlagen fuhr. Beinahe ungern befahl sie nach einer Stunde wiederum, vor der Wohnung der Mutter zu halten, aber da sie nun einmal gesagt hatte, sie würde kommen, konnte sie nicht so ohne weiteres wegbleiben. Schon beim Ablegen hörte sie Testas Organ aus dem Speisezimmer. Es schien üblich zu sein, daß die Mama ihn zum ersten Frühstück dabehielt. Er war wie eine Klette, die, w^wal^an den Rockschößen haftend, sich nicht wieder abschüt- Da ihr Klopfen nicht gehört wurde und auch das Mäd ¬ chen voraussetzte, daß sie bereits gemeldet sei, klinkte sie ohne weiteres die Tur auf und hielt mit halbgeöffnetem Munde still. Die Mutter saß auf den Knien des Professors, hatte die Arme um seinen Hals geschlungen und flötete: „Alessan dro, ist es denn möglich, daß gerade ich es bin, der du das Glück deiner Liebe schenkst !" Mit einem gut mar kierten Schrei des Entsetzens fuhr sie auf und schlug die Hände vor das Gesicht. — — „Alessandro, sieh doch, das Kind! Liebling, komm! — Ich bin so über die Maßen selig." Testa fühlte das Blut in die Wangen rauschen: „Gnä dige Frau " Hinter Irene knallte die Tür ins Schloß. Sie riß ihren Hut vom Ständer und schlüpfte im Hinabeilen über die Treppe in ihren Mantel. „Die Mutter und Testa!" In ihrem Gehirn tanzten die Gedanken einen tollen Reigen: Die Mutter und Testa! „Heim!" Sie sprang in den Fond ihres Wagens und riß den Schlag hinter sich zu. Ein zorniges verzweifeltes Weinen ließ sie den Kopf in die Polster pressen. Schamlos war das gewesen, die Fünf undvierzigjährige auf den Knien des Mannes, der kaum dreißig zählte. — Und das war ihre Mutter — und der an dere — dieser, dieser Schänheitskünstler, sollte ihr Vater werden! Ihr Vater! Sie lachte auf, daß der Chauffeur sich fragend nach ihr zurückkehrte. „Fahren Sie, Gregor! Fahren Sie, was Sie können." Am liebsten Hals- und Beinbruch, dachte sie, so über die Maßen hatte das Bild sie erbittert und angeekelt. Dann erwog sie wieder, daß sie nicht hätte gehen dürfen, sondern bleiben müssen, um der Mutter einen Schimpf ins Gesicht zu schleudern und dem Manne, der sich die Liebes tollheit der fünfundvierzigjährigen Frau zunutze machte, eine Ohrfeige zu verabreichen. Wie erbärmlich war das Ganze, wie lachhaft und welch ein Possenspiel! Gott, und nun kam wieder dieses komische Elendsein, die ser Druck im Halse und das fürchterliche Beängstigtsein um die Magengsgend. Wenn man nur erst zu Hause wäre! — Zu Hause! Es war das erstemal, daß sie sich nach ihrem Heim sehnte. — Beinahe auch ein wenig nach ihrem Mann. Was Christoph sagen würde? Am besten war es, sie ließ cs ihn vorläufig gar nicht wissen. Man mußte abwar ten, ob aus dem Unsinn wirklich Ernst wurde. Sie jeden falls wollte das ihrige tun, daß nichts aus der Komödie wurde. Eigentümlich, daß er heute schon vor ein Uhr nach Hause gekommen war. Sonst mußte sie immer auf ihn warten. Langsamen Schrittes ging sie die breiten, läuferbelegten Stufen zum Oberstock hinauf. — „Christoph! Chri — stoph —" Die Zofe schrie auf, als sie die Herrin plötzlich wanken und zu Boden stürzen sah. Lindholm kam aus feinem Zim mer gerannt. „Um Gott, was ist?" Er kniete schon neben ihr am Boden und tupfte ihr mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Den Mund krampfhaft verschoben, suchte sie vergeblich die Lider zu öffnen. Ihre Hände tasteten ins Leere. — „Christoph!" „Ich bin bei dir, mein Liebes!" Er hielt ihre starren Finger umklammert und hob sie an die Wangen. Behutsam nahm er den schlanken Körper auf und trug ihn nach dem gemeinsamen Schlafraum, wo er ihn sorglich in die Kissen bettete. „Holen Sie einen Arzt, Madien!" flüsterte er dem Mäd chen zu und ließ sich auf dem Bettrand nieder. „Fühlst du dich besser, Kind?" Die junge Frau hob die Augen und sah sein Gesicht angst voll verzerrt über sich gebeugt. Wie gut es doch war, selbst ein Daheim zu haben. Wenn sie jetzt nicht Christoph Lind holms Frau wäre, müßte sie das Leben neben der Mutter und ihrem Geliebten ertragen. Ein Schauer lief über ihren Körper hin. „Frierst du, Liebes?" (Fortsetzung folgt.)