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MlsdrusferTageblatt (i 6 d 315.''N Nr. 42 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Vas Kabinett vr. künger geltmÄ läster. Ministerpräsident Bünger. Jie Willigkeiten des Etats 1830 ür Am sl. 6-l8.'> llichen Trink ramm ramm seier: 15,7b. ichtere liencr l 8,5» Langsame Etatsvorberatungen. Der Streit nm die Arbeitslosenversicherung. Die nächste Vollsitzung des Reichstages wird nach einem Beschluß des Ältestenrates am nächsten Montag stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen die für die ab gesagte Mittwochsitzung vorgesehenen Gesetzentwürfe zur Verlängerung der Mieterschntzgesetze. Tw Verschiebung der Reichstagssitzung hatte sich als notwendig erwiesen, do die Einzelberatung des Nonng-Planes im Haushalts- und Auswärtigen Ausschuß noch nicht so weit gefördert war daß das Material für das Plenum verhandlungsreif war. Inzwischen sind auch die Verhandlungen über die Gestaltung des Etats vorangeschritten Das Reichskabinett beschäftigte sich in einer Nachtsihuno, mit dem Haushaltsplan 1930. Nach einer offiziösen Ver lautbarung hat sich das Kabinett über die Ausgaben des Etats in allen wesentlichen Punkten geeinigt, da gegen ist die Deckungsfrage für einzelne Etats noch nicht entschieden. Beim Etat des N e i ch s w e h r m i n i st e r i n m s einigte sich das Kabinett dahin, keine Rate für den Panzerkreuzer „8" einzustellen. Dagegen hat der Neichswehrminister höhere Beiträge für Ausrüstungs zwecke und für Reichswehrübungen dnrchgesetzt. Verabschiedet wurde auch der Etat des Verkehrs- ministeriums, an dem Abstriche gemacht worden sind. Nicht erledigt ist der Etat des A r b e i t s m i n i sie - r i u m s. Es gab hierbei erhebliche Meinungsverschieden heiten zwischen dem Reichsfinanzminister und dem Rcichs- arbeitsminister, die noch nicht alle ans dem Wege geräumt sind. Mit gewissen Abstrichen an seinen Nessortforde- rungen glaubte Reichsminister Wissest sich nicht einver standen erklären zu können. Er erklärte auch, die gegen den Widerstand der sozialdemokratischen Kabinettsmit glieder zustande gekommenen Beschlüsse des Kabinetts nicht vor dem Reichstag vertreten zu können. Hierdurch ist wieder eine außerordentliche Lage entstanden Wie es zur Krisis kam Diesmal ist es wirklich Ernst geworden. Unendlich viel Mißtrauensanträge sind in den letzten Jahren im Sächsischen Landtage verhandelt worden, alle aber sind erfolglos geblieben, bis jetzt ein solcher Antrag auch aus den Reihen der Parteien kam, die die Negierung stützten. Damit war ihr Schicksal sofort entschieden, verfügt die Opposition, die stets zum Regierungsstürzen bereit ist, doch beinahe über die Hälfte der Landtagssitze, so daß wenige Stimmen von der anderen Seite genügen, um ihr die Mehrheit zu verschaffen. Es konnte sich also nur noch darum handeln, daß die Nationalsozia listen ihren Antrag wieder zurüüzogen. Sie waren bereit dazu, doch stellten sie ihre Bedingungen. Und weil die Regierung diese Bedingungen nicht erfüllen wollte und wohl auch nicht erfüllen konnte, ohne nicht offen vor den Nationalsozialisten zu kapitulieren und ihre eigene Haltung — die Abstimmung im Reichsrat — zu des avouieren, mußte das Unheil seinen Lauf nehmen. Sehr wohl ist niemand bei dem Ausgang dieser Krisis, auch denen nicht, die sich als Sieger bezeichnen müssen. Eine kurze Schilderung, wie es dazu kam, er scheint noch einmal angebracht. Daß der sächsische Per ireter im Reichsrat eine Jastimme zum Boung- P l a n abgab, beruhte auf einem Beschluß des Kabinetts, Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« .Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktaren nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V RM., bei Postbestellung 2 «W. zuzüglich Abtrag. gebühr. Einzelnummern ISSipsg.AllePostanftalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsere«»«, träger und ibeschüstsstellen l nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Die bedeutsamste Differenz ist im Kabinett noch nm); zum Austrag gekommen: der Streit um die Arbeitslosenversicherung. Das Kabinett wollte erst die Ergebnisse der erneuten Aussprache ab warten, an der mit Dr. Moldenhauer und Wissell die sozialpolitischen Sachverständigen der Regierungsparteien tcilnehmen. Noiopfer für die Arbeitslosen? Die Besprechung zwischen dem Reichsfinanzministcr, dem Arbeitsminister und den Vertretern der Regierungs parteien über die Deckung des Defizits der Arbeitslosen versicherung ergab, daß die Sozialdemokraten die Vor schläge des Reichsfinanzministers ablehmen. Sie beharren dabei, daß die Neichsanstalt für die Arbeitslosenversicherung durch Erhöhung der Beiträge in den Stand gesetzt werden müsse, ihre Verpflichtung zu erfüllen. Dem Reich sollen eventuell die Mittel zur Deckung des jetzigen Defizits durch ein Notopfer aller Fcstbesoldelen, die über 8000 Mark Jahresein kommen haben, gewährt werden. Unabhängig davon wurde aber der Finanzminister ersucht, mit den beiden Versicherungsanstalten für An gestellte und Invaliden sich in Verbindung zu setzen, um festzustellen, in welcher Höhe die beiden Anstalten Kredite ermöglichen können. Schwierige IMuzMrhliMllWN Berlin, 19. Februar. Ueber die Deckungssrage selbst ist im Kabinett nicht verhandelt worden. Dagegen ist es am Dienstag nachmittag im Finanzpolitischen Ausschuß der Regierungsparteien zu einer recht lebhaften Erörterung hierüber gekommen. Es scheint, daß der Reichssinairzminister nun auch auf die bisherige „kleine" Deckungsvorlage zu verzichten bereit ist. Statt dessen sollen in dem Schuldentilgungssond nicht, nur der 154 Mill. Fehlbetrag von 1929, sondern auch der Fehlbetrag aus der Arbeitslosenversiche rung vom Jahre 1929 in Hohe von etwa 239 Mill, eingerechnet werden, so daß sür die eigentliche Schuldentilgung nur noch 70 5. 2. .7-8.5 .7 8.2 z für Bürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die Zerspaltene Roumzeilc 20Stpsg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 ««ich». Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeilr im textlichen Teile I Aeichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Neichspfennige. B«r. 'vcrÄn^nn^N^ stz e r n s p r e ch e r: Amt Wilsdruff Nr. 6 bnücksichttgi? Anzeigen- ann°hm-d>SEm.I0Uör. t ! Für die Mch»,keit de- durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Aabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden mutz oderdcrAuftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen allcVermittlungsftcllenentgegei-. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitzen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt. »er mit Mehrheit — anscheinend gegen die einzige Stimme des deutschnationalcn Wirtschaftsministers — gefaßt morden war. Natürlich waren die Deutschnationalen dar über sehr verstimmt, da sie sonst ja schärfste Gegner de Haager Gesetze sind. Dieser Mißstimmung gab ihr Frak iionsvorsitzender in einer Besprechung der Regierungs parteien unverhohlen Ausdruck und er drohte in der Er regung des Augenblicks sogar mit der Zustimmung zu dem kommunistischen M i ß t r a u e n s a n t r a g Das; diese Drohung nicht so ernst gemeint war, hat mau hinterher erfahren. Aber als sic ausgesprochen wurde stutzten die Nationalsozialisten, die sich bisher völlig zurück gehalten hatten, und nun brachten sie selbst ihren Miß trauensantrag ein, worüber wieder die D eu t s ch n a t i o aalen bestürzt waren. So ist man in die Krisis „hin nngcschliddert" . . . Hatte man noch auf die Sozialdemokraten gehofft, da sie selbst ja energische Anhänger des Noring-Plane- sind, so machten diese sofort einen Strich durch die Neck mmg. Und so steht man heute vor den Trümmern. Au? die Frage, was nun werden soll, weiß niemand ein überzeugende Antwort zu geben. Klar steint nur zn sein, daß die Grundlage des alten Kab tts, die j. schmal genug war, nicht wieder zum Aufbau einer neuen Negierung benutzt werden kann. Die Koalition mit der Sozialdemokratie wird von manchen Seiten warm empfohlen und auch die Sozialdemokraten scheinen nicht übel Lust zu haben, dieses Experiment zu unter nehmen. Aber sie weisen auch sofort auf ihr „Mindest Programm" hin. Große Anssicht ans Verwirklichung solcher Koalitionswünschc besteht also keineswegs. Wahr scheinlich werden wieder viele Wahlgänge der Minister Präsidentenwahl erfolglos sein und inzwischen wird di' Negierung Bünger weiter als G c s ch ä f t s k a b i u e t t im Amte bleiben. Ein Dauerzustand kann das freilich nicht sein. Daß dann Neuwahlen den einzigen Aus weg bilden, ist glich heute noch am wahrscheinlichsten. Nur ist nicht zu erwarten, daß Neuwahlen eine wirklich ' Änderung der Lage bringen könnten. Man weiß weder aus noch ein . . . Sehr dankbar dürfte das sächsische Volk für diese Krisis nicht sein. Und man versteht das um so eher wenu man sich überlegt, daß Regierung und Landtao nun aus wichtigsten Arbeiten herausgerissev sind. Die Beratung des neuen Etats stand unmittelbar vor der Tür! Wann wird sie nun durchgesührt Werder können? Von diesem oder von einem neuen Landtage- (27. Sitzung.) ov. Dresden, 18. Februar. >< i rm Punkt der Tagesordnung bildet der kommu - M i ß t r a n e n s a n tr a g gegen die Regierung, dem Abg. Renner (Komm.) begründet wird. don Kittinger (Nat.-Soz.) erklärt, seine Partei habe Bünger so lange Ivie möglich gestützi. (Die -'Ussührungcn gehen im Lärm der Kommunisten voll- jLV unier. Der Abg. Nenner erhält zwei Ordnungsrufe.) milche Regierung hätte sich bei der Abstimmung über ven lhoung-Plan wenigstens der Stimme enthalten müssen, AI" d.- Viertel des Landtages seien gegen den Young-Plan. Lae Regierung habe di? von seiner Partei gestellten Bedin - gungen abgelehnt, nun trage sie selbst die Verant wortung für die Folgen. Hierauf gibt Ministerpräsident Dr. Bünger eine Erklärung ab, in der er die Haltung der sächsischen Regierung zum Young-Plan begründet. Das Kabinett hat, so führte er ans, in der ernsten Stunde, in der es über die Stimmabgabe im Reichsral zum Neuen Plan beriet, sich gänzlich frei gemacht von parteipolitischen Erwägungen. Es hat es auch abgelehnt, mit einer Stimmenthaltung ^"Schein der Unentschlossenheit oder der Hemmung durch taktijche Rücksichten hervorzurnfen. Einzig und allein war für icdcs einzelne Kabinettsmüglied die Frage entscheidend, ob die Zustimmung zum zweiten Haager Abkommen eine unabweis bare Notwendigkeit war. Das Kabinett hat diese Frage bejaht. Dr. Bünger führte dann Gründe für die Annahme an, die den Young-Plan als das kleinere Übel er scheinen lassen. Aber das alles, so fuhr Dr. Bünger fort, die oft wiederholte Abwägung zwischen den Lasten des D a w e s - und für da^Kabinett nicht ausschlaggebend AtlsMaggebcnd war Vielmehr das Bewußtsein, daß das Reich sich m einer überaus schweren Zwangslage befinde,, Welter dle Überzeugung, daß, wenn der eingejchtagene Weg Nicht weitergegangen werde, der wirtschaftliche und der politische Zusammenbruch des Reiches in nächste Nähe gerückt seien. Wir geben zu, daß der Neue Plan kein großer deutscher Erfolg ist. ja, daß er in manchen Pnnkten, io im Transfersvstem, eine Verschlechterung gegenüber dem Dawes-Plan bedeute. Auch wird kein Mensch dafür einstehen Wollen, daß wir die uns darin angcsonnenen Tribute aus alle Zeit leisten können. Zu wünschen wäre es, daß uns eine Nach- prusung unserer Leistungsfähigkeit mit klaren Worten zuge- fl"uden wäre, daß wir nicht so sehr auf eine künftige bessere Einucht der Gegner angewiesen wären. Höher als mein Vcr- wt Am, des Ministerpräsidenten steht mir doch mein ^lbstachtungsbcdürfnis; und in den nationalen Gcwisscns- iragen taun sth meine Haltung nicht von Mehrheiten be- nbeEßt Regierung, so schloß der Ministerpräsident, »b stx dem Anstoß der Kommunisten folgen bas Kabinett stürzen wollen. Seine Mitglieder werden NW aus ggx stzlw bewußt bleiben, daß sie nach ihrer besten Überzeugung gehandelt haben. . Vöchel (Soz.) erklärt, daß die Sozialdemokraten für Ävung-Plan seien, so lange cs nichts Besseres für ihn Sic hätten aber keine Veranlassung, das Kabinett -»unger gegen seine eigenen Freunde zu schützen, und würden a>b sür den Mißtrauensantrag stimmen. . , "bg, Kgjser (Wirtschastsp.) erklärte, die Wirtschaftspakte! Ad"uere es, daß sich die Nationalsozialisten zu Mithelfern der »rommunisteu gemacht hätten. Sie würden gegen den Miß- -rauensanlrag stimmen. Abg. Dr.'Dehne (Dem.) erklärt, die vorgebrachlcn Grunde reichten für seine Partei nicht aus, der Regierung ihr Miß tt^en zu bezeugen. Sie haben aber auch kein Vertrauen zu einer Regierung^ die sich aus so unsichere Elemente stütze. Es müsse eine Regierung auf breiter Grundlage gebildet werden. Partei werde sich der Stimme enthalten. Siegert (Dtn.): Der kommunistische Antrag sei sehr ^rstachlich. Die Regierung hätte Gelegenheit gehabt, sich den, ^oung-Pwn gegenüber neutral zu verhalten. Sie habe nicht einmal vorher mit den Regierungsparteien Fühlung genom men Der Ministerpräsident könne nicht erwarten, daß die Aeutschuattoualen ihre grundsätzliche Einstellung verließen. Antrag der Nationalsozialisten könnten seine Freunde Mt ablehnen. Sic seien aber bereit, in neue Verhandlungen uv-r die Bildung einer Regierung auf der bisherigen Grund- wge einzutreten. (Heiterkeit des Hauses.) Nach weiterer Aussprache, die im ganzen etwa vier Stun- oen dauerte, erfolgten die Abstimmungen, die namentlich vor- genommcn wurden. Der kommunistische Antrag wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten abge lehnt. Dagegen stimmten die Deutschnationalcn, die Wirt- fchastspartei, das Landvolk, die Deutsche Volkspartci und die Nationalsozialisten. Demokraten, Altsozialisten und Volks rechtler enthielten sich der Stimme. Dagegen wurde der nationalsozialistische Mißtraucns- antrag mit 53 Stimmen der Sozialdemokraten, Kommunisten, Deutschnationalcn, des Landvolks und der Nationalsozialisten angenommen. 24 Nein-Stimmen gaben ab die Mitglieder der Deutschen Volkspartei und der Wirtschaftspartci. Die Demo kraten, die Volksrechtlcr und die Altsozialisten enthielten sich wiederum der Stimme. Der Präsident erklärte hierauf die „ ,"ahme des nationalsozialistischen Misttraucnsantragcs, waS Linken mit lebhaftem Beifall begleitet wurde. Minister- prasident Bünger gab daraus den Rücktritt bekannt. Das Ka- '""d bis zur Bildung einer neuen Regierung die Ge schäfte wcitcrsührcn. Ein Kommunistischer Antrag auf Auf lösung des sächsischen Landtages Dresden, 18. Februar. Die Kommunisten haben einen Antrag auf Auslösung des Landtags eingebracht. ,5-18,'» L ,5-l8H 1 .5-23, .0-14/ .5-17.5 ,028/ ,0 160 s ,6 I9.l L Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 19 Februar 1930