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GchiffskaLastrophen in -er Nordsee. In Sturm und Eis u n t e r g e g a n g e n. Während der letzten Zeit haben sich in der Nordsee mehrere Schiffsuntergänge ereignet. So ist der schwedische Kutter „Pirgo" aus Oeckerö während eines Orkans an der Doggerbank mit etwa f ü n f M a n n B e s a tz u n g unter gegangen. Ter norwegische Tampser „Argus", der etwa zur gleichen Zeit nach der Insel Jan Mähen unterwegs war, wird als unterfangen bezeichnet. An Bord des „Argus" befanden sich sechs Mann. Im Nördlichen Eismeer ist der norwegische Robbenfangkutter „Kvitis" vom Eis niedergeschraubt worden. Die aus fünf Mann bestehende Besatzung konnte sich auf Eisschollen retten und wurde von einem anderen norwegischen Fangboot an Bord genommen. Sieben französische Marineflugzeuge verbrannt. Ein französisches Großflugzeug vermißt. Bei einem Großfeuer in einem Fnigzeugschuppen der französischen Kriegsmarine in St. Raphael sind sieben große Marineflugzeuge, die zum Teil für den Transozean dienst bestimmt ivaren, verbrannt. Zwei Matrosen, die mit dem Reinigen der Apparate beschäftigt waren, trugen Brandwunden an den Händen und im Gesicht davon. Unter den verbrannten Flugzeugen befindet sich auch der Apparat des Fliegers Paris, der im vorigen Jahr einen Flug nach den Azoren durchfühne und in Kürze zu einem Ozeanflug aufsteigen wollte. Seit mehreren Tagen ist man ohne Nachricht von einer französischen Fliegerabteilung, die in einem Großflugzeug in Gao am Niger aufgcstiegen war, um die Wüste Sahara zu durchqueren. Das Flugzeug hätte bereits am gleichen Tage in Regan, im äußersten Süden ^von Algerien, eintrefsen müssen. Drei Tage nach oem Wtart lagen jedoch am Bestimmungsort noch keine Nachrichten vor, so daß man befürchtet, daß sich die Flieger mitten in der Wüste zu einer Notlandung gezwungen sahen. Die Besatzung hat fast keine Lebensmittel an Bord ge nommen. Auf eine Berliner Doroüstraße abgestürzt ist am 25. April ein Leichtflugzeug der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, das bei dem Versuch einer Notlandung in Berlin- Rudow mitten auf dem Straßendamm zerschellte. Die beiden Piloten wurden schwer verletzt. Eine neue Hindenburg-Medaille, die anläßlich der fünfjährigen Amtstätigkeit des Reichs präsidenten durch die preußische Staatsmünze in Bronze, Silber und Gold geprägt wird. Der Zusammenfloß -er „Bremen" mit dem „British Grenadier". Eine Passagierin des „British Grenadier" schwer verletzt. Bei dem kurzen Aufenthalt der „Bremen" vor South ampton teilte Kapitän Ziegenbein über den Zu sammenstoß mit dem britischen Tankdampfer „British Grenadier" folgendes mit: „Die „Bremen" fuhr wegen des dichten Nebels nur mit einer Geschwindigkeit von drei Knoten und ließ von Zeit zu Zeit ihre Sirene ertönen. Auch von anderen Dampfern hörte man Ncbelsignale. Eines dieser Signale klang plötzlich ganz in der Nähe, und im nächsten Augenblick erschien ein Dampfer vor uns, der uns in einem Winkel von 45 Grad cntgegensteucrtc. Wären mir einigermaßen schnell gefahren, so hätten wir den Dampfer in zwei Stücke geschnitten. Tatsächlich ver setzten wir ihm aber nur einen Stotz. Wir hielten uns zwei Stunden lang in der Nähe der Unfallstclle auf. Aus unsere Anfrage erhielten wir die Antwort: „Wir sind schwer beschädigt, brauchen aber keine Hilfe." Ich hatte bereits die Rettungsboote für den Notfall fertigmachen lassen." Kapitän Ziegenbein fügte hinzu, datz bei dem Zusammenstoß nur zwei Schrauben der „Bremen" im Gange waren, während die beiden anderen bereit gehalten wurden, lm Notfälle rückwärts zu gehen. Die Passagiere erzählten, datz der „British Grenadier" ebenso schnell im Nebel verschwand, wie er erschienen war, daß man aber noch sehen konnte, wie Ol aus dem Leck strömte und wie die Besatzung sich mit Rettungsgürteln versah und die Hüllen von den Rettungsbooten nahm. Eine Mrs. Robinson, die mit ihren beiden Kindern an Bord des englischen Schiffes war, ist schwer verletzt wor den. Sie wurde in Deal mit einem Motorboot gelandet. Der Sohn der Dame wurde leicht verletzt. Der Aussiarr- in Indien. Peschawar für Europäer verboten. Die besorgniserregenden Nachrichten aus den indischen Unruhegebieten haben sich vermehrt. Die Stämme an der Nordwestgrenze benutzen die günstige Gelegenheit des Auftretens Gandhis, den Engländern in einem Augenblick Schwierigkeiten zu machen, in dem sie ihre Truppen in den Großstädten des Südens besser brauchen könnten. Ein Teil der englischen Presse behauptet, daß eine teilweise Zensur über die Nachrichten aus dem indischen Unruhe gebiet eingerichtet sei. Allen Europäern ist das Betreten der Stadt Peschawar verboten worden. Aus Lahore trafen Meldungen ein, wonach feind liche Stämme von Kohat her nach Peschawar unterwegs seien, um die Stadt zu plündern. Flugzeuge und Panzer wagen wurden alsbald abgesandl. Sie fanden, datz die Telegraphenleitungen an verschiedenen Stellen zerschnitten und die Brücken verbarrikadiert waren, konnten aber keine Spur von den Stämmen entdecken. Es wird angenommen, daß die Stämme glaubten, Peschawar sei in den Händen der Aufständischen, und daß sie umkehrten, als sie erfuhren, daß die britischen Truppen die Stadt hallen: Bei den Unruhen vom 23. April wurden an verschiedenen Stellen die Telegraphendrähte zerschnitten. Die Unruhen wurden durch ein Bataillon britischer Infanterie, Gurkhas und eine Kompagnie Panzerwagen unterdrückt. Die Truppen hatten drei Tote und acht Verwundete. Die Geschäfte ruhen in der Stadt. In den Eingeborenenvierteln sinv die britischen Truppen jetzt von Gurkhas abgelöst worden. Zwischen streikenden indischen Arbeitern der Gold grube von Vorgaun und eingeborenen Truppen kam es nach Meldungen ans Bombay zu einem schweren Zu sammenstoß. Eine große Menge Streikender versuchte. Zutritt zu der Bolaghat-Grube zu erlangen, und bewarf die Polizei und die eingeborenen Truppen, die die Grube bewachten, mit Steinen. Versuche, die Streikenden zum Auseinandergehcn zu veranlassen, mißlangen, worauf die Polizei das Feuer eröffnete. 20 Streikende blieben auf dem Platz Gme liebe Familie. Aufsehenerregende Enthüllungen über Verbrechen zweier Schwestern. In einer Gerichtsverhandlung in Reichenbach (SMM -amen schwere Verbrechen zur Sprache, die ein Schwe sternpaar in der Gegend von Reichenbach begangen haben soll. Es handelt sich um G i f t m o r d v e r s u ch e an Familienangehörigen, Anstiftung zum Vatermord uns andere Verbrechen. Die eine Angeklagte, die Kutscherssrau Deus, soll den ersten Giftmordversuch an ihrer Schwester Lisa Blum 1015 am Sarge ihres Paters begangen haben, indem sie ihr vergifteten Kaffee gereicht haben soll. Rack Angabe der dritten Schwester Rosa Theinert habe Fran Deus ihren Mann, den Kriegsverletzten Theinert, mit einem Giftpräparat ums Leben bringen wollen, das sie aus Wurzeln und Kräutern zusammengekocht Hane. Fran Deus ihrerseits beschuldigt ihre Schwester Blum ihren 16jährigen Sohn erhängt zu haben. Wie das( richt feststellte, befand sich Frau Blum seinerzeit deswegen in Untersuchungshaft. Sie konnte jedoch nicht überfüllst werden. Um so überraschender waren vor Gericht sie dramatischen Szenen, als die Mutter des Er hängten, Frau Blum, ihrer Schwester Deus zuries: „?u hast ja die Schlinge selbst um ihn gelegt." Die dritte Schwester, Frau Theinert bestätigte diese Bezichtigung. Es kam zwischen den Angeklagten und Zeugen zu schweren Auseinandersetzungen, so daß die Polizei eiugrciscn mutzte, um eine Schlägerei zu verhüten. Alle diele Enthüllungen, Angaben und Beschuldigungen wurden vom Richter ausführlich zu Protokoll genommen und wer den der Staatsanwaltschaft zu weiteren Erhebungen zn- gestellt. Monsignore Orfenlgo (Mine), traf zur Übernahme seines Amtes am 25. April in der Reichshauptstadl ein, wo er aus dem Bahnhof von dem Bischof von Berlin, O. Schreiber (rechts), dem päpstlichen Nuntiaturrat Monsignore Centoz (links) und dem Ches des Proto kolls des Auswärtigen Amtes, Grafen Tatten bach (im Hintergründe), dem Vertreter der Reichsregierung, begrüßt wurde. tiOIK/idIVOdlü^dI8IVII1"rLZVLIOlZÜ j28 Als er am Morgen zum zweiten Male das alte Patrizierhaus betrat und von dem Mädchen freudig erstaunt begrüßt wurde, wußte er nicht, ob er recht ge handelt hatte, indem er das Haus noch einmal betrat. Doch nun war es zu spä!. Er wurde in ein anderes Zimmer geführt, anscheinend in das der Hausherrin, in dem sie am Fenster saß und ihn durch ein Nicken begrüßte. „Sie müssen mich entschuldigen", sagte sie. „Ich kann nicht ansstehen — die —" „Bitte sehr! Ich hoffe nur, datz Sie sich bald wieder er holen werden." „Ich hoffe es nicht. Ich — mich hält doch nun nichts mehr an diesem Dasein. Und ich mutz Sie gleich um Ver zeihung bitten. Ich habe mich gestern noch — ganz vor sichtig — nach jenem Herrn erkundigt, dessen Patz Sie mir zeigten. Ich habe mir sogar sein Bild zu verschaffen ver mocht. Es war nicht schwer; denn der Name hatte seiner zeit einen guten Klang." „Gnädige Frau!" „Und beides stimmt. Ich habe meinen Irrtum erkannt", vollendete sie, „und muh Ihnen dafür danken, daß Sie den weiten Weg und die Unkosten nicht gescheut haben, um mir dadurch Klarheit zu verschaffen. Notar Albers wird sich deshalb noch mit Ihnen in Verbindung setzen. — Nein, Sie dürfen nicht ablehnen. Für einen Waldarbeiter ist die Reise nach Hamburg kostspielig genug. Jetzt aber schenken Sie mir vielleicht noch eine Stunde, damit ich Ihnen die Aufklärung geben kann, auf die Sie ebenfalls ein Recht haben." Sie deutete auf den Stuhl gegenüber, und nachdem er Platz genommen hatte, nahm sie von einem neben ihr stehenden Hocker ein dickes Phoiographiealbum. Sie öffnete es jedoch noch nicht, sondern sagte, indem sie durch das Fenster nach dem Himmel schaute: „Mein verstorbener Gatte war ein bekannte Psychiater und Hai hier eine Anstalt für Geisteskranke gegründet, die guten Zuspruch fand und wegen ihrer mustergültigen Ein richtung auch von vielen Fachgenossen ausgesucht wurde. Wir besatzen zwei Jungen, prächtige, kräftige Kerle voller Lebenslust, und gerade durch diese sollten sie so schweres Herzeleid über uns bringen. Das erscheint Ihnen sonderbar, ist aber leicht zu er klären; denn beide Jungen sträubten sich gegen den Besuch höherer Schulen, konnten von uns nur mit Mühe zur Ab legung der sogenannten Einjährigen-Prüfung gebracht werden, lehnten aber beide ab, das Matur zu machen und gar nachher Medizin zu studieren, um dereinst die Praxis und das Sanatorium des Vaters übernehmen zu können. Alle Strenge nützte ebensowenig wie Bitten. Jochen, der ein Jahr älter war als sein Bruder, mutz sich mit diesem insgeheim besprochen haben. Er wartete noch, bis Karl ebenfalls die Prüfung hinter sich hatte, und dann — dann waren beide eines Tages ausgerückt —" Die alte Dame schwieg und bedeckte die Augen mit ihrer Hand. So verharrte sie geraume Zeit, ohne datz der vor ihr Sitzende sie zu stören wagte. Endlich lietz sie die Hand sinken und öffnete das Album, dessen erste Seite die Photo graphie eines vollbärtigen Herrn zeigte, den nicht etwa die Brille allein sofort als Gelehrten auswies. „Mein Mann!" erklärte die Greisin, und während nun der angebliche Jochen Bendemann das schwere Ding um drehte, um das Bild genau ansehen zu können, achtete er nicht darauf, daß sie keinen Blick von ihm ließ. „Ihr Gatte muß ein sehr kluger Kopf gewesen sein", sagte er; aber das Bild war ihm an sich nichts, gar nichts. Der Mann war ihm vollkommen fremd. Unwillkürlich seufzte Frau Bendemann, als sie das be merkte. „Bitte, wenden Sie um!" sagte sie, und wieder heftete sie die Blicke erwartungsvoll auf ihr Gegenüber. Jochen sah vor sich die Bilder zweier junger Menschen, die bei der Aufnahme vierzehn, fünfzehn Jahre alt ge wesen sein mochten und somit noch keine scharf entwickelten Züge hatten, aus deren Augen aber Uebermut und Leicht sinn sprühten, wozu das Lächeln um ihren Mund so reckt patzte. „Durchgänger!" dachte Jochen Bendemann, und fragte: „Die beiden wurden von Ihnen natürlich zurück geholt?" „Nein!" Kein Wort weiter kam über die Lippen der alten Dame, als dieses eine, und doch klang aus ihm eine ganze Welt von Schmerz, klang aus ihm verzweifelnde Mutterliebe es war wie ein Aufschrei. Betroffen schaute Jochen Bendemann auf und erschrak, als er über die gefurchten Wangen Tränen rinnen sah, eine nach der anderen, unaufhaltsam, ohne datz er sie schluchzen hörte. Und er begriff alles, begriff, wie die arme, alte Dame dieses lautlose Weinen hatte lernen müssen, um dem strengen Gatten nicht zu verraten, daß ihr Herz immer und immer wieder nach den verlorenen Kindern schrie, die aus dem Käfig des Elternhauses in die Welt hinausgeflogen und niemals zurückgekommen waren. In tiefstem Mitleid legte er seine beiden Hände aus ihre rechte Hand, die leicht zuckend auf dem Nähtischchen ruhte. „Liebe, gnädige Frau!" „Karl, der jüngere, schrieb ein einziges Mal — aus Amerika, aus Charleston. Er bat um Verzeihung; aber es waren nur Worte. Aus seinem Briefe jauchzte die Wonne der Freiheit. Das nächste Bild lag bei." Jochen Bendemann hatte es schon vor sich und freute sich über den prächtigen Burschen, der ihm da entgegen lachte, und hörte die leise Stimme der Mutter sagen: „Zwei Monate später ist sein Schiff mit Mann und Maus im Meere versunken!" „Und Jochen, mein Namensbruder?" fragte er, nm '' abzulenken. Sie schüttelte den Kops. (Fortsetzung folgt.)