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Neuer sus stter wett j Feuer im Schlafwagenzug Hannover—Berlin. Der Fern-D-Zug 15 (Schlafwagenzug Hannover—Berlin) wurde durch Ziehen der Notbremse zum Halten gebracht, weil im Dienstabteil der Schlafwagenangestellten ein Deckenbrand entstanden war. Das Feuer wurde mit Hand- feuerlöschern erstickt; der Wagen brauchte nicht ausgesetzt zu werden. Ein englischer Dampfer mit 16 Mann Besatzung ge sunken. An der norwegischen Küste sind zwei Rettungs ringe mit deni Namen des britischen Fischdampfers „St. Louis" gefunden worden. Der Dampfer hatte Anfang Januar mit einer Besatzung von 16 Mann Hull verlassen; da man seitdem keine Nachricht von ihm erhalten hat, nimmt man an, daß er mit der gesamten Besatzung ge sunken ist. Bier Personen durch einen Felssturz getötet. Wie von den Azoren gemeldet wird, sind auf der Insel Sao Miguel fünf Menschen unter den Trümmern eines Fels stücks, das sich Plötzlich von einem Abhang gelöst hatte, be graben worden. Wer Personen wurden getötet, eine schwer verletzt. Aufregender Fabrilbrand in Chikago. In einer Ehikagoer Kitzen- und Mesratzenfabrik, deren Betrieb im siebenten und achten Stockwerk eines Geschäftsgebäudes untergebracht war, brach ein Brand ans, der den 200 An gestellten des Betriebes den Weg ins Freie versperrte. Die Feuerwehr mußte die Rettung der Gefährdeten mit -Tchrutzgtuchern und Hakenleitern versuchen und cs spielten Üw "ei dem schwierigen Rettungswerk aufregende Szenen "^,-^^^btzes Mädchen trug bei dem Absprung einen tödlichen Schädelbruch davon. Papageienkrankheit in Holland. In einem Amster- damer Krankenhaus sind ein Ehepaar und seine Tochter uuier Krankheitserscheinungcn eingeliefert worden, die tzach Ansicht der Ärzte auf Psittakosis schließen lassen. Die ärztliche Vermutung wird dadurch verstärkt, daß kürzlich bei der betreffenden Familie ein aus Westindien ein- gefuhrter Papagei plötzlich eingegangen ist. ^Feuer im Altersheim. Im Altersheim zu Brockton Massachusetts brach ein Feuer aus, bei dem, nach den bisherigen Feststellungen, vier Personen getötet worden vermutet jedoch, daß von den hundert In sassen des Heims noch mehrere als Leichen unter den Trummern liegen. Tunte Togesckronif AMin. Der frühere preußische Innenminister und jetzige Cyesprasidcnt des Preußischen Obervcrwaltungsgerichts, Dr. Drews, vollendete am 11. Februar das 60. Lebensjahr. Sarstedt b Hannover. Die Baxmannmühle ist einem Brand zum Opfer gefallen. Alle Maschinen und beträchtliche Mengen Fertiafabrikate wurden vernichtet Köln. Von den auf der Zech- „Sophia Jacoba" in Hückel hoven eingeschlossenen drei Bergleuten wurde einer lebend und einer tot geborgen. , „ - - Men Drei Arbeiter, die mit der Ausbesserung eines Gasrohres beschäftigt waren, erlitten durch ausströmcndes Gas tödliche Vergiftungen. Rom In der Redaktion des Faschistenblattes „Popolo oi »rieste" in Triest erfolgte eine Explosion, die auf ein Atten- tat^urückzuführcn ist. Vier Personen, darunter einer der Redakteure, wurden schwer verletzt. Entscheidungen de» Reichsgerichtes Haftung des Fahrunternehmers für Verschulden seines Wagenführers. Die beklagte Fuhrunternehmerin schickte einen ihrer angestelltenEhauffeure auf Bestellung zu einem benachbarten Dorfe, um eine Person abzuholen. Auf Vorschlag des Wagen führers wurde auf der Rückfahrt ein bedeutender Umweg über eine Straße gemacht, die durch ein Schild wegen Straßenbauten als gesperrt bezeichnet war, aber nach Berichten einiger Dorfbe wohner frei sein solle. Als der Krastwagenführer an einer Stra ßenwalze schnell vvrbeifahren wollte, fuhr er gegen einen Baum. Der Kraftwagen wurde gegen die Walze geschleudert. Der Fahr- gast starb an den erlittenen Verletzungen. Die Witwe des Ver storbenen verlangt von der Unternehmerin für sich und ihr minder- jährjges Kind Schadcnsrente wegen des Verlustes ihres Ernäh rers. Der Klage wurde in allen Instanzen stattgegeben, weil die Beklagte nicht nachgewiesen habe, daß sie bei der Auswahl des unzuverlässigen Wagenführers die erforderliche Sorgfalt geübt habe. Es genügt, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der schadenverursachenden Handlung und der aufgetragenen Ver richtung besteht, deshalb kann sich die Beklagte nicht darauf be rufen, daß sie mit dem Wege und der Art der Rückfahrt nicht einverstanden war. (VI. Z. S. 547/29. Urteil vom 6. Ian. 1930.) Bücherschau Die Einkommensteuer des leitenden Angestellten, Gehalt, Tantieme, Aufwandsentschädigung, Zukunftssicherung von Dr. Blümich, Regierungsrat am Landesfinanzamt, Berlin. — Zweite völlig neu bearbeitete Auslage. — Preis kartoniert 3,90 RM. — 180 Seiten. — Industrieverlag Spaeth öc Linde, Berlin W 10, Wien I. — Die in zweiter Auflage erscheinende Schrift des be kannten Steuerrechtlers behandelt in zusammenhängender Dar stellung einen besonders wichtigen Ausschnitt aus dem Gebiete der Besteuerung des Arbeitslohns. Sie beschränkt sich nicht etwa nur auf die im Untertitel angedeuteten Hauptpunke, wie Gehalt, Tan tieme, Aufwandsentschädigung und Zukunftssicherung der leiten den Angestellten, von denen die für die Praxis überaus bedeut samen Fragen der Dienstaufwandsentschädigung und der Zu kunftssicherung eine tief in die Materie eindringende Bearbeitung erfahren haben. Darüber hinaus befaßt sie sich ausführlich mit dem schwierigen Problem der Besteuerung der Gesellschafter-Ge schäftsführer bei Einmanns-, Familien- und Organgesellschaften und zeigt die Richtlinien auf, die sich nach der Rechtsprechung für die Scheidung zwischen Gehalt und Gewinnentnahmen ergeben. In der umfassenden, wohl lückenlosen Verwertung und Verarbei tung der umsangreichen Rechtsprechung zu den zahlreichen Zwei felsfragen des behandelten Gebiets liegt die Stärke dieser Schrift. Dies zeigt sich augenfällig auch in dem Abschnitt über die Steuer ermäßigungsmöglichkeiten bei besonderen wirtschaftlichen Be lastungen und bei Empfang außerordentlicher Einnahmen. Steuerabzüge. Was kann bei der Einkommensteuer und Kör- perschastssteuer abgezogen werden? Unentbehrliches Nachschlage buch. Enthält alle statthaften und nichtstatthafen Abzüge in alpha betischer Reihenfolge zum Ablesen eingerichtet sowie eine An leitung zur Erlangung von Steuerermäßigungen. Bearbeitet von R. Ritter i, Herausgeber der „Deutschen Steuer-Zeitung", Frankfurt a. M., und W. Stern, Rechtsanwalt, Frankfurt a. M. Achte Auflage, neubearbeitet von W. Stern. — Preis kartoniert 2,80 RM. — 105 Seiten. — Industrieverlag Spaeth Sr Linde, Berlin W 10, Wien I. Die Rechtsprechung und Verwaltungs praxis haben in den letzten beiden Jahren auch die Fragen, wel che Abzüge bei der Veranlagung zur Einkomensteuer und Körper schaftsteuer vom Einkommen zulässig sind, was steuerfrei und steuerpflichtig ist und inwieweit Ermäßigungen der Einkommen steuer eintreten können, in vielfacher Beziehung weiter geklärt. Die neuen Bestimmungen über die Abzugsfähigkeit des Verlust vortrages haben für buchführende Steuerpflichtige eine wesentliche Erleichterung gebracht. Alle diese den Steuerpflichtigen haupt sächlich interessierenden Fragen sind in den „Steuerabzügen", die Reisen ohne Kommunal-Reisekre-LchrLef warum sich bei Reisen ohne Not öen Gefahren de» Gelü-y Verlust», Diebstahls aus setzen t Mit dem .Kommunal-Reisekreditbrief' reisen Sie sorglos und sicher. gerade noch rechtzeitig vor Abgabe der Steuererklärungen in neu bearbeiteter achter Auflage erscheinen, sowohl für das Einkommen als auch für das Körperschaftsteuerrecht ausführlich behandelt; ohne irgendwelches Studium der Gesetze kann sich der Steuer pflichtige darüber durch Ablesen aus dem alphabetisch geordneten Stichwörterverzeichnis unterrichten. Wegen dieser einfachen und schnellen Orientierungsmöglichkeft ist das Buch für alle Steuer pflichtigen und auch für diejenigen Personen, die sich berufsmäßig mit Steuerberatung befassen, ein außerordentlich plastisches Hilfsmittel. Deutschlands Amerika-Amateurboxer mußten nun auch ln Newyork eine Niederlage einstecken. Figge verlor im Vor kampf gegen den Amerikaner Huttick; Kugler Überstand den Vorkampf gegen den Amerikaner Wallis, verlor dann aber gegen den Italiener Acille und Leidmann wurde im End kampf von dem Italiener Piazza besiegt, nachdem er vorher den Amerikaner Bcllano geschlagen hatte. Bachler konnte krankheitshalber nicht antreten. Sandwina besiegte Knute Hansen in Newyork schon in per zweiten Runde durch k. o. Halbschwcrgewichtswcltmeister wurde Slattery, der in Buffalo Scozza über 15 Runden nach Punkten besiegte. Eigenartige Rekordwut spiegelt sich in folgenden Mel sungen Wider. Mercedes-Gleitze stellte in Dublin einen neuen „Dauerweltrekord" aus, sie blieb 28 Stunden im Wasser. Doktor Walter Brenner machte unterdessen zwölsmal die Ab fahrt vom Kreuzeckhaus herab zur Talstation der Kreuzeck bahn. Jedesmal, wenn Brenner unten ankam. wurde er mit der Bahn wieder in die Höhe gefahren. ttimtttunk-progrsmm Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 317,1). Donnerstag, 13. Febr. 13.15: Schaliplatten. Mehrstimmig« Schlagergesänge. » 14: Dr. Fischer: Von Büchern und Bücher- schreibern tm Mittelalter. » 14.30: Geschichten- und Liederstunde füi die Jugend: Gustav af Geierstam: „Meine Jungen. » 16: Dr. Friedmann: Neue geistige Strömungen im heutigen Frankreich. » 16.30: Konzert Funlorch. « 18.05: Steuerfunk. » 18.40: Spanisch. » 19.05: Joh. Kretzen: Vom Arbeitsmarkt. » 19P5: Wagner- Abend. Dirig.: Pros. Dr. Neudeck. Solistin: Eugenie Burkhardt. Dresdner Philharmonie. Tannhäuser-Ouv. — Gebet der Elisabeth aus „Tannhäuser". — Karfieitagszauber aus „Parsifal". — Dr« Gesänge nach Worten von Mathilde Wesendonk. — Trauermarsch und Schlußszene aus „Götterdämmerung". » 21: „Bar". Dichtung für den Rundfunk von O. H. Jahn. Mitw.: Lina Carstens^ Lila Hellwig, H. Freyberg, T. Kondziella, K. Baumgarten, E. de Giorgi. » 21.45: Kammermusik. Dresdner Streichguartett. Streichquartett L-dur von Beethoven. » 22.15: Funkpranger. » 22.30: Berlin: Funk-Tanzunterricht. (Walter Carlos.) Donnerstag, 13. Februar. Berlin W. Welle418. — Berlin O., Magdeburg, Stettin Welle 283 9.00: Rektor Hübner: Wie sah Berlin aus, als Goethe es besuchte? 4- 15.20: Gertrud Hanna, M. d. L.: Der Schutz der erwerbstätigen, besonders der weiblichen Jugend. * 15.40: Hermann Häfker: Gilgamesch, das Urepos der Menschheit, 4e 16.05: Dr. Arnold Hahn: Verkannte Erfinder. * 16.30: Aus der Staatl. akadem. Hochschule für Musik: Künstlernachwuchs. Fritz Kleiner, Fritz Lechner, Georg Völker, Grete Zieritz, Otto Schwäger!, Hans Müller, Viktor Babin. 4- 17.30: Sagen und Abenteuer. 4 18.00: Von Kindern, für Kinder (Schallplatten konzert). 4« 18.30: Sport. 4- 18.50: Junge Lyrik. Georg Seidler liest eigene Gedichte. 4- 19.05: Geh. Justizrat Prof. Dr. Ed. Heilfron: Rechtsfragen des Tages. * 19.30: Chor gesänge. Erkscher Männergesangvereine e. V. * 20.55: Wovon man spricht. * 20.30: Überraschungen (Conference: Gerd Fricke). 4- 22.30. Funktanzunterricht. Deutsche Welle 1635. 9.00—9.25: Wie sah Berlin aus, als Goethe es besuchte? 4- 9.30—9.55: Im Bergwerk (Reportage aus einem ober- schlcsischen Bergwerk). 4- 10.00—10.25: Der silmende Botanik»^. 4- 10.35—10.45: Mitteilungen des Verbandes der Preußischen Landgemeinden. 4- 14.30—15.00: Jugendstunde. Reisen und Abenteuer. H 15.00—15.30: Erziehung zum freien Sprechen der Schüler. 4< 15.45—16.00: Frau und Persönlichkeit. 4- 16.00 bis 16.30: Die Mädchenbildung der ländlichen Volksschule als Ausgangspunkt intellektueller Bildung für gehobene Berufe. 4- 16.30—17.30: Nachmittagskonzeri Berlin. 4- 17.30—17.55: Otto Frhr. von Tanbe. Eigene Dichtungen „Die Sturmflut zu Venedig" und Gedichte 4- 17.55—18.20: Bücherstunde. 4c 18.20—18.40: Fragen der Kapitalsanlage. 4- 18.40—19.00: Spanisch für Fortgeschrittene. 4- 19.00-19.30: Rechtsfragen des Tages. 4- 19.35: Richard Wagner. Dresdener Phil harmonie. 4c 21.00: „Bar." Eine Dichtung für den Rund funk von O. Heinz Jahn. 4- 21.45: Streichquartett O-Dur, OP. 59, Nr. 3 von Ludwig van Beethoven. Das Dresdener Streich quartett. 4c 22.30: Funktanzunterricht. 12. Fortsetzung Nachdruck verboten Er mußte am Doktorshause vorbei, das eines der ersten Dorfhäuser war, wenn man aus der Richtung des Gutes kam. Frau Hermine stand an einem der spiegelblanken Fen ster und klopfte sehr energisch mit dem Knöchel gegen die Scheibe, winkte ihm. Er machte halt, wartete bis sich das Fenster öffnete. „Die Gesellschafterin ist heute angekommen," eröffnete sie die Unterhaltung, „ich sah das Auto vorbeifahren. Haben Sie Fräulein Linden schon kennen gelernt, Herr Inspektor? Ich bin nämlich ein bißchen neugierig zu erfahren, wie sie Ihnen gefällt." Ulrich Werdenberg druckste herum. „Du lieber Himmel, ich habe sie ja erst einmal gesehen, heute bei Tisch und noch keine zehn Worte mit ihr gewech selt. Wie kann man da ein Urteil fällen." Hermine Seydel merkte sofort, der Inspektor wich einer direkten Antwort aus. Sie tippte ihm mit dem Zeigefinder ihrer Rechten fest auf die Stelle, wo unter seiner grünbrauncn Flauschjoppe wohl das Herz schlug. „Ich möchte ja nicht wissen, was Sie von ihrem Cha rakter halten, mich interessiert es nur, wie sie Ihnen äußer lich gefällt. Denn ich meine, eine Alltagserscheinung ist Jutta Linden nicht. Und mich interessiert auch besonders das Ur teil eines männlichen Wesens. Wir Frauen gucken unsere Mitschwestern doch meist anders an wie Ihr Männlich keiten." Ulrich Werdenberg mußte wider Willen flüchtig lächeln. »Na ja," nickte Hermine Seydel, das Lächeln mißver stehend, „Sie strahlen schon bei dem Gedanken an die Lin den. Akio sind Sie entzückt von ihr. Ich glaube, vom Män nerstandpunkt aus betrachtet, ist sie sehr schön." Ulrich Werdenberg schüttelte ernst den Kopf. „Nein, Frau Doktor, wenigstens was mich angeht, irren Sie sich sehr. Ich finde Fräulein Linden nicht schön. Sie ist mir zu kalt und künstlich. Ich weiß nicht recht, auf welche Weise ich Ihnen erklären soll, wie ich es meine. Vielleicht kennen Sie diese hypermodernen Figuren der verschiedensten Porzellan manufakturen, man sieht sie auch in Frankfurt ausgestellt. Auffallend schmale weibliche Gestalten mit riesigen Augen und rötlichem Haar. Entweder sind sie Hexe betitelt oder Dämon, oder Sphinx oder Teuselin. Was weiß ich! Jeden falls steht immer so ein Titel darunter, der einem gar keine Lust macht, dem Original einer dieser Figuren im Leben zu begegnen." Er hatte noch einiges hinzufügen wollen, nun aber brach er plötzlich ab. Was hatte er denn nur geredet? Vor ein paar Minuten hatte er noch behauptet, nach seiner bisher sehr flüchtigen Bekanntschaft mit Jutta Linden kein Urteil fällen zu können, und nun verurteilte er schon fest drauflos. Frau Hermine schmunzelte: „Jetzt weiß ich Bescheid, Herr Inspektor, und da ich finde, Sie haben recht, können Sie sicher sein, ich erzähle es nicht weiter, was Sie eben geiagt haben. Es bleibt unter tkns." Besorgt fügte sie hinzu: „Das Engagement dieser Gesellschafterin war eine Ueber- eilung von Fräulein Ilse, ich glaube nicht, daß die beiden sich besonders gut verstehen werden bei längerem Beisam mensein." Ulrich Werdenberg nickte und verabschiedete sich mit kräf tigem Händedruck. Dennoch, wenn er auch wußte, Hermine Seydel würde seine Meinung über Jutta Linden für sich behalten, so war es ihm doch unangenehm, sie geäußert zu haben. Hermine Seydel aber sann über das nach, was Ulrich Werdenberg gesagt. Sie besaß die Angewohnheit, manchmal, wenn sie sich allein befand, laut zu denken. Und so brummelte sie denn vor sich hin: Zu dumm, daß Ilse sich die rothaarige Por zellanfigur herholen mußte. Es wäre so nett gewesen, wenn man hier einen gediegenen, solid aussehenden Zuwachs her gekriegt hätte. Bin nur froh, nicht der einzige Mensch zu sein, dem sie nicht gefällt. Dem Inspektor sieht man es ja an der Nase an, er kann sie nicht riechen. Und jetzt ist er schon soweit nach der ersten flüchtigen Beschnupperung. Vielleicht ist sie aber trotzdem eine ganz gute Person. Man soll nicht so voreilig sein. Schließlich kann sie doch nichts dafür, daß sie so gläserne Augen ins Leben mitbekom men hat! Frau Hermine mußte ihr Selbstgespräch beenden, das Mädchen rief sie in die Küche. 4. Nach dem Essen führte Ilse Rauneck die neue Haus genossin durch alle Räume des Wohnhauses und Jutta Lin den hatte immer mehr Grund, zu staunen über den gediege- nen Reichtum, der sich überall kundgab. Es bedeutete für sie wirklich ein großes Glück, vom Zu fall mit Ilse zusammengeführt worden zu sein. Alle Zimmer waren gediegen eingerichtet, manches Mö belstück aus längstvergangencn Tagen hätte jedem Museum zur Zierde gereicht. Die Raunecks hatten wohl von je das Wörtchen „Pietät" geachtet, sonst wären die ererbten Sachen nicht durch Ge nerationen mit solcher Sorgfalt gehegt und gehütet worden. In einem saalartigen Raume mit riesigen bemalten Truhen, in dem auch zwei Spinnräder von den verscholle nen Zeiten träumten, als fleißige Hände sie noch zu eiliger Arbeit antrieben, stand eine vierschrötige alte Vitrine, in der allerlei Kleinkram der Vergangenheit aufbemahrt wurde. Jutta Linden tat interessiert. Im Grunde aber war es ihr höchst gleichgültig, ob der plumpe Siegelring vom Ur großvater Rauneck stammte oder vom Großvater, ob die breite Schnalle aus schwärzlich gewordenem Silber das Brusttuch der Urgroßmutter oder das einer anderen Rauneck geschmückt hatte, aber Ilse erzählte so wichtig und eifrig, und da sie sich bei ihr Liebkind machen wollte, mußte sie eben geduldig zuhören, (Fortsetzung folgt.)