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gegriffen, hofft jedoch, ihren Verpflichtungen gegenüber dein Dresdener Opernhaus nachkommen zu können. Die Künstlerin hat sich bekanntlich für vier Opernabende verpflichtet. Spione und Provokateure. Berufsverhandlung gegen Orlow und Pawlanowsky. Vor dem Landgericht II in Berlin begann die Berufs verhandlung gegen Orlow und Pawlanowsky, die beide be kanntlich wegen schwerer Urkundenfälschung und Betruges gegen den amerikanischen Journalisten Knickerbocker zu je vier Monaten Gefängnis verurteilt worden waren. Im Jahre 1928 wurden die amerikanischen Senatoren Borah und Norris verdächtigt, daß sie sich von den Sow jets hatten bestechen lassen. Aus der Suche nach den Fäl schern kam der in Berlin tätige Journalist Knickerbocker mit Pawlanowsky in Verbindung, der ihm gegen Bezahlung ent sprechendes Material verschaffte, das sich als gefälscht er wies. Die Spur führte weiter zu dem ehemaligen russischen Staatsrat Wladimir Orlow, der als Flüchtling in Berlin lebte und als einer der Führer der antibolschewistischen Bewegung tu Europa anzusprechen ist. Trotzdem diese Tätigkeit den Bolschewisten bekannt war, konnte Orlow eine Zeitlang in der Tscheka den Justizkommissar spielen. Ebenso trat auch der frühere Offizier Pawlanowsky zum Schein in die Dienste der G. P. U., wurde entlarvt, sollte erschossen werden, wurde jetzt aber wirklich Tschekist und von den Russen mit falschen Papieren »ach Berlin geschickt. Unter den von ihm gelieferten Schriftstücken befand sich aus nahmsweise ein echtes, durch das erwiesen wurde, daß die seinerzeit in Rußland verhafteten reichsdeutschen Studenten Kindermann und Wolsch einem LMM provooatsur zum Opfer gefallen waren. Die Reichsregterung zahlte für diesen Bries 8000 Mark und konnte auch die Freilassung der schon zum Tode Verurteilten bewirken. Orlow bestreitet wieder die Fälschungen und behauptet, die G. P. U. müsse diese gefälschten Dokumente, die er nur ab geschrieben habe, absichtlich weitergegeben haben, um ihn und seine Mitarbeiter zu diskreditieren Oper für jedermann. Große Oper in kleinen Theatern. Nach längeren Verhandlungen ist die Mehrheit der Aktien der Terra-F ilm-A.-G aus dem Besitz der I G. Farbeuindustrie A.-G. in die Hände der Professor Reinhard t-Melnitz-Gruppe übergegangen. Die I. G. Farbenindustrie hat dabei ihre Rohfilmintercssen durch einen Rohfilmvertrag mit der Terra- Film-A.-G. gesichert und damit auch erreicht, daß die von der Terra-Film-A.-G. ins Ausland verliehenen Filme aus deutschen Nohfilmen kopiert werden. In den Auf- sichtsrai werden u. a. Professor Max Reinhardt und Generalintendant Tietjen einlreten. Die besonderen deutschen Interessen sind, abgesehen von dem Rohfilm vertrag, noch dadurch gewahrt, daß die Filme aus deutscher Tobisapparatur hergestellt werden. Reinhardt und Tietjen beabsichtigen, wie verlautet, die Herstellung von Operntonfilmen zu betreiben. Diese Filme sollen aber nicht an Kinos ausgeliehen, sondern kleinen und mittleren Theatern zur Verfügung gestellt werden, denen es wirtschaftlich nicht möglich ist, neben dem Schauspielensemble eine Opernbesetzung zu halten. Es soll hierdurch den weitesten Volkskreisen die Kenntnis und der Genuß unseres Opernschatzes vermittelt werden. Was man noch wissen muß. Deutscher Rennfahrer tödlich verunglückt. Beim Training für die am Sonntag stattfindenden Auto- mobilrcnncn auf der Strecke Königsaal—Jilowischt bei Prag stürzte der rcichsdeutsche Rennfahrer Stegmann, Inhaber des vorjärigen Rekordes, mit seinem Motorrad so unglücklich, daß er nach Überführung in das Krankenhaus seinen Verletzun gen erlag. Straßenbahnzusammenstoß in Prag. In Prag ereignete sich ein schwerer Zusammen stoß zweier Straßenbahnzüge. Die Plattform der beiden Wagen keilten sich ineinander und die Wagen wurden aus den Gleisen geschleudert. Elf verletzte Oersonen wurden ins Kran kenhaus gebracht. Sechs Tote bei einem Flugzeugabsturz. Bei dem Absturz eines Flugzeugs zwischen Aguas Calientes und Zacatecas (Mexiko) kamen sechs Personen ums Leben. Prozeß Jeileis-Lazarus. Der „Wunderdoktor" von Gallspach als Kläger. Nach mehrmaliger Vertagung begann vor der Zivilkammer des Landgerichts III in Berlin der Prozeß des Gallspachcr „Wunderdoktors" Zeileis gegen den Berliner Universitäts- Professor Dr. Lazarus. Nachdem Zeilcis wesentliche Teile der ursprünglichen Klageschrift fallen gelassen hat, geht es jetzt nur noch uni den Anspruch, dem Beklagten Wiederholung der Behauptung zu untersagen, daß er die Zeileis-Methode in Gallspach studiert und in zwei Münchener Zeileis-Jn- stituten eine Behandlung durchgemacht habe, die zu falschen Diagnosen über ihn geführt hätte. Der Andrang zu der Ver handlung ist außerordentlich stark. Den Vorsitz führt Land- gerichtsdireltor Dr. Kohler. Für den Kläger sind die An wälte Dr. Hirschland und Dr. Bonnem sowie der Wiener Rechtsfrcund des Zeileis-Jnstituts, Rechtsanwalt Dr. Werner, erschienen. Professor Dr. Lazarus wohnt der Verhandlung mit seinem Nechtsbcistand, Justizrat Dr. Bern stein, bei. Zu Beginn der Verhandlung kam es zu einer Ausein andersetzung über die Ausdehnung des Verfahrens. Der Vor sitzende betonte, daß es nicht Sache des Gerichts sei, medi zinische Fragen zu klären. Man müsse sich streng an die Klage halten, und er bitte, die Ausführungen darauf zu be schränken. Der Vertreter des Beklagten lehnte das jedoch ab. Hierauf schilderte Rechtsanwalt Bonnem die Vorgeschichte des Prozesses, die in Veröffentlichungen und Vorträgen des Professors Dr. Lazarus bestehe. Gegenüber der Behauptung des Beklagten, daß er in Gallspach eingehende Studien gemacht habe, erklärte Dr. Bonnem, daß der Aufenthalt des Professors Lazarus in Gallspach höchstens 40 Minuten gedauert und daß er während dieser Zeit lediglich eine Unterredung mit einem im Labora torium tätigen Ingenieur gehabt habe. Er sei weder in die Behandlungsräume noch an die Apparate gekommen. Dr. Bonnem beschäftigte sich weiter mit der Klagceinschränkung, wobei er erklärte, daß Professor Lazarus bereits den wesent lichsten Teil des Gerichtsverfahrens, die Beweisaufnahme, vorwegzunehmen versucht habe; eine gerichtliche Nachprüfung der Zeileis-Methode habe der Beklagte dadurch unmöglich ge macht. Deshalb habe man die Klage beschränken müssen. Das sei aber nicht eine Zurückziehung im moralischen Sinne, über das Zeileis-Versahrcn würden der Erfola und die Geschichte urteilen. Justizrat Dr. Bernstein legte in seiner Erwidern.g auf die Angriffe der Vertreter des Klägers dar, daß die gesamte Wissenschaft gegen Zcileis ihr Verdammungsurteil aus gesprochen habe. Der „Gallspachcr Anzeiger" verkünde in marktschreierischer Weise, daß Zeileis Taube hörend und Blinde sehend mache, ja sogar Totgesagte zu neuem Leben erwecke. Es finde eine Massensuggestion statt, bedingt durch die ganze Aufmachung des Zeileisschen Instituts. Das Geschäft blühe, die Tageseinnahme betrage 0000 Mark, und überall schössen Zeileis-Jnstitute wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden. Die ganze Zeileis-Methode finde ihre Erklärung in des Wunderdoktors märchenhaften Erzählungen. Er gebe sich für den Sproß einer indischen Fürstcnsamilie aus der Zeit von 300 v Ehr. aus und habe behauptet, daß er in Kamtschatka eigene „Radiumgruben" be sitze. Das Wort nahm dann Professor Lazarus, der über seine Erfahrungen mit ZeiletS und dessen Instituten sprach und sein wissenschaftliches Urteil begründete. Er geriet schließlich in solche Erregung, daß er einen Zeileisschen „Zaubersta b", den er mitgebracht hatte, am Tisch zerschlug mit den Worten: „Ich beschuldige hier vor Gericht Zeileis der fahrlässigen Tötung." Der Vorsitzende versucht, die Erregung des Professors Lazarus zu dämpsen, es gelingt dies aber erst tm Laufe einiger Minuten, da auch im Zuhörerraum sich starke Bewegung aus gelöst hat. Dem Verteidiger von Zeileis, Rechtsanwalt Dr. Werner (Wien), ruft dann Lazarus noch zu: „Glauben Sie denn selbst an Zeileis und würden Sie sich im Ernstfälle von ihm oder von einer anderen ärztlichen Autorität behandeln lassen?" Rechtsanwalt Werner erwidert: „Jawohl, ich glaube an ihn und bin auch dort verblüffend schnell von mehreren Magengeschwüren geheilt worden." Das Gericht zog sich zur Beratung zurück, um den Ver kündungstermin iestzusetzen. Das Urteil wird den Parteien schriftlich zugestclll werden. politisch« bunSschau Deutsches Reich Die Auflösung der Fideikommisse in Preußen. Durch das verkündete Gesetz vom 22. April über Änderungen der Fideikommitzgesetzgebung ist die Auf lösung der Fideikommisse in Preußen endgültig geregelt. Aus Grund dieses Gesetzes erlöjchen die letzten Fidei kommisse am 1. Juli 1938. Das neue Gesetz bringt eine Besserstellung der Gläubiger von FideikommißbesitzelN Während bisher Gläubiger, die Waren für den Betrick einer zum Fideikommiß gehörigen Landwirtschaft geliefert oder Arbeiten dafür geleistet halten, nur aus den Ein- fünften des Fideikommisses Befriedigung verlange" konnten, haben sie jetzt einen Anspruch auf Befriedigung aus der Substanz. Oberschlcsicn fordert Anerkennung als Notstandsgebiet In der Vollsitzung der Oberschlesischen Industrie- und Handelskammer in Oppeln wurde auf die schwere > Notlage der Provinz Oberschlesien hingewiescn, die duro! den weiteren Rückgang in der Kohlen- und Eisenindustrie - gestiegen sei. Den Auswirkungen des deutsch-polnische" s Handelsvertrages werde mit Besorgnissen entgegengc- sehen. Kritik wurde am Ostprogramm geübt, das M l Oberschlcsicn unzureichende Hilfsmaßnahmen vorsehe. Dk Beratung endeten mit einer Entschließung, in der vo" der Reichs- und der preußischen Staatsregierung die A"' erkennung Oberschlesiens als wirtschaftliches Notstands gebiet gefordert wird. Nordamerika. Endtermin für deutsche Schadenersatzansprüche. Der Schiedsrichter Remick, der auf Grund des amcri konischen Freigabegcsetzes über die Ansprüche der deutsche" Reedereien aus Entschädigung für die im Weltkrieg be schlagnahmten Schiffe zu entscheiden hat, erließ eine Ver fügung, durch die als Endtermiin für die Einreichung des Beweismaterials der 15. Mai, für die Einreichung der Schriftsätze der 20. Mai und für die mündlichen Verhand lungen die am 19 Mai beginnende Woche festgesetzt werden. Am 25. Mai werde er das von beiden Seite" Vorzubringende als endgültig vorgebracht betrachten und alsdann mit der Ausarbeitung seiner Entscheidung be ginnen. Aus In- und Ausland Berlin. Der Sichlvermerkszwang lm deutschen Verkehr mit Ungarn ist zum 15. Mai 1930 aufgehoben worden. Neubrandenburg. Der kommunistische Landtagsabgeord nete Erich Schmidt wurde von der Polizei verhaftet uill in das Landgerichtsgesängnis eingeliefert. Die Polizei ver weigert jedoch jegliche Auskunft. Bäswciler b. Aachen. Hier kam es zu schweren Zusam menstößen zwischen Kommunisten und National sozialisten. Etwa 75 auswärtige Nationalsozialisten, dir singend durch die Gemeinde fuhren, prallten mit 50 Kom munisten zusammen. Verschiedene Personen wurden druck Messerstiche und Steinwürse teils schwer, teils leicht vcrletzl Monako. Durch Verordnung des regierenden Fürsten iß die kürzlich erfolgten Wahlen zum Nationalrat wegen Ver fass ungswidrigkeit annulliert worden. Paris. „Petit Parisien" kündigt an, daß die Tätigte» der Reparationskommission, soweit sie sich aus bst deutschen Verpflichtungen erstreckt, am 31. Mai ihr Ende erreicht. Rom. Unter dem Datum des 5 Mat ist die italienische Ratifizierung des Haager Abkommens über den Aoung- Plan erfolgt. veues aus sNer Sie» Ein Banknotenfälscher stellt sich der Polizei. Der seit längerer Zeit von der Polizei gesuchte Banknoten fälscher Wilhelm Engelhardt hat sich bei der Krefelder Kriminalpolizei gestellt. Engelhardt hatte mit mehrere" Genossen die Herstellung von falschen Zwanzigmarl scheinen betrieben. Eine Menge halbfertiger Scheine wurde beschlagnahmt. Die Nachforschungen nach einem erheblichen Teil von fertigem Falschgeld sind noch im Gange. Sterbend auf der Landstraße aufgcfundcn. Zwei Motorradfahrer sind auf der Landstraße zwischen Mersch und Titz schwer verletzt aufgefunden worden. Beide sind kurz darauf im Jülicher Krankenhause gestorben. Wie sm auf der Landstraße verunglückt sind, steht noch nicht fest- Raubüberfall auf einen Kaflenbotcn. In Düsseldorf wurde ein Kassenbote der Regierungshauptkasse von einem unbekannten Täter mit einem harten Gegenstände nieder geschlagen und beraubt. Von dem Täter, der 8000 Marl erbeutete, fehlt jede Spur, da er unmittelbar nach dem Überfall mit einem bereitstehenden angekurbelten Auto, in dem noch zwei Personen saßen, geflüchtet ist. Schweres Autounglück bei Bromberg. Bei Brom berg ereignete sich ein Autounfall, dem sieben Personell zum Opfer fielen. Infolge plötzlichen Versagens des Ak Wk N » »W. Roman von I. Schneider - Foerstl. 1. Fortsetzung Nachdruck verboten „Nehmen Sie sich ein bißchen um Rolf an, Friedrich. Ich wette, er sitzt noch drüben, wie er aus dem Wagen gestiegen ist, unfrisiert und ungewaschen und " „Wie du mich verleumdest, Christoph! — Bin ich nicht tipp topp, Bastian?" Der jüngste der drei Lindholm stand in entzückender Blondheit unter der Perbindungstür und sah mit verschränk ten Armen nach den Brüdern hin. „Friedrich! Ich möchte so gern etwas zu essen haben. Mich hungert ganz fürchterlich!^ „Im Augenblick, Herr Rolf!" „Nein! — Sie bleiben!" Christoph hielt den Kammer diener an den Rockschößen fest. „Wirklich schocking ist das! Du wirst es erwarten können!" Ein Blick der Verachtung flog dabei nach dem blonden Kopf, der sich gegen die chinesischen Portieren drückte. „Wenn ihn doch hungert!" nahm Bastian sich des Jüng sten an. „Das nächstemal soll er sich eine Amme mitnehmen!" zürnte Christoph, wandte sich nach Friedrich und bat: „Fra gen Sie bei Tatja, wie die Mama bestimmt hat: den Tee hier oben oder unten in der Halle." Im gleichen Moment ließ sich die Stimme der Mulattin hören: „Die Frau Senatore bitten zum Tee in die kleine Salon." Rolfs weicher Knabenmund stieß einen Seufzer aus. Der blonde Kopf lehnte sich im Borübergehen leicht an Friedrichs Schulter: „Alterchen! " Friedrich stand mit gestrafftem Rücken. Kein Druck der Hand, kein Blick, kein Nicken, nicht das geringste Zeichen des Beweises, daß Rolf an ihm eine mitfühlende Seele besaß. Christophs Blick, der auf dem Kammerdiener ruhte, hatte das alles unmöglich gemacht. Als er die Schiebetüren hinter seinen jungen Gebietern zusammenrollte, stand er für Sekunden unbeweglich, fuhr sich dann rasch über die Augen und ließ die Achseln nach vorn gleiten: Wahrhaftig! Es war nicht leicht, Kammer diener im Hause Lindholm zu sein! „Keine Post? — Wirklich nicht?" Das erhitzte Mädchen antlitz bog sich etwas tiefer in den Schalter des Hamburger Hauptpostamtes und blickte enttäuscht in die braunen Augen des Beamten, der resigniert den Kopf schüttelte. „Auch keine Karte?" Er lächelte nachsichtig: „— nichts! —" . „Chiffer CH. L. 2246 —," wiederholte der zuckende kind hafte Mund. Er hob bedauernd die Achseln, nahm — aus Barmher zigkeit — noch einmal die postlagernden Briefsendungen aus dem Fach und unterzog sie einer erneuten Durchsicht: „Es tut mir leid, mein Fräulein!" Ein paar Tränen rannen über Fritzi Schäffers schmales, ganz blaß gewordenes Gesicht. Da niemand in der Nähe war, legte ihr der Beamte die Hand beschwichtigend auf den Arm. „Bielleicht trifft mit der Nachtpost etwas ein. Ich lege es dann gleich obenauf. Sie können es morgen in aller Frühe holen." „O, bitte — und vielen Dank!" Er sah ihr nach, wie sie raschen Schrittes dem Ausgang zucilte und dann durch eine der großen Flügeltüren ver schwand. Draußen pulste das schöne starke Leben, rannten die Wa gen, surrten die Tramways, klingelten die Räder, lachten und plauderten die Menschen. Stahlblau lag das Alster- beckcn unter der fcingetönten Himmelsglocke. Fritzi Schäffer sah und hörte nichts. Sie lief immer ge radeaus, verschwand in eine Untergrundstation und kam an der Rcepcrbahn wieder ans Tageslicht. Nach fünf Minuten tauchte sie mit dem großen schwarzen Lift in die Tiefe des Elbtunnels und schritt, unten angelangt, auf dem schmalen Gehsteig, der asphaltierte Straße flankierte, dahin. Autos surrten vorüber, schwere Lastwagen schleppten sich dahin, der spiegelnde Reflex der glasierten Pflästerchen, mit welchen der Tunnel gewandet war, tat ihren verweinten Augen weh. Sie hastete, den Ausgang zu erreichen. Der Lift trug sie auf der anderen Seite der Elbe wieder zur Höhe. Im Licht der Abendsonne lag Steinwärder vor ihr. Schwarze Kräne dräuten in den glutenden Himmel. Raubvogelartig steckten sie ihre Tatzen über die riesigen Eisengerüste der Werften, aus denen jetzt, zur Feierabend stunde, ein Gewimmel von Menschen heimwärts strömte. Angstvoll drückte sich das Mädchen an all den schwarzen und blauen Kitteln vorüber. Ab und zu flog ein Scherzwort auf. Eine zweideutige Frage ließ ihr das Blut rascher durch die Wangen pulsen. Dann rissen ihre Finger an dem Holzgriff, der braun und verwaschen an dem nagelbeschlagenen Tor eines großen Hauses herabhing. Eine Glockenfanfare hallte drinnen von den grauen Stcinwünden. Hundegekläff gellte über den In- nenhof. „Mein Gott, laß ihn doch zu Hause sein!" Atemlos vom raschen Gehen lehnte sich das Mädchen gegen die Türflügel und schrak zusammen, als ein Schlüssel in die Oeffnung fuhr. „Sie wünschen?" „Onkel Veit!" „Dreimal St. Pauli! Das ' Eine Hand zog sie durch das Tor, welches in der nächsten Minute wieder zuschnappte. „Jetzt laß dir einen Kuß geben, Friedeliüen! — So! — Wie deine Handerl kalt sind und das Gesichverl glüht. Hast Heimweh? Ja? — Ich auch! Geh Foxl, laß das Frauerl in Ruh!" Er nahm den Hund am Halsband und zog ihn auf dke linke Seite. Eine Steintreppe führte nach dem Oberstock. Zweimal hielt Fritzi Schäffer im Steigen inne, zog ihren Arm halb aus dem des Mannes und machte Anstalt, die Stufen wie der hinabzuspringen. Aber jedesmal nahm eine Hand ne bittend mit sich fort.