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MsdmfferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzcile 20Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^Reichs Pfennig, die 3gespaltene Aeklamezeile im tcitlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 2V Reich^psennige. wse- geschriebeneEricheinungs- —, . tage und Platzvorschrtsten .verden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wrlsdruff Nr. 6 berücksichtigt. A^ annahme bis oorm.lVUHr. — — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. IederRabatlansprnch eriischl.wenn dcrBetrag dnrct Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen allc Dermittluu gsstellenentgegei . Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Dar »Wilsdruffer Tageblatt' euch ein, an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der DejchLstrstelle und den Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 StM., bei Postbcftellung 2 AM. zuzüglich Abtrag- „ „ . gebühr. Einzelnummern ISRpfg.AllePostanstalten Wgchenblatt für Wilsdruff u. Umaeaend Postboten und unsereAus. träger und Geschäftsstellen —^! nehmen zu jeder Zeil B-. ftellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch ans Lieserung ber Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Büchsendung eingesandter Schriststücke ersolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr 46 — 88. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Montag, den 24 Februar 1930 Postscheck: Dresden 2640 Güls Kunde aus Südtirol. Wenn man in Deutschland und Deutsch-Osterreich jener Volksgenossen gedachte, die jenseits der Grenzen wohnen, wohnen müssen, weil sie vom Leibs der Mutter Heimat rbgetrenm worden waren durch sogenannte Friedens schlüsse, die ein Hohn waren auf das so oft und so aut gepredigte Selbstbestimmungsrecht der Völker, dann richteten sich sofort auch der Reichs- oeutschen Blicke auf Südtirol. Denn nicht wie im höllischen Osten saßen dort unsere Volksgenossen auf Kolonialboden, waren vermischt mit fremdem Volkstum, sondern bis hinunter zur Klause von Salurn gab es nicht einen einzigen Italiener, war hier uralterdeutscher Kulturboden, war alles rein deutsch. Die Italiener selbst hatten auch noch während des Krieges nicht damit gerechnet, über jenen Punkt hinaus, also mehr als das „Trentino" gewinnen zu können; erst der furchtbare Zu sammenbruch Österreichs machte ihnen Appetit, bis zur Brennergrenze vorzustoßen, — woran sie niemand mehr hindern konnte. Und was durch den „Frieden" von St.-Germain auch noch sanktioniert wurde. Aber erst, als im Jahre 1922 der Faschismus in Italien gesiegt hatte, begann die Jtalienisierung Südtirols, und zwar gleich mit allen Mitteln. Für die Deutschen gab es nicht mehr die geringste Freiheit und die Verwaltung machte mitunter durch geradezu komisch wirkende Maßregeln jede äußere Betätigung des Volks tums unmöglich. „Volk unterm Beil" nannte mit Recht einer der Führer des dortigen Deutschtums sein Buch, das eine bis in die letzte Herzcnsfaser erschütternde Darstellung dieser nun schon siebenjährigen Leidenszeit brachte. Nicht einmal klagen durften die Südtiroler, ver mochten auch vor dem Völkerbund nicht ihre primitivsten Rechtsansprüche geltend zu machen, weil Mussolini erklärte, daß es in Südtirol „keine Minderheitenfrage gebe", -nnmer wieder sauste „das Beil" hernieder, dort unten im Land«! Andreas .Hofers, dessen Gehurtsstätte im Passeier tal auch auf „italienischem" Boden steht. Und immer schärfer werden die Daumenschrauben der Jtalienisierung angezogen, keine einzige Inschrift mehr durfte nach außen bin gezeigt werden und selbst die Namen der Deutschen mußten sich von der Taufe bis zum Grab stein diese Jtalienisierung gefallen lassen. Auf das kleinste „Vergehen" gegen die zahllosen, diesem Verfolgungsgeist entsprungenen Verordnungen standen Kerkerstrafen, stand in „schlimmeren" Fällen Verbannung. Und drohend erhob Mussolini die gepanzerte Faust gegen jeden Protest, der aus Deutschland oder aus Deutsch-Österreich kam. Nun endlich kommt aus Südtirol eine nm so erfreu lichere Kunde, gerade jetzt, da nach der Reise dtzs österreichischen Bundeskanzlers nach Nom und ini Augenblick seines Eintreffens in Berlin der Ver- iretcr jenes Staates eine eifrige politische Tätigkeit ent faltet, der ja am stärksten durch die Abtrennung von Süd tirol und die dortige Jtalienisierungspolitik getroffen worden ist. Und darum auch am stärksten berührt wird durch die Amnestie, die Mussolini jetzt ausgesprochen hat für alle in der „Provinz Bozen", also dem nördlichen Teil Südtirols, ansässigen Personen, die wegen „politischer" Vergehen und Verbrechen verhaftet sind oder einen Verweis erhalten haben. Aus dem Gefängnis und auch aus der Verbannung werden jetzt alle aus diesen Grün den verhafteten oder bereits verurteilten Südtiroler ent lassen. Dazu gehören auch jene Deutsch-Südtiroler, die man einer Mordtat in Ahrntal unmittelbar an der tiroler Grenze vor Jahresfrist verhaftete wegen angeblicher Er mordung dreier italienischer Grenzbcamten, aber nur ver urteilen konnte wegen ..antifaschistischer Betätigung", also weil sie festhielten an ihrem Deutschtum in diesem rein deutschen Tal. Den Führer des Deutschtums hatte man auch auf eine Verbannungsinsel wegtransportiert. Und wenn dieser Amnestieerlaß auch nur eine Geste ist, die an dem Ziel der Jtalienisierungspolitik in Süd tirol nichts ändert, so hofft man in Deutschland doch nun, daß vielleicht die Methoden anders werden, nicht mehr den Charakter brutalster Unterdrückung tragen sollen. Vor allem wird man aber, so weit die deutsche Zunge klingt, sich herzlich freuen über diese Amnestie in Südtirol, die ärgstes Unrecht tilgt. Besonders auch deswegen, weil man sie Wohl als eine Frucht der klugen Politik Dr. Schobers, seiner römischen Reise erblicken darf. Und das erhöht noch die Freude, vermehrt noch den Respekt, mit dem die deutsche Reichshauptstadt den Führer des Bruderstaates begrüßt hat. Denn es ist ja so selten ge worden. daß das deutsche Volk in allen seinen Teilen zu einer solchen Freude Veranlassung erhält. Lawmenunglück in Italien. Dreizehn Tote. Wie aus Macerata in den umbrischen Marken ge meldet wird, ist das Dorf Villa di Mezzo bei Bolognola von einer ungeheuren Lawine verschüttet worden. Drei zehn Tote und vier Verletzte wurden geborgen. Zwölf Personen werden noch vermißt. Man befürchtet, daß sie den Tod gefunden haben. Die Bergungsarbeiten werden eifrig betrieben. Das Dorf liegt unter einer gewaltigen Schneedecke beu raven. Politische MsMUMLeflmMs VundeskWzler Or. Schobers Berliner Besuch Bei seinem Eintreffen in Berlin wurde der öster reichische Bundeskanzler Dr. Schober von Reichs kanzler Müller, Neichsaußenminister Dr. Curtius, dem Polizeipräsidenten Zörgiebel, dem österreichischen Gesandten Dr. Frank, zahlreichen anderen Vertretern der Diplomatie und der Behörden, dem finnischen und dem litauischen Gesandten sowie Mitgliedern der Ber liner österreichischen Kolonie auf dem Bahnsteig empfan gen. Schupo bildete Spalier und die Versammelten brachten dem Bundeskanzler bei seinem Erscheinen ein dreifaches Hoch dar. Als erster begrüßte Reichskanzler Müller durch Händedruck den Bundeskanzler. Dieser bestieg einen Wagen der Reichsregierung und trat da Ankunft Schobers in Berlin. In der Mitte Bundeskanzler Schober (barhaupt), rechts anschließend der österreichische Gesandte ist Bertin, Dr. Frank, und Neichsaußenminister Dr. Curtius. Links anschließend der Berliner Polizeivizepräsident Weiß und Polizeipräsident Zörgiebel. mit die Fahrt nach dem Hotel Kaiserhof an, wo er Wohnung nahm. Noch im Laufe des Vormittags stattete Dr. Schober dem Reichskanzler und dem Reichsausten minister kurze Besuche ab und empfing ihre Gegenbesuche. Halbamtlich wurde der österreichische Bundeskanzler durch eine Veröffentlichung begrüßt, in der gesagt wird, sein Wirken habe in einer kaum fünfmonatigen Amts zeit dem deutschen Brudervolk in Österreich die Einigung im Innern durch die Verfassungsreform und die Freiheit nach außen durch die Ergebnisse der Haager Konferenz gesichert. Im Gedankenaustausch mit den deutschen Staatsmännern werde er die brüderlichen Beziehungen der beiden deutschen Völker zu vertiefen wissen. Ltnterhaltung mit dem Reichspräsidenten. Reichspräsident v. Hindenburg empfing mittags den österreichischen Bundeskanzler zu längerer persönlicher Unterhaltung. An den Empfang schloß sich ein Früh stück, an dem die den Bundeskanzler begleitenden Herren, Sektionsches Schüller, Generalsekretär Dr. Peter und Gesandter Junkar, nebst dem Berliner österreichischen Gesandten Dr. Frank, dem Reichskanzler Müller, dem Reichstagspräsidenten Löbe, den Reichsministern Dr. Curtius, v. Guvrard und Gröner, dem deutschen Gesandten in Wien, Grafen Lerchenseld, u. a. beiwohnten. Für Sonntag war eine große Festvorstellnng in ver Staatsoper Unter den Linden angesagt. Zur Ausführung gelangte das Festspiel „Rheingold" von Wagner. Vom preußischen Staatsministerium waren zu dieser Vor stellung ungefähr 200 Ehrengäste eingeladen. Curtius über Schober. In einem in Wien veröffentlichten Gespräch mit dem Reichsaußenminister Dr. Curtius heißt es, Doktor Schober werde in ganz Deutschland als ein guter Freund begrüßt. Man sähe in ihm den Vertreter der öster reichischen Brüder, aber auch einen aufrichtigen Freund des Deutschen Reiches. Wer wie Dr. Curtius im Haag die erfolgreiche Arbeit des Bundeskanzlers aus nächster Nähe beobachten konnte, wisse die großen Verdienste be sonders zu würdigen, die er sich um sein Land erworben habe. Man werde sich in Berlin über alle die beiden Völker gemeinsam berührenden Fragen unterhalten, nicht zum letzten über die schwebenden Handelsvertrags verhandlungen. Niemand im Reich verkenne, daß Deutsch lands wirtschaftliche Beziehungen zu Österreich von arößter Bedeutung sind. Dr. Curtius ist der festen Über zeugung, daß die bisherigen Schwierigkeiten sich jetzt beseitigen lassen und daß die Handelsvertragsoerhand lungen in naher Zeit zu einem befriedigenden Ergebnis für beide Teile gelangen würden. * Politische Aussprache In der Reichskanzlei zu Berlin fand zwischen den, österreichischen Bundeskanzler Dr. Schober, Reichs kanzler Müller und dem Reichsminister des Auswär tigen Dr. Curtius unter Hinzuziehung der beiderseiti gen ersten Mitarbeiter und der beiderseitigen Gesandten eine eingehende politische Aussprache statt. Diese Aus sprache, die entsprechend den bestehenden engen politischen Beziehungen im Geiste vollsten gegenseitigen Vertrauens geführt wurde, wird am Montag fortgesetzt werden. Bor allen D-ngen stehen die Handelsvertragsver handlungen zur Diskussion, aber auch alle anderen beide Staaten interessierenden politischen Fragen kommen zur Erörterung. Ansprachen des Reichskanzlers und des Bundeskanzlers Reichskanzler Müller gab zu Ehreu des österrcichi scheu Buudeskanzlers Dr. Schober und seiner Begleiiung ein Essen, an dem neben den Reichsministern und den Mitgliedern der Österreichischen Gesandtschaft Vertreter des Reichstages und des Reichsrats, namhafte Persön lichkeiten der Reichs- und Statsbshörden sowie der Kirchen, Angehörige der österreichischen Vereine und führende Vertreter aus Kunst und Wissenschaft, der In dustrie, der Banken, des Handels und der Presse teil nahmen. Reichskanzler Müller nahm während des Essens das Wort und führte nach der Begrüßung Schobers u. a. aus: „Ihr Besuch, Herr Bundeskanzler, fällt in Tage ernster Entscheidungen des Reiches. In solchen Tagon wird der Besuch eines lieben Freundes besonders dankbar empfunden. Sie haben persönlich an den lehren internationalen Verhandlungen im Haag teilgenommen und wißen, von welcher außerordent lichen Tragweite die dort getroffenen Vereinbarungen für das Reich sind. Wir sehen daß unser Volk noch einen schweren Weg vor sich hat. Wir sind aber überzeugt, daß dieser Weg uns schließlich doch nach oben führen wird, und wir vertrauen darauf, in unseren österreichischen Brüdern stets treue Weg genossen zu finden. Die Schicksals-Verbundenheit unserer Länder auf dem Wege in die Zukunft läßt uns Österreichs Glück und Gedeihen als einen Teil unseres eigenen Schicksals empfinden." Zum Schluß trank der Reichskanzler auf eine glück liche Zukunft Österreichs. Bundeskanzler Schober dankte sofort für die warmfühlenden Worte, die der Reichskanzler im Namen der Regierung gesprochen hatte, und fuhr u. a. fort: „Die Aufgabe, Volk und Staat nach dem furchtbaren Zu sammenbruch wicdcraufzurichtcu, lastet schwer auf Deutschland und Österreich Wenn auch in diesem Existenzkampf jeder der beiden deutschen Staaten auf sich allein gestellt war, so hat doch dieses gemeinsame harte Schicksal das in unserer Stammes- gleichheit wurzelnde Zusammengehörigkeitsgefühl nur noch inniger und fester gestaltet. Das Deutsche Reich kann daher auch bei den schwerwiegenden Entschlüssen, die es in diesen Tagen zu fasse» haben wird, der brüderlichen Anteil nahme Österreichs sicher sein. Ich gedenke in Wehmut des hervorragenden deutschen Staatsmannes, der leider nicht mehr in unserer Mitte weilt und vor dessen Manen ich mich huldigend neiae. Mit lebhaftem Danke habe ich von dem wahrhaft mit fühlenden Interesse Kenntnis genommen, das Sie, Herr Reichskanzler, für die Aufwärtsbewcgung Österreichs zum Ausdruck gebracht haben, und mit gleicher Zuversicht spreche ich die Überzeugung aus. daß es beiden Regierungen gelingen werde, das deutsche Volk einer besseren und glücklicheren Zukunft entgegcnzuführen. Die hervorragende Gestalt des auch in Österreich hochverehrten Herrn Reichspräsidenten von Hindenburg soll uns hierbei als Vorbild voranleuchten. Ich erhebe mein Glas auf das Wohl des Herrn Reichspräsidenten, auf das Wohl Euer Exzellenz und auf das Blühen und Ge deihen des Deutschen Reiches." * Memdung mit Dr. Schober. Interview in Berlin. Bundeskanzler Dr. Schober empfing nach seiner Ankunft in Berlin den diplomatischen H. R. F.-Korrespondenten und machte ihm fol gende Ausführungen zu der jetzigen politischen Situation in Österreich sowie über Bedeutung und Zwecke des Berliner Besuches. Das lebhafte Interesse für Österreich, dem ich allerorten begegne, ist mir ein erfreulicher Beweis dafür, daß unsere Be mühunge» um unsere politische und wirtschaftliche Konsolidie rung volles Verständnis und Würdigung finden. Daß daS Ziel, das wir uns in dieser Beziehung gesteckt haben, nicht kampflos erreicht werden kann, ist selbstverständlich. Vor einigen Monaten glaubte man im Auslande noch daß wir ani Rande eines Abgrundes, unmittelbar vor dem Ausbruche eines Bürgerkrieges stehen. Ich fand mich immer frei von diese:» Pessimismus. Olmc große Leidenschaften gibt es keinen Fort