Volltext Seite (XML)
5892 Nichtamtlicher Teil. ^Ik 156, 8. Juli 1904. mann, Paul Güßfeldt, PechuSl-Loesche, Staudinger, Willy Wolfs, Schinz u. a. Hauptsächlich war es seine Begeisterung für den sonnigen Süden, die ihn oeranlaßte, der Literatur über Italien einen ganzen Zweig seines Verlages zu widmen. Schon sein Schwiegervater hatte mit der Herausgabe von Karl August Mayers »Neapel und die Neapolitaner- (1840) und von Adolf Stahrs Werken auf diesem Gebiete den An fang gemacht. Unter A. Schwartz folgten Hermann Allmers' vielgelesene »Römische Schlendertage-, die augenblicklich in 11. Auflage erscheinen, Waldemar Kadens »Italienische Gyps- ftguren- und Adolf Sterns »Wanderbnch«. Den »Italieni schen Landschaftsbildern- von Emil Roland und den »Spazier gängen in Süd-Italien- von Ludwig Salomon reihten sich in jüngster Zeit Albert Zachers »Römische Augenblicksbilder«, »Deutsch-Capri- von Johannes Proelß und Hans Barths »Italienischer Schenkensührer- an. Für seine Verdienste um die Italien verherrlichende Literatur erhielt A. Schwartz im Jahre 1901 das Ritterkreuz des Ordens der Italienischen Krone, nachdem er früher bereits durch Verleihung des Kronenordens und des Roten Adlerordens ausgezeichnet worden war. Neben den bekannten dramatischen Dichtungen seines Verlages — Julius Mosen, Allmers, Fitger, Otto Girndt, Max Grube u. a. — sind von dramaturgischen Schriften vor allen die Heinrich Bulthaupts und Eugen Zabels zu nennen. Aus der Fülle der Erscheinungen der letzten Jahre erwähne ich das von Martha Rumbauer übersetzte Amerika- Werk des Italieners Carlo Gardini »In der Sternenbanner- Republik-, Zabels »Europäische Fahrten» und »Aus Adolf Stahrs Nachlaß- von Ludwig Geiger. Zwei Reisewerke von Henryk Sienkiewicz über Afrika und Amerika schließen sich den genannten würdig an. Außer dem -Marschcnbuch- von Hermann Allmers, das kürzlich eine Neubearbeitung erfuhr, hat der Verlag eine Reihe von historischen und ethnographischen Publikationen über das Oldenburger Land von Archivrat Sello, Staats minister a. D. Jansen, Franz Poppe, Freiherr v. Dalwigk, Strackerjan und Niemann gebracht; ferner ein Album Olden- burgischer Dichter, historische Schriften von Reinhard Mosen, dem Sohne Julius Mosens, u. a. Der pädagogische und nautische Verlag, der schon unter W. Berndt seinen Anfang genommen hatte, behauptete daneben eine hervorragende Stellung. Besonders aber war dem Verstorbenen sein »Volksbote« ans Herz gewachsen, dessen Redaktion er bis zuletzt mit vollster Liebe und Hingabe leitete. Der weit über Europas Grenzen hinaus bekannte und beliebte Kalender sollte nicht nur das Bclehrungsbedürsnis der großen Menge befriedigen, sondern auch den Gebildeten eine anregende Lektüre bieten, und diese Aufgabe erfüllte er durch seine Vielseitigkeit in schönster Weise. Außer den zahlreichen vortrefflichen Beiträgen aus seiner eigenen Feder, die dem großen Schatze seines Wissens und Gemütslcbens entstammten, wußte A. Schwartz stets passende Mitarbeiter zu finden. Und welch eine eigentüm liche Fügung! Der Herausgeber würde seinen 67. Geburts tag mit dem 67. Jahrgang seines »Volksboten» gefeiert haben, hätte ihn nicht der unerbittliche Tod wenige Tage vorher abgerufen. Nicht unerwähnt darf seine »Geschichte des Kladderadatsch von 1848—1898- bleiben. Eine überaus reiche Fülle von Stoff hat er hier in knapper, prägnanter Form geboten. Als Dichter und Freund der anakreontischen Poesie huldigte er dieser Muse in formvollendeten Versen. Ein ausgezeichneter Kenner des goldenen Rebensaftes, charakterisierte er in seiner »Durstigen Weinfahrt durch das Stromgebiet des Rheines und seiner Nebentäler- jeden der dort wachsenden Weine in kräftigen, trinksrohen Sprüchen. Seine Liedersammlung »Vaterländische Ehrentage«, die sechzehn Auflagen erlebte, zeugt von der hohen Verehrung für Bismarck, die auch in seinem Privatleben pietätvoll zum Ausdruck kam. Die große Tropfsteingruppe im Garten der Villa Schwartz mit der lebensgroßen Bronzebüste des Eisernen Kanzlers von Harro Magnussen wurde Bismarck geweiht. Den Eingang der Grotte bewachen zwei junge Eichen aus dem Sachsenwalde, mit deren Übersendung der Fürst seiner dankbaren Gesinnung hatte Ausdruck geben wollen. A. Schwartz ist auch der Erfinder der Bilderpostkarte. Er schickte am Tage der Mobilmachung, am 16. Juli 1870 — also 14 Tage nach der amtlichen Einführung der so genannten »Korrespondenzkarte- durch Stephan — seine erste illustrierte Postkarte in die Welt, die wohl auch die erste mit Bild druck angefertigte unangefochten bleiben wird. Handels artikel wurde sie erst im Jahre 1875, als die ersten 50 Bilderpostkarten im Verlage der Schulzeschen Hofbuch handlung in zwei Sammlungen erschienen. Innige Freundschaft verband den Verewigten mit Hermann Allmers. Ein rührendes Bild war es, wenn der »Alte vom Deich» im Marschenheim seinem Verleger den »Willeknm» zu trank. Wer August Schwartz in Oberwesel oder in der »Krone« zu Aßmannshausen im Kreise seiner Freunde sah, oder wer ihn kennen lernte in Rom bei Fedelinaro, in jener kleinen Osteria gegenüber der ewig rauschenden Fontana di Treoi, umgeben von den dort lebenden deutschen Journalisten, oder im »Kater Hidigeigei- auf Capri, der gewann ihn bald lieb, den stattlichen, hochgewachsenen Mann mit dem weißen Voll bart und den edlen Zügen, dem der Seelenadel und die He>zensgüte aus den blauen Augen leuchteten. »Welch schöner Kopf!« hat noch vor wenigen Wochen Altmeister Adolf Menzel von ihm gesagt, lind wer mit ihm in der deutschen Reichshauptstadt zusammentraf, ob im früheren »Roten Meer«, bei Habel oder in der Moselstube, der wußte den liebenswürdigen Gesellschafter mit dem reichen Gemüt zu schätzen. Johannes Trojan, Eugen Zabel, Max Grube, der Verlagsbuchhändler Rudolf Hofmann, Bildhauer Harro Magnussen, sowie der Odyssee-Komponist August Bungert, der erst kürzlich eines der letzten Lieder von Schwartz -Am Hünenstein« in ergreifender Weise komponiert hat, wissen von seiner treuen Gesinnung und seinem prächtigen Humor zu erzählen. Sein reges Interesse für andere Völker, sein hoher Kunstsinn und die Liebe zur Natur veranlaßten ihn, alljährlich weite Reisen zu unternehmen. So ist er fast jedes Jahr in seinem geliebten Italien gewesen. Nament lich Roms klassischer Boden und Sizilien zogen ihn mächtig an. Auch Bosnien, Dalmatien und Serbien hat er kennen gelernt, Ungarn und die Karpathen mehrmals besucht. Er liebte das schöne, interessante Ungarland und fand bei seinen Bewohnern viel Gegenliebe und warme, herzliche Freundschaft. Besonders in Kaschau und in der Hohen Tatra. Im letzten Jahre ging sein lange gehegter Wunsch, Griechenland kennen zu lernen, in Erfüllung. Korfu, Athen, Olympia: alle diese Stätten welthistorischen Lebens zogen an seinen Augen, die alles so sonnig sahen, vorüber. Mit welcher jugendlichen Begeisterung genoß er die antike Kunst daselbst! Pflegte er doch, als einer der besten Kenner Homers, aus Odysseus' Pfaden so gerne zu wandeln. Un vergeßlich werden mir, die ich das Glück hatte, ihn und seine Gattin nach Hellas zu begleiten, jene Tage bleiben. Äußerlich und innerlich vornehm, gewann er durch sein würdevolles, harmonisches Wesen alle Herzen. Nicht nur die Angehörigen des Heimgegangenen, sondern auch die Mit arbeiter trauern aus tiefster Seele über seinen Tod. Sie betrauern den treuesten, gütigsten Freund. Er ist dahin gegangen, der Reichbegabte, der so vielen geistige Anregung