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Die preußische Geueralsynode. Ein Rückblick. Die Preußische Generalsunode hat ihre Tagung beendet, mnier für vier Jahre wirs sie gewählt. Sie erläßt die .kirchengesetze uno regel: das Verwaltungs' und Finanz leben der Kircke Ihre 231 Mitglieder treten alle vier Jahre einmal zusammen In dieser Tagung legt die preußische Landeskirche, die größte Landeskirche der Welt, öffentlich ihrem Volk Rechenschaft ab von ihrer Arbeit der vergangenen vier Jahre, sie crörieri und beschließt, was notwendig ist. Aus der Fülle des Stoffes sei das Wichtigste mitgeteilt. Besprochen wurde das Schicksal des StaatsvcrtrageS. den die preußische Regierung nach dem Abschluß des Konkor dates mit der katholischen Kirche längst der evangelischen Kirche schuldig ist, wenn sie nicht als Kirche geringeren Rechtes da stehen soll. Die Generalsynode betonte in ernsten Aussprachen, daß sie einen baldigen Abschluß der nun endlich begonnenen Verhandlungen erwarten müsse, damit ein friedvolles Arbeiten zum Besten des Volkes möglich sei. Eingehend behandelt wurde die Frage: Kirche und Schule. Erfreulich war die Anerkennung der Staatshoheit in der Schule, ernst aber die Hinweise auf die Notwendigkeit, den christlichen Charakter der Erziehung zu wahren, besonders die Erteilung und die Beaufsichtigung des Religionsunterrichts durch geeignete Kräfte zu sichern. Ein Abschluß ist hier noch nicht erzielt. Wichtige Gesetze sind angenommen. Sie betreffen die Verschüarkeit der Pfarrer, die von nun an unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein soll, sowie die H i l f s d i e n st p f l i ch: der jungen Theologen, die nach der letzten Prüfung ein Jahr den Kirchcnbchörden zur Verfügung zu stehen haben Erfreulich war die Forderung, aaß die Ausbildung der künftigen Pfarrer erhöhte Anforde rungen stellen müsse. Endlich ist man auch ernst auf die Frage des Schutzes der Minderheiten bei Pfarrerwahlen eingegangen, d h., daß den Rechtgläubigen und den freier Gerichteten, wenn sie in der Minderheit sind, Pfarrer ihrer Richtung zugebilligt werden müssen. Leider ist es in dieser Frage noch nicht zur Entscheidung gekommen, ebenso schwebt noch die Umänderung des Patronats rechtes. Hoch erfreulich war die Versorgung der Auslanddcutschcn durch die Kirche und das Eintreten für die armen Christen in Rußland. Ebenso energisch ist der Kampf gegen die Methoden beim Kirchenaustritt und gegen Verunglimpfungen der Religion und der Kirche ausgenommen worden. Blickt man auf die Tagung zurück, so sieht man an allen Verhandlungen und Beschlüssen, wie ein neuer, frischer Geist in der evangelischen Kirche erwacht ist. Er drückte sich in den Aussprachen besonders aus als der Geist hoher Verantwort lichkeit, der sich auch darin zeigte, daß die Kirche ihre Steuer- nnd Geldansprüche nicht erhöht, ja zum Teil herabgesetzt hat Nicht: mehr Geld ausgeben, sondern: mehr leisten mit An spannung aller Kräfte ist ihr Leitstern und muß es auch sein. Auch darin will sie erziehend wirken aus das Volk. Er freulich ist auch die allgemeine Zustimmung, daß die Kirche politisch neutral zu sein hat und sein will. ?. H. P. Landgemeinden nnd kommunale VerwaliungSresvrm. Der Gesamtvorstand des Verbandes der Preußischen Landgemeinden befaßte sich mit den von der Staats regierung vorgelegten Entwürfen eines Gesetzes über die kommunale Selbstverwaltung Er nahm dazu auf Grund eines ausführlichen Berichtes des Präsidenten des Ver bandes, Dr. Gereke, Pressel, eine Entschließung an, in der u. a. folgendes zum Ausdruck gebracht wird: Dem in den Gesetzentwürfen erkennbaren Bestreben, unter Anerkennung des Selbstverwaltungsgrundsatzes die Rechte und Pflichten der Selbstverwaltung zu erhalten, wird zugestimmt. Begrüßt wird auch die Vereinigung aller ver fassungsrechtlichen Bestimmungen in einem einzigen Ge setz und die Aufstellung einheitlicher Vorschriften grundsätz licher Ari für alle Selbstverwaltungskörper, die den Gedanken paritätischer Behandlung erkennen lassen. Allerdings wird hervorgehoben und im einzelnen dargelegi, daß der Grund gedanke derParität in den Gesetzentwürfen nur in unvoll kommener Weise durchgeführl wird. Weiterhin wird in der Entschließung betont, daß die Ge setzentwürfe die Tendenz haben, die S t a a t s a u f s l ch t auf Kosten der freien Selbstverwaltung auszudehnen, eine Ten denz, gegen die sich die Landgemeinden von jeher gewendet haben Besondere Bedenken werden dagegen erhoben, daß wiederum in dem Gesetz den Gemeinden neue Aufgaben zugewiesen werden, ohne daß für die entsprechende Deckung der dadurch entstehenden Ausgaben Sorge getragen ist. Liebe, Sie zu spät gekommen ! Original-Roman von Gert Rothberg. ) Copyright by .Brückenberg-Derlag", Zwickau i. Sa. Das war lange her, einundzwanzig Jahre waren darüber vergangen. Und Vera Anderscheffs Kind war vielleicht am Wege gestorben, verdorben. Durch — seins Schuld! Durch feine große Schuld! Heinrich Romberg senkte die Stirn auf die Platte des Schreibtisches nieder „Vera, dieses unselige Mißverständnis, das uns damals trennte! Dieser Ehrlose, der dich bei mir der Untreue ver dächtigte Und ich habe zu spät erkannt, daß er nur seinen eigenen Zweck dabei verfolgte. Und du hast dich vor mir ver borgen, hast mir nie verziehen, daß ich eine Minute lang an deiner Untreue zweifeln konnte. Was aber ist aus unserm Kinde geworden? Wenn es lebt, muß es meinen Namen tragen, denn es entstammt meiner ersten Ehe Vera, du hattest kein Recht, mir auch das Kind für immer zu entziehen In mein größtes Glück hinein trat immer wieder die Sorge um dieses Kind Wenn es gestorben wäre wie du — dann wäre ich ruhig, dann wäre alles gut. Die Toten sind gut auf gehoben Doch es kann leben, kann in Sumpf und Schande leben, und dieser Gedanke macht mich wahnsinnig " Der Konsul richtete sich auf. Mit rot umränderten Augen blickte er vor sich hin. * * * „Guten Morgen, mein gnädiges Fräulein. So pünktlich also halten Sie Wort. Darf ich Ihnen sagen, wie sehr ich mich darüber freue?" Direktor Kerkow hielt die kleine Mädchenhand ganz fest in der seinen. Lori sah ihn an, nicht mit dem schelmischen Lachen wie sonst, sondern ernst und fragend Dann riß sie sich zu sammen „Guten Morgen, Herr Doktor! Ja, wenn man sich auf etwas freut, muß man doch pünklich sein." „Ja, da muh man wohl ganz besonders pünktlich sein." Er gab ihre Hand frei. Der größte Dampfer öer Weit. Die Cunard - Gesellschaft will ihn bauen. Die Cunard - Schiffahrtsgesellschaft gibt bekannt, sie habe den Bau eines neuen Passagicrdampfers, der der größte der Welt sein werde, beschlossen. über das neue Schiff werden folgende Einzelheiten 'ekannt: Bei einer Länge von 330 Metern und einer Breite wn über 33 Metern soll die Wasserverdrängung 61 000 Donnen betragen. Der Antrieb wird durch Turbinen >on zwei Hochdruckkesseln mit einer Leistung von 300 000 Pferdestärken (90 000 Pferdestärken mehr als bei der .Bremen") erfolgen. Die Geschwindigkeit soll 28 bis 30 Seemeilen je Stunde betragen. Außer für die Besatzung ind Unterbringungsmöglichkeiten für noch 4700 Personen vorgesehen. Die Baukosten sollen sich auf 100—120 Mil- ionen Mark (?) belaufen. Die Bandauer wird drei Jahre >etragen. WVfMM-' Mk.' «t MS». . vik>«> u MWki.St.OL MlllMM Gefährlicher Kamps im Zirluswagen. Bär und Löwe überfallen eine Tierbändigerin. In Bebra bei Kassel wurde die als Tierbändigerin tätige Frau des Zirkusbesitzers Hassel von einem Bären und einem Bcrberlöwcn überfallen und lebens gefährlich verletzt. Der Wanderzirkus Hassel war bereits von Bebra ab gefahren und es war nur noch ein Menageriewagen unter der Aufsicht der Frau Hassel zurückgeblieben. In diesem Wagen geriet ein von halbwüchsigen Burschen ge reizter sibirischer Bär in solche Wut, daß er mit seinen Pranken eine Wagenwand zertrümmerte und einen Berberlöwen, der sich im Nebenabteil befand, überfiel. Als Frau Hassel auf die beiden kämpfenden Tiere mit einer Drahtpeitsche einschlug, stürzte sich der Bär aus sie, biß sich in ihrer Schulter fest und warf sie zu Boden. Die benachrichtigten Gendarmen und einige Strecken arbeiter drangen nun mit schweren Eisenbahnstangen in den Menagenewagen ein und suchten dem Kampfe ein Ende zu machen. In diesem Augenblick sprang der Löwe, der sich bis dahin verhältnismäßig ruhig verhalten hatte, auf einen der Gendarmen, worauf dieser blitzschnell seine Dienstpistole zog und den Löwen durch einen Schuß in den Kopf niederstreckte. Frau Hassel, die sehr schwer verletzt ist, wurde ins Bebraer Krankenhaus gebracht, während der Bär mitsamt den: MenagerieNH in polizeilichen Ge wahrsam genommen wurde. Neue Lteberschwemmungsgefahr in Güdsrankreich. Entgleisung eines Güterzuges im Hochwassergebtet. Aus Südfrankrcich wird gemeldet, daß die Garonne und der Tarn sowie verschiedene Nebenflüsse wieder ge stiegen und über die Ufer getreten seien. Man rechne mit einem weiteren Steigen, da in den Quellengebieten starte Regenfälle niedergehen. Besonders bedrohlich soll die Lage im Nivetal sein, das nahezu vollständig über schwemmt sei. Zwei Kais von Bayonne sind überflutet. Das Wasser hat die Höhe der Brückenbogen erreicht. Der Adourfluß ist aus seinen Ufern getreten und hat die Ebene überflutet. Die Ortschaft Estirac ist durch das Hochwasser in zwei Hälften getrenn». Bei La Guiche in der Gegend von Bayonne entgleiste ein Güterzug. Der Unfall, bei dem der Zugführer ertrank und der Heizer schwere Brandwunden erhielt, wird auf einen durch die Überschwemmung verursachten Damm rutsch zurückgeführt. Baldiger Abschluß der Voruntersuchung gegen die Brüder Sklarek. „Komplex Berliner Stadtbank" bereits abgeschloffen. In der Strafsache gegen die Gebrüder Sktarek und Ge nossen ist die Voruntersuchung geschlossen worden, soweit der Komplex Berliner Stadtbank in Frage kommt. Es handelt sich hier um die Anschuldigungen gegen die Ge brüder Sklarek wegen Betruges und schwerer Urkunden« fälsck/ina zum Nachteil der Berliner Stadtbank, gegen ihren Prokuristen Lehmann wegen Beihilfe hierzu und gegen mehrere andere Personen wegen Beihilse zum Betrüge sowie wegen Bestechung zweier Stadtbankdirektoren. Max Sklarek aus der Haft entlassen. In dem Haftprüfungstermin gegen die Brüder Sklarel wurden die gegen den angeschuldigten Max Sklarek be stehenden Haftbefehle aufrechtcrhalten, da dringender Tatver dacht und Fluchtverdacht sortbestcht. Er wird jedoch bis auf weiteres mit Untersuchungshaft verschont, weil die Sachverständigen die Aufhebung der Untersuchungshaft dringend befürwortet haben, da sonst mit der Gefahr fortschrei tender Verschlimmerung der schweren Erkrankung sowie mit der Möglichkeit eines plötzlichen Todes zu rechnen sei (Herz krankheit, Arterienverkalkung und Nierenentzündung). Gegen Leo und Willi Sklarek sind die Hastentlassungs- anträge abgelehnt worven. Ln geistiger Ltmnachiung. Selbstmord eines Oberstudienrates in Lübeck. Seit einigen Tagen wird der Oberstudienrat a. D. Dr. Phil. Georg Schmidt vermißt. Aus einem hinter- lassenen Briefe ist zu schließen, daß er sich in einem Anfall geistiger Umnachtung das Leben genommen hat. In dem Briefe heißt es, daß ihm eine Stimme immer wieder zu- gerufen habe, er solle ins Wasser gehen. Diesem Rufen habe er Folge geleistet, um nicht in die Heilanstalt über geführt zu werden. In dem Bries wurde weiter der Ort angegeben, an dem man seine Leiche im Kanal suchen solle. Im Verfolgungswahn aus dem Zug gesprungen. Auf dem Bahngleis zwischen Bietigheim und Groß« sachsenhcim wurde neben dem Bahnkörper eine bewußtlose Frau aufgefunden. Die Untersuchung ergab einwand frei, daß es sich um kein Verbrechen handelt. Die Ver- letzte, die keinen größeren Körperschaden erlitten und in zwischen das Bewußtsein wiedererlangt hat, ist eine Sprachlehrerin aus der Tschechoslowakei, die an Ver folgungswahn leidet und selbst aus dem fahrenden D-Zug Paris—Prag gesprungen ist. Mlsöruff, Vrssilvsr Slrsks, Karl Lora „Wollen wir gehen?" „Ja!" Zwei Stunden dauerte dieser Gang durch die Werke. Und Lori hatte früher nie etwas wissen wollen, wenn ihr Vater sie einmal mit hierher nehmen wollte Und heute hörte sie mit größter Aufmerksamkeit auf jedes Wort, das Kerkow zu ihr sprach Die Beamten und Arbeiter schmunzelten verstohlen. Wenn da nur nicht eine baldige Ueberraschung zutage trat! Der Direktor war heute ganz anders als sonst, nicht so finster und für sich Wahrhaftig, wie schön er war, wenn er lachte! Man hatte ihn in all den Jahren noch niemals herzlich lachen gesehen, wie er das gerade jetzt tat. Die Tochter des Chefs! Hm, ein reizendes Ding war sie. „So, nun hat das Geaaffe ein Ende, nun wird wieder gearbeitet." Meister Trieoisch, eisgrau und verwittert, hatte es gesagt Dabei blickte er selber noch immer schmunzelnd s dem Paare nach Seufzend bückte sich ein junges Mädel über ihre Arbeit Sie liebte den Direktor, seit sie ihn das erstemal gesehen. Und Mieze Eichler glaubte mit Bestimmtheit behaupten zu können, daß sie mit dieser Neigung unter den Frauen auf den Werken durchaus nicht allein dastand Ohne jede Hoff nung hatte sie ihn geliebt Er wußte wahrscheinlich nicht einmal, wie sie aussah Und nun würde Lori Romberg seine werden Mieze Eichler weinte still tn ihre Arbeit. „Was hast du denn. Mieze?" fragte ihre Nachbarin. „Ich — ich — hab mich gestochen." „Soll ich dich verbinden? Blutet es?" Eine alte Frau hob den Kopf, iah die Fragende, ein blut junges Ding, scharf an, und sagte: „Das Herz kann man nicht verbinden, das blutet, so lange es will " Ganz erschrocken saß Dora Deidlitz da. Sie sagte nichts mehr. * * Draußen, zwischen dichtem Gesträuch am Rande des Parkes, standen sich Kerkow und Lori gegenüber „Wie hat es Ihnen gefallen, Fräulein Lori?" „Sehr hat es mir gefallen Aber — Sie haben vergessen, mir Ihre Arbeitsstätte zu zeigen. Nun kann ich nicht so recht an Sie denken, wenn Sie tagsüber hier arbeiten." „Lori, wollen Sie wirklich manchmal an mich denken?" Er beugte sich zu ihr herab Das Mädchen zitterte plötzlich Was war nur über sie gekommen? „Ich habe ihn doch schon immer geliebt." Ganz deutlich hörte Lori ihr Herz diese Worte sprechen. Zagend stand sie vor dem Manne, dessen reife, starke Liebe ihr gehörte Er nahm ihre Hände. „Lori, ich habe dich lieb. Eigentlich wollte ich dir Zeit lassen, weil du noch so jung bist, und weil ich glaubte, ich müßte dir noch Zeit lassen. Ich allerdings habe keine Zeit mehr zu verlieren, denn ich bin dir gegenüber ein alter Mann. Lori" „Das ist nicht wahr!" stieß Lori hervor. Ein glückliches Leuchten erschien auf dem ernsten Männer- gesicht. „Meinst du, Lori, daß ich nicht zu alt bin? Im Herzen bin ich ganz bestimmt nicht alt, und ich will dir meine ganze, große Liebe geben Aber Lori ich verlange auch deine Liebe und Treue immerdar, wie du felsenfest jederzeit auf die meine bauen kannst. Ueberlege es dir genau, kleine Lori, ehe du mir deine Antwort gibst." Die dunkelblauen Augen hoben sich auf zu ihm. Nur Liebe strahlte ihm daraus entgegen Da zog er oie schlanke Gestalt an leine Brust „Lori, ich habe dich so lieb! Habe dich immer geliebt!" „Lieber, lieber Hans, ich habe dich lieb und ich brauche nichts zu überlegen!" „Lori!" Er küßte die weichen Lippen, küßte die Stirn, den zarten Hals, küßte, küßte Und über den beiden Glücklichen jubelte und zwitscherte es an diesem Maientage. Ein köstlicher Duft von Blumen zog lockend durch den alten Park Hinter dem alten Geräteschuppen verkroch sich der alte Gärtner. Das „Kleinchen" und Herr Direktor Kerkow! Also hatte seine Frau doch recht gehabt, die diese Verlobung ja stets prophezeit hatte. ^Fortsetzung folgt.)