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Abenämakl Im Saale glomm ein Hauch vom Abendrot, Da nahm der Herr und segnete das Brot. Die Zwölfe saßen stumm, erwartungsvoll, Als ob ein neues Wunder werden soll. Und wie das Schweigen unter ihnen ging, Erklang verräterisch ein Silberling. Aus hartem Auge fuhr ein kurzer Blitz: Drang dieses Klinge» zu des Herren Sitz? Der Jüngste, hauptgeneigt an Meisters Brust, Erlauschte hingegebeu Gottes Lust. Ernst ging ein Wort von Meintat und Verrat, Und hoch ein Wort von einer Liebestat. Im Saal verglomm der letzte Abendschein, Die heiligen Hände hielten Brot und Wein. In heiligen Augen glomm des Wunders Glun „Das ist mein Fleisch, das ist mein Blut.. F. Schrönghamer-Heimdal. I Wilsdruffer Tageblatt I 2.Blatt.-Nr.9V - Mittwoch Sen 16.April 1930 Die Passionsblume Von I)r. Bruno M e n t h. Es war um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, als der reiche Kaufherr und Arzt Nikolaus Monardes in Sevilla eines Tages in seinem Garten lustwandelte, der nächst seiner Bibliothek das Liebste war, das er in dieser Welt sein Eigen nannte. Mit Stolz beschaute er die reichen Pflanzenschätzc und die zum Teil sehr seltenen Blumen, die er aus dem spa nischen Amerika bezogen. Monardes war nicht ein bloßer Blumenliebhaber wie so viele reiche Kaufherren der damaligen Zeit in Spanien und den Niederlanden, sondern ein gelehrter Botaniker, dem man die ersten Beschreibungen und Einfüh rungen sehr vieler amerikanischer Gewächse und Blumen zu danken hatte. Damals ergriff sogar den finsteren König Philipp II. die Leidenschaft für die Erforschung der Natur produkte seiner überseeischen Kronländer. Er sandte seinen Leibarzt Franzesko Hernandez auf sechzehn Jahre nach Neu- Ipanien, damit er Medizinal- und Ziergewächse sammeln und in schönen Abbildungen darstellen lassen sollte. Konnte auch Monardes nicht die Hunderttausende anwenden, die Philipp II. dem Sammelwerk des Hernandez widmete, so schmückten doch seinen Garten einige damals höchst seltene Neuheiten. Da Prangte z. B. jene riesige gelbe Blume aus Peru, die ihr Antlitz stets der Sonne zuwendet und darum in ihrer Heimat als heilig verehrt wurde. Monardes beschrieb auch zum ersten Male die sogenannte Kapuzinerkresse mit den sonderbar geformten feuergelben Bluten von denen der große Linne nach einer Beobachtung teurer Tochter glaubte, daß sie des Abends bläuliche Blitze aus- ' oe»'. allem aber interessierte den spanischen Doktor ^"e fleischfarbene Blume, die man in Brasilien zum Beranken oer ^.auben verwendete und Murukuja nannte. Längst hatte er üie^s Schlinggewächs, dem die Spanier wegen seiner wueruchen, im Geschmacke an Granaten erinnernden Früchte den Namen Granadille bcigelegt, mit besonderer Teilnahme betrachtet. Unter den vielen Hunderten verschiedener Blumen, Ae er ch"nte, war ihm nie eine ähnliche Sonderbarkeit der Blutenbildung vorgekommen. Es schien ihm ein eigentüm liches Geheimnis in der bizarren Blumengestalt verborgen. Er pflückte einige Blüten und stieg damit nach seinem Arbeits zimmer hinauf, um sie einmal nach Anatomenart zu zerlegen. Kaum aber lagen die einzelnen Teile gesondert vor ihm, als ihn ein Naturspiel überraschte, das er nicht ohne innere Be wegung anzuschauen vermochte. Wie ein Blitz kam ihm die Erkenntnis, daß die Blütenteile seines Schlinggewächses ge treue Abbilder der Marterwerkzeuge Christi seien. Wie man in den einzelnen Knochen des Kopfskelettes eines Hechtes Kreuz, Kelch, Lanze, Nägel usw. wahrzunehmen glaubt, so sand er in der Granadille alle jene Requisiten der Henkers knechte beisammen. Er beschrieb jene wunderliche Entdeckung in einem Buche, das, wie es scheint, erst fünf Jahre nach seinem 1598 erfolgten Tode gedruckt worden ist. Zunächst natürlich mußte die heilige Blume, welcher der Himmel so sichtbar seinen Stempel aufgedrückt zu haben Wen, die Aufmerksamkeit der Priester und Mönche erregen. Ein bedeutsameres Ziergewächs für die Klostergärten, die oft viele solcher von Missionaren gesandten Seltenheiten bargen, konnte gar nicht gefunden werden. Die Kirchenfürsten Waten den Samen des Wundergewächses als kostbare Novität ein ander zu, um die oft prachtvollen Blumengärten ihrer Re sidenzen damit zu schmücken. So gelangte die Blume 1609 nach Bologna und 1625 nach Rom, wo sie Papst Paul V. mit Bewunderung in Augenschein nahm. Gleich nach dem ersten Bekanntwerden der Passionsblume in Italien (1609) veröffentlichte Simon Parlaria ein besonderes Buch darüber, und Donatus der Einsiedler lieferte 1622 die ersten Abbil dungen der Blume, die später von Nierenberg in einem latei nischen Gedichte gefeiert wurde. Wohl am meisten mr Verbreitung ihres Ruhmes dürfte der Jesuit-Johann Baptist Ferrari aus Siena beigetragen haben, der sie in den berühmten Gärten des Kardinals Franz Barberini studierte und in einem 1633 erschienenen, von dem Maler Peter von Cortona illustrierten Buche über Blumen pflege mit begeisterten Worten schilderte. Sie sei, sagte er, ein Mirakel für alle Zeiten, denn in ihrem Kelche habe Gott mit eigener Hand die Leiden des Heilandes gezeichnet. Die äußeren Hüllblätter verlängerten sich in Stacheln, um an die Dornenkrone zu erinnern. Die Unschuld des Erlösers glänze in der zarten Farbe der Blumenblätter. Die in Fäden zer schlitzte Nektarkrone erinnere an seine zerrissenen Kleider, und die in der Mitte befindliche Säule deute auf den Pfeiler, an welchen Christus bei der Geißelung gebunden wurde. Der Fruchtknoten stellte den in Galle getränkten Schwamm vor. Die drei gestielten Narben endlich die drei Nägel, die durch Hände und Füße geschlagen wurden. Es würden ferner durch die fünf Staubbeutel die fünf Wunden versinnbildlicht, wie man an ihren deutlich erkennbaren Narben sähe. Die zu gespitzten Blätter glichen der Lanze, die Ranken den Geißeln, nur das Kreuz selber fehle, weil die milde und sanfte Pflanzennatur der Darstellung des Gipfels der Schmerzen widerstrebt habe. Später sähe man aus der Blume wie aus einer klaffend geöffneten Wunde das Bild eines zugerundeten Herzens (die Frucht) süß von Geschmack und heilsam hervor treten, das schönste Symbol der göttlichen Liebe. Kaum, schließt Ferrari, kennt die Gartenkunde sonst eine so durch aus wunderliche Blume, in der die bittersten Schmerzen auf blühen und lächeln. Manche beschauliche Geister haben die Teile der Blume anders gedeutet. Die meisten vergleichen die Staubfäden mit dem Hammer, der die Nägel einschlug, den gestielten Frucht knoten mit dem Kelche, den weißen rotgesprenkelten Faden kranz mit der blutbespritzten Dornenkrone. Natürlich ist dieser Deutung der Blume auch der Unglaube nahe getreten, und wenn Rochefort in seiner lckmtoire des ?rntilles schüchtern bemerkt, es gehöre viel Pietät dazu, alle jene Gegenstände in der schönen Blume zu erkennen, so protestierte Thomas Al- dinus (Gastelli) mit aller Entschiedenheit gegen eine derartige Deutung der Blume. Die Passionsblume verbreitete sich mit außerordentlicher Schnelligkeit über ganz Europa. Im Jahre 1629 zog man sie bereits in England. Zuerst jedoch wurde die gelbe Pas sionsblume, aus Virginien und Jamaika stammend, in Padua gezogen. Die Blume dagegen, auf die sich die ältesten An gaben von Monardes beziehen, ist die fleischrote Passions blume, während in späterer Zeit die Deutung meist auf die blaue Passionsblume angewandt wurde. Diese letztere schöne, aus Brasilien stammende und 1625 nach Europa gebrachte Art ist am meisten verbreitet. Unter den sonstigen zahlreichen Arten dieser Gattung wären noch die beiden westindischen Passifloren mit großer Blume und weißgeflecktem Kranze sowie die Prachtvolle Passiflora kermesina aus der Umgegend von Rio de Janeiro mit karmesinroter Blume und blauem Fadenkranze hervorzuheben. Keine Blume, mit einziger Ausnahme von Rose und Lilie, ist in der älteren Kunst häufiger dargestellt worden als die Passionsblume. Namentlich geschah dies für Kirchendeko rationen, als Arabeske, in Ziselierungen, als Deckelpressung für Bücher und in zierlicher Miniaturmalerei für Jnitialien. In der Tat besitzen Blume und Gewächs einen sehr stilvollen Charakter, der für die darstellenden Künste beinahe ebenso verwendbar ist wie der des Akanthusblattes. Der hin- und herschlingende Stengel mit seinen edel geformten Blättern und gekräuselten Ränken ist an sich bereits der Efeu- oder Weinarabeske ebenbürtig. Dazu kommt nun eine Blume, so fremdartig schön, daß sie wie komponiert erscheint. Es ist merkwürdig, daß, lange bevor man diese Blume gekannt hat, ältere Maler ähnliche Blumen mit aus den Kelchen fort sprossenden Teilen für die Arabesken konstruiert haben, wie man dies häufig auf alten Basen und Wandgemälden be achten kann. SLaffeZsieins 8M. Geburtstag. Der Geburtsort des Adam Ries. Viktor von Scheffels Wanderlied: „Wohlauf, die Lust geht frisch und rein," mag vielleicht nicht jeder kennen, aber von dem „heil'gen Veit vom Staffelstein", der tri diesem Liede erwähnt wird, haben sicher schon viele etwas gehört, und so klingt der Name „Staffelstein" unserem Ohre durchaus vertraut. „Zum heil'gen Veit vom Staffelstein Komm ich emporgestiegen Und seh die Lande um den Main Zu meinen Füßen liegen . . ." singt der Dichter, aber oer „staffelstein", den er meint, is der Staffelberg mit seiner Kapelle, in der der heil'ge Ven gewirkt hat. Dieser Stasfelberg liegt dicht bei dem ober- sränkischen Städtchen Stafselstein, das jetzt 800 Jahre all wird. Im Jahre 1130 hat der links vom Maine gelegene Ort das Marktrecht erhallen und so kann er nunmehr mit vollem Recht den 800. Geburtstag feiern. Bemerkenswert ist Staffelstein als Geburtsort des berühmten Rechen meisters Adam Ries, den man fälschlich Riese nennt. Aber außer dem heil'gen Veit und dem klugen Ries Hal Staffelstein noch manches, was seinem Ramen gute» Klang verleiht. In der Nähe liegen nämlich die alte Benediktiner«blei Banz und der berühmte Wallfahrtsort Vierzehnheiligen. Banz gilt als das schönste oer fränki schen Schlösser. Es ist in schöner Gegeno über oem Mai» gelegen unv war einst ein sehr angesehenes Stift mit einer prächtigen Bibliothek uno einem wunderbare» Naturalienkabinett. Als Abtei hat es längst aufgehört zu bestehen. Vierzehnheiligen liegt Banz gegenüber auj einer Anhöhe mit herrlicher Aussicht auf vas Maintal. An oer Stelle, wo »ach oer Legende einem Schäfer im 15. Jahrhundert die vierzehn beiligen Rochelfer er schienen waren, wurde eine Kapelle errichtet, die 1525 im Bauernkriege zerstört, später aber wieder aufgebant wurde. Die Kirche von Vierzehnheiligen wird jährlich von vielen Tausenoen von Wallfahrer» besucht. Das Koburger Luiher-Lahr. Eröffnung einer Luther-Ausstellung. Das Luther-Jahr, das in diesem Frühjahr und Sommer durch eine Reihe von Veranstaltungen anläßlich der vierhundertjährigen Wiederkehr der Monate, während deren sich Dr. Martin Luther auf der Feste Koburg aufhielt, begangen wird, wurde mit der feierlichen Eröff nung einer Luther-Ausstellung auf der Feste Koburg ein geleitet. Im Kongretzsaal der Burg hatte sich eine an sehnliche Festversammlung eingefunden. Nach einem Streichquartett von Brahms und dem Gesangsvortrag der Luther-Motette von Richter begrüßte Oberregierungsrat Fritsch (Koburg) als Vertreter der bayerischen Staats regierung und der Regierung von Oberfranken die Gäste. Namens der Stadt Koburg bewillkommnete Nechtsrat Diehler und namens der lutherischen Kirche Dekan Weiß die Festversammlung. Die Redner wie auch der Dekan der theologische» Fakultät der Universität Erlangen, Dr. Preuß, würdigte» den Aufenthalt Luthers auf der Koburg und die Bedeu tung jener Zeit. Der Vorstand der Feste, Geheimrat Kämmerer (Koburg), hielt einen Vortrag zur Einführunc in die Ausstellung, die nach der Beendigung der Feie: besichtigt wurde. Sie enthält Schriften und Brief! Luthers, Flugblätter und Kampfbilder aus der Refor mationszeit sowie Luther in der Kunst nach Zeitab schnitten geordnet. Wohin die SesatzunMWen abrücken. Die neuen Garnisonen. Über die Verteilung der bei der Rheinlandräumung aus Deutschland zurückgezogenen Truppen auf die fran zösischen Garnisonstädte wird folgendes bekannt: Der Stab der 4. Kavalleriedivision aus Tr > er wird nicht nach Angers, sondern nach Neivas verlegt. Das 6. Kürassier- regiment, das von Trier aus nach Moulins gehen sollte, soll jetzt nach Verdun kommen. Das 18. Dragoner- regiment geht aus Landau ebenfalls nach Reims. Die I.Äuwmaschinengewehrschwadron wird von Mainz aus gleichfalls im Osten untergebracht. Auch das 4. Dragoner bataillon geht nicht von Trier nach Angers, sondern nach Verdun; das 2. Artillerieregiment erhält nach dem Weg zug aus Trier ebenfalls nicht Angers, sondern Verdun als Garnison. Die britischen (Missorgen. Englands Schatzkanzler trinkt einen Schluck Wasser. Das Budget, das dem Englischen Unterhaus von Schatzkanzler Snowden vorgelegt wurde, weist nicht nur ein Defizit in Höhe von 14,5 Millionen Pfund (290 Mil lionen Mark) für das verflossene, sondern auch wesent lich erhöhte Ausgaben für das kommende Rech nungsjahr auf, so daß eine Heraufsetzung der Steuern un vermeidlich geworden ist. Snowden bemerkte unter atemloser Spannung des Hauses: Das Gesamt einkommen für 1930 auf der gegenwärtigen Grundlage ist 739 645 000, dem eine Gesamtausgabe von 781 909 000 Pfund Sterling gegenübcrstehe. Tic Differenz, die er ansglcichen müsse, betrage 42 264 000 Pfund Sterling. In diesem dramatischen Augenblick ergriff Snowden mit gelassener Ruhe ein Glas Wasser, um daraus einen Schluck zu nehmen, indem er ironisch be merkte, er wolle dem Hause Zeit gebe», sich von dem Chock dieser Ziffern zu erholen. Tie Rede Snowdens wurde von den Konservativen mu lebhaften M : ß f a l l e n s ä n ß c r n n g e n aus genommen. Bild links: Das traditionelle Achterrudcrn der Universitäten Ox ford und Cambridge, das größte Ereignis der englischen Ruder - faison. wurde am 12. April unter den Auae» von Hundert- i tausenden von Zuschauern ausgetragen und endete mit dem Siege von Cambridge (rechts) um 3x- Längen. — Bild rechts: ! Dor Flwballkampf Niedorösterrt'ch --Süddm'Cchicnd der am 13. April in Wien ausgciragen wurde, endete mit dem österreichischen Siege 3:0. — Von der Siegermannschaft zeichnete sich besonders Horvath aus, der an Sluhilaut vorbei mm 2 Tore cmHndA.