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poiWGe bunüIGsu Deutsches Reich Etat des Reichspräsidenten bewilligt. Der Haushaltsausschuß des Reichstages begann am Montag die Beratung des Haushalts für 1930, die bis Pfingsten abgeschlossen werden soll. Der Ausschuß er ledigte zunächst die Vorausgaben, zu denen sich die Re gierung während der Laufzeit des Notetats entschlossen und bei denen sie die Grenze von einem Fünftel der vor- jährigen Ausgaben aus dringenden Gründen überschritten hat. Die meisten dieser Überschreitungen wurden be willigt, unter andern 3,8 Millionen zur Förderung der Bewegung der Getreideernte und 1,8 Millionen als erste Rate zur Vollendung des Mittellandkanals. Der Haus halt des Reichspräsidenten wurde ohne Änderung be willigt. Bei den Etats des Reichskanzlers und der Reichs kanzlei beschwerten sich die Sozialdemokraten darüber, daß die Dienstwohnung des Staatssekretärs noch immer von dem früheren Staatssekretär Kempner bewohnt werde. Anträge zur Steuerniederschlagung. Im Reichstag haben Deutschnationale Volkspartei und Bauernpartei gemeinsame Anträge eingebracht, die Reichsregierung möge die am 15. Mai 1930 fällig werdende Vermögenssteuerrate der Landwirtschaft angesichts der Zahlungsunfähigkeit der Landwirtschaft und der Höhe der Einheitswerte niederschlagen oder die am 15. Mai 1930 fällige Vermögenssteuerzahlung stunden und dann so weit niedergeschlagen, als es die mangelnde Leistungsfähigkeit des Landwirts erfordere. Österreich. Rückkehr des Bundeskanzlers. Bundeskanzler Dr. Schober ist aus London in Wien eingetroffen. Pressevertretern erklärte der Bundes kanzler, wenn die Reise nach Berlin, abgesehen von der Beschleunigung der Handelsvertragsverhandlungen, dem selbstverständlichen Bedürfnis eines deutschen Ministers des deutschen Österreich, den deutschen Bruder im Reich zu besuchen, entsprochen habe, so hätten die Besuche in Paris und London die willkommene Gelegenheit geboten, auch über die innenpolitische und wirtschaftliche Entwick lung des neuen Österreich aufklärend zu wirken und das Vertrauen in das Land zu stärken. Österreich dürfe mit der Bilanz seiner Reise zufrieden sein. Gleichzeitig mit Bundeskanzler Schober ist auch der neue amerikanische Gesandte für Wien, Stockton, dort angekommen. Polen. Das überfliegen deutschen Gebiets. Der deutsche Gesandte in Warschau, Rauscher, ist bei Außenminister Zaleski wegen der überfliegung deutschen Gebietes durch polnische Militärflugzeuge vor stellig geworden. In dieser Unterredung bedauerte Zaleski die Vorgänge und erklärte, er habe die verant wortlichen Stellen zur Rede gestellt und eine Unter suchung angeordnet, die bereits im Gange sei. Der Minister fügte hinzu, daß die Vereinbarung vom 19. Ok tober 1929, nach der polnische Militärflieger, die deutsches Gebiet überflöaen, bestraft würden und die polnische Re- I gierung weitere Vorkommnisse zu verhindern suche, weiter in Kraft sei. Aus In- und Ausland Frankfurt a. d. O. Das vor einigen Jahren in Berlinchen (Neumark) aufgestellte Denkmal des verstorbenen Reichspräsi denten Ebert ist aus dem Sockel herausgerissen und allem An schein nach in den in der Nähe gelegenen Kopfsee geworfen worden. Von den Tätern fehlt jede Spur. Wuppertal. Zu einem Zusammenstoß zwischen Polizei- beamten und Kommunisten kam es in Wuppertal (Barmen). Ein bedrängter Polizeibeamter gab zunächst einen Schreckschuß ab und feuerte dann einen weiteren Schuß ab, der drei Angreifer verletzte. Die Verletzten kamen ins Krankenhaus. Paris. In großer Anzahl treffen die Teilnehmer des Eucharistischen Kongresses in Karthago ein. Die Straßen von Tunis und Karthago sind angefüllt von Fremden, die an einem Abzeichen als Kongreßteilnehmer kenntlich sind. Madrid. Der Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn- gesellschaft, Dr. Dorpmüller, ist in Begleitung eines höheren Beamten der Reichsbahn zu dem beginnenden Inter nationalen Eisenbahnkongreß, an dem etwa 1500 Delegierte teilnehmen, hier eingetroffen. veue» aus sUer well Tödlicher Unfall des Dresdener Handelskammer syndikus. Auf einer Autofahrt tu die Obstblüte ist der Syndikus der Dresdener Industrie- und Handelskammer, Dr. August Karst, tödlich verunglückt. Auf der Nollen- dorfer Höhe bei Aussig fuhr sein Kraftwagen, offenbar infolge Versagens der Bremse, gegen eine Telegraphen stange und überschlug sich. Dr. Karst erlitt einen Schädel bruch und war sofort tot. Die Mitfahrenden, zwei Herren und eine Dame aus Dresden, wurden mehr oder weniger schwer verletzt. Aushebung einer Falschgeldfabrik. Nach Durch führung langwieriger Beobachtungen und Ermittlungen ist es der Polizei von Duisburg gelungen, im Stadtteil Osterfeld eine Fabrik zur Anfertigung falscher Zwanzig markscheine auszuheben. Vorläufig konnten fünf Per sonen sestgenommen werden. Dem Hauptschuldigen Hubert Bügele aus Osterfeld und einem gewissen Engelhardt ge lang es, in einem Auto die Flucht zu ergreifen. Sabotage auf einer Kieler Werft. An Bord des auf oer Germaniawerft liegenden Schrffneubaues „Bitter feld" in Kiel wurden umfangreiche mutwillige Zerstörun gen in einzelnen Schiffsräumen entdeckt. Für die Ergreifung der Täter ist eine Belohnung ausgesetzt worden. Zigeuner und Gendarmen. In der Gemeinde Igal kam es zwischen Zigeunern und Gendarmerie zu Zu sammenstößen. Als die Gendarmen einen wegen Ein bruchsdiebstahls verhafteten Zigeuner abführen wollten, wurden sie von seinen Stammesgenossen mit Spaten und Beilen angegriffen. Die Gendarmen waren gezwungen, ihre Schußwaffen zu gebrauchen. Zwei Zigeuner wurden getötet, einer schwer verletzt. »44444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444444*44*4444444444 HR«« MM WM, V I" vmn, W8SI11 mü men Kampf zwischen Polizei und Eingeborenen bei Kap- stadt. In Worcester, einer kleinen Stadt 130 Kilometer östlich von Kapstadt, kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Eingeborenen und der Polizei, in dessen Verlauf fünf Eingeborene getötet und der Befehlshaber der Polizei sowie zwei Polizisten schwer verletzt wurden. Der Polizei chef wurde durch einen Schlag mit einem Beil am Kopfe verwundet. Die weiße männliche Bevölkerung von Wor cester ist ersucht worden, sich für den Notfall in Bereitschaft zu halten. Eine amerikanische Stadt von einer Feuersbrunst hermgesucht. In Nashua (Newhampshire) wurden durch eine Feuersbrunst über 200 Gebäude, darunter mehrere Geschäftshäuser, zerstört. Das Feuer, das seinen Ausgang von einer hölzernen Brücke nahm, wurde durch den starken Wind begünstigt. Glücklicherweise sind Opfer an Men schenleben nicht zu beklagen. Der angerichtete Schaden wird auf fünf Millionen Dollar geschätzt. Bunte Tageschronik Weißenfels. Die Ehefrau Beyer aus Köttichau ist in der Jauchaer Flur mit durchschnittenem Halse ermordet auf gefunden worden. Als Täter kommt der Ehemann, Berg arbeiter Emil Beyer, in Frage. London. In Kirki (Indien), fünf Kilometer nördlich von Puna, wo sich jetzt Gandhi im Gefängnis befindet, sind bet einer Explosion zwei Inder schwer und vier leicht verletzt worden. Upton (Kentucky). Bei Sprengungen in einem Steinbruch wurden infolge vorzeitiger Explosion flüssigen Sauerstosss vier Mann getötet und sechs verletzt. Rundfunk Leipzig (Welle 259), Dresden (Welle A9). ' Mittwoch, i. Mak. 10.50: Hausfrauenstunde. Martha Schmidt: Wie schmücke ich unsere Fenster im Frühjahr und im Sommer. » 14.30: Jugendstunde. » 16: Dr. Schiller: Der Sternenhimmel im Mai. » 16.15: Dr. Lehmann: Eine Mertelstunde Verkehrs unfälle. » 16.30: Konzert. Goetz: Ouv. zu „Der Widerspenstigen Zähmung". — Liszt: Ungarische Rhapsodie. — Soors: Suite Nr. 1. — Puccini: Melodien aus „La Bohöme". — Kienzl: Steierische Tänze aus „Das Testament". — Heuberger: Melodien aus „Der Opernball". » 18.05: Zwiegespräch. » 18.30: Italienisch. » 18.50: Aktuelle Viertelstunde. » 19.05: Prof. Dr. Hoffmann: Sprechstunde für die reifere Jugend. » 19.30: Aus Operetten. Lincke: Glühwürmchen-Gavotte aus „Lysistrata". — Lehar: Mazurka aus „Die blaue Mazur". — Eysler: Polka aus „Frauenfresser". — Fall: Walzerduett aus „Geschiedene Frau". — Fall: Marsch aus „Geschiedene Frau". — Gilbert: Steo aus „Kinokönigin". — Granichstaedten: Blues aus „Der Orlow". — Künnecke: Tango aus „Vetter aus Dingsda!'. — Kalman: Shimmn aus „Die Baja- dere" — Krausz: Black-Bottom aus „Frau von Format". » 20.45: Zu Flauberts 50. Todestag. » 21.45: Lieder von Karl Bleyle. 4 Danach: Unterhaltungsmusik. Deutsche Welle. Mittwoch, 7. Mat. 9.30: Mit dem Mikro- ohon auf der Saalburg im Taunus. 4 10: Dr. phil. Effenberger: Am rauschenden Bergbach des Harzes. 4 10.35: Mitteilungen des Reichsstädtebundes. 4 15: Spanisch. 4 15.45: Olga Kaiser: Die Hausfrau als Verbraucherin deutscher Erzeugnisse. 4 16: Englisch. 4 16.30: Hamburg: Konzert. 4 17.30: Das Chanson in alter und neuer Zeit. 4 17.55: Pros. Dr. Ries: Ausgaben und Stand der Landarbeitsforichung und -lehre. 4 18.20: S. Reimann: Familie und Sprache. 4 18.35: Geh. Justizrat Prof. Dr. Hellfron: Rechts tragen des Tages. 4 19.05: Dr. Kirchhoff: Deutschland im Völker bund. 4 19.30: Beamtensunk. O. Mosbach: Die Krise der Zivil- oersorgung. 4 20: Dr. Hertz und Dr. Rademacher: Direkte und indirekte Steuern. 4 20.40: Köln: Abendmufik. 4 21: Noch ein mal Lausbübereien. 4 Anschk.: Zeit, Wetter. 4 22.30: Karten spiele. 4 Danach: Tanzmusik. Die Person bekommt 3 Pfund Zucker zum Einmachen! Auf dem Weg zur Schule klingt bas Marschliod neu eingezogener Leute zu mir herüber. 51 Siebzehnjährige! Wie oft noch? Bangen um die Haltung der Schweiz. Sonnabend, 23. Juni. Ein Blick in die Zeitschriften: Scheidemann verficht seine Ansicht über den Frieden „ohne Annexionen und Kriegsentschädigungen auf der Grundlage freier nationaler Entwick lung". — Aber käme da England nicht am schlechtesten weg? Rohrbach ruft: Weg mit jedem Traum von Russenfreundschaft. Der Russe ist beseelt von rücksichtslosem Herrscher- und Unterdrückerwillen. Ihm gegenüber haben wir grade genug Dummheiten gemacht, daß wir uns keine neue leisten sollten. — Der Dresdner Anzeiger bringt in Fettdruck: Gute Ernteaussichten bei uns, schlechte Ernte bei den Weftmächten! — Wenn man doch nicht solche Mätzchen machen wollte! Als ob denen nicht die ganze Welt offenstünde! Dienstag, 26. Juni. Kurz vor acht Uhr abends haben sich die Konfirmanden vor der Schule versammelt, um nach einer kurzen Ansprache des Schuldirektors in die Kirche geführt zu werden — zur Glockenabschiedsfeier. — Lied 271. — Predigt: Sind sie alt geworden, unsere Glocken? Ist der Feind etwa im Lande, der sie abnimmt? — Sie sollten uns noch in diesem Jubiläumsjahre läuten, sollten uns noch den Sieg, den Frieden künden, zusammen mit ihren Schwestern über den Feldern und hinter dem Walde. — Hals Euch zu lange gedauert, drei Jahre! Nun wollt Ihr hinaus, zur Front, denselben Weg, den sie alle schon zogen, der Gatte und der Bruder. Seit 1852 habt Ihr uns gedient, in Freud und Leid, Tag für Tag und Jahr für Jahr, ohne Ermüden. Nur einmal stiegt Ihr herab, als die Kirche in Trümmer sank. Nun folgt (Ihr dem Gebot der Zeit. Der Mantel der großen Glocke: Ehre sei Gott in der Höhe. — Jauchzet dem Herrn alle Welt! Dienet dem Herrn mit Freuden, kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken! — Die große Glocke weist in den dunklen Stall und auf das erleuchtete Feld: Freude! Sie, die große Glocke, hats mit er lebt das Aufblühen Deutschlands, die Siege 1866, 1870/71. Sie ist das Kir chenjahr mit Dir gegangen, hat Dir neuen Lebensmut gebracht: Bewahret Euch auch jetzt die heilige Freude! Die zweite Glocke rief uns zum Mittagsmahl. Zwar kärglich jetzt, doch erfüllte es uns umsomehr mit Dank. Sie rief am Abend. Nun geht sie von uns, und mit den Worten einer sterbenden Mutter mahnt sie: Vergeßt das Beten nicht! Die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten und seine Ohren hören auf ihr Gebet. — So ihr dem Vater etwas bitten werdet, so wird ers euch geben. — Die dritte Glocke: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll. — Tut Buße und glaubet an das Evangelium. — Die Butz- und Abendmahlsglocke! Sie geht bis auf den tiefsten Grund der Seele. O, wir sehen Dich, Gott, in Deinem Zorn. Tu Buße, deutsches Volk, und glaube an das Evangelium. (Fortsetzung folgt.) Nr. - „UMraruner Ksgevlatt" H. S. WZ0. Unsere Heimat im Weltkriege 1917 66^« Bearbeitet von A. Kühne, Wilsdruff. Sonnabend, 2. Juni. Die große englisch-französische und die italienische Frühjahrsoffensive können als endgültig gescheitert betrachtet werden. Doch mehren sich die Anzeichen, daß die Feinde — diesmal einschließlich der Russen — eine ganz große und allgemeine Offensive auf allen Fronten für den Sommer vorbereiten. Dabei wollen auch die Engländer zur See vorgehen. P. hat 6 junge Gänse gekauft, um sie groß zu ziehen. Stück 10 Mark! Armin spielt am Wasserbottich mit seinem Eimer U-Boots-Angriff! Sonntag, 3. Juni. Aufforderung von der Kanzel zur Goldabgabe. Dienstag, 5. Juni. Schule und — Unterricht! 1. und 2. Kn. KI. Distelstechen, 1. Mädchen- klasse G^müsezuputzen in der Volksküche! Ob sich die Schule nichi zu schnell in ihre papierne Entbehrlichkeit begibt! In Klipphausen tagt ein Frauenkränzchen: Haben Sie's schon gehört, Oesterreich tut nu ooch noch den Krieg gegen uns anfangen? Viel Kritik am geplanten Ehrenfriedhof. Mittwoch, 6. Juni. Die Artillerieschlacht, die bei Wytschaete entbrannt ist, dauert nun schon seit einigen Tagen in unverminderter Heftigkeit fort. Sonntag, 10. Juni. In göttlichem Frieden über weiten, fruchttragenden Feldern, die der Hedrich gelbt, auf den Landberg. Das Korn wogt in breiten Wellen und kündet: Hier wächst neues Brot! Der Gasthausgarten besetzt von Ausslüglern. Die Kinder springen, und die jungen Mädchen tragen frische Kleider. Ihr Anblick kann den Krieg ver gessen machen, zumal man keine Spuren des dritten Kriegsjahres zu ent- ! l- i