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MMufferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigtnprcis: die 8 gespaltene Äaumzeilc 20 Rpsg., die « gespaltene Arile der amtliche» Bekanntmachungen psennig, die s gespaltene Aeklamezeile im textlichen Teile I Neichrmark, Nachweisungagedühr 20 Rcichnplennige. v»r« oeschriedeneErscheinung«» —. , , . — —„ „ tag« und Platzuorschreftra werden nach Möglichbeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anz-j,«,. anuahmebisoarm.ioUhr. — — ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir Keine Garantie. IederSiabattansprrch erlischt, wenn dcrBetragvurch Klage eingezogen werdenmußoderderAuftraggeberinKonkursgerät. Anzeigeunehmer alleDermittlungsstellenentgeger. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktac cn nachmittags 5 Uhr. Dezugsprei,! Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3» AM., delDoNbestellung 2 AM. >u,üolich Abtraa» ..... gebühr. Einzelnummern URpjg.AllePoffanstaüen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unsere«»-, trägerundGeschäftsstellen 1 si°bmen zu i-d-r ^e>t ftelluugen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstigcr Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Stüchscndung -ingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto d-il,kgt. Nr. 44 — 89. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 F eitag, den 21 Februar 1S30 Berlin und Warschau. Gedanken zum deutsch-polnischen Abkommen. Man mag zum Inhalt und zu dem politischen Ziel des deutsch-polnischen „Liquidationsabkommens^ stehen wie man will — aber über den Verhandlungen selbst und dem, was dabei herauskam, stand ein ganz ungünstiger Stern, schon mehr ein ganzer Sternenhimmel dieser Art. Und daher ist dieses Abkommen bald zum Drehpunkt schwerster Differenzen geworden, über den sich jetzt offiziell auch das Reichskabinett und die beiden Aus schüsse des Reichstages für den Haushalt und das Aus wärtige unterhalten. Gleichzeitig damit läßt die War schauer Regierung offiziös verlauten, daß an irgendeine Abänderung des Abkommens im Sinne eines „weiteren polnischen Entgegenkommens" nicht zu denken ist. Man weiß, daß es beim „Neuen Plan" nur ein Ent Weder-Oder gibt; der Plan kann nur so angenommen wer den, wie er vorliegt, oder nicht. Bei ihm sind irgend welche Abänderungen nicht möglich. Wie ist's nun aber mit dem Polenabkommen? Etwas wird bei der jetzigen erregten Debatte über das Für und Wider dieses Liqui dationsvertrages viel zuwenig beachtet, müßte aber stärker beachtet werden, weil der „Neue Plan" ja nichts anderer als die Aus- und Durchführung des Young-Plans ist Der Sachverständigenbericht stellt sich in seinem Ab schnitt lX („Liquidierung der Vergangenheit") auf du „Empfehlung" ein, „die noch nicht erledigten Fragen hin sichtlich der Liquidationswerte innerhalb eines Jähret nach Inkrafttreten des Young-Plans durch Vereinbarun gen zwischen den beteiligten Regierungen und Deutschlanr endgültig zu regeln". Der Bericht der Pariser Sachver ständigen, der „Young-Plan", stellt sich diesem Wortlau zufolge also auf den Standpunkt, daß derartige Liquida twnsabkommen nicht integrierende Bestandteile dec PEs sind, sondern erst nach dessen Inkrafttreten abgc schlossen werden sollen. Außerdem empfiehlt er den N.e gierungen, „vom Tage der Annahme dieses Berichtes' ab von ihrem Liquidationsrccht nicht mehr Gebrauch zr machen. Der Tag der Annahme des Berichts ist de 1. September 1929, auch Polen nahm ihn an. Nene Liqui dationen sind demgemäß seitdem nicht mehr erfolgt. Nur veröffentlichte die polnische Negierung vor ein paar Tagen eine Liste über Grundbesitzenteignungen, die sich auf si Agrargesetzgebung Polens stützte und „merkwürdigerweise' zu 75 Prozent die Namen deutscher Grundbesitzer in den ehemals preußischen Provinzen aufwies. Die deutsche Regierung hat sich während der bisher! gen Neichstagsdebatten dahin geäußert, zwar liege nich! eine formal-juristische Notwendigkeit für ein. gleichzeitige Annahme des Neuen Plans und der Liqui dationsabkommen, besonders des polnischen, vor — ein „Junctim" —, Wohl aber ein p o l i t i s ch e r Zwang dafür Nun ist von der deutschen Negierung mit diesem Polen vertrag ein bißchen viel Geheimnistuerei ge trieben worden. Anfang Oktober abgeschlossen, erfuh' die deutsche Öffentlichkeit offiziell seinen Inhalt erst mit der Veröffentlichung des Neuen Plans mit seinen An lagen, zu denen er gehört. Allerhand Gerüchte schwirrte: über die Gründe herum, weswegen Dr. Curtius von der „politischen Junctim" gesprochen habe: angeblicher fran zösischer Druck in dem Sinne, daß man in Paris den' Young-Plan nur ratifizieren werde, wenn man in Berlin auch das Polenabkommen angenommen habe; sogar von einer deutschen geheimen Zusage einer gleichzeitigen Rat' fizierung des Young-Plans und des Polenabkommen flüsterte man. Beides ist energisch dementiert worden und so stellen sich auch mehrere Parteien, die für den Young Plan, aber gegen die jetzige Form des Polenabkommens sind, ans den „formal-juristischen" Standpunkt, daß wir, wie z. Ä. das Berliner Zentrumsorgan. Die Germania, ausführt, „durchaus freie Hand haben, ja oder nein zu sagen zu diesem Abkommen" und eventuell Vertreter zu neuen Verhandlungen darüber zu entsenden. Und daß Polen auch bei Ablehnung des jetzigen Vertrages nicht das Recht habe, zu neuen Liquidationen zu schreiten, eben weil man in Warschau den Sachverständigenbericht akzep tiert hat. Allerdings ist das nur deutsche Ansicht, wäh rend die polnische Regierung erklären läßt, durch jene Ab lehnnng wieder „freie Hand zu erhalten". Man braucht also, wie gesagt, auf den Inhalt dieses Vertrages demgemäß gar nicht erst einzugehen, um fest stellen zu müssen, daß die mit ihm erstrebten geistig politischen Früchte fürs erste schwerlich reifen werden. Drohungen, politische Druckmittel an Stelle freier und freiwilliger, gegenseitig anerkannter Verein barungen sind schlechte Vorzeichen dafür, ob eine wirklich: „Bereinigung" des deutsch-polnischen Verhältnisses sich erreichen läßt; ob aus diesem Abkommen eine positive Förderung der gegenseitigen Beziehungen hervorgehen kann. Dann wächst auch die Schwere der Entscheidung über das endgültige Ja oder Nein, vor allem angesichts des großen Entgegenkommens — eines von vielen als des großen Entgegenkommens — eines von vielen als allzu weitgehend getädelten —, das die Reichsregierung Polen gegenüber bewies. Sie hat Wohl geglaubt, endlich untc' die Differenzen der Zeit, seit dem Ansturm Polens auf deutsches Gebiet, also seit mehr als elf Jahren, ebenso einen energischen Schlußstrich ziehen zu können, wie gleich zeitig damit unter den schon fast seit fünf Jahren währen den Zollkrieg, um, wie Dr. Curtius im Reichstage einmal Im Finanzlabyrinth Sie S«M m des RMseN Angestrengte Suche Das Reichskabinett trat Donnerstag gegen Abend zusammen, um sich endgültig mit den für den Reichs haushaltsplan für 1930 festzusetzenden Aufgaben zu be schäftigen. Außerdem war in Aussicht genommen, das Liquidationsabkommen mit Polen einer erneuten Be sprechung zu unterziehen, zumal von verschiedenen politi schen Seilen Wünsche lebhaft in die Erscheinung getreten sind, dieses Abkommen von den sonstigen Reparations- gcsetzen nach dem Young-Plan abzulösen und die Be schlußfassung darüber einstweilen zu vertagen. Ob dieseL Verlangen die Zustimmung des Reichskabinetts finden würde, wurde allerdings lebhaft bezweifelt. In politischen Kreisen trat vielfach die Ansicht stark hervor, die Regierung werde nach dem Plan des Reichsaußcnministers Doktor Curtius die Young-Gesetze einheitlich verbunden mit den Liquidationsabkommen im Reichstage zur Vorlage bringen. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer hat be kanntlich seine Besprechungen mit den Parteiführern unk den Sozialpolitikern der Regierungsparteien abgeschlossen und erklärt, bis Dienstag nächster Woche werde er nun mehr eigene Deckungsvorschläge für den Reichshaushalts plan ausarbeiten. In Betracht gekommen sind mehrere Vorschläge, die aber keine einheitliche Aufnahme fanden Starken Widerspruch findet fortgesetzt die Idee, den Aus fall bei der Arbeitslosenversicherung durch Reformen dieser Versicherung selbst auszugleichen. Das Defizit be rechnet sich immer noch auf mindestens 100 Millionen Mark. Der Finanzminister wollte die Deckung des De fizits der Reichsanstalt selbst übertragen, für die sie in sich eine qualifizierte Mehrheit finden müßte. Mangel- Einigung sollte das Kabinett entscheiden. Nach einem weiteren Vorschlag sollte die Differenz durch Beitrags erhöhung um ein viertel bis ein halbes Prozent gedeck! werden oder durch ein allgemeines Notopfer. Aber alle diese Vorschläge konnten keine Mehrheit bei der Be sprechung auf sich vereinigen. Deshalb will nun der Finanzministcr mit neuen Plänen hervortreten. * Durchbrochene Berü auüchkeii. Indiskretionen. Der Zwischenfall, der sich in den fortgesetzten Be ratungen der vereinigten Ausschüsse für Haushalt und Auswärtige Angelegenheiten im Reichstag über den Young-Plan zwischen dem Reichsminister Dr. Wirth und dem dcutschnationalen Abgeordneten von Frey tag h - L o r i n g h o v e n am Mittwoch zutrug, hat mittlerweile eine eigenartige Aufklärung erfahren. In der rechtsstehenden Deutschen Zeitung war ein Bericht über die vertraulichen Sitzungen der Ausschüss: vom vorhergehenden Tage erschienen, der zugleich ein: politische Stellungnahme der genannten Zeitung aus drückte. Dr. Wirth war der Meinung, gewisse Einzelheiten aus der Sitzung hätten dem. Blatt nur durch den Ab geordneten Freytagh-Loringhoven zugeheu können, weil dieser als ständiger Mitarbeiter der Deutschen Zeitung bekannt ist. In Wirklichkeit hatte sich aber ein Redakteur der Deutschen Zeitung in die vertrauliche Sitzung irn Reichstage einschleichen und unter einer Bank verbergen können. Von ihm stammte die Auslassung des Blattes. Der Vorsitzende der vereinigten Ausschüsse, Abg. Scheide mann, gab in der Donnerstagsitzung davon Kenntnis und fügte hinzu, es sei somit festgestellt, daß keine Indis kretion eines Ausschußmitgliedes vorliege. Wenn die Ausschüsse, so sagte er weiter, den Beschluß faßten, ver traulich zu verhandeln, so geschehe das nicht, um den Zeitungen ihre Arbeit zu erschweren und überhaupt Geheimniskrämerei zu treiben, sondern im vaterländischen Interesse und um dem Ausland nicht von vornherein Angriffspunkte zu geben. Außerdem sei der Bericht in der Deutschen Zeitung vollkommen entstellt und unrichtig gewesen. Im Verlaus der weiteren Debatte, die anch Donners tag vertraulich sich über die Sanktionsfragen verbreitete, sagte der deutschnationalc Abgeordnete GrafWestarp, auch er könne das Verhalten des Zeitungsvcrtreters in dem vorliegenden Falle nicht billigen, und Abgeordneter Koch-Weser (Dem.) bemerkte, es handele sich um keine journalistische Findigkeit, sondern um einen unerhörten Skandal. Wie es heißt, hat Rcichstagsvräsident Löbe dem betreffenden Journalisten bereits die Berechtigung entzogen, fernerhin im Reichstage zu erscheinen. aussuyrre, durch dieses Abkommen auch die Lage des Deutschtums jenseits unserer Ostgrenze endlich zu er leichtern. Dies Ziel verkennen auch jene Regierung? Parteien nicht, die als Gegner des jetzigen Abkommens auftreten; aber sie zweifeln daran, daß sich das Ziel auf diesem Wege erreichen läßt. Keine HeMM-m der Poleuverttaser Berlin, 20. Februar. Jin wetteren Verlauf der Kabinetts sitzung erstattete, wie halbamtlich mitgcteilt wird, der Reichs auszenminister Bericht über den Stand der Ausschußverhandlun- gen über den Youngplan und ferner über das deutsch-polnische Liquidationsabkommcn. Das Kabinett beschloß, im Sinne der Aus führungen des Reichsautzenministers an seinen früheren Entschei dungen festzuhalten. -i- Dieser Kabinettsbeschluß bedeutet also, daß eine Herausnahme des polnischen Liquidationsabkommens aus den Youngabmachun- gen nicht geplant ist und daß das Kabinett nach wie vor auf gleich zeitiger ^rabschiedung durch den Reichstag besteht. Der Kamps um -eu tzoung-plan. Neue Rede des Landbundpräsidenten Hepp Auf dem Kurhessischen Landbundtaae in Kassel sprach Präsident Hepp über die Notwendigkeit des vom Neichstand bund geführten entscheidungsvollen politischen Kampfes. E führte u. a. aus: Wenn Deutschland wieder ein wachsende Volk werden solle, wenn wir verhindern wollen, daß der Osten des Reiches zur menschenleeren Öde wird, dann müsse e heißen: Herum das Steuer der Politik! Wir ständen im Ringen um unsere außenpolitische Zukunft. Der neu-: Tributplan sei kein Weg zur Freiheit. Wie die Verteilung der Lasten im Innern Kampf aller gegen alle zwangsläufig auslöse, so müsse die Ausführung des Tributplanes zu schweren wirtschaftlichen Umwälzungen auf den Märkten und Produktionsstätten der Welt führen. Die Jahresleistungen des Young-Planes seien unausführbar. Ungeheuerlich sei das deutsch-polnische Liquidation kommen. Der Reichsanßenminister wisse wohl nichts von den Lebensbedürfnissen des deutschen O st e n s, wisse nicht, daß e: mit dem deutschen Verzicht den Polnischen Staat saniere? Da Landvolk im Westen stehe treu zu den Brudern in der Ostmark Oeutschnationaler Antrag im Uoung-Plan-Ausschuß abgelehnt. In der Nachmittagssitzung der vereinigten Ausschüsse des Reichstages für die Beratung des Young-Planes wurde nach ausführlicher vertraulicher Debatte ein deutsch nationaler Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt, der die Reichsregierung ersuchen wollte, auf diplomatischem Wege eine unzweideutige Feststellung darüber zu treffen, ob der französische Ministerpräsident tatsächlich aus einer französischen Parteiführerbesprechung erklärt hat, daß Frankreich auf Grund des Young-Plans gegebenenfalls berechtigt sei, deutsche Häfen und Bergwerke zu beschlag nahmen und das Rheinland wieder zu besetzen, ohne daß Deutschland sich dem widersetzen dürfte. Die Mehrheit des Ausschusses war in dieser Sache durch die Erklärungen der Reichsregierung befriedigt. Chauiemps nach Tardieu? Frankreichs Kabiuettssorgen. Nachdem die anderen Kandidaturen für die Nachfolgc- scyaft Tardicus als französischer Ministerpräsident mehr in den Hintergrund getreten sind, hat der Präsident Doumergue dem Vorsitzenden der sozialistisch-radika len Kammersraktion, Camille Chautemps, den Auftrag zur Bildung der neuen Regierung gegebe Chautemps nahm den Auftrag an, behielt sich aber d: endgültige Entscheidung noch vor. Die sozialistisch-radikale Kammerfraktion war die stärkste Partei in der Mehrheit, die den erst kürzlich nach dem Rücktritt Briands an die Spitze des Kabinetts g:- langten Tardieu gestürzt hat. Nach der üblichen Paria mentarifchen Ordnung waren also die Sozial-Radikalen berufen, den neuen Ministerpräsidenten zu stellen. Zwar bestand zunächst die Absicht, Tardieu selbst wieder zur Bit düng der Regierung zu bestimmen. Er lehnte aber ah Auch die anderen in Betracht gezogenen Kandidaten, so Briand, Herriot und Poincarö, zeigten keine Geneigtheu, wieder die Geschäfte in diesem Augenblick zu übernehme . Chautemps soll den festen Willen geäußert haben, nach Möglichkeit eine Regierung zu bilden, die im wesent lichen stärker nach links orientiert sein würde als das vor angegangene Kabinett. Er ist 45 Jahre alt und hat Rechtswissenschaft studiert. Seit langer Zeit beschäftigt er sich mit der Politik, war zunächst Generalrat, dann Bürgermeister, Abgeordneter und unter der Regierung Herriot bereits Innenminister. Wahrscheinlich ist es, daß Chautemps versuchen wird, ein Konzentrationsministe rium zu bilden aus sozialistischen Republikanern, Rav: kalen,.Linksrevublikanern und Unabhängigen. Selbstve-