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ilsdmfferTagebM Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Tageblatt» eislyeint VN allen Werktaxen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ."^schaftsstcUe und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, de: Zustellung durch die Bolen 2,3u AM., bei Poftbeftellung AdNag- * . gebühr. Einzelnummern Mpig.AllePoftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unln-Aus. «g-rund GejchaslsfteUen ! u 2-2: nehmen zu jederBe. entgegen. ImFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieseruug -r Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aückjcndung eingesandtrr Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Fernsprecher- Amt Wilsdruff Nr. 6 «TWA durch ibcinrusüberinilteltenAnzeigen übernehmen wir Keine Larantte. JederAadatlanspruch erlischt, wennderBetragdurck Klage eingezogen werden muh oderderAusttaggeberin Konkurs geröt. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nr. 48 — 89. Jahrgang Telegr.°Adr.: „Amtsblatt* WilSdtUff-DresdkN Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 26. FebrUSV 1930 Die Krise auf dem Vaumarlt. Unter dem Druck der allgemeinen Wirtschaftskrise und der katastrophalen Lage des Baumarktes haben sich die Arbeitgeberverbände des gesamten deutschen Bau gewerbes gezwungen gesehen, von ihrem Kundigungs- rccht Gebrauch zu machen und die zurzeit gültigen Bau- arbeitcrlöhne zum 31. März 1930 zu kündigen. Eine Kündigung der Bauarvciterlöhne ist auch im Rheinland und in Westfalen erfolgt. Einen Blick auf die heutige Lage des Baumarktes zu werfen genügt schon, um die obige Meldung als nicht Made unerwartet zu betrachten. Wohl kaum ein Zweig deutschen Industrie ist im letzten Jahre so hart von der allgemeinen Wirtschaftsnot getroffen worden wie die Hauwirtschaft. Was besonders deswegen so bedenklich ist, weil Gunst und Ungunst auf dem Baumarkt sich nach allen «eiten hin auf eine ganze Reihe anderer Wirtschafts- iweige auswirken. Soeben erst hat man sich über die Verhältnisse auf dem Baumarkt und im Wohnungswesen unterhalten und dabei die bittere Feststellung machen müssen, daß das Wohnungsbedürfnis für die weniger und die gering Be- wittelten eigentlich erst dann einigermaßen gestillt werden Mn, wenn sich etwa 1935 der starke Geburtenrückgang während des Krieges wohnungspolitisch geltend macht. Also sozusagen nicht auf normalem Wege eine Besserung "folgt. Mindestens 800 000 Familien haben keine eigene Wohnung und etwa die gleiche Zahl von Familien ist in ^erfüllten Wohnungen zusammengestopft. Dazu kommt °>n Zuwachsbedarf von jährlich etwa 250 000 Wohnungen. End nun auf der anderen Seite die verhängnisvollen e d i t p o l i t i s ch e n Schwierigkeiten auf dem Haumarkt, die verhindert haben, daß über die Befriedi gung des Zuwachsbedarfes hinaus die Wohnungsnot wesentlich gemildert werden konnte. In den letzten Monaten des vergangenen Jahres gab »ns Bauvorhaben Privathypotheken zu erster Stelle Air für »zehr als zehn Prozent — wenn es überhaupt Geld gab. Denn Geldgesuche sür nicht erstrangige Hypo- weken blieben völlig ergebnislos. Kurzfristige Zwischen» "edite für die Ausführung von Bauten waren gleichfalls enorm kostspielig — auch hier mit der Einschränkung: Wenn sie überhaupt zu kriegen waren! So nähern sich die Baukosten, bei denen natürlich auch der Lohnanteil eine whr große Rolle spielt, nun schon dem Punkt, der 100 Prozent über dem Baukostenindex der Vorkriegszeit liegt. Entsprechend hoch sind dann auch die Mieten für Neubau wohnungen, wo diese nicht durch die billigeren Hauszins- neuerhypotheken zu wenigstens etwas geringeren Kosten vergeftellt werden konnten. Aber der Umfang dieser hier ZUr Verwendung kommenden Mittel ist auch längst nicht io groß wie der Steuerertrag selbst, weil ein Teil davon kör die allgemeine Finanzverwaltung der Länder und der Kommunen verwendet wird. Vielfach und sicher nicht mit Unrecht wird auch darüber geklagt, daß der allzu lang same Gang der Vehördenmaschinerie bei der Prüfung und Genehmigung von Bauvorhaben hemmend und ver- teuernd wirke. Wie daher nicht anders zu erwarten ist, lichtet sich das Streben der Arbeitgeber nach Herab- brückung der Baukosten nun vor allem gegen die bisherige Lohnhöhe, wobei es allerdings sehr fraglich bleibt, ob auf diesem Wege eine wirkliche Überwindung der Krise auf dem Baumarkt erreicht werden kann. Denn bei dieser sprechen ja.noch andere wirtschaftliche Horkommnisse ein vielleicht noch lauteres Wort als nur die bedrohliche Kreditlage, deren Folgeerscheinungen sie allerdings zum großen Teil sind: Der fast völlige Rück- Zug der „öffentlichen Hand",Mo des Reiches, der Länder und namentlich der Kommunen als Auftraggeber vom Baumarkt. Und die Behörden aller Art standen in der Reihe dieser Auftraggeber ganz vorn und in die vielen Hunderte von Millionen gingen die Mittel, die von dort aus der Bauindustrie zugeleitet wurden und — auch das Muß festgestellt werden — zu einer „Übersetzung", zu einer Ungesunden Vermehrung der Zahl der Betriebe führten. Damit ist es nun zum großen, vielleicht zum größten Teil vorläufig vorbei; von der Reichsbahn und der Reichspost herunter bis zur letzten Kommune wird gespart und noch- vials gespart, vor allem bei geplanten, ja bei halbfertigen Bauten. Nur was hier wirklich und ganz, aber auch ganz dringend notwendig ist, wird noch ausgeführt. Außerdem ist noch derprivaten Bauindustrie gerade bei den Bau aufträgen der öffentlichen Hand eine sehr fühlbare Kon kurrenz, in den „Bauhütten" erwachsen, Baubetrieben also, die eine Art genossenschaftlicher Betätigung darstellen Und die sich auch schon in großem Umfange auf Siedlungs- Und Sammelbauten ausgedehnt haben. Alle diese unerfreulichen Verhältnisse auf dem Bau- Markt dürften in absehbarer Zeit sich kaum wesentlich andern, auch nicht durch eine etwaige Lohnherabsetznng. Eine wirkliche Anpassung an die Lage, wie sie nun einmal ist, verlangt viel mehr auch noch eine scharfe Rationalisie rung sm Baugewerbe, nicht bloß hinsichtlich der vielfach Mohl nicht gerade modernen Betriebsformen, sondern auch der Zahl der augenblicklich vorhandenen Betriebe. Schon Manchen dürren Ast hat die Wirtschaftskrise auch hier gebrochen, — doch es ist noch recht vieles Morsche vor läufig geblieben. Wehren aber möchte mau sich gegen die Befürchtung, daß man zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bis zum 1. Avril etwa nicht zu einer neuen Eine neue Regierungskrise? hei den Regierungspartei^. P erhandlungen über das N o t o p s c r. Im Reichstag gehen wieder Krisengerüchte um, Ge rächte, die davon wissen wollen, daß die Regierung zurück treten werde, falls das Polenabkommen abgelehnt oder seine Abtrennung von dem gesamten übrigen Komplex der Haager Gesetze von: Reichstag beschlossen werden sollte. Die auf dem rechten Flügel der Deutschen Volks- Partei stehende Deutsche Allgemeine Zeitung, die sich selbst als zwischenparteilich bezeichnet, weiß davon zu berichten, daß zwischen dem Zentrum und der Sozialdemolrtie be reits bestimmte Abreden getroffen seien, die nur daraus hinauslaufen können, dje Deutsche Volkspartei zum Ver lassen der Koalition zu zwingen. Man spricht schon von einer bevorstehenden „Gewerkschaftsregierung", die sich auf folgenden Grundelementen aufbauen würde: Sicherung der Arbeitslosenversicherung in ihrem heutigen Umfang ohne Beeinträchtigung ihrer Leistun gen und ihrer bisherigen Praxis; Deckung ihres Defi zits mit Reichshilfe, Sanierung der Neichskasse, aber Verzicht auf alle Steuersenkungspläne, Wiederherstel lung der vom Kabinett gekürzten sozialen Positionen zu Lasten neuer Abstriche am Wehretal, Wieweit diese Nachrichten den Tatsachen entsprechen werden die nächsten Tage bald zeigen. Richtig ist es, daß noch immer große Meinungsverschiedenhei- t e n unter den Regierungsparteien bestehen. Die Sozial demokraten sind erbittert über den langsamen Gang der Verhandlungen in den Noung-Ausschüssen. In einem ziemlich geheimnisvollen Artikel „Wie lange noch?" betont das Zentralorgan der Sozialdemokraten, daß die sozialdemokratische Reichstagsfraktion diesen Zu stand nur mit wachsender Ungeduld ertrage und untätig zusehen müsse, wie kostbare Zeit ver trödelt werde. Die Regierung müsse die Initiative er greifen, um den Gang der Dinge z» beschleunigen. Auch um die Deckung des Fehlbetrages für die Arbeitslosenversicherung wird noch immer heiß ge stritten. Wie es heißt, will nun Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer seine Finanz- und Steuervorschläge dem Kabinett am Donnerstag unterbreiten. Das Defizit wird in der Hauptsache durch die Bicrstcuer gedeckt werden, mir der die Bayerische Volkspartei sich abgefunden haben soll weil ein erheblicher Teil des Steuerertrages den Ländern zugute kommen soll. Bei der Arbeitslosenversicherung soll der 150 Mil lionen übersteigende Bedarf (und der macht ungefähr weitere 100 Millionen aus) durch ein Notopser der Fe st besoldeten gedeckt werden. Dieses Notopfer ist so gedacht, daß alle zurzeit nicht arbeitslosenversicherungs pflichtigen Einkommenbezieher einen lOprozentigen Zu schlag zu ihrer bisherigen Einkommensteuer zahlen, also einen Betrag in der Höhe der Kirchensteuer. Die Deutsche Allgemeine Zeitung nennt diese vor geschlagene Steuer eine typische -Notzuchtsteuer" Einigung, zum Tarifabschlutz kommt und ein Streik bzw. eine Aussperrung mit ihren schweren wirtschaftspolitischen Folgen gerade dann ausbricht, wenn die Bausaison be ginnt. Das wäre nicht nur für die Bauwirtschaft kata strophal, sondern auch für die andern, keineswegs au? Rosen gebetteten Industrien, die mit von ihr leben. Minm LWMWS wieder BW Paris, 25. Februar. Die Kammer stimmte Dienstag abend zuerst über die Priorität der drei zur Tagesordnung einge brachten Anträge, davon zwei Mißtrauens- und ein Vertrauens antrag, ab. Die Regierung knüpfte hieran die Vertrauensfrage. Die namentliche Abstimmung, die sich über V« Stunden unter un geheurer Spannung hinzog, ergab die Niederlage der Negierung. Die Ziffern sind folgende: 277 für die Regierung, 292 gegen die Regierung. Die Regierung begab sich kurz nach 22 Uhr zum Ely see, um dem Präsidenten der Republik ihren Rücktritt zu über reichen. Präsident Doumergue hat die Demission angenommen und die zurückgetretenen Minister mit der Führung der laufenden Angelegenheiten betraut. Paris, 25. Februar. Der Andrang zu der Kammersitzung, in der sich die Regierung Chautemps verstellte, war ungewöhnlich stark. Auf die Programmrede des Ministerpräsidenten, die verhält nismäßig geringen Beifall fand, folgten die Redner der Oppo sition und zwar zwei von der Rechten und ein Kommunist. Mini sterpräsident Chautemps verwies in seiner Rede auf das bereits bekannte Regierungsprogramm. Die Opposition hätte sich Vergeb ung meint, daß die Deutsche Volkspartei die Verab schiedung dieser Steuer auf keinen Fall mitmachen dürfe. Man sieht, daß innerhalb der Koalitionsparteien tat sächlich noch große Meinungsverschiedenheiten zu über brücken sind und daß die Regierungsparteien es dem neuen Finanzminister nicht leicht machen, ein Gleichgewicht in den Etat hineinzubringen. Das mnß aber in den nächsten Tagen unbedingt geschehen, damit der Etat rechtzeitig ver abschiedet werden kann. * Oie Polenbesprechungen beendet. Die vereinigten Reichstagsausschüsse zur Beratung des Young-Planes führten Dienstag die vertrauliche Be ratung über das Polenabkommen zu Ende. Die Ab stimmung über dieses Abkommen soll erst nach Schluß der gesamten Beratungen zugleich mit den übrigen Liquida tionsabkommen und dem Rahmengesetz für das Young- Abkommen stattfinden. Es wird nicht geglaubt, daß dies vor Ende der Woche der Fall sein wird. * MoldetihMrs neuer IMWplan Berlin, 25. Februar. Die Einzelheiten der neuen Deckungsvorlage des Reichsfinanzministers werden vorläufig noch streng vertraulich behandelt. Fest steht jedoch, daß die Vor schläge Dr. Moldenhauers im Gegensatz zu anderen Gerüchten den Gedanken eines Notopfers aus dem Einkommen aller Festbe- joldeten zur Sanierung der Finanzlage nicht enthalten. Aller dings erwartet man, daß von sozialdemokratischer Seite im Ka binett am Donnerstag ein neuer Vorstoß in dieser Sitzung un ternommen werden wird. Von volksparteilicher Seite erfährt dir Trlcqraphen-Knion hie-zu, daß die Reichstagsfraftion der Partei eine derartige Sondersteuer entschieden ablchnen würde. Cs ist auch nicht damit zu rechen, daß sich Dr. Moldenhauer einem etwa igen Mehrheitsbeschluß des Kabinetts fügen würde. Mitteilun gen, die davon wißen wollen, daß neuerdings beabsichtigt sei, die Arbeitslosenversicherung mit Hilfs einer Ausländsanleihe gegen Verpfändung von Reichsbahnvorzugsaltien zu sanieren, werden von unterrichteter Seite nachdrücklich in Abrede gestellt. Wie die Morgenblätter melden, besteht im Reichsfinanzmini sterium der Plan, eine Benzinsteuer einzusühren. Der Gedanke an eine Steuer auf Mineralwässer soll fallen gelassen worden sein. Der Börjenlurier berichtet, daß die Kosten der Einnahme feite des Haushaltplanes noch einmal genau durchgeprüft wür den. Bei den jetzigen Steueransätzen liege das Risiko bei der Vermögenssteuer, bei der Umsatzsteuer und beim Spiritusmonvpol. Dieses Risiko wird aus 110 Mill. Mark geschätzt, wovon auf das Reich 95 Mill, entfallen. Es soll daher eine Reserve von etwa 45 Mill. Mark in den Haushaltplan eingestellt werden. Gewisse Möglichkeiten liegen weiter in der Verkürzung der Fälligkeitster mine. Hier könnten als einmalige Steuererhöhung bei der Tabak steuer 30 Mill., bei der Biersteuer 30 Mill., bei der Zuckersteuer 14 Mill., bei den Tabaksteuerlägern 5 Mill, und bei den Zucker steuerlägern 3 Mill, hereingeholt werden. Das würde eine ein malige Einnahme von 82 Mill. Mark bringen. sich bemüht, Widersprüche herauszulescn. Die Außenpolitik Bri ands sei stets die gleiche gewesen. Auch im neuen Kabinett denke man daran, die nationale Verteidigung Frankreichs zu schwächen. Die Regierung werde eine Finanzpolitik treiben, die die nationale Wirtschaft in keiner Weise schädigen werde. Ein Redner hätte bedauert, daß Tardieu nicht nach London zurückkehre. Das we sentliche sei aber, daß Briand, der die französische Friedenspolitik betreibe, an den Londoner Verhandlungen auch in Zukunft teil nehmen werde. Der Sozialist Blum erklärte, die Sozialisten wür den sür die Regierung stimmen. Es könne ftdoch keine Rede da von sein, daß die gegenwärtige Regierung die Gefangene der so zialistischen Partei sei, denn diese teile die Auffassung des neuen Kabinetts in vielen und wichtigen Fragen keineswegs. Der Prä sident gab sodann die drei Tagesordnungen bekannt. Die Radikal- sozilalistische spricht der Regierung das Vertrauen aus. Die der Linksrepublikaner lehnt das Vertrauen ab, da die Grundlage der Regierung zu schmal sei. Die dritte Tagesordnung, die der Linls- radikalen lehnt das Vertrauen gleichfalls ab, da die Kammer nicht das Zutrauen zu der gegenwärtigen Regierung habe, daß es ihr gelingen werde, die wirtschaftlichen und politischen Aufgaben zu lösen. Nach einer kurzen Rede des Radikalsozialisten Herriot wur de zur Abstimmung geschritten. Im Senat wurde d-e Regierungs erklärung durch den Iustizminister Steeg verlesen. Die hierzu ein gebrachte Interpellation wurde vertagt. * Die Regierungserklärung Steuersenkung. — Sozialversicherung. — Haager Abkommen. In der Regierungserklärung, die Ministerpräsidenl Chautemps in der Kammer und Justizminister Steeg im Senat verlassen, heißt es u. a.: Unmittelbare Pflichten sind zunächst zu erfüllen. Von morgen ab wer den die französischen Delegierten in London anwesend