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Rosenmontag am Rhein. Faschingszug in Köln, Düsseldorf und Mainz. Prächtiges Frühlingswetter herrschte am Rhein und begünstigte die Karnevalsumzüge dieses Jahres. Bereits am Sonntag wälzten sich in Köln ungeheure Menschen massen durch die Stadt. Der Rosenmontagszug aber, der in humorvollen, künstlerisch aufgemachten Festwagen „Die Welt im Jahre 2000" versinnbildlichte, bildete den Höhepunkt der Faschings- Beiern. Probleme der Technik, der Politik, vor allem der Kölner Kommunalpolitik, und des Verkehrs waren in oem Festzug in überaus witziger Weise gelöst. Im Gegen satz zum vorigen Jahre, wo man noch etwas bedrückt zu sein schien, herrschte diesmal ein starkes Maskentreiben in oen Straßen. Aus der ganzen Umgebung waren Sonder züge nach Köln abgelassen worden und ein Strom von Fremden ergoß sich in die alte Domstadt. Auch in Düsseldorf und in Mainz gab es sehenswerte Karncvalsumzüge. Der Düsseldorfer Rosen montagszug startete unter dem Titel „Alte, neue und zukünftige Märchen". Mehr als 45 Prunkwagen waren im Zuge und mehr als »0 kostümierte Gruppen. Dazu kamen noch die traditio nellen „Garden" der Stadt Düsseldorf, die Leibgarde des Prinzen Karneval, die Funkenartilleristen, die Stadt soldaten usw. Man schätzte die Zahl der Fremden, die nach Düsseldorf gekommen waren, um sich den Karneval anzusehen, auf über 75 000. Auf den Straßen, durch die der Karnevalsfestzug seinen Weg nahm, standen acht- bis zehnfach gestaffelte Zuschauermengen. Es regnete Papier schlangen, Konfetti, Blumen, aber auch schwerere Geschosse, wie Bonbons und Apfelsinen, wurden abgefeuert. In den lokalen der Stadt war kaum ein Platz unbesetzt. Es war ein Rosenmontag, wie man ihn schon seit Jahren nicht mrhr mitgemacht hatte. Schießerei in Essen. In Efsen-Borbeck wurden zwei Polizeibeamte auf de, Straße angegriffen. Dabei wurde einer der Angreifer von einem Polizeibeamten erschossen und eine unbeteiligte Passan tin verletzt. Oberstudienrat Siefert wieder im Amt. Der Oberstudiendirektor Siefert ist durch Verfügung des Thüringischen Volksbildungsministeriums in seine Rechte als Direktor des Wilhelm-Ernst-Gymnasiums in Weimar wieder eingesetzt worben. Das von ihm selbst beantragte Disziplinarverfahren nimmt jedoch seinen Fortgang. Die „Bremen" aus Woiie. Sensationsstück der Texiilmcsse war die „Bremen" aus Wolle, von einer norddeutschen TexMfirma ausgestellt. MGehM Rnm »Oll Wilsdruff lllld Umgegend halten sich bei Bedarf bestens empfohlen: Drucksachen Zschunke, Arthur, Zellaer Straße 29. 6. Fell- und Häutehandlung Stolle, Robert, Bahnhofstraße 138. Gärtnerei Türke, Ernst, Tharandter Straße 134 l). 500. Glaserei (Bildereinrahmung) und Glashandlung Hombjch, Wilhelm, Marktgasse 89 Grabsteingeschäft (Steinbruchbetrieb) Wolf, Karl, Meißner Straße 263. I Herrengarderobegeschkst Plattner, Turt, Dresdner Straße 69. Holzbildhauer Birnick, Kurt, Zedtlerstraße 79. Jnseraten-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Straße 29. »--K- 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Installateur Zotter, Ferd. (Inh. Ludw. Hellwig), Mark! 10. »-?. 542. Kolonialwaren- und Landesprodukten-, Tabak- und Zigarrenhandlung Rentsch, Kurt, Parkstraße 1342. Ladestation für Akkumulatoren und Batterien Zschunke, Arthur, Zellaer Straße 29. Malergewerbe Schindler, Edwin, Hohestraße 134 V. 71. Maschinenbau und Reparatur Schwepcke, Franz, Ingenieur, Meißner Str. 266. s^> 511. Gesangbuchresorm in Sachsen. Die „Freie volkskirchliche Korrespondenz" schreibt: „In allerletzter Zeit ist eine den Zeitverhältnissen an gepaßte Neuerung in der neuesten Gesangbuchauflage ein geführt worden. Von dem unser Gesangbuch heraus gebenden Verlag — merkwürdigerweise bis jetzt noch nicht von irgendwelchen amtlichen kirchlichen Stellen — wird in einem jüngst an die Pfarrämter versandten Schreiben darauf hingewiesen, daß jetzt von der Taschenausgabe ohne Noten und in ihrer verbilligten Ausgabe wie von der Volks- und Schulausgabe mit Noten Neudrucke erschienen sind, in denen die Stellen, gegen die Beanstandungen er hoben worden sind, auf Veranlassung des Landeskon sistoriums beseitigt wurden. — Ein bescheidener An fang der von vielen Seiten mit großen! Ernst geforderten Reform unseres sächsischen Gesangbuches! Noch bedeutsamer aber ist die Meldung des in die Synode berufenen Vertreters des evangelischen Teiles der Wenden, daß die evangelische wendische Geistlichkeit an der bald mit finanzieller Unterstützung des Landes konsistoriums erscheinenden Herausgabe des neuen wendischen Gesangbuches arbeitet. Die An gaben darüber, wie man dabei vorgegangen ist, wollen einem kaum glaublich erscheinen. 200 altertümliche Lieder sind ausgenommen worden! Welch gründliche Reform eines Gesangbuches! Was dem einen recht ist, ist dem andern billig! Wenn die evangelischen Wenden zu unserer Freude mit tat kräftiger Hilfe der Kirchenbehörde ein so völlig neugestal tetes Gesangbuch geschenkt erhalten, dann darf erwartet werden, daß'auch den anderen Evangelischen Sachsens, die ja zahlenmäßig um ein Vielfaches den wendischen Teck der evangelischen Bevölkerung überragen, ein gleiches Geschenk zuteil wird! Und zwar recht bald und ebenso gründlich, wie die evangelisch-wendische Geistlichkeit bei der Reform ihres Gesangbuches vorgegangen ist. Hoffentlich faßt die vielleicht bald zusammentretende Synode unter den vielerlei Entschließungen, die von ihr ausgehen, auch ein mal eine solche, die, Rücksicht nehmend auf schon lange angemeldete Wünsche eines großen Teiles des sächsischen Kirchenvolkes, eine gründliche Gesangbuchreform ver langt!" Falschgeld auf -er Messe. Es gibt besondere „Messebl üte n". Die bevorstehende Frühjahrsmustermesse gibt dem Leip ziger Kriminalamt Veranlassung, auf die gerade während der in Leipzig stattfindenden Messen von bisher leider noch nicht ermittelten Personen zur Verausgabung gelangenden falschen Geldsorten, insbesondere der nachstehend mit beschriebenen falschen Reichsbanknoten zu 10 M a r k hinzuweisen! Es ist immer wieder beobachtet worden, daß nach Verlauf einer Messe eine größere Anzahl der genannten Scheine hier aufiauchen. Die Reichsbanknoten zu 10 Mark sind erkenntlich durch schwächeren Druck, besonders des männlichen Kopf bildes. Die Augen sehen starr, oft etwas schielend. Die hell blaue Farbe auf der rechten Seite des Scheines ist mit klebri ger Lackfarbe nachgemacht, die beim Halten gegen das Licht nicht blau, sondern graugrünlich erscheint. Die Fünf m a r k- stiicke haben guten Klang, sind etwa vier Gramm zu leicht, versilbert, etwas stärker und Heller aussehend als echte Stücke. Die Zweimark st ü ck e sind aus Messing und versilbert, sehr gut uachgemacht. im Klang Heller. Ihre Rückseite ist wie mit einem feinen Spinnwebennetz überzogen, von Prägerückständen herrührend. Vor Inzahlungnahme falschen Geldes wird nach drücklich gewarnt. Wie in Sachsen gespart wird. Die Zahl der Sparkassen in Sachsen hat sich gegen über dem Vormonat durch die Neugründung der Kassen Böhlen (Amtsh. Leipzig) und Neu mark (Amtsh. Werdau) sowie durch Übernahme der Kasse der infolge des Gebietsaustausches mit Thüringen zu Sachsen ge kommenen Gemeinde Rußdorf (Amth. Chemnitz) in die sächsische Statistik um drei erhöht. Dagegen ist die Kasse Lockwitz (Amtsh. Dresden) durch Einverleibung der Gemeinde in Wegsall gekommen. Es ergibt sich demnach für Ende Januar ein Bestand von 354 Kassen. Bei ihnen betrugen nach Feststellung des Statistischen Landesamtes im Monat Januar die Einzahlungen in 277 372 Fällen 36 220 465 Mark, die Rückzahlungen in 102106 Fällen 25 780 741 Mark. Somit ergibt sich ein Einzahlungsüber schuß von 10 439 724 Mark, während das Einlegergut haben Ende Januar 583 240 786 Mark beträgt. Die Großhandelspreise sinken weiter. Berlin. Die Großhandelsrichtzahl des Statistischen Reichs- amts ist gegenüber der Vorwoche um 0,8 Prozent aus 1281 Pro zent gesunken. Das größte Flugzeug der Welt. Noch größer als „Do X" ist das italienische Flugzeug „Caproni 6000", das jetzt in Mailand seine ersten Probe- slüae ausführt Mit einer Spannweite des unteren Trag decks von 57 Metern, einer Länge von 28 Metern und einer Höhe von 11 Metern ist es zurzeit das größte Flugzeug der Welt. Sechs Motoren von zusammen 6000 Pferde stärken geben dem ganz aus Stahl gebauten Flugzeug eine Geschwindigkeit von 210 Stundenkilometern. 66. Fortsetzung Nachdruck verboten „Du bist heute so sonderbar," bemerkte Jutta und ihr schlechtes Gewissen meldete sich. Sie beruhigte sich aber sehr schnell. Ilse konnte doch keine Ahnung haben von der gestrigen Szene im Wartesaal des Frankfurter Hauptbahn hofes. Ilse nahm Kamm und Bürste, frisierte sich noch einmal. Weich und natürlich gewellt umrahmte das Scheitelhaar ihr schmales Gesicht. Um neun Uhr war die Ziviltrauung angesetzt, sie sollte im Hause stattfinden. Der Bürgermeister des Dorfes, der zugleich Standesbeamter war, würde um neun Uhr dazu auf den Rauneckhof kommen. Trauzeugen waren Dr. Seydel und der intimste Freund von Frank, Eberhard von Halden, der von Frankfurt mitkommen sollte. Jutta legte das Kleid für die Ziviltrauung zurecht und half Ilse dann, es anzuziehen. Es war aus stumpfer schwarzer Seide mit schwarzen breiten TUllrüschen um Rocksaum, Halsausschnitt und Aermeln. Nur eine kurze Perlenkette, die noch von ihrer Mutter stammte, gab dem Kleid ein ganz klein bißchen Helle. Jutta mußte mit heimlichem Neidempfinden zugeben, Ilse wirkte schön und vornehm. Ihre Eifersucht wand sich in Qualen. Frank hatte doch auch Augen im Kopf, ein Wun der wäre es nicht, wenn er sich unterwegs auf der Reise ernstlich in seine Frau verliebte. Alle ihre Sicherheit von gestern wandelte sich wieder in nervöse Unsicherheit. War es nicht doch für sie selbst ein äußerst gefährliches Spiel, in das sie sich einließ? Konnte sie dadurch nicht Frank Wildhard für immer verlieren? Sie sagte hastig: „Nun will ich auch rasch ein anderes Kleid überwerfen und dann werden auch bald die Eingela denen kommen." gestaltet, wie sie gewünscht. Sie mußte ihm noch einmal schreiben, ehe er mit Ilse abreiste, denn dann war die Ver bindung zwischen ihm und ihr für längere Zeit abgebrochen. Sie schrieb in fliegender Hast und klebte den Umschlag, den sie ohne Aufschrift ließ, fest zu. Eine Gelegenheit, Frank den Brief zuzustecken, mußte sich finden lassen. Sie atmete tief auf, der Brief war eine Notwendigkeit gewesen. Noch einmal muhte Frank daran erinnert werden, daß sein Schicksal und das ihre eng miteinander verknüpft waren. Sie steckte den Brief in den Ausschnitt ihres Kleides und betrachtete sich dann noch einmal gründlich im Spiegel. Schön war sie, darüber brauchte sie sich keine Sorge zu ma chen. Aber das Fältchen auf ihrer Stirn störte. Sie mußte sorglos und froh aussehen. Ilse aber eilte jetzt durch die Gänge des großen Hauses und neben ihr trabte der Hund. Ueber den Hof hätte sie die Inspektorwohnung schneller erreicht, aber sie zog es vor, lieber treppab, treppauf zu laufen, anstatt sich bei einem Gang über den Hof neugierig mustern zu lassen. Sie klopfte an Ulrich Weidenbergs Tür. Er öffnete selbst, wich erschrocken zurück vor ihr, al-- sähe er eine Erscheinung. Sie brachte rasch ihr Anliegen vor. Er nickte. „Natürlich will ich mich gerne des Hundes annehmen." Er streichelte Wulf. „Wir beide haben uns ja gern." Ulrich Werdenberg trug schon den schwarzen Anzug und Ilse durchzuckte der Gedanke, wie stattlich und gut er aussah. Sie blickte an dem Manne vorbei. „Hier duftet es noch immer nach Aepfel, wie früher. Und da hängen ja auch noch alle meine Bilder." Um ihren Mund zuckte es. „Sie sind in allem treuer wie ich." Der Mann blickte gedankenverloren auf die sanfte Pro fillinie ihres Gesichts. Was wußte denn Ilse Rauneck von seiner Treue. (Fortsetzung folgt.) „Geh nur, Liebste," lächelte Ilse. Sie sehnte sich in diesem Augenblick genau so nach einem Alleinsein, wie Jutta Linden. Sie wollte ein kurzes Weilchen ganz stillsitzen und an nichts denken, an gar nichts. Es kratzte an der Tür. So meldete Wulf sich immer an, er wünschte einzutreten. Ilse öffnete ihm. „Mein gutes Kerlchen, um dich habe ich mich heute noch gar nicht gekümmert." Sie setzte sich in einen Korbsessel und der Hund stand vor ihr, sah zu ihr auf mit hingebendem Ausdruck. Sie streichelte ihn. „Heute reise ich weg, Wulfchen, und du gibst derweil acht, daß hier nichts passiert. Aber du magst Jutta nicht be sonders leiden, weißt du, ich will dich deshalb lieber unserem Freund Ulrich Werdenberg anvertrauen. Daß mir das aber auch noch nicht eingefallen ist!" Wulf blickte sie an, als verstände er jedes Wort. Ilse begriff nicht, daß sie wirklich noch gar nicht daran gedacht hatte. Jutta und Wulf zogen es vor, immer in einem gewissen räumlichen Abstand miteinander zu verkeh ren, und Ilse bedrückte es plötzlich, während ihrer eigenen Abwesenheit nicht gut genug für das anhängliche Tier vor gesorgt zu haben. Zum Glück blieb ihr noch Zeit genug, da etwas zu tun. Ulrich Werdenberg würde ihr den Gefallen erweisen und Wulf bis zu ihrer Rückkehr zu sich in seine Wohnung hin übernehmen. Ob sich nachher noch ein Augenblick fand, mit ihm dar über zu sprechen? Sie durfte es nicht vergessen. Jutta schien keine Tierfreundin zu sein und sie wollte nicht, daß Wulf vielleicht schlecht von ihr behandelt würde. Jutta Linden hatte sich so schnell umgezogen, wie viel leicht noch nie in ihrem Leben. Ilse hatte ihr ein hoch elegantes weißes Kleid für den heutigen Tag bei ihrer eige nen Schneiderin anfertigen lassen, und nun saß sie in der graziösen Toilette am Schreibtisch. Gestern im Wartesaal hatte sich durch das unvermutete Auftauchen Pauline Wild- bards die gesuchte Unterredung mit Frank so ganz anders