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Tagesspruch Manch stilles Herz, das keiner kennt. Steckt treu sein blankes Lämpchen an; Manch trautes warmes Feuer brennt, Wo keiner kommt und wärmt sich dran! Notwendige Feststellungen. Sachsens Anteil an den R e i ch s st e u e r n. Seit die Reichssteuergesetzgebung Erzbcrgerscher Form besteht, kämpft Sachsen gegen die Benachteiligung, die der Verteilungsschlüssel mit sich bringt. Dieser Schlüssel ist zu wesentlichen Teilen Zugunsten der leistungsschwachen Länder gebildet worden und bedeutet insbesondere für Sachsen, das zwar verhältnismäßig klein an Einwohner zahl und Gebietsumfang ist, aber ein sehr großes Steuer aufkommen hat, eine fühlbare Verschlechterung gegenüber oeu Verhältnissen vorher, wo jedes Land selbst für seine Steuern zu sorgen hatte. Wieder einmal spricht inan jetzt davon, daß endlich der endgültige Reichsfinanzausgleich zustande gebracht werden soll, und allerlei Vorschläge kommen dabei ans Licht. Unter diesen Vorschlägen nimmt eine Denkschrift des Münchener Professors Nawiasky eine besondere Rolle ein, da sie von ihm in seiner Eigen- ichast als Mitglied des zweiten Unterausschusses des Ver fassungsausschusses der Länderkonferenz erstattet worden ist. Ihre Ausführungen werden so wenig den berechtigten sächsischen Interessen gerecht, daß sich die sächsische Re gierung veranlaßt gesehen hat, eine Gegendenkschrift her auszngebcn. Sie liegt jetzt vor, und auch der objektive Beurteiler muß zugestehen, daß es ihr gelungen ist, die Vorschläge Nawiaskys vollkommen gegenstandlos zu machen. Die Vorschläge des Münchener Professors gehen, kurz zusammengefaßt, dahin, daß dem Länderschlüssel für die Verteilung der üöerweisungsstenern an die einzelnen Länder eine Kombination zwischen der Bevölkerungszahl, dem Steueraufkommen und der Gebietsgröße zugrunde gelegt werde. Je nach der Verwaltungsbedcutung sollen sie einzelnen Länder dazu noch einen Zuschlag erhalten. An andere Stelle seiner Denkschrift will Nawiasky das Steueraufkommen sogar nur eventuell in den Länder schlüssel einbezogen haben. Bisher bestand für die Um satzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Nennwettsteuer zwar schon ein vom Aufkommen abweichender Vertei lungsschlüssel, aber für den größten Teil der beiden er tragreichsten Steuern, die Einkommensteuer und die Kör- perschastssteuer, wurde wenigstens das Aufkommen als Maßstab für die Überweisungen angesehen. Sollte der Vorschlag Nawiaskys, alle Steuern in Zukunft nach seiner kombinierten Methode zu verteilen, in die Wirklichkeit um gesetzt werden, so bedeutet das für Sachsen und ebenso für andere dichtbesiedelte Länder, wie Hessen und die Hansastädte, nicht anderes als die finanzielle Katastrophe. Das weist die Denkschrift der sächsischen Regierung mit überzeugenden Zahlen nach. Die Gebietsgröße ist bestimmt kein objektiver Maßstab. Z. B. betrug in Sachsen der Zufchußbevarf für den Bau und die Unterhaltung der Straßen je Quadratkilometer Gebietsfläche 3855 Mark, in Bayern aber nur 915 Mark und in Mecklenburg- Schwerin nur 472 Mark. Das ist wichtig für die Kraft fahrzeugsteuer, die schon jetzt die Gebietsgrötze in den Verteilungsschlüssel eingestellt hat. Weiter: Auch die Zah len über den Zuschußbedarf sind in den einzelnen Ländern ganz verschieden nnd beweisen damit, daß die Berück sichtigung der Gebietsgröße zu falschen Schlüssen führen muß. Für Sachsen betragen die Ausgaben je Quadrat kilometer fünfmal soviel wie für Mecklenburg-Strelitz und reichlich zweieinhalbmal soviel wie für Bayern. Man ver gleiche damit, daß in ganz richtigem Verhältnis das Steueraufkommen je Quadratkilometer in Sachsen 13 846 Mark, in Bayern aber nur 3733 Mark betrug. Ähnlicher Beispiele führt die sächsische Denkschrift noch eine Menge an, andere Beispiele dann über die Aus wirkung der Forderung, die Einwohnerzahl als Maßstab dem Verteilungsschlüssel zugrunde zu legen. Es ergibt sich, daß, wenn der Schlüssel in Zukunft nach je einem Drittel Aufkommen, Bevölkerungszahl und Gebietsgröße zusammengesetzt wäre, Sachsen rund ein Drittel seines Einkommens verlöre. Das wären für 1928 über 85 Mil lionen Mark gewesen — also der Bankrott. Bayern hätte dagegen 82 Millionen Mark mehr erhalten . . . Erwähnt sei schließlich noch, daß sich die Denkschrift der Regierung auch gegen die Forderung Nawiaskys aus- fpricht, die Neuregelung des Finanzausgleichs solle in Zukunft nur noch vom Finanzbedarf des Reiches und der Länder ausgehen, während der Bedarf der Gemeinden allein nach einer innenstaatlichen Regelung geordnet wer den soll. Die Denkschrift zeigt klar, daß das ebenfalls eine unmögliche Forderung ist. Und auch Bayern sollte — wenn es sich wirklich mit Professor Nawiasky solidarisch erklärte — einsehen: daß Bedarfsschlüssel und Lastenaus gleich zwischen den Ländern staatsrechtlich mit der Auf rechterhaltung der Eigenstaatlichkeit der Länder nicht zu vereinbaren ist. „Was ist des Deutschen Vaterland?" Zum 70. Todestage Ernst Moritz Arndts. Am 2 9. Januar lährr sich zum stebztgstenmal der Todestag Ernst Moritz Arndts, dieses Dichters von echt- deutschem Schrot und Korn. Kein Großer un Reiche der Dichtkunst war Arndt, der mit Körner, Schenkendori und Fouguö zu den Sängern der Befreiungskriege gerechnet wird, aber Gedichte wie „Der Gott, der Eisen wachsen ließ", „Was ist des Deutschen Vaterland?", „Was blasen die' Trompeten? Husaren heraus!", „Wo kommst du her in dem roten Kleids lDie Leipziger Schlacht), „Sind wir vereint zur guten Stunde" und andere haben seinen Namen bekannt gemacht, „so weit die deutsche Zunge klingt" Und mehr noch als durch diese Gedichte ist sein Name zu Ruhm und Ehre durch sein emsiges Wirken für Deutschlands Befreiung vom französischen Joch gelangt. Dieses Teiles seiner Tätigkeit sollten wir gerade jetzt, wo wieder ein Teil der Rheinlande von französischen Truppen besetzt ist, besonders gedenken. Der Titel seines Buches „Der Rhein Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze" schmückt fein Erzdenkmal in Bonn, das bis zum heutigen Tage in vielen Herzen vaterländische Begeisterung weckt. Als eines Leibeigenen Sohn und als schwedischer Unter tan wurde Ernst Moritz Arndt am 26. Dezember 1769 in Schoritz aus der damals noch schwedischen Insel Rügen ge boren. Er war es, der mit seiner Schrift „Versuch einer Ge schichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen" den An stoß zur Aushebung der Leibeigenschaft gab. Als Dozent ui Greisswald und dann aus Kreuz- und Quersahrten durch Deutschland mahnte Arndt das deutsche Volk in feuriger Rede, den „Erbfeind" zu bekämpfen bis zur Vernichtung. In enger Verbindung mit dem Freiherrn vom Stein bereitete er später den Kamps gegen Napoleon vor. indem er durch Gedichte uns Flugschriften das Volk zu Schlachten und Siegen begeisterte Nach den Napoleonischen Kriegen übernahm Arndt eine Professur der Geschichte an der Universität in Bonn, wurde aber bald daraus als einer der Träger der sür gefährlich er achteten deutschnauonalen Bewegung vom Katheder ver drängt und erst 1810 wieder in seine Professur eingesetzt Im Jahre 1818 war er Abgeordneter der Deutschen National versammlung und gehörte als solcher zu der Deputation, d-e Friedrich Wilhelm IV. die Kaiserkrone anboi. Wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstage, an dem er mit Huldigungen aller Art geehrt wurde, ist Arndt in Bonn gestorben. Schleppen der Saarverhandlungen. Die französische Abordnung untereinander uneinig. Die deutsch-französischen Saarverhandlungen begegnen gewissen technischen Schwierigkeiten, die sich daraus er geben, daß die interministerielle französische Saarabord nung mit äußerster Langsamkeit arbeitet. Es scheint auf französischer Seite innerhalb der Abordnung kein fester Zusammenhalt zu bestehen. Die den verschiede nen Ministerien entnommenen Sachverständigen sind nicht einheitlich unterrichtet, wodurch unter ihnen andauernd Meinungsverschiedenheiten und Stockungen verursacht werden. Dr. Dietrich zur Agrarpolitik. Vor badischen Bauern. Aus dem vierten Mittelbadischen Bauermag in Rasta: hielt Reichsernährungsminister Dr. Dietrich eine Rede, w der er sich eingehend mit der Notlage der deutschen Landwir! schäft befaßte. Um der Landwirtschaft zu Helsen, so erkläru der Minister, müßten zunächst in der Agrarpolitik grund legende Änderungen vorgenommen werden. Die Verschuldum habe beute im Osten, insbesondere in Vommern und in Oit preußen, das größte Ausmaß erreicht; aber auch im Westen habe die Landwirtschaft große Schulden. Falls die Landwirt schaft nicht zugrunde gehen solle, müßte man die Agrarschutzzölle erheblich erhöhen. Trotzdem müsse er aber betonen, daß auch der Zoll kein Allheilmittel sei. Zur Frage des Zuckerzolls er klärte der Minister, daß die deutsche Zuckerrübenindustrie gut bestehen könne, allerdings unter der Voraussetzung, daß wir in Deutschland nicht mehr produzierten als wir brauchten. Die deutsche Bevölkerung müsse dazu gebracht werden, mehr Roggen sür die Herstellung von Brot zu verwerten. Man müsse dazu kommen, in Deutschland nur reines Roggenbrot herzustellen. Die Zwangswirtschaft sei jedoch nicht zu empfehlen, um das Roggenproblem zu lösen. Was die Frage der Absatzorganisation auf dem Gebiet der bäuerlichen Produkte beiresse, so betonte der Minister, die erste Voraussetzung dafür sei, das Genossenschaftswesen in Ordnung zu bringen. In erster Linie müsse Agrarpolitik n der Richtung der bäuerlichen Produkte gemacht werden. Das Ende des Rordyolfliegers Eielfvn. IeinFlugzeug zertrümmert aufgefunden Der amerikanische Nordpolflieger Ben Elelson wurde seit dem 9. November v. I. vermißt. Er war mit einem Begleiter aufgcstiegcn, um das Schiff „Nanuk", das an der nordsibirischen Küste im Eise festsaß, mit Proviant zu versehen, und war seitdem verschollen. Die Regierung der Ver. Staaten ersuchte die Sowjct- regierung, ihr bei der Suche nach Eielson hilfreich beizusiehen, und die Russen rüsteten sofort vier Flug expeditionen aus, die die Weisung erhielten, nach Eielson zu forschen. Jetzt nun wird gemeldet, daß die amerikanische« Flieger Crasson und Gillam Eielsons Maschine 150 Kilometer östlich des sibirischen Nordkaps auf einer nahe der Küste gelegenen Insel völlig zertrümmert auf gefunden haben. Von Eielson und seinem Begleiter fehlt jede Spur. 'Man nimmt an, daß sie aus großer Höhe ab» gestürzt sind und daß ihre Leichen im Schnee begraben liegen. Die amerikanischen Behörden haben nunmehr mehrere Hundeschlittenexpeditionen ausgerüstet, die die Zeichen der beiden Flieger suchen -und eventuell heim- üringe-l sollen. Erst Zuchthäusler, dann Szeansegler. Jetzt als Einbrecher angeklagt, aber freigesprochen. Unter der Anklage des Einbruches stand in Berlin ein sehr merkwürdiger und weitbekannter Mann vor Gericht: jener Paul Müller, der auf einem Segelboot von Kurhaven nach Kuba gefahren war, in Havanna sehr gefeiert wurde und dann, auf der Weiter fahrt nach Newyork, zweimal kenterte und von einer Insel zur andern schwamm; Spritschmuggler brachten ihn schließlich in Sicherheit. Jetzt nach seiner Heimkehr hatte sich Müller, der beinahe zwanzig Jahre seines Lebens im Zuchthause verbracht hafte und durch seine Ozeansegclfahrt sich ge wissermaßen moralisch hatte „herauspauken" wollen, wegen Einbruchs vor den Richtern: er hatte den Bootsspeicher eines Bootsbauers, durch den er sich be trogen fühlte, erbrochen und daselbst mehrere Boote kurz und klein geschlagen. Vor Gericht trat aber der Boots- bauer selbst sehr warm für ihn ein, '.vorauf der Staats anwalt die Freisprechung beantragte. Und er wurde auch wirklich frcigesprochen. Militär belagert einen Irrsinnigen. Mit geladenem Gewehr aus dem Fenster gesprungen. In der Ortschaft Vassach bei Villach wurde dci 38 Jahre alte Klcinhäusler Gaggl plötzlich irrsinnig und schoß aus seiner Wohnung mit einem Gewehr auf vorüber gehende Leute. Ein Mann und eine Frau wurden schwer verletzt. Die Geudarmerie war dem Irrsinnigen gegen über, der sich in seinem Hause verschanzt hatte und fort während Schüsse abgab, machtlos. Es wurde von Villach Militär herbeigcrufcn, das, mit Stahlhelmen und Schutz schildcn ausgerüstet, in das Haus einzudringen versuchte und mehrere Schüsse in das Haus abgab. Nach einiger Zeit war im Hause Feuerschein sichtbar. Der Irrsinnige sprang plötzlich mit geladenem Gewehr aus dem Fenster des erste» Stockwerks herab. Er konnte überwältigt werden und wurde mit mehreren Schußverletzungcn ins Krankenhaus So hab' ich Liebste dich gesunden Roma« von Margarete Elzer 86. Fortsetzung «Nachdruck verboten) „Nu, Kind, hast mal bissel Ruh! Ich muß heute den Tisch besorgen, die Lore richtet die beiden Frem denstuben oben her sür die armen Eltern." Gundula, unfähig sich noch groß zu rühren, sah der geschästigen Alten mit müde blinzelnden Augen zu. — Und Marianne plapperte weiter vor sich hin. „Das ganze Haus steht auf dem Kops. Meiner Seel, ein Totes macht doch noch ganz andere Mühe und Ar beit als ein lebendiger Mensch, und die Lohneckerin hat es doch an Arbeit nicht fehlen lassen, nein, nein, das kann kein Mensch sagen. Ist immer ein niedli cher, kleiner Unnutz gewesen. Halt ein Stadtpflänzchen. Die lernen ja wohl alle nicht mehr so recht das nützlich sein." Gundula sah lässig aus: „Höre, Marianne, das sollst du setzt nicht sagen." „Ist doch die Wahrheit!" „Wenn auch! Aus Gründen der Pietät must man die Wahrheit mal sür sich behalten können." „Ich habe noch nie gelogen, und nun aus meine al ten Tage tu ich das auch nicht mehr." „Schweigen ist doch noch nicht lügen!" „Oder schlimmer!" Gundula sah in die klaren, guten Augen der Grei sin, und schwer fiel ihr auf das Herz, was gerade Schweigen im Leben des Freundes für Unheil angerich tet hat. Reumütig sagte sie darum: „Hast recht, Marianne!" Gutmütig lenkte die Alte ein: „Das laß mal, Gundel, das sind so Ueberbleibsel von deiner städtischen Erziehung. In der Stadt wird man schlecht, ob mau will oder nicht!" Das war dieselbe bäurische Weisheit, wie vorhin von Steiner. Für den richtigen Bauern taugt nichts und niemand aus der Stadt. Sie mußte ein bißchen lächeln, aber vielleicht hatten die Leute so ganz un recht doch nicht mit ihren Weisheiten. Marianne hatte nun den Tisch so nett hergerichtet, wie sie es von Gundula gelernt hatte, und Gundel hätte die treue Alte gleich au diesem äußeren Beweis belehren können, daß vieles, was aus der Stadt kam, auch nett, schön und nützlich sein konnte, aber sie war kampfmüde und blieb ruhig am Tische sitzen, bis ihre Gäste hereintraten. Hoff sah sofort in ihren Augen die Abspannung und ries ihr gleich zu: „Sitzenbleiben! Sie müssen ja schrecklich übermüdet sein!" Gundula sah ihn dankbar an. „Ein wenig schon, das dars ich sagen, ohne unhöf lich zu sein, denn Sie würden mir ja doch nicht glau ben, wenn ich das Gegenteil behaupten würde." „Wir kommen auch später, als mir wollten. Aber erstens hat uns der Geistliche zu lange aufgehalten, und dann ist es gar nicht so einfach, in einem frem den Hause Anordnungen zu treffen." Ziemlich schweigsam nahmen sie nun das Mahl ein. Sie waren alle drei von diesem schweren Tag erschöpft. Sie gaben sich nicht einmal Mühe, das vor einan der zu verbergen. Und kaum hatten sie ein paar Bis sen gegessen, so standen Hoffs auf und sagten Gundula Gute Nacht. Die Reichbergerin war nun ganz blaß von der Anstrengung, die schlafbedürftigen Augen-osfenzuhal- ten, und nicht unhöflich fest einzuschlasen. Nach ihren erzwungenen Güsten ging auch sie hinauf in ihr Schlaf zimmer und legte sich hastig nieder. Als die alte Ma rianne gewohnheitsmäßig noch einmal bei ihr herein sah, da lag Gundula schon in tiefem Schlaf, und um ihre Lippen spielte ein leises, glückliches Lächeln, das zu all dem traurigen Tumult dieses Tages so gar nicht passen wollte. Die Alte faltete fromm die Hände und stammelte: „Gott schütze dich vor Leid, du gutes, gutes Kind!" Und leise und behutsam schlich sie aus dem Zim mer und durch den langen Gang. Als sie an dem Zim mer der Gäste vorüberkam, da klang trostloses Wei nen und eine beruhigende Männerstimme an ihr Ohr. Arme Mutter! Die Marianne wußte noch zu gut, wie es tat,-wenn man ein Kind hergeben muß, ob gleich es doch nun beinahe ein Menschenalter her war, seit ihr niedliches, kleines Mädchen gestorben war. Das vergißt und verwindet eine Mutter nie, niemals. * Der Tag der Beisetzung der beiden Opfer des Au tounfalls war gekommen. Alles war wohl vorbereitet und in Ordnung. Die Leichen waren schön aufgebaui und mit Blumen überschüttet. Niemand von den Nach barn hatte fehlen wollen, um Lohneckers Frau und dem armen jungen Menschen das letzte Geleit zu geben. Aus der Stadt waren die beste Freunde der alten Hoffs gekommen. Es war eine große und stattliche Traucr- versammlung. Man war schon ziemlich vollzählig ver sammelt, nur Gundula und Xaver Lohnecker fehlten noch. Die Reichbergerin stand mit blassem Gesicht in ib rem Hause am Fenster und sah mit großen Augen dic Straße entlang, auf der Xaver kommen mußte! Sie hatte nicht einen Augenblick gezweifelt, daß er kom men würde, aber als jetzt die Stunde immer näher kam, da schlich sich doch eine leise Bangigkeit in ih Herz. Ließ er sie am Ende doch im Stich? Aber gleich wieder schob sie den bangen Zweifel mit aller Energie zurück, wie sollte er je den Glauben an die Menschen wiederfinden, wenn sie zu zweifeln begann an ihm? Aber das Herz fing ihr doch zu klopfen an, als sie drüben in sein Haus den Geistlichen treten sah, uiD er noch immer nicht zu sehen war. (Fortsetzung folgt.)