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Wilsdruffer Tageblatt : 23.05.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-05-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193005231
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19300523
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19300523
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-05
- Tag 1930-05-23
-
Monat
1930-05
-
Jahr
1930
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 23.05.1930
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Ich schau ins Tal Ich schau ins Tal, der Wald umhegt die Wiesen, Mit einer Mühle hier und da geziert, Rings um mich her ein buntes Blumensprießen, Vom hohen Baum ein Tauber lockend girrt, Die Lerche steigt und jubelt ihre Lieder, Die Wolken ziehen über meinem Haupt, Und immer sagt mir es mein Inneres wieder, Glückhaft ist, wer an seine Heimat glaubt. G. Zieschang. Elter«, Kia» und Schule Von vr. Konrad Daseking. Sind die Kinder sechs oder sieben Jahre alt, beginnt auch für sie der Ernst des Lebens. Zum Glück wissen sic nicht, was ihrer harrt; nur die Eltern sind es, die mit dop pelter Liebe und Sorgfalt ihren Eintritt in die Schule, ihren ersten Schritt in eine gesetzmäßig organisierte Gemeinschaft beobachten. Wird sich der Liebling des Hauses anpassen, wird er den mannigfachen neuen Ansprüchen gewachsen sein? Die ersten Wochen des Schulbesuchs sind entscheidend dafür, und nun, da sie vergangen sind, kann man sich ein Urteil bilden und sinnen, wo helfend einzugreifen ist, welche neuen Regeln auch für das häusliche Leben des Kindes einzuführen sind. Meist wird es nötig sein, der Zeiteinteilung des Kindes eine andere Gestalt zu geben. Wenn es bisher erst gegen ueun Uhr den Tag begann, ist es nun ohne jeden Uebergang gezwungen, schon um acht Uhr, also eine Stunde früher, in der Schule zu sein und somit mindestens zwei Stunden eher aufzustehen. Aber der Schlaf darf nicht verkürzt werden; wenn es nicht gelingt, abends früheres Zubettgehen zu erreichen, was mit der Zeit möglich sein wird, müssen am Tage ein Paar Schlafstunden ciugeführt werden. Die beste Zeit dafür pt die Stunde nach dem Mittagessen, das nicht zu spät ein genommen werden sollte. Die Hauptmahlzeit soll, was heute ja nicht mehr be- londers betont zu werden braucht, möglichst Vitamin- und unneralstoffreich sein. Gemüse, Salate und Obst sollen immer den Hauptbestandteil bilden, zwei oder drei Fleisch gerichte in der Woche sind für das Schulkind völlig aus- seichend. Sehr häufig kommt es vor, daß die Kinder in dieser Zeit den Appetit verlieren und nicht recht essen wollen. Mang hilft dann gar nicht, auch Medikamente können die «tzunlust nicht beseitigen; nur Abwechselung in der Kost, viel- die Einführung eines Rohkosttages, kann da Wandel Mffen. Anstatt der Schokolade und der süßen Kuchen, mit oenen Eltern „wegen des Nährwerts" ihre Kinder häufig ^dersnttern, gebe man frisches Obst: eine Banane oder zwei" Apfelsinen, Aepfel, und was sonst die Jahreszeit bietet. Auch vas SchuifrjchMck, das früher traditionsgemäß aus mit Wurst ""b sonstigem Fleisch belegten Stullen bestand, biege man "gch der „Obstseite" um. Bleichsüchtigen und blutarmen «Mdern, die im Unterricht besonders schnell ermüden, gebe Km? Mich einen Apfel in die Schule mit. Der reiche Ge- M ,a" Aufbausalzen, Eisen, Phosphor, Arsen, verbessert die den - 8 ""d wirkt damit anregend auf das Hirn, somit " Wigen Ermüdungserscheinungen Einhalt bietend. s Gewöhnlich holen die Kinder im ersten Schuljahr die M'peiten nach, von denen ihre Kindheit bisher verschont gevueben ist. Masern und Windpocken, Diphterie gar und Scharlach sind neben dem Mumps oder Ziegenpeter die typi- Ichen Schulkrankheiten; in den Klassenräumen, wo sich dreißig d' manchmal noch mehr Kinder versammeln, ist Möglichkeit einer Ansteckung nicht auszuschalten. Die Astern sollen sich aber hüten, solche Zufälle leichten Herzens Mzunchmen; bei Krankheit oder Krankheitsverdacht muß unter allen Umständen der Arzt hinzugezogen werden. Die Gefahr einer Krankheit wird durch eine ordentliche Körperpflege vermindert. Der Schulanfänger ist meist schon L Weit, daß er sich selber wäscht, er tut das sogar mit großem stolze; Sache der Eltern ist es aber, eine strenge Aufsicht zu Wren, daß das auch gründlich geschieht. Eben das Gesicht Mreiben, das „Zifferblättchen" zart zu benetzen, ist eine wuchtigkeit, die man nicht durchgehen lassen darf. Ein Paar W am Tage soll sich das Kind gründlich Hände und Nägel Ersten und nicht vergessen, sich morgens, mittags und abends w Zähne zu Putzen. z. Den Zähnen gelte überhaupt besondere Aufmerksamkeit. Amts wegen jorgt ja schon die Schulzahnpflege für eine Überwachung des Gebisses; ihr Wirken ist aber umsonst. wenn nicht die Eltern ihr ihre Unterstützung leihen. Karies und Mundfäule, die schon im Kindesalter auftreten, sind wahre Volksseuchen geworden. Aber warum soll man solchem Uebel untätig zusehen? Geordnete Mundpflege gehe den Kindern in Fleisch und Blut über, und darüber hinaus ge wöhne man sie, möglichst viel und regelmäßig Aepfel zu essen: sie sind außerordentlich geeignet, die Widerstandsfähigkeit des Gebisses zu erhöhen. Beim Kauen werden gewisse Fruchtsäuren frei und gelangen in die tiefsten und verbor gensten Spalten der Zähne, wohin auch die beste Zahnbürste nicht kommt. Durch dieses Eindringen der Fruchtsäuren in die kleinsten Lücken und Zwischenräume werden die Zähne von den Fäulniserregern gereinigt, während gleichzeitig das Fleisch der Früchte wie eine Zahnbürste wirkt, welche die klebrigen Stoffe, die nach Mehlspeisen und Süßigkeiten an den Zähnen haften bleiben und durch Gärung und Säure- bilduug den Zahnschmelz zerstören, hinwegscheuert. Vor aussetzung ist natürlich, daß der Apfel gut gekaut und auch das Kernhaus ruhig mitgegessen wird. Die gerade im Kern gehäuse enthaltene Kieselsäure dient dem Aufbau der Zähne und Haare und erhöht auch die Widerstandsfähigkeit der Ge webe, besonders der Lunge. Das ebenfalls im Kerngehäuse aufgespeicherte Jod kommt der Schilddrüse zugute. Wann soll das Kind die Schularbeiten machen? Un zweckmäßig ist es und geradezu verkehrt, es sofort nach dek Heimkehr von der Schule an die Arbeit zu zwingen. Selbst, wenn es der eigene Wunsch des Kindes ist, soll man es nicht zulassen; nach den drei ober mehr Stunden Unterricht ist unbedingt eine längere Ruhepause nötig. Ebenso ist es unan gebracht, gleich nach dem Mittagessen die Arbeit beginnen zu lasten. Im allgemeinen sind die Nachmittagsstunden am Passenosten. Ob bei den Hausarbeiten Hilfe nötig ist, hängt ganz und gar von dem Kinde ab. Natürlich lasse man es sich nicht unnütz herumquälen, andererseits aber lasse man es gewähren. Der Stolz auf die eigene Leistung soll nicht unterdrückt werden, ein angebrachtes Lob ist immer besser als ein unangebrachter Tadel. Die Persönlichkeit ist das Ziel der Erziehung; wenn man das niemals vergißt, wird man seinem Kinde den Weg in und durch die Schule erleichtern. Reichswehr und Marine. Deutscher Reichstag. (170. Sitzung.) 08. Berl i n, 22. Mat. Die zweue Beratung des Haushalts des Reichswehr ministeriums wird fortgesetzt. Abg. Brttninghaus (Dl Vp.) erkürte, die Zeiten seien glücklicherweise vorüber, wo man die alte Armee als eine ver altete Organisation hingestelli habe, die nur aufaebam war aus Kadavergehorsam und Kastengeist Zum Vergleich mit dem deutschen Reichswehrangehörigen, der jährlich 4930 Mark kostet, kann nur der englische Soldat herangezogen werden, und der kostet jährlich 6000 Mark. Das hysterische Geschrei der fran zösischen Presse über geheime deutsche Rüstungen ist unwürdig denn die französischen Militärs wissen genau, wie falsch ihre Behauptungen sind Durch den Zerstörungsfanalismus, der letzt in Frankreich an die Oberfläche tritt, werden nicht du Gefühle versöhnlicher Ari erweckt, die Briand brauche, wenn er seinen Paneuropa-Plan verwirklichen will. Abg. Brüning baus wandle sich dann zum Schluß gegen die Zersetzungs- oestrebungen in der Reichswehr und forderte dagegen du schärfsten Maßnahmen der Regierung. Abg. Dr. Külz (Dem.) führie aus. der große und sittlich« Gedanke der Friebensbestrebungen sei es, die Idee des Rechts zum ethischen Gesetz im Zusammenleben der Völker zu erheben. Solange dieser Weg nicht zurückgelegl ist, kann auch Deutsch land aus Gründen der Selbsterhaltung nicht jeder bewaff neten Macht entbehren Die Absicht des Wehrministers, einen stabilen Wehreial zu schaffen, ist zu begrüßen, aber das finanzielle Niveau müsse dann niedriger sein als das des jetzi gen Etats. Bei der Marine muß ein Ersatzbauprogramm eine grundsätzliche Entscheidung bringen Die jetzige Rate für den Panzerkreuzer lehne die Demokratische Partei glatt ab. Abg. Franeois (Wirtschaftspartei) verlangt dte Entpoliti sierung der Reichswehr. Deutschland brauche ein Heer, um nicht zum Durchmarschgebtet und Spielball der anderen Mächte zu werden. Abg. von Lindeiner-Wildau trat ebensalls für die Ent politisierung der Reichswehr ein. Wir würden es durchaus begrüßen, wenn internationale Instanzen entwickelt würden, die bei Konflikten zwischen den Völkern die Geißel des Krieges ausschalten Die bestehenden Instanzen bieten aber nicht die Gewähr, daß im Ernstfälle auch unserem Volke dieser Schutz ohne Ansehen des Gegners zuteil wird Zum Schluß verlangt der Redner die volle Ausschöpfung der Rüstungsmöglichkeiten des Versailler Vertrages und betont, daß die Erneuerung der deutschen Flotte unverzichtbar in ein Osthilfsprogramm gehöre. Abg. Loibl (B. Vp.) wandte sich gegen weiteres Streichen am Wehrhaushalt über dte von den Regierungsparteien be antragten Streichungen hinaus. Abg. Ritter von EPP (Nat.-Soz.) greift in scharfen Worten den Wehrminister an. Abg. Künstler (Soz.) verlangt Auskunft über die Kieler Munitionsschiebungen, über die sich das Wehrministerium an scheinend ausschweigen wolle. (Minister Gröner: Nein, ich werde Ihnen sehr deutlich antworten!) Abg. von Troilo (Dtn.) begründet deutschnationale An träge auf Erhöhung einzelner Titel des Wehrhaushalts. Reichswehrministcr Gröner widerlegt die Ausführungen des Abg. Künstler. Künstler urteile ohne die Kenntnis seiner, des Ministers, Bemühungen und Beweggründe und greife in ein noch schwebendes Versahren ein. Der Minister stellt fest, daß das gerichtliche Verfahren bis zur letzten Instanz durchgesührt werde. Gegen jeden etwaigen Schuldigen der Wehrmacht werde er rücksichtslos einschreiten. Das Verhalten des Abg. Künstler als eines Mit gliedes einer bisherigen Regierungspartei sei der Gipfel der Verantwortungslosigkeit. Nach einem nochmaligen Angriff des Abg. Künstler gegen den Wehrminister wird die Weiterberatung auf Freitag vertagt. Nachklänge zum Volksbegehren. Preußischer Landtag. tt. Berlin, 22. Mai. Das Haus begann die dritte Lesung des Haushaltsplans für 1930 beim Haushalt des Staalsministeriums und des Minister präsidenten. Mit der Beratung war verbunden eine Große An frage der Deuischnationalen, in der das Staatsministerium gefragt worden war, ob es die Äußerung des Ministerpräsi denten in einer. früheren Landlagssitzung billigt, worin er erklärte, wenn die Staalsrcgierung es für zweckmäßig gehalten hätte, Beamte disziplinarisch zu verfolgen, die sich lediglich durch Eintragung am Volksbegehren beteiligt haben, dann hätte sie sich durch das Urteil des Staatsgerichtshofes keines wegs hindern lassen. Ministerpräsident Dr. Braun nahm sofort zur Beantwortung dieser Anfrage das Wort. Er führie aus, daß keine Veranlassung vorliege, über seine Äuße rung eine Entscheidung des Staatsministeriums herbeizu führen, da dies nur bei Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Staatsregierung getan werde. Mil seiner Stellungnahme stehe er durchaus aus dem Boden des Gesetzes, denn zur Ent scheidung über disziplinarisch zu ahndendes Verhalten von Beamten seien nach dem Gesetz lediglich die dafür vorge sehenen Instanzen, d. h. dte Vorgesetzten und die unabhängi gen Disziplinargerichte zuständig. Jedem Disziplinargericht stehe das Recht zu, von den Urteilen der höchsten Reichs gerichte, also auch des Staatsgerichtshofes, abzuwcichen, wenn es glaube, diese Gerichte dadurch zur Nachprüfung ihres Rechtsstandpunktes veranlassen zu können. Das Urteil des Staatsgerichlshofes vom 19. Dezember v. I. aber fordere in mehrfacher Hinsicht dies Prinzip heraus, so daß eine richter liche NaiWrufung durchaus erwünscht wäre. Im Falle der Klage der dcutschnationalen Landtagssrak- tion hätte der Staatsgerichtshof von vornherein die Klägerin abweisen müssen, da nach der geltenden Rechtsauffassung nur an der Gesetzgebung beteiligte Organe, nicht einzelne Per sonen oder Personengruppen berechtigt seien, beim Staats- gerichlshof Verfassungsstrettigkeilen anhängig zu machen. Man könne sich der Vermutung nicht ganz entschlagen, daß der Staatsgerichtshof sich bei dieser Entscheidung mehr von dem Gesichtspunkt politischer Zweckmäßigkeit als vom Rechlsstand- punkt habe leiten lassen. (Lebh. Höri, Hörl! rechts), insbeson dere, als er sich hierbei nicht in den Grenzen seiner Zuständig keit gehalten habe, überaus bedenklich sei aber auch der mate rielle Inhalt der Entscheidung, daß der Beamte sich ohne Rück sicht aus den Inhalt eines zugelasseneu Volksbegehrens stets einzeichnen dürse. Das müßte zu einer völligen Untergrabung der sür eine geordnete Staatsverwaltung unerläßlichen Disziplin der Beamtenschaft führen und den Staat sebst in der ver hängnisvollsten Weise gefährden. Da die Staaisregierung also erhebliche Bedenken gegen das Urteil des Staatsgerichthofes habe, sei sie nicht nur berechtigt, sondern im Interesse der Wahrung einer geordneten Staats verwaltung dazu verpflichtet, den eingeleitetcn Versahren ihren Fortgang zu geben, ja sie hätte auch, wenn sie es für zweck mäßig erachtet hätte, gegen solche Beamte, die sich lediglich eingezetchnet haben, Verfahren einleiten können, um den un abhängigen Disziplinargerichten Gelegenheit zu geben, sich mit der von ihnen kritisierten Entscheidung des Staatsgerichts hofes auseinanderzusetzen. (Unruhe rechts.) Wenn das Staatsministerium im Jnteresfe der Wahrung der Beamten- aisziplin ein Vorgehen sür zweckmäßig gehalten hätte, würde es sich jedenfalls keiner irgendwie gearteten Rechtsverletzung schuldig gemacht haben. Abg. Steinhoff (Dtn.) gab eine Erklärung ab, in der er betonte, daß das in jahrelanger Beobachtung erwachsene Miß trauen seiner Fraktion gegen den Ministerpräsidenten durch dessen Ausführungen nur noch verstärkt worden sei. Er ver wies auf die Nichtachtung des Spruches des Staatsgerichts hofes, die Nichtaussührung von Beschlüssen des Landtages, die Flaggcnverordnungen, die unterlassene Einwirkung aus den Oberbürgermeister der Reichshauptstadt, das „Stahlhelm"-Ver- dot und die ausaebliebene Antwort weaen des Staatsver- M M SeCM LWM. Roman von I. Schneider - Foerstl. 25. Fortsetzung Nachdruck verboten „Du glaubst es nicht, mein Junge?" „Hm!" — Er küßte sie behutsam auf die Stirn. „Du aaste aller Mütter, hast nur zwei Söhne und vergötterst "einen jüngsten, wie du mich nie vergöttert hast." „Harald!" Blaß und verstört blickte sie zu dem stattlichen Mann auf, sah stein Lächeln und drückte aufatmend das Gesicht ge- Mn seine Schulter! Er fühlte, wie ihre Achseln zuckten. „Mutter, du wirst nicht weinen!" Schuldbewußt nahm "r sie in die Arme und küßte ihr die Tränen weg. „Du weißt "och selbst am besten, wie selig ich war, ihn dir ans Herz stgen zu können. Ich liebe ihn nicht weniger als du. — Und — er ist es wert." „Ich danke dir, Harald." Sie wollte seine Finger an die Lippen ziehen, aber er ">ar rascher als sie und küßte die ihren. . „Aber du mußt doch einsehen," griff er das Gespräch wieder auf, „daß er nicht ewig das Kind bleiben kann, als °as du ihn empfangen hast. — Er wird achtzehn Jahre, ^ann ein junger Mensch in dieses Alter kommt, muß man Sorge tragen, daß etwas aus ihm wird. — Er muß sich wr^etwas entschließen. Oder willst du ihn Kohlenschipper „Um Gottes willen!" „Siehst du!" ; „Er geigt so wundervoll!" wandte sie zaghaft ein. „Das ist herzlich wenig —." Der Flieger schob den Arm unter den der Mutter und Mg mit ihr die breite Stcintreppe hinab, die nach dem Tarten führte. Weiße Korbstühle schimmerten auf halb beschatteten Ra- M und der blütenweiße Damast des Tuches, welches über den runden Tisch gebreitet war, wurde vom Morgenwind leicht gehoben und von Sonnenkringeln flink umtanzt. Durch die zartgeblümten Tassen leuchtete das Helle Licht des Vormittags und ließ sie wie ein Hauch erscheinen. Mrs. Swith sah fragend zu dem Sohn auf: „Du bist nicht für Musik?" „Doch — Aber nicht so, wie du und er das träumt. Ein Geiger, Mutter! Zu Dutzenden laufen sie herum und haben kaum das tägliche Brot." „Denke doch an Kreisler, mein Junge!" „Es gibt Ausnahmen, Mutter! Wie in jedem Beruf, so auch in dem. Ich möchte ihn nur vor etwas bewahren, das sich später nicht wieder gutmachen läßt. Er soll geigen! Ja! Soviel und solange es ihm Freude macht! Meinetwegen auch auf dem Podium. Aber er soll nebenbei auch noch etwas anderes erlernen, das seinen Mann ernährt." „An was denkst du?" „Ein andermal, Mutter!" Er drückte ihren Arm, so daß sie unwillkürlich nach dem Hause sah, wo Rolf eben mit gewandtem Sprung die Ter rassenstufen nahm. „Bin ich pünktlich, Mama? Bist du zufrieden, Harald?" „Sehr!" Der Flieger hatte die Uhr gezogen. „Zehn Minuten nach sieben." Ein brüderlich zärtlicher Blick flog dabei nach der jun gen Gestalt, die sich knabenhaft zutraulich über die Schulter der Mutter lehnte. Manchmal erschien es Rolf, als wäre er immer hier ge wesen — und die beiden Menschen neben ihm wirklich Mut ter und Bruder — und das große Haus in Hamburg, die Senatorin, die drinnen waltete, und die beiden jungen Männer, deren er sich erinnerte, nur eine Phantasie von ihm. „Nicht träumen, mein Lieber," mahnte Swith lächelnd. „Wenn du nicht fertig bist mit dem Frühstücken, kannst du nicht mitkommen. Ich habe dem Generaldirektor Govard, dem Generaldirektor des Staehl Oel Trustes, für heute eins Fahrt nach Florida zugesagt Er will meinen neuen Dop peldecker auf seine Verwendbarkeit prüfen. Wenn alles klappt —" Er machte einen gewaltigen Bogen mit der Linken. „Was ist dann?" Mrs. Swiths Stimme zitterte merklich. „Sorgenmutter! Daß du dich immer ängstigen mußt! Noch ist es nicht so weit." Harald sprang auf und nickte Rolf verstohlen zu. Die schöne Frau fühlte sich zweimal umarmt — zweimal geküßt! Hörte ein „Auf Wiedersehen" an ihrem Ohr — und war allein. Langsam rann eine Träne Uber ihre bleich gewordenen Wangen. „Herrgott, wie ärgerlich! — Immer und ewig diese Rück sicht auf deine Mutter!" Irene Lindholm, geborene Möbus, stampfte erbost mit den Absätzen auf den sattfarbenen Perser und ging von ihrem Toilettentisch hinüber nach dem großen Drehspiegel, welcher die Ecke des ganz in Rosa gehaltenen Ankleidezim mers ausfüllte. Christoph stand blaß und nervös unter den chinesischen Portieren, deren zartrosa Kirschblüten sein Gesicht noch fah ler erscheinen ließen, und sah nach seiner Frau hinüber, die jetzt mit einer übergroßen Puderquaste hantierte. „Die Mama wird morgen fünfzig Jahre. Es ist nicht mehr als lullig, daß wir ihr den Abend schenken." „Du kannst dir überhaupt nicht genug tun für sie! Ich bekomme sie zum Frühstück vorgesetzt und am Abend noch einmal." Die junge Frau zog kritisch das etwas matte Rot ihrer Lippen mit dem Stift nach. „Es handelt sich um meine Mutter," verwies er qe- kränkt. „Natürlich! — Denn mit der meinen habe ich nie so viel Federlesens gemacht. Ihr habt die eure nur zu sehr verwöhnt, darum ist sie jetzt so anspruchsvoll." „Irene!" (Fortsetzung folgt.)
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