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Vermischtes Tas Große Los ist zu groß. Bei der letzten Ziehung der Preußisch-Süddeutschen Klassenlotterie gewann ein Mann in Ostpreußen das ganze Große Los für sich allein, nachdem kurz vorher ein schlesischer Gastwirt den ganzen «Dreihunderttausender" gewonnen hatte. In dem einen Falle wurden 400 000 Mark, in dem andern 240 000 Mark an den Gewinner ausgezahlt. Ein ganzes Los der Preußisch-Süddeutschen Lotterie kostet in jeder Klasse 24 Mark, für alle fünf Klassen also 120 Mark. Ein Spieler, der ein ganzes Los spielt, muß in jedem Halbjahr 120 Mark bezahlen, was in dieser harten Zeit immerhin ein anständiges Sümmchen bedeutet, wenn man bedenkt, daß die 120 Mark nicht für lebenswichtige Dinge ausgegeben weiden. Da beschweren sich nun jetzt viele, die in einem halben Jahre kaum die 15 Mark aufbringen können, die sie haben müssen, um wenigstens mit einem Achtellos an den Glücksaussichten beteiligt zn sein. Sie ärgern sich darüber, daß ein einziger Mensch mit einem Schlage 400 000 Mark gewinnen kann, während sie selbst leer aus gehen. Und da hört man denn wieder, wie man das schon so oft gehört hat: „Das Große Los muß verkleinert werden und die Prämie muß auch verkleinert werden. Man sollte lieber mehr mittelgroße Gewinne schaffen, und ein Großes Los von 100 000 Mark wäre auch noch ganz. anständig!" Ganz unrecht haben die vielen, die so reden, nicht, und die Kürzung der Riesengewinne ist sogar schon einmal im Preußischen Landtag beschlossen worden. Aber bis jetzt ist nichts daraus geworden, wahrscheinlich, weil die andern Staaten, die zur Lottcricgemcinschaft gehören, nicht mitmachen wollen, vielleicht aber auch, weil man sürchtc«, daß es neben solchen, die mit der Kürzung ein verstanden wären, auch sehr viele gäbe, die sich und andern lagen würden, daß nunmehr das Lotteriespiel für sie keinen Reiz mehr habe. Und im übrigen: wer bloß Glück in der Liebe, aber kein Glück im Spiele hat, gewinnt auch die mittelgroßen Gewinne nicht! Prozeß um Sommersprossen. Sommersprossen werden bald wieder auf der Tagesordnung stehen und w ist denn von Wichtigkeit die Frage, wie man sich ihnen gegenüber zu verhalten hat. Welche Bedeutung haben sic B. im bürgerlichen Recht? In Hirschberg in Schlesien, wo es schon immer merkwürdige Prozesse gab, hat mau bas kürzlich entschieden. Um es auf eine einfache Formel Zu bringen: Sind Sommersprossen nur ein Schönheits- sehler oder sind sie eine Hautkrankheit? Die Sache ist die. baß ein Apothekenbesitzer in Hirschberg unter einem schönen fremdländischen Namen ein Mittel gegen Sommer sprossen in den Handel gebracht hatte. Dieses Mittel aber enthält Quecksilber, das zwar als Zusatz zu Heil- Müteln, nicht aber als Zusatz zu kosmeiischcn Mitteln Verwendung finden darf. Und nun mußte natürlich ent schieden werden, ob Sommersprossen eine Krankheit sind, W daß der Zusatz von Quecksilber bei dem Antisommer sprossenmittel gestattet wäre Das Hirschbcraer Schöffen- ^rich« hat^ kurz entschlossen die Sommersprossen unter b>e harmlosen Schönheitsfehler geworfen und den Apo- weker wegen der Verwendung von Quecksilber zu 50 Mark Geldstrafe verurteilt. Selbstverständlich Berufung. Und aun kam die Sache vor die Strafkammer und es wurden sachverständige vernommen. Wie das aber mit Sach verständigen schon so ist: sie konnten nicht einig werden, so daß sich Strafkammer ein eigenes Urteil über Wesen, Art und Bedeutung der Sommersprossen zu bilden hatte. Und sie kam zu dem klugen Schluß, daß Sommersprossen immerhin eine Abnormität der Haut und infolgedessen eine Art Hautkrankheit seien. Da man nun aber bei einem gegen eine Krankheit verwendeten Mittel Quecksilber . . . siehe oben . . ., wurde der Apothekcnbesitzer freigesprochen. Wer weiß, ob nicht nun wieder der Staatsanwalt Be rufung einlegt, so daß sich am Ende auch noch das Reichs gericht mit den Sommersprossen zu befassen haben würde. Calais protestiert gegen Amerika. In Calais, der Hauptexportstadt für französische Spitzen, ver anstalteten 30 000 Personen eine Protestkundgebung gegen die neue Erhöhung der amerikanischen Zölle auf Spitzen. Diese Maß nahme der Vereinigten Staaten, die als Gegenzug gegen die französische Zollerhöhung für Automobile gedacht ist, bedeutet einen vernichtenden Schlag gegen die Ausfuhr der Stadt Calais. — Unser Bild zeigt einen Teil des Demonstrationszuges vor dem Rathaus. Kürst Blücher vor Gericht. Der drohende Bankrott. Wegen Nichtbezahlung einer Schuld in Höhe von 73 340 Mark hatte sich vor einem Londoner Gericht Fürst Blücher, der seit langem in London lebt, zu verant worten. Der Fürst, der zurzeit krank ist, ließ sich durch seinen Rechtsanwalt vertreten, der darauf hinwies, daß noch weitere Schulden in Höhe von 140 620 Mark vorhan den seien, die zurzeit nicht beglichen werden könnten, da Fürst Blücher gegenwärtig keine Bezüge aus seinem deutchen Grundbesitz erhalte. Da im Falle einer Verurteilung und einer Bankrotterklärung seilens des Ge richts Fürst Blücher aus dem Fideikommiß überhaupt keine Einnahmen erhalten könnte, bat der Rechtsanwalt um Vertagung um drei Wochen, um inzwischen eine private Regelung durchführen zu können. Das Gericht entsprach diesem Anträge. Rundfunk Leipzig (Welle 259), Dresden (Welle AO). Mittwoch, 2. April. 14.30: Jugendfunk. » 16: Dr. Sagemann Michl über seine Reste nach Palästina. « 16.30: Konzert. Mozart: adagio. — Chopin: Etüde. — Brahms: Juchhei: Das Mädchen- sensionat. — Rameau: Gavotte. — Couperin: Die Gezierte. — Liszt: Polonaise. — Arditi: Parla-Walzer. — Toch: Der Jongleur. — d'Albert: Zur Drossel sprach der Fink. — Smigelski: Spieglein m Walde. — Dvorak: Slawischer Tanz. — Sarasate: Spanischer Lanz. — Brahms: Ungarischer Tanz. » 18.05: Arbeitsmarkt in Lachsen. » 18.40: Italienisch, » 19: Prof. Dr. Hoffmann: Sprechstunde für dis reifere Jugend. » 19.30: Schrammelmusik. Zchrammel: Dornbachec Setz. — Schild: Das goldene Wiener Herz. — Komzak: Wiener Volksmusik. — Geiger: Mir hat heul' Nacht von Wien geträumt. — Fahrbach: 2m Kahlenberger Dürfl. — Benatzky: Ich muß wieder einmal in Grinzig sein. — Komzak: Fideles Wien. — Lorens: Jetzt trink'n ma noch a Flascherl Wem. — schramme!: Latz m's krachen. — Schild: D'Banda kommt. O 20.30: Grotze Reden: Robespierre: „Ueber die Menschenrechte". Emile Zola: „Ich klage an". « 21: Sinfonie-Konzert. Funkorch. * 22: „Von Peter und der Anuschka". Eine wahre Geschichte von Helene von Berkholz. » Danach: Tanz- und Unterhaltungsmusik. — Mittwoch, 2. April. Berlin W. Welle 418. — Berlin O., Magdeb u-vg, Stettin Welle 283. 12.30: Wettermeldungen für den Landwirt. 4- 15.20: Helene Lange: Der neue Sinn des Kindcrauslausches. 4- 15.40: Reg.-Rat M. Hartcck: Der Weg des Arbeiters zum Eigentum. 4- 16.05: Programm der Aktuellen Abteilung. * 16.30: Unterhaltungsmusik. 4- 18.00: H. Chr. Andersen zum 125. Geburtstag. * 18.30: Dr. Siegfr. Mauermann: Bismarck- Anekdoten. 4° 18.45: Dr. L. Weltmann: Emile Zola (Zum 90. Geburtstag). 4- 19.05: Unterhaltungsmusik. 4c 20.M: Ernst Bringols: Die deutsche Sprache. 4- M.35: Maria Basilides singt. 4- 21.00 aus Breslau: „Fünf Sekunden," Hörspiel von Waller von Hollander. 4- 22.30: Dr. F. Anders: Kartenspiele. Wer macht mit? (In einer Stunde „Sechsundfechzig"). Deutsche Welle 1635. 9.30—9.55: Vom rechten Umgang mit den Tieren. 4c MOO bis 10.25: Die oberdeutschen Mundarten: Bayerisch und Ale mannisch. 4- 10.35—10.45: Mitteilungen des Reichsstädtebundes. 4- 14.15—15.30: Kindertheater: Zu H. C. Andersens 150. Ge burtstag „Däumelinchen". 4- 15.45—16.00: Heiteres aus Pren tice Moulford für die Hausfrau. 4- 16.00—16.30: Vernehmung Jugendlicher. 4c 16.30—17.30: Nachmittagskonzert Hamburg. 4- 17.30—1755: „April." 4 17.55—18.20: Stand der Berufsaus sichten des Volkswirtes. 4- 18.20—18.40: Auf Urlaub in Brasi lien. 4- 18.40—19.05: Spanisch für Anfänger. 4- 19.05—19.30: Gutes Deutsch für jedermann. 4- 19.30—19.50: Die Straf löschung in den Personalakten und ihre Bedeutung für den Be amten. 4c 20.00: Aus München: Konzert des Schrammeltrios Theo Eitele. 4- M.30: „Der Herrgottsflucher von Maria-Stein." Oberbayerisches Volksstück von Waldorf-Eck. 4- 21.00: Aus Leipzig: Sinfoniekonzert. 4- 22.30: Kartenspiele. Wer macht mit? (In einer Stunde „Sechsundsechzig".) Heute geht's heim mit mir aus Lazarett und Kaserne. Vorläufig! Der erste Abschnitt meiner militärischen Laufbahn ist abgeschlossen. — Zivilsachen, sonst etwas knapp, lassen es zu, daß mau zwei Fäuste unter die Weste schiebt. Ehe man jedoch in der eigenen Wohnung Fuß fassen kann, heißts: Le bensmittelmarken holen! Donnerstag, 1. Februar. Die ersten Folgen des U-Bootkrieges haben sich schon gezeigt: Die hol ländische Regierung hat allen einheimischen Fahrzeugen das Auslaufen verboten und die fremden Vorm Verlassen der Häfen gewarnt. In Dänemark und ebenso in Norwegen ist man dem holländischen Bei spiel gefolgt, indem — einstweilen — alle Schiffe zurückgehalten werden. Aus der Schweizer, der dänischen und schwedischen Presse klingt viel Verständnis für den folgenschweren Schritt Deutschlands. Die englische Presse antwortet — wie nicht anders zu erwarten war — mit häßlichen Wutausbrüchen. Ich gehe am Rathaus vorüber. Roter Zettel: Heringsköpfe enthalten Oel. Die Heringe werden darum fortab ohne Köpfe verkauft. Die Kriegs ölgesellschaft. Unnötige Bekanntgabe, man kriegt ja keinen Hering. Sonntag, 4. Februar. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat die diploma tischen Beziehungen mit Deutschland abgebrochen. Wilson erklärt: Wenn amerikanische Schiffe oder Menschenleben in achtloser Uebertretung des Völkerrechts und der Gebote der Menschlichkeit geopfert werden sollten, so werde ich den Kongreß um die Ermächtigung ersuchen, die Mittel anzuwenden, die notwendig find, um unsere Seeleute nnd Bürger bei der Verfolgung ihrer friedlichen nnd legitimen Unter nehmungen auf dem offenen Meere zn schützen. Ich nehme es als aus gemacht an, daß alle neutralen Regierungen denselben Weg einschlagen werden . Wochenlang schon große Kälte. Dabei Holz- und Kohlennot! In Sora hält Pfarrer Große, in Weistropp Kantor Günther den ge samten Unterricht. Dienstag, 6. Februar. Während die gespannte Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf die Wir kung des neuen Unterseekrieges gerichtet ist, und auf die Folgen, die der Abbruch der Beziehungen zwischen Amerika und Deutschland haben wird, Seht der Kamps an den langen Fronten des Westens, Ostens und Südens Unbeeinflußt weiter. Lloyd George, Englands Ministerpräsident, sagt in einer Rede: Deutschlands Schritt sei ein Fortschreiten auf dem Wege vollkommener Barbarei, das Abwerfen der letzten Hülle Zivilisation. Der Barbar zeige üch nun in seiner angeborenen Wildheit. (Fortsetzung folgt.) Nr. S „KMraruNer Tsgevistt" I. 4 !YS0. Unsere Heimat im Weltkriege Bearbeitet von A. Kühne, Wilsdruff. „Es geht." Das war früher die Antwort, die man gab, wenn man nach seinem Befinden gefragt wurde. Jetzt vernehmen wir diese Antwort sehr oft. Langen Sie noch mit den Kartoffeln? „Es geht." — Ich kann nicht ge rade sagen, daß ich viel habe, doch es «nutz eben gehen. Ich wiege die Kar toffeln immer ganz genau ab. Dreimal in der Woche gibt es Kohlrüben. Sie waren iin Frieden bei uns sehr selten. Wir konnten uns auch schwer daran gewöhnen. Wenn sie aber richtig gekocht sind, schmecken sie ganz gut. Oft bin ich zu Mittag noch nicht recht satt, und mein Magen meldet sich nach kurzer Zeit schon wieder. Vergebens, er muß bis zum Vesper warten. Für den Frieden aber habe ich mir vorgenommen, acht Tage lang nur Braten und Eierkuchen zu speisen! Habt Ihr immer eine warme Stube? „Es geht." — Es könnte jetzt bei der anhaltenden Kälte viel wärmer sein. Wir würden auch gern «nehr in den Ofen schieben, wenn wir nur recht viel Kohlenvorrat hätten! Auch unser Holzbestand hat die Beine hinaufgezogen. Neulich gab es Briketts. Jeder bekam nur einen Zentner. Na, das war ein Gedränge, ein Durcheinanderschreicn und -zanken! Der arme Kohlen händler wußte gar nicht, wem er eigentlich geben sollte. Auch ich hotte das Glück, Briketts zu erwischen. Ganz zerzaust und zerdrückt kam ich nach Hause. Doch man ist es schon gewöhnt; denn es geht fast immer so. Haben Sie auch immer so viel Arbeit? „Na, sie langt reichlich zu." — Ich weiß manchmal gar nicht recht, wo ich anfangen soll. Man möchte doch wahr haftig immer bloß aufpassen, wenn es etwas gibt. Alle Leute rennen gleich danach, und man will doch auch etwas haben. Man weiß schon nicht, was man kochen soll. Auch muß man jetzt die Sachen viel besser ausnützen. Ich freue mich manchmal selbst, wenn ich aus alten Sachen wieder etwas Neues hergestellt habe. Manches hält freilich nicht lange; denn die Kinder schonen die Sachen doch nicht so. Marie F. Sonntag, 21. Januar. Bei starker Kälte gedenken wir der Truppen, die besonders an der russischen Seite alle Folgen des Winters durchzumachen haben. Auch in Rumänien ist nasses, kaltes, ungünstiges Wetter. 20 17