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Wilsdruffer Tageblatt : 15.02.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-02-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-193002150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19300215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19300215
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1930
-
Monat
1930-02
- Tag 1930-02-15
-
Monat
1930-02
-
Jahr
1930
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 15.02.1930
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Und handeln sollst du so, als hinge Von dir und deinem Tun allein Das Schicksal ab der deutschen Dinge Und die Verantwortung wär' dein. Von den Sperlingen Matth. 6, 26: Sehet die Vögel unter dem Himmel an! Auf dem Wege zum Krankenhaus kam ich an einem Baum vorbei, auf dem eine Schar Sperlinge zwitscherte, daran blieb ich stehen und freute mich über den fröhlichen -ar^ lind da ich in meiner Manteltasche Brotkrumen haste, nahm ich und warf sie unter den Leutchen nachher einen kleinen Schmaus stetem Kaum aber hatte ich die Hand ge- schwungcn, da stob die ganze Gesellschaft mit Gesurr da- von. Sinige ^.aume weiter fielen sie wieder ein und ""ft dcft ste ein wütendes Zetergeschrei. Natürlich schimpften sie auf mich, den wüsten Menschen, der ihnen hatte Schaden tun wollen. Sie wußten es natürlich ganz genau: nur darum war er so nahe herangekommen, nur stehengeblieben, um ihnen Schaden zu tun. Währenddem flogen zwei bis drei, die vorhin oben im Baum sitzengeblieben waren, zur Erde und pickten auf, wa^> ich hmgeworfen hatte. Nachdenklich ging ich weiter. ^Perlmgsvolk? Menschenvolk! Wenn in unser ^.cbcn unr farmen Gott Hineintritt und uns ganz nahe stchtbar und deutlich — erschreckt machen wir schnell, da«; wir weiter von ihm wegkommen. Und dann geht dav schelten los auf ihn, den Unheilstifter! Daß er mit guten Gedanken so nahe zu uns gekommen ist, wer glaubt es denn? Daß sein scheinbar so drohendes Ver- halten gerade die Bewegung der Liebe zu uns ist — wer wartet s denn ab? Nur wenige, die geistig höher fitzen als die meisten, die warten es ab und — empfangen den Segen, der allen zugedacht ist. Sehet die Vögel unter dem Himmel an und lernt von ihnen auch, wie ihr es nicht machen sollt! Dresdner Plaudereien. Konzessionierte Fremdenführer. — Mehr Stimmung! Der diesjährige Opernball! — Bekämpfung der Landflucht. Arbeiter aufs Land! (Nachdruck verboten.) In Dresden wirds wieder mal was Neues geben: konzes sionierte Fremdenführer. Der Gedanke ist gut. Heut zutage hat ja auch der Vergnügungsreisende „keine Zeit", in we nigen Wochen will er für nicht zu viel Geld sehr viel sehen. Selbstverständlich wird er vorher den „Baedecker", „Meyer" oder „Grieben" studiert haben, um auf das Wichtigste hingo- wiescn zu werden und eine Auto-Rundfahrt gibt ihm wenigstens einen Begriff davon, wie reich an baulichen Schönheiten unsere Landeshauptstadt ist Ihren intimen Reizen kommt man aber schon unter orts- und sachkundiger Führung naher. Nur mit deren Hilfe lernt man das geschichtliche, künstlerische, volkstümliche und mit Naturschönheiten so reich ausgestaltete Dresden kennen. Zu einem guten Fremdenführer gehört weit mehr, als sich der Laie vorstellt. Er darf nicht solch ein Trinkgeld angelnder Zeitgenosse sein, wie ihn Marzel! Salzer in seinem Fremdenführer Mulatsch auf die Bühne stellt. Der erklärte seiner Gefolgschaft auf der Hradschinbastei die tschechoslowakische Hauptstadt ungefähr so: „Wos die Härrschaften da unten vor sich sehen, ist Prag, das gol dene Prag. Es hat 99 Türme: deshalb heißt es auch das hundert türmige Prag!" Und so floß seine „Erklärung" weiter. Auch ein Dresdner Führer, der die Fremden mit hinauf auf die Galerie unseres Rathausturmes gelotst hat, dürfte nun nicht beginnen: „Zu Ihren Füßen sehen Sie Dresden. Eszerfällt in zwei Teile, in Altstadt und Neustadt. Letzteres ist aber eigentlich die Altstadt!" Das wäre nicht übermäßig geschickt ausgedrückt, ist aber trotzdem wahr, denn die Anfänge Dresdens befanden sich tatsäch lich auf dem rechten Elbuser. Man will nun zwei Gruppen von WMLÄLZNMik 17. Fortsetzung Nachdruck verboten erst das Trauerjahr vorüber, würde Ilse wahr scheinlich mehr Umgang pflegen. Er konnte doch nicht er- warten, ihre Jugend sollte hier wie eine Eremitin leben und graben^ ihrem Inspektor, auf dein Rauneckhof ver- Einen größeren Narren wie ihn gab es wohl nicht! 2U>er ex dachte allerlei Törichtes zusammen, weil ihm jetzt das ständige Draußensein im Freien fehlte, das er so über alles liebte. Das viele Sitzen und Drinnenherumhocken bekam ihm nicht. Im Frühling würde das besser werden! Wenn er erst wieder morgens um fünf vom Hofe reiten konnte, wurde das Leben leichter, dann lachte er wahrschein lich über die schrulligen Anwandlungen, die ihn quälten, seit Jutta Linden hierher gekommen. Ilse aber dachte, es wäre sehr hübsch, wenn Baron Wild hard einmal den Hof besuchen würde. Sie ertappte sich mehrmals dabei, daß sie sich seine Person klar ins Gedächt nis zurückzurufen bemühte. Jutta Linden aber, obwohl sie auf ihren ersten Brief noch keine Antwort erhalten, schrieb wieder einen postlagern den Brief an Frank Wildhard und bat ihn um eine Zusam menkunft. . . 3wm Tage danach trat sie mit etwas verstimmter Miene bei Ilse em. ' , "verzeih, liebe Ilse, aber ich möchte dich heute um einen Aalten -L.ag Urlaub bitten, um nach Frankfurt zu fahren. Ich habe uamlich heute nacht plötzlich abscheuliches Zahnweh bekommen. Ich kenne das gar nicht und will dagegen gleich etwas tun, damit ich nicht etwa noch eine schlaflose Nacht durchmachen brauche." ' Fremdenführern heranbilden. Der erstere soll unseren Gästen nur die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten zeigen. Die Angehörigen der zweiten Gruppe aber sollen fremde Sprachen beherrschen und auch ihre Kundschaft durch unsere weltberühmten Sammlungen führen können. Letzteres ist ungemein wertvoll. Der Reise- „Dilettant" ist der Meinung, daß er beim Besuche der Gemälde galerie alle Säle und Kojen besichtigen müsse. Das dauert aber mehrere Stunden und nach einem derartigen Besuch ist man für den betreffenden Tag beinahe erledigt. Hier setzt nun die zweck mäßige Tätigkeit des Fremdenführers ein. Mit der erforderlichen 'Kunstkenntnis ausgestattet, zeigt er nur das Wichtigste und Inter essanteste, gestaltet er den Besuch der Sammlungen lohnend und nicht zu anstrengend, flicht er zwischen die Besichtigung einzelner Institute einen kurzen erfrischenden Natur- bzw. Stadtbummel ein und weiß auch die geeignetsten Stätten für die notwendige körperliche Erholung. Aber auch das schaffende Dresden darf bei solchen Führungen nicht unberücksichtigt bleiben. Unsere Llbestastdt ist keineswegs nur die Stadt der Pensionäre, sondern in der Peri pherie hat eine vielgestaltete Industrie ihren Sitz. Und was gibt es von den vielen aussichtsreichen Höhen üm Dresden Alles zu zeigen und zu erklären! Da muß der Führer auch in der Geschichte und Geologie Bescheid wissen. Welch ein Juwel ist beispielsweise Moritzburg mit seinem herrlichen Park und seinen Wäldern. Die nahen Städte Meißen und Pirna zeigen dem Landfremden ungeahnte mittelalterliche Bilder und das ebenfalls in kürzester Zeit erreichbare Elbsandsteingebirge mit seinen einzigartigen Fels gebilden ist eine Sehenswürdigkeit, die eine Reise von weither lohnt. Man kann also nur wünschen, daß ein kenntnisreicher und leistungsfähiger Führerstamm herangebildet wird, der den Ruf Dresdens als einer der schönsten Städte der Welt dauernd be festigt. Immer noch reichlich zwei Wochen sinds bis zum üastnachts dienstag, an dem Jedermann ordnungsgemäß meschugge zu sein hat. Mag man sich in geschlossenen Räumen nach Herzenslust ver gnügt machen, nur komme man nicht wieder mit einem Dresdner Karnevalsumzug. Daraus ist noch nie was rechtes geworden, denn süddeutsche und rheinländische Eigenart läßt sich nicht an die Elbe verpflanzen. Solche Fästnachtsumzüge in Dresden sind immer mehr oder weniger in den Dienst der Geschäftsreklame gestellt worden und Witz und Humor standen erst an zweiter und dritter Stelle Schlimm wars vor einem Jähr; da wäre der ganze Dresd ner Karneval beinahe an- und eingefroren und der auf einem Festwagen thronende Narrenkönig schrie zähneklappernd nach Grog Stimmung darf nicht künstlich gemacht werden, son dern muß vorhanden sein. Bei den meisten Ballveranstaltungen in diesen Wochen geht es ja auch heiter zu, aber etwas Neues war mir doch in diesen Tagen ein Vorgang in einer Weinhand lung. Da erschien eine besorgte Mütter im Laden und begehrte eine Flasche kräftigen Wein. „Für meine Töchter", bemerkte die gute Frau, „sie wollen heute Abend zu Balle gehen und gleich ein bißchen Stimmung mitbringen." Ich traaute meinen Ohren nicht. Herrschaften! Das ist auch ein Zeichen unserer Zeit. Man muß erst mit Alkohol Stimmung schaffen. Da kann ich nicht mit. Die Stimmung muß sich doch sofort einstellen, wenn man sich für den Abend festlich schmückt. Dort wird ja schließlich auch keine Butter milch oder Essig getrunken. Früher „fieberten" unsere Töchter auf solch einem Ballabend und erschienen fremde- und glückstrahlend im Saal, ohne daß sie erst vorher „einen gekippt" hatten. Mehr Stimmung! Selbst zu ihr beitragen und nicht erst gelangweilt warten, bis ein Hanswurst seine Posten reißt! Auch der diesjährige Opern ball wäre glücklich über standen. Während vor 14 Tagen die Bezieher dieses Blattes ihren Dresdner „Emil" lasen, warf sich dieser zum so und so vielten Male in Gala, um beruflicher und gesellschaftlicher Pflicht zu ge nügen. Da es am Opernhaus keine Straßenbahnhaltestelle gibt und es sich nicht empfiehlt, in „Lack" erst eine Pfützenpromenade zu unternehmen, so benutzt man ein Kleinauto, einen sogenannten „Einstreifer". Der ist billiger wie sein größerer Bruder, der„Zwei- streifer" und man fährt immerhin noch Auto. Um es gleich vorweg zu nehmen, der Opernball hatte diesmal ein anderes Gesicht wie seine Vorgänger. Die Veranstalter befürchteten, daß der Besuch im Hinblick auf die schwere Wirtschaftslage nicht so stark wie früher sein würde und suchten demgemäß an Kosten zu sparen. Dieser Ball hat nämlich seinen ernsten Hintergrund; es soll ein Reinge winn zum Besten des Pensronsfonds der Künstlerschaft erzielt wer den. Dieser edle Zweck wird aber nicht erzielt, wenn die Kosten eine bedenkliche Höhe erreichen. Und für mn paar Tausend Mark hört und sieht man da heutzutage nicht übermäßig viel. So ließ man die reguläre Vorstellung nicht ausfallen, lustig schwirrte die „Fledermaus" über die Bretter und dann erschien bin Schock Hein- zelmänner, verwandelte die Bühne in einen Festsaal, schleppte ein paar Reihen Parkettsitze hinaus und errichtete im Nu an ihrer Stelle so etwas wie eine vornehme Gaststätte. Nach zehn Uhr abends füllte sich aufs neue der gewaltige Semperbau und er war bis unters Dach hinauf dicht besetzt, als um elf Uhr die Nacht- uird Festoorstellung ihren Anfang nahm. Kapellmeister S t rieg - l e r servierte zu Beginn mit der Staatskapelle einen musikalischen Salat, der nach dem klassischen Anfang aller Kochrezepte her gestellt war: „Man nehme —Und Meister Striegler nahm als Grundsubstanz das Meisterfingewvrspiel und garnierte es mit vielen anderen musikalischen Leckerbissen. Zusammengcrührt ergab das einen ebenso seltsamen wie heiteren Genuß. Dann aber stieg die Hauptattraktion, die Revue „Katharina Hopkins fliegt ins Zauberlan d". Kundige Thebaner misten, daß schon dieser Titel drei Bühnenwerke in sich einschließt, und zwar Zuckmayers erfolgreiche Artistenkomödie „Katharina Knie" (übri gens eine Prachtleistung unseres Schauspielhauses), die hypermo derne Oper „Maschinist Hopkins" und das Weihnachtsmärchen „Iakob fliegt ins Zauberland". Diese Anleihen genügten aber den tüchtigen Autoren noch nicht, sondern sie taten auch noch ein biß chen Shakespeare, Schiller und Lessing hinzu und auch sonst hatte noch die neuere Opern- und Schauspielliteratur herhalten müssen. So kam ein entzückender und zwerchfellerschütternder Mischmasch zustande, an dessen Darbietungen die ersten Kräfte der Oper und des Schauspiels gleich-rühmlichen Anteil hatten. Jedenfalls war es eine Freude, die Herrschaften „vom Bau" einmal in übermütiger Künstlerlaune aktiv zu sehen. Der arme Vorhangzieher hatte nach Schluß dieser „Premiere, die über keine andere Bühne gehen wird, schwerste Arbeit, denn die Hervorrufe wollten kein Ende nehmen. Nach der Vorstellung bildete die Bühne den Tanz saal. Hier, in den Nebenräumen, sowie in den Foyers und im Er frischungsraum oben im vierten Rang entwickelte sich bald jenes festliche, frohe Treiben, das man schon von früher her kennt. Aber — dieser Meinung sind wohl viele Besucher gewesen — der „rich tige" Opernball wars nicht. Dazu gehört eben der Ueberbau des Parketts, der dieses mit der Bühne zu einem einzigen großen Festsaal vereinigt und zu dem von der einstigen großen Hvfloge im Mittelrang die stilvolle Freitreppe hinäbführt. Wenn also der Schönheit ein Opfer gebracht worden war, so ists hoffentlich durch einen beträchtlichen Reingewinn für den guten Zweck ausgewogen worden. Aber, der Wunsch bleibt bestehen, man möchte doch künf tig den Opernball wieder in der früheren großzügigen Aufmachung erleben. Aus dem großstädtischen gesellschaftlichen „Milljö", um mit dem seligen Heinrich Zille zu reden, will der Plauderer zum Schluß seine Leserschaft auf ein ganz anderes Gebiet führen. Im Frühling und Sommer vernimmt man in den Zeitungen den Ruf: Stadtkinder aufs Land! Die Befolgung dieser Aufforderung ist im Interesse für unsere Jugend nur zu empfehlen. Aber es er klingt auch noch ein anderer Rus und zwar: Arbeiter aufs Land! Es ist keine Neuigkeit, daß die Landwirtschaft schwer unter dem Leutemangel leidet. Den Gründen dazu soll hier nicht nachgegangen werden. Tatsache ist aber, daß von den vielen Ar beitslosen mancher Beschäftigung auf dem Lande erhalten könnte. Nun mag bei vielen der gute Wille vorhanden sein, jede Arbeit anzunehmen, nur um nicht stempeln gehen zu müssen und nicht auf unabsehbare Zeit zur Untätigkeit verurteilt zu sein, denn diese bringt die Nerven herunter. Allerdings ist es keineswegs leicht, sich sofort umzustellen. Ein gelernter Arbeiter, der jahrelang am Schraubstock oder an der Drehbank gestanden hat, ist den kör perlichen Anforderungen der Bäuernarbeit nicht ohne weiteres ge wachsen, und so kommt es, daß mancher Arbeitswillige schon nach kurzer Zeit wieder in die Stadt zurückflüchtete. Man darf das nicht leichthin als Faulheit ausdcuten. Es müssen deshalb Mittel und Wege gefunden werden, dieser Landflucht erfolgreich zu be gegnen. Von größtem Intereste war darum eine vom sächsischen Wirtschaftsministerium kürzlich veranstaltete Filmvorführung im „Capitol", die auf die Lösung dieses Problems wirkungsvoll hm- wies. Die Staatsregierung mit Ministerpräsident D r. B ünge r an der Spitze, Reichswehr und Reichsbehörden waren hierbei ver treten. Ministerialdirektor D r. Klien vom Wirtschaftsministe rium schickte dem Film einen instruktiven Vortrag voraus, der die Wege dazu zeigte, für unsere Landwirtschaft die erforderlichen Ar beitskräfte zu gewinnen. Dann rollte ein Bildstreifen ab, den sich in den künftigen Wochen Tausende und Abertausende von brachliegenden Arbeitskräften ansehen müßten. Er überzeugte da von, daß der aus der Stadt kommende Arbeiter erst eine kl m - schulung nötig hat, um für die Landarbeit tauglich zu sein. Diese Umschulung vermittelt eine eigens hierzu geschaffene An stalt in Fliegerhorst bei Frankfurt a. d. O. in einem vier Wochen dauernden Kursus. Der Film, in dem Licht- und Schattenseiten der Landarbeit dargestellt sind, soll nun keineswegs über den grü nen Klee gelobt werden, aber, objektiv betrachtet ist er eine äußerst geschickte und sehr dankenswerte Arbeit die Beachtung verdient. Die Betätigung in frischer, gesunder Luft und die Möglichkeit, auch als Landwirtschaftsgehilfe einmal zu einem Eigenheim zu ge langen, sollten manchem Arbeitslosen den Anreiz geben, hier seine Kräfte auszuwerten, als in der Stadt vergeblich auf Einstellung in einen Betrieb zu hoffen. Emil. „Natürlich, Jutta, darauf darfst du es nicht ankommen lassen. Ich würde dich gern begleiten, aber ich habe so viel im Haushalt mit den Weihnachtsvorbereitungen zu tun." Das hatte Jutta ja gerade ganz genau gewußt und be stimmt damit gerechnet, allein fahren zu können. Um die Mittagszeit betrat sie in einer charakterlos ein förmigen Straße des Frankfurter Ostends eine kleine, ver staubt aussehende Konditorei. Verstaubt wirkte hier alles. Das Büfett, die Tische mit den hohen Stilgläsern, daraus künstliche Blumen steif und starr aufragten, und auch das ältliche Dedienungsfräulein. Um diese Zeit gab es hier keine Gäste, aber Jutta wählte trotzdem den verstecktesten Platz, um sich mit ihm, den sie hier erwartete, recht ungestört unterhalten zu können. Frank Wildhard erschien denn auch bald und er küßte Juttas Hand fast stürmisch. „Endliche mein Liebling! Wie habe ich mich gefreut auf dein Kommen. Doch ich dachte es mir, daß du mich nach unserem neulichen Zusammentreffen in Soden würdest spre chen wollen. Mir liegt ja auch daran." Er schob den ihm gebrachten Kaffee beiseite. „Schauderhaftes Gebräu!" brummte er und hielt Jutta sein geöffnetes Zigarettenetui entgegen. Sie nahm eine Zigarette und beide rauchten. Nach einem Weilchen sagte Jutta leise aber scharf: „Das Zusammentref fen in Soden war allerdings Zufall, aber mir fiel auf, du schauspielertest etwas vor Ilse Rauneck. Denn dir liegt doch nichts daran, auf ein paar Morgen Land wie ein Bauer zu arbeiten, wie du enthusiastisch erklärtest. Soviel ich weiß, ist es zurzeit dein einziger Wunsch, deine Tante zu beerben. Nur tut sie dir noch nicht den Gefallen zu sterben." Er lächelte und blies ihr neckend den Rauch ins Gesicht. „Aber meine herzliebe Jutta, dergleichen durfte ich doch deiner Freundin und Gebieterin nicht erzählen. Ich nehme nämlich an, sie hätte sich ein bißchen darüber gewundert, während du für meine Lebensauffassung volles Verständnis besitzest. Du und ich wünschen uns ein Dasein in Sorglosig keit und Luxus, das aber so arbeitslos wie möglich sein darf. In bezug auf Arbeit haben wir beide keinen Ehr geiz. Kurz, ich wollte mich mit meinen Phrasen bei der Rauneck anschmusen. Ich sah in dem zufälligen Zusammen treffen in Bad Soden einen Wink des Schicksals, denn eine Stelle in deinem ersten Brief hat mich auf eine geradezu glänzende Idee gebracht. Und die möchte ich dir jetzt klar machen." Jutta Lindens Augen nahmen einen zornigen Aus druck an. „Schweige lieber, denn ich kann diese Idee erraten. Es gehört allerdings nicht viel dazu." Er lächelte: „Kein Mensch würde nach deinem gletscher-" haften Gesicht glauben, wie stürmisch du gleich bist, wenn dir etwas nicht paßt. Aber bitte, höre mich an, es handelt sich nicht nur um mein Bestes, sondern auch um das deine." Jutta verzog höhnisch den Mund. „Der Rauneckhof imponiert dir, du möchtest dort der Herr werden und ich darf mich dann fortscheren: Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen!" Er streichelte zärtlich ihre Hand. „Närrchen, süßes, geliebtes Närrchen," flüsterte er und dann zitierte er eine Stelle ihres Briefes: „Wenn ich dich nicht lieb hätte und dazu hoffte, wir beide kommen bestimmt noch mal aus der schäbigen Existenz heraus, in der wir uns jetzt herumdrücken müssen, dann würde ich dir ielbstlos auf irgendeine Weise die Bekanntschaft dieses Goldfisches ver mitteln." Er sah ihr in die Augen. „Nicht wahr, ich habe mir den Satz gut eingeprägt?" Er drückte ihre Hand. „Du, Jutta, der Satz, der von dir stammende Satz hat mir einen Plan eingegeben, einen großartigen Plan, der uns beide für immer aus unserer wackligen Existenz heraus retten kann. Natürlich muß die Geschichte geschickt gedeich selt werden, sonst rutschen wir am Glück vorbei und es macht uns noch weiter eine lange Rase wie bisher." (Fortsetzung folgt.)
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