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Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 21 Januar 1930 Am Deobachterfiand. Ein kritischer Tag. — Beschränkung der Seerüstungen. Aufgaben der Jugend. Über Mangel an Beschäftigung können sich wenigstens üe europäischen Staatsmänner wirklich nicht beklagen; länger als vierzehn Tage dauerte die nun der Vergangen heit angehörende Haager Konferenz mit ihren vielstündi gen Sitzungen, die häufig bis zum frühen Morgen dauer en, mit ihren erbitterten Kämpfen, ihren Überraschungen ind Vorstößen, ihren Mißdeutungen und Mißverständ- nssen, ihren Erfolgen und Mißerfolgen auf allen Seiten. Was freilich bei dem Bericht hierüber wirklich heraus- ^ommen wird, dürfte doch nur ein ziemlich farbloses Bild jener bisweilen zu größter Erregung anschwellenden Ver handlungen sein; denn man hat mehr Interesse an dem, was nun tatsächlich bei der Konferenz herausgekommen -ft, als an den Begleitumständen, unter denen sich das alles abspielte. Sie waren ost nicht sehr erquicklich. Der 29. Januar 1930, an dem nun die feierliche Schluß sitzung der Konferenz erfolgte, ist für Deutschland ün ebenso historischer wie kritischer Tag erster Ordnung; denn nun sind die deutschen Zahlungsverpflich- iungen auf ihrem Weg von Versailles über das Londoner Ultimatum und den Dawes-Pakt endgültig und unab änderlich festgelegt worden. Auch der Dawes-Plan von 192-4 war ja nur ein vorläufiges Abkommen gewesen, stellte nur eine Probe dar, die nun zum Endgültigen wird, sobald die Parlamente der betreffenden Länder ihre Zu stimmung dazu geben. Wenn auch die definitive Fest legung der deutschen, nun einmal nicht vermeidbaren Ver pflichtungen an sich zu begrüßen ist, weil wir dadurch aus dem Provisorischen herauskommen, so ist der Inhalt dieses Definitivums wirklich nicht geeignet, den 20. Januar 1930 im Licht einer irgendwie rosigen Erinnerung schimmern ?u kaffen. * „Die Konferenz ist tot, es lebe die Konferenz,* kann man ähnlich jenen Worten sagen, die beim Tode eines französischen Königs gesprochen wurden. Die Haager Konferenz ist zu Ende und die weltpolitisch nicht minder wichtige, für den Völkerfrieden aber wohl noch viel be deutsamere Londoner Seeabrüstungskonfe- cenz beginnt mehrere Stunden nach dem Schluß im Haag. Man hat sich darauf gefaßt gemacht, daß sie sehr viel länger dauern wird als die jetzt zu Ende gegangene Konferenz, und wenn man daran denkt, daß aus dem Völkerbund die Mächte schon jahrelang, aber so ziemlich erfolglos über die Abrüstung debattiert und auseinander geredet haben, dann wäre es fast als ein Wunder zu be zeichnen, wenn man auf der Londoner Konferenz in zwei Monaten zu einem, allerdings begrenzten Ziel kommen würde. An und für sich sollen die dortigen Verhandlun gen über die Beschränkung der Seerüstungen dazu oienen, um der zuständigen Genfer Kommission, wo der Karren wieder einmal völlig festgefahren ist, den Weg zu ebnen, dem besagten Karren einen neuen Vorspann zu ver schaffen, der ihn wieder in Bewegung setzt. Und vor allem soll ja das der erste Schritt dazu sein, einen Versuch darstellen, wie man überhaupt zu einer Einigung in der Frage der Abrüstung kommt, einen Versuch, der Rück wirkung haben soll auf die zwar jahrelang be- und ver handelte, aber um keinen Schritt vorwärtsgebrachte Forderung auch der Abrüstung zu Lande. Inso fern ist Deutschland wenigstens indirekt an der Londoner Konferenz interessiert, direkt aber nicht trotz allen Ge schreis, das über den angeblich geradezu fabelhaften mili tärischen Wert des neuen deutschen Panzerkreuzers in Frankreich und England erhoben worden ist und das auch in London zweifellos sein Echo finden mag. * Wir Deutsche haben größere, ernstere Sorgen und bei Gelegenheit der vielfach abgehaltenen Reichsgrün dungsfeiern, namentlich der Hochschulen, kam dies laut zum Ausdruck. Traurige, schmerzliche Erinnerungen tauchen ja an diesem Tage in Fülle auf, und das gleiche Schloß in Versailles, das die Gründung des Reiches sah, hat ja auch jene andere Versammlung gesehen, die am 28. Juni 1919 so Furchtbares über Deutschland beschloß. Darum stellte beispielsweise der Redner an der Berliner Universität nicht so sehr dieses wehmütige Gedenken in den Vordergrund, sondern unterstrich die Tatsache, daß trotz des Versailler Diktats, trotz der furchtbaren Bestimmungen dieses Diktats, trotz der schweren Wunden, die sie Deutsch land schlugen, das Werk der Väter nicht aus einanderfiel. Und nicht vergehen wird, wenn das Bewußtsein des Opfernmüssens immer neue Träger findet, immer weitere und breitete Schichten des Volkes ergreift. Die Erhaltung des Reiches durch den Opfergeist und in diesem Geist ist Aufgabe der Jugend, des Heran wachsenden Geschlechts, und ein Hindenburg ist es, der in seinen „Erinnerungen" auf sein Lebenswerk zurückblickend „die Feder aus der Hand legt im Vertrauen auf dich — du deutsche Jugend!" » Fördert die Ortspresss » Die Unterzeichnung im Haag Schluß der Haager Konferenz. Abreise der Deutschen. Die Unterzeichnung des „Neuen Plans vom Haag", wie der Young-Plan jetzt offiziell genannt wird, ist am Montag nachmittags erfolgt. Das Konferenzgebäude war im Hinblick auf diesen Unterzeichnungsakt mit Fahnen geschmückt und feierlich hcrgerichtet worden. Von einer großen Schlutzfcier hatten die Konferenzteilnehmer Abstand genommen, da die deutschen Delegierten für Montag abend bereits alle Vorbereitungen zur Rückkehr nach Deutschland getroffen hatten, die nur schwer wieder rückgängig gemacht werden konnten. Infolgedessen be schränkte man sich auf eine kurze Ansprache des Vorsitzen den der Konferenz, des Belgiers Jaspar, der in einer knappen Rede nochmals ein Bild von den Verhandlungen im Haag gab. Namens der Konferenzteilnehmer sprach der britische Schatzkanzlcr Snowden dem Vorsitzenden der Konferenz für seine Mühewaltung den Dank der Ver sammlung aus, worauf die Unterzeichnung erfolgte. Die Sitzung dauerte etwa eineinhalb Stunden, da jeder Delcgationsführer 2 6 Unterschriften zu leisten hatte. Die deutschen Delegierten begaben sich unmittelbar vom Konferenzgebäude zur Bahn, nm recht zeitig abreisen zu können. Sie werden sofort nach ihrer Rückkehr vom Reichspräsidenten und vom Reichskanzler zum Vortrag über den Verlauf und das Ergebnis der Haager Konferenz empfangen werden. Das Endergebnis. Die nun ausgefertigte Schlußakte über die grund sätzliche Billigung des Young-Planes (jetzt „Neuer" Plan genannt) und die Regelung seiner Anwendung umfaßt fol gende Dokumente: 1. Abkommen mit Deutschland, 2. Abkommen mit Österreich, 3. Abkommen mit Belgien, 4. Abkommen mit Ungarn, 5. Abkommen mit der Tschechoslowakei, 6. Über einkommen mit der Schweiz, 7. Übereinkommen bezüglich des Memorandums, das dem Sachvcrstündigenp'an bei gefügt ist, 8. Einigung zwischen den Gläubigermächten, 9. Einigung bezüglich der abgetretenen Güter, 10. Schrift wechsel bezüglich des deutsch-amerikanischen Abkommens, 11. Schriftwechsel über die deutschen Eisenbahntarife, 12. Übereinkommen betreffend die Mobilisierung von Teilen der deutschen ungeschützten Annuitäten, 13. über gangsbcstimmungcn, 14. Schriftwechsel zwischen Deutsch land und Belgien über das Markabkommen. Das Hauptabkommen ist die Vereinbarung zwischen Deutschland und den Gläubigermächten über die endgültige Annahme des Young-Planes zur Regelung aller finanziellen Fragen aus dem Kriege als vollkom mener Ersatz für alle früheren Verpflichtungen. Auf die Liquidation deutschen Besitzes wird mit der Annahme des neuen Planes von allen Gläubigermächten verzichtet und es werden hierüber besondere Vereinbarungen getroffen. Der Schluß des Abkommens ist eine Schiedsgerichts klausel, wonach unter Vorbehalt besonderer Verein barungen für bestimmte Sonderfälle ein Schiedsgericht von fünf Mitgliedern für alle Streitigkeiten aus den Ver trägen zuständig ist. Das Inkrafttreten. Die Schlußklausel enthält die Bestimmungen des In krafttretens, wonach durch die Rcparationskommission und den Vorsitzenden der Deutschen Kriegslastcnkommis- sion 1. die Ratifikation des Abkommens und die Jnkraft sctzung der entsprechenden deutschen Gesetze, 2. die Rati fikation durch vier der einladenden Mächte von der Gläubigerseite und 3. die Konstituierung der Bank für Internationale Zahlungen und die Übernahme ihrer Obliegenheiten sowie der deuschen Schuldzcrtifikate fest- gestellt ist. Der neue Plan wird rückwirkend vom 1. September 1929 ab den Dawes-Plan ersetzen und tritt gegenüber den Gläubigermächten, außer den vier gedachten, vom Tage der Ratifikation an durch diese Mächte in Kraft. Regelung der Ostrcparationen. Nach in der ganzen vorhergehenden Nacht fortge setzten Verhandlungen ist Montag morgen eine Einigung mit den bisher widerstrebenden Ostmächten erzielt wor den. Die Tschechoslowakei erhält für die Abgeltung ihrer Befreinngsschuld an Stelle der bisher elf Millionen Mark betragenden Jahreszahlung eine solche von nur zehn Millionen Mark zugebilligt, die ferner mit einem Betrage von einem Prozent an der Aufbringung der osteuropä ischen Reparationszahlungen beteiligt wird. Die Schwierigkeiten für die Unterzeichnung des Haager Schlußprotokolls waren damit beseitigt; ebenso auch für das zögernde Verhalten Italiens. Für Österreich und Bulgarien wurden ähn liche Möglichkeiten geschaffen. Für die Ostreparationcn wird ein erster Fonds geschaffen, der einen Wert von 240 Millionen Goldkronen haben soll. In ihn fließt der Teil der ungarischen Ncparationsschuld, der für die Großmächte bestimmt war nnd sich aus den zu leistenden Zahlungen von. zehn Millionen Goldkronen jährlich (1929 bis 1943) ergwr, werter vir Zahlungen Ungarns von 1943 bis 1966 in Höhe von je 13>» Millionen Goldkronen, und schließlich die Gesamtsumme der von der Kleinen Entente nach ihrer Gesetzgebung an die enteigneten Opanten zu zahlenden Entschädigungen im Werte von etwa 100 Millionen Gold kronen. Der zweite Fonds von 100 Millionen Kronen wird in Form eines Vorschusses der drei Großmächte Frankreich, England und Italien aufgebracht. Jedenfalls hat Ungarn für die Rückzahlung dieses Betrages nicht zu folgen, sondern in diesen Fällen treten die Kleinen Ententestaatcn für den Mehrbetrag ein. Die endgültige Regelung dieses Abkommens wird jedoch erst in einer nach Paris einzubcrufenden weiteren Konferenz der Beteiligten, wo die Rechtsinstrumente ge schaffen werden sollen, zu Ende gebracht und unterzeichnet werden. * Wie der „Rue plan" unterzeichnetwurde. über den Schlußakt im Haag werden noch folgende Einzelheiten berichtet: Die öffentliche Schlußsitzung der Zweiten Haager Konferenz begann nachmittags gegen ^6 Uhr. Zum letztenmal standen die Polizeiposten vor dem Binnenhof, zum letztenmal wehten die Fahnen von den Giebeln. Ein grauer Regen rieselte herab. Im Binnenhof, der von den zahllosen Autos der Abordnungen gefüllt war, hatte eine Militärkapelle, die während der Schlußsitzung holländische Lieder anstimmte, Platz ge nommen. Die Schlußsitzung hatte sich nm eine halbe Stunde verzögert, nachdem noch den ganzen Tag über weitere Sitzungen zu den letzten juristischen Formulierungen und Niederlegungen stattfandcn Kurz vor >x6 Uhr füllte sich der Große Saal des Niederländischen Abgeordneten hauses. Auf allen Gesichtern malten sich die schwere Anstrengung der letzten Tage und die außerordentlichen Mühen der vergangenen Nächte ab. Die Abordnungen nahmen wie auf der ersten Kon ferenz an dem viereckigen, mit grünem Tuch aus geschlagenen Tisch Platz. In dem freien Raum in der Mitte saßen die Dolmetscher und Stenographen. An dem Tisch der Vertreter der Mächte fehlten jedoch viele bekannte Persönlichkeiten; Tardieu, Briand und Graf Beth len sind bereits abgereist. Die deutsche Abordnung war vollzählig anwesend. Die Diplomatenloge und die Pressebühnen waren wie bei der ersten Vollsitzung bis auf den letzten Blatz gefüllt. Der Präsident der Zweiten Haager Konferenz, Jaspar, stellte nach der Unterzeichnung fest, daß sämt liche das Haager Vertragswerk bildenden Abkommen vollgültig von sämtlichen Abordnungen unterzeichnet seien, und brachte sodann eine Dankesadresse an die Königin von Holland zur Verlesung. Unter allgemeiner Spannung ergriff sodann der englische Schatzkanzler Snowden das Wort. Die gegenwärtige Haager Konferenz habe die Aufgabe erfüllt, die ihr die sechs Großmächte durch ihren Genfer Beschluß vor 16 Monaten gestellt bätten. Die jetzt getroffenen Abmachungen seien zwar ein Kompromiß, jedoch ein ehrenvolles und für jede Macht annehmbares Kompromiß. Besonders erfreulich sei die Regelung des schwierigen Problems der Ostreparationen, die bisher eine der schwierigsten und gefahrvollsten Fragen gewesen seien. Der Schatzkanzlcr wandte sich sodann der deutschen Abordnung zu und erklärte, besondere Anerkennung finde die Haltung, die die deutsche Abordnung auf der Konferenz eingenommen habe. Sie babc mit Mut und großem Entgegenkommen die Interessen ihres Vater landes verteidigt und könne verlangen, die volle An erkennung ihrer eigenen Staatsangehörigen dafür zu finden. Snowden gedachte sodann der Teilnahme Dr. Stresemanns auf der Ersten Haager Konferenz und hob hervor, daß die Ergebnisse der Zweiten Haager Konferenz wie ein Kranz auf dem Grabe Dr. Stresemanns liegen. Jetzt habe man endlich begriffen, daß dir Interessen des Einzclstaatcs mit den Interessen der Gesamtheit der Staaten gleichbedeutend seien und daß das Wohlergehen aller Staaten von dem Wohlergehen des Einzelstaatt-o abhängc. Die Ausführungen des englisch-n SchatzkanKers wurden mit langanhalteudem stürmischen BeEa" ' genommen Darauf begann der belgische Ministerpräsident Jaspar seine Schlußrede mit Worten des Dankes. Er erinnerte an die zahlreichen Konferenzen und Einzelvsrhandlungen. insbesondere die Pariser Sachverständigenkonferenz und hob die große Schwierigkeit nnd vielfache Ent täuschung hervor, die im Laufe der Verhandlungen auf- traten, bevor man zu der endgültigen Regelung der Re- parationssraqe gelangen konnte. Tas Gesamtwerk sei eine