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Ncher Sachverständiger. Als wesentlich für die Be heb u n g der Weltagrarkrise sei die Notwendigkeit der genossenschaftlichen Organisierung von Produktion und Verbrauch. Außerdem wird die Erleichterung des landwirtschaftlichen Kreditwesens empfohlen. — In bezug auf die Welt kohlenkrise wird aus die in verschiedenen Ländern ein geleitete straffere Organisierung der Kohlenwirtschaft hinge wiesen. Die Ansichten über eine i n t ernationale Kohlen verständigung gingen jedoch noch viel zu weit auseinander, als daß ihre Durchführung ins Auge gefaßt werden könnte. — In einem letzten Bericht wird die Auffassung zurückgewicsen, man stehe nach dem ergebnislosen Verlauf der vom Völker bund nach Paris einberufenen Konferenz zur internatio nalen Regelung des Fremvenrechts vor unüber windlichen Schwierigkeiten. Aufsässige Kürsorgezöglmge. Revolte tn.der Erziehungsanstalt Neu-Stettin. In der Neu-Stettiner Provinzialerziehungsanstalt brach eine offene Revolte ans. Die Zöglinge zerschlugen die Fenster scheiben, brachen die Fenstcrkreuzc aus, zertrümmerten die Möbel und warfen sie auf den Hof. Die Bemühungen des Aufsichtspersonals, die Zöglinge mit Wasserstrahlen zu be ruhigen, blieben erfolglos. Erst als die ganze Neu-Stetttner Polizei und Vie außer Dienst befindlichen Anstaltsbeamien alarmiert waren, wurde die Ruhe unter Anwendung des Gummiknüppels wiederher gestellt. Die Anstaltsleitung verweigert einstweilen jede Aus kunft über die Ursachen der Revolte. Mit ihren Kindern in den Tod gegangen. In Surendorf unweit Eckernförde in Holstein wurde die Witwe Gundersen mit ihren beiden Kindern im Alter von 3 und 5 Jahren in ihrer Wohnung tot aufge funden. Man vermure:, daß die Frau, die sich über den Verlust ihres etwa vor Jahresfrist verstorbenen Mannes nicht zu trösten vermochte, Selbstmord durch Vergiftung begangen und die Kinder in den Tod mitgenommen hat. Oie Zlüchtlingstransporte nach Brasilien. 680 Deutschrussen reisebereit. Wie aus Hamburg gemeldet wird, tritt ein Transport von 380 deutschrussischen Bauernflüchtlingen aus dem Lager Möllen (Lauenburg) am Donnerstag nachmittag mit dem Motoreinheitsschiff „Monte Olivia" die Ausreise nach Brasilien an. Es handelt sich dabei um den ersten Transport über Hamburg, dem ein zweiter von 300 Bauern am 29. Januar an Bord des Hamburg-Süd- Dampfers „Kap Norte" folgen soll. Die Passage ist von der deutschen Regierung bezahlt worben. Die Transport« werden von deutschen Ärzten sowie von brasilianischen Auswanderungskommissaren begleitet. Oberregierungsrat Tapolfki im Sklarek-Ausschuß. Fragen, die Senfatton erregen. Im Sklarek-Untersuchungsausschutz des Preußischen Land tages gab Untersuchungskommissar Oberregierungsrat Ta- Polski einen ergänzenden Bericht über den Stand der gegen städtische Beamte und Ehrenheamte eingekeilten Disziplinar verfahren. Danach sind insgesamt 16 Disziplinarverfahren mit dem Ziele der Dienst entlassung eingeleitel worden. Ein Verfahren ist durch Tod erledigt. Elf Verfahren sind vorläufig durch Einleitung eines Strafver fahrens zurückgestellt. Im Gange sind Disziplinarverfahren gegen Oberbürgermeister Böß, Stadtkämmerer Dr. Lange, Stadtrat Busch, Bürgermeister Kohl und Oberbaurai Z a n g e m e t st e r. Oberregierungsrat Tapolski führte weiter aus, daß eine Pensionierung keinen unmittelbaren Einfluß auf ein schweben des Disziplinarverfahren habe. Lediglich eine mittelbare Folge würde sie insofern haben, als dann der Spruch des Disziplinar gerichtes nicht -mehr auf Dienstentlassung, sondern nur auf Aberkennung der Pension lauten könnte. Hierauf stellte der Abgeordnete Koch (Dtn.) eine Reihe von Fragen, die Auf sehen und Unruhe erregten. U. a. bat er um Auskunft darüber, ob den Oberbürgermeister Böß ein Verschulden an der Finanzgebarung der Stadl Berlin liesse und ob dem Untersuchungskommissar bekannt sei, daß S t i f i u n as g e l d e r der Stadt Berlln. die nach den gesetzlichen Vorschriften unter keinen Umständen angegriffen werden dürfen, restlos von der Kämmereikasse verbraucht worden seien. Dem Abgeordneten Koch wurde hier zugerusen, er verstoße gegen die Ausschußbeschlüsse, wonach diese An gelegenheit erst später zur Erörterung kommen solle. Der Abgeordnete Ntedel (Dem.) erklärte, d der Avgeoronete Koch durch seine Fragen Dinge zur ache bringe, die zunächst nur als Behauptungen in die Welt gingen, ohne daß sie bewiesen seien. In ähnlicher Weise äußerten sich die der Deutschen Volksparle» angehörenden Abgeordneten Buch horn und Hallensleben. Hierauf berichtete Staatsanwaltschaftsrat Dr. Weißenberg über den Stand der Strafverfahren. Die Voruntersuchung sei eingeleitet worden gegen die Brüder Sklare!, gegen den Buchhalter Lehmann und gegen die Stadtbankdtrektoren Schmidt, Hoffmann und Schröder, ferner gegen Bürgermeister Schneider, Stadtrat Gäbel, Stadtrat Degener, Direktor Kahn. Stadtrat Schüntng und Stadlamtsrat Sokolowski. Gegen Bürgermeister Kohl dürfte die Voruntersuchung in den nächsten Tagen eingeleitel werden, ebenso gegen Stadtrat Benecke. Auf eine Frage des Vertreters des Justizministeriums erklärt Staatsanwaltschafts- rat Dr. Weißenberg, er habe nicht das Gefühl, daß durch die Tätigkeit des Ausschusses die Aufgaben der Staatsanwalt schaft beeinträchtigt würden. Der Ausschuß vertagt darauf seine weiteren Verhand lungen ans den 6. Februar. -i- Oberbürgermeister Böß geht. Oberbürgermeister Böß wird, selbst wenn er aus dem gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahren straffrei hervor gehen sollte, nicht mehr ins Berliner Rathaus zurückkehren. Eine Kürzung seiner Pension dürfte, wie behauptet wird, nicht in Frage kommen. Neuer aus ÄSer weit Verhaftung eines D-Zugdiebes. Der Frankfurtei Kriminalpolizei gelang es, einen seit langem gesuchter D-Zugdieb, der sich vornehmlich aus den Strecken Frank furt—Mannheim—Karlsruhe und Frankfurt—Saar brücken betätigte, zu verhaften. Allein zwischen dem 1. und 7. Januar wurden in Frankfurt sieben schwere Koffer diebstähle angezeigt. Der D-Zugdieb legte ein umfassen des Geständnis ab. Es handelt sich um einen Mann heimer, der in seiner Wohnung mehr als 200 goldene und silberne Wertgegenstände, die aus D-Zugdiebstählen her rühren, untergebracht hatte. Der verhaftete D-Zugräubei dürfte mit einer Bahnräuberbande, die sich auf anderen deutschen Bahnlinien bemerkbar gemacht hat, in Verbin dung stehen. Eine Kieler Einbrccherbande unschädlich gemacht. Eine Verbrecherbande von neun Personen, die der Kieler Geschäftswelt in den letzten Wochen erheblichen Schaden zugefügt hat, ist von der Kieler Kriminalpolizei unschäd lich gemacht worden. Die Bande hat u. a. Geldschrank einbrüche in der Kieler Filiale der Barmer Ersatzkasse und im Finanzamt Kiel ausgeführt. Bisher konnten ihr 28 Einbrüche nachgewiesen werden. Der Führer der Bande hat nach seiner Verhaftung Selbstmord begangen. Drahtlose Telcphonverbindung mit einem Ozean dampfer. Der französische Überseedampfer „Olhmpic" stellte in einer Entfernung von etwa 5500 Kilometern von der französischen Küste eine Telephonverbindung mii einem Pariser Blatt her, die gänzlich störungsfrei verlief. Der beim Empfänger benutzte Apparat war ein gewöhn licher Telephonapparat. Bekanntlich liegt die Schwierig keit der drahtlosen Telephonie vom fahrenden Schiff aus darin, daß das Schiff jeden Augenblick seine Position wechselt und nicht so starke Maschinen und so große An tennen mit sich führen kann, wie sie die Landstationen aufwciscn. Zwei Frauen unter Haustrümmern begraben. In einem Dorfe in der Nähe von Cannes wurde ein Haus vom Blitz getroffen und stürzte ein. Eine 80jährige Witwe und ihre 15jährige Nichte wurden unter den Trümmern begraben und konnten nur als Leichen gebor gen werden. Eisenbahnzusammenstoß in England. Bei Blaenavon in der englischen Grafschaft Monmouthshire stieß ein Eisenbahnzug, mit dem zahlreiche Bergarbeiter von ihrer Arbeitsstätte heimkehrten, mit einer Rangierlokomotive zusammen. Ein Wagen, in dem sich 40 Arbeiter befanden, entgleiste. Tote sind nicht zu beklagen, doch wurden mehrere Arbeiter schwer verletzt. - Kampf mit einem Adler. Im Wilnaer Bezirk wurde ein Bewohner des Dorfes Siemienezhki im Walde von einem Adler überfallen und durch Schnabelhiebe verletzt. Dem Bauern gelang es. den Vogel mit einem Stockhieb zu töten. Die dortige Landbevölkerung erblickt in diesem Vorfall ein Vorzeichen für Zunahme der Sterblichkeit und für baldigen Krieg. Ein vermißtes Flugzeug aufgcfundcn — die Flieger tot. Wie aus Boston gemeldet wird, wurde das Flugzeug der Flieger Marra und Kirkpatrick, die einen Angriff auf den Höhenrekord unternommen batten und seitdem ver schollen waren, in Amston (Connecticut) aufgefunden. Beide Insassen waren tot, das Flugzeug verbrannt. Bunte Tagescbronil Jünkerath (Eifel). Aus dem hiesigen Bahnhof stießen zwei Lokomotiven zusammen. Ein Lokomotivführer und ein Heizer wurden mit schweren Verletzungen in das Krankenhaus nach Euskirchen eingelieferi. Rom. In der Nähe von Belluno mußte eine Gemeinde geräumt werden, weil sie durch einen von einein nahe liegenden Berge drohenden Erdsturz stark gefährde» ist. In der Gemeinde sind bereits während des Krieges durch einen Erdsturz viele Menschen ums Leben gekommen. Malvern (Arkansas). Bei dem Zusammenstoß zwischen einem Autobus und einem Kraftwagen wurden 22 Personen, darunter 13 Schulkinder, verletzt. Tagungen in Sachsen Kreistierschau. Die Kreisdirektion der Landwirtschaftskammer Leipzig veranstaltet ani 5. und 6. Juni in Grimma eine Kreis tierschau in Verbindung mit der Hauptversammlung der Kreis direktion der Landwirtschaftskammer Leipzig. Um rechtzeitig einen Überblick über den erforderlichen Platz zu gewinnen, werden Anmeldungen von Tieren schon jetzt von der Kreis direktion der Landwirtschaftskammer Leipzig entgegenge nommen. Runälunk-Progrsmm Rundfunk Leipzig (Welle 365,8), Dresden (Welle 317,1). Freitag. 17. Jan. 13.15: Schallplatten. » 15: Einführung und Szenen aus der „Kalifornischen Tragödie", zur Uraufführung im Stadttheater zu Erfurt. » 16: Dr. Huelsenbeck liest aus seinem Lhlnabuch. » 16.30: Konzert. Kapelle Plietzsch-Marko. » 17.30: Martin Andersen Nerö liest aus eigenen Werken. » 18.05: Sozial- oersicherunqsrundfunk. » 18.30: Englisch. » 19: Geh.-Rat Prof. Dr. Schmidt: Vom Strafrecht. » 19.30: Walzerstunde. Solistin: Elisa beth Eerö. Lewz Sinfonie-Orch. Weber: Aufforderung zum Tanz. — Menerbeer: Schattentanz aus „Dinorah". — Liszt: Tanz in der Dorfschenke. — Gounod: Walzer aus „Romeo und Julia". — Strauß: Walzerlzene aus „Intermezzo". — Strauß: Wiener Blut. « 20.30: Wir bauen um. Sketsch in drei Hörfolgen von H. Sieker. » 21: Sinsome-Konzert. Solist: M. Krämer (Violine). Leipziger Sinfome-Orch. Zandonai: Violinkonzert. — Tschaikowsky: Sechst« Sinfonie (Palhäiiouel. * 22.15: Zeit, Wetter, v Anschl.: Tanz musik. Kapelle Kilian. Freitag, 17. Januar. Berlin W. Welle 418. — Berlin O., Magdeburg, Stettin Welle 283. 15.20: Käthe Kern: Umfang und Bedeutung der Frauen- -rwerbsarbeit. 4- 15.40: Dr. Rudolf Mansfeld: Tropische Orchideen in ihrer Heimat und bei uns. 4- 16.05: Theodor Kappstein: Selbstbiographen. W. v. Kügelgen, das Maler original. * 16.30: Unterhaltungsmusik. 4- 17.30: Mit Kurbel und Bremse durch Berlin. (Gespräch zwischen dem Pressechef der Berliner Verkehrs-A.-G. W. Möbus und einem Straßen- bahnsührer. 4- 18.00: Jugendstunde. * 18.30: Otto Flake liest aus eigenen Werken. 4- 19.00: Chorgesänge. Musik direktor Max Wiedemann. 4c 19LO: Das neue Buch. 4c 19.40: Programm der Aktuellen Abteilung. * 2O.0Ü: Im provisierte Erzählungen. Mitwirkende: F. A. Angermever, Ernst Weitz, F. C. Weiskopf, Karl Zuckmayer. Leitung: Edles Köppen. 4- 21.00: Ouvertüren. Dirigent: Bruno Seidler- Winkler. 4c Danach: Trockenskiübungen. 4c 22.30: Abend unterhaltung. Berliner Mandolinen- und Lautenorchester E. V. 1896. Deutsche Welle 1635. 9.00—9.25: Anbau der Kulturpflanzen. Zuckerrüben und Futtcrrunkeln. 4- 9.30—9.55: Bastelstunde. ZePpeUnsahrt nach dem Nordpol. Bildmäßige Einfühlung in das Abenteuer. 4c 10.00—10.25: Affen untereinander. 4- 14.00—14M: Schall plattenkonzert. 4- 14.30—15.00: Kinderstunde. Kunterbunt. 4- 15.00—15.30: Jungmädchenstunde. Aus der Enge in die Welt. 4- 15.40—16.00: Die Familie Schopenhauer. 4c 16.00 bis 16.30: Die Last der Abteilungen in ländlichen Schulen. 4- 16.30—17.30: Nachmittagskonzert Leipzig. 4c 17.30—18.00: Gespräche über Musik (Arbeitsgemeinschaft). * 18.00—18.30: Bäuerliche Produktionsleistung und Berufsausbildung. 4- 18Z0-18.55: Englisch für Fortgeschrittene, 4- 18.55—19.20: Das Textilgewcrbe: Wirkerei uns Strickerei. 4- 19.20—19.45: Wissenschaftlicher Vortrag für Arzte. 4- 20.00: Parergon zur Symphonia domestica von Richard Strauß. Paul Wittgen stein (Flügel), Berliner Funtorchester. 4- 20.30: „Herr Peter Squenz." Ein Schimpfspiel von Andreas Gryphius. 4c Da nach: Trockenskiübungen. 4- 22.30: Abendunterhaltung: Ber liner Mandolinen- und Lautenorchester E. V. So hab' ich Liebste dich gefunden Roman von MargareleElzer. 81. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Gundula hatte sich selbst gewundert, mit welcher Kraft sie sich von ihrem letzten schmerzlichen Verlust erholt hatte. Nur manchmal wollte sie eine öde Ver zweiflung befallen, wenn sie sich plötzlich sragen muß te, warum und für wen plagst du dich nun eigentlich? ' Das Gefühl fürchtete sie wehr als irgend etwas! Es legte sich wie graues Spinngewebe immer tagelang über ihre Schaffenslust, und tötete jede Freude in ihrer Brust. Sie mußte dann alle Kraft zusammennehmen, um über dies Oede sortzukommen, und immer intensiver grübelte sie darüber nach, wie ihrem Leben beglücken der Inhalt, quasi eine Lebensnotwendigkeit gegeben werden konnte. Oft überkam sie eine so qualvolle Sehnsucht nach einem Menschen, für den sie sorgen könnte, und der ihre einsamen Tage mit Licht und Wärme füllen könnte. Sie -achte dabei nicht einmal an einen Mann, oder an „den Mann" überhaupt, nur einen Menschen, der ihr gehörte, wollte sie haben. Aus diesem Verein samungsgefühl heraus war sie dann für ihre Leute eine so überaus gütige und treusorgende Herrin. Es waren doch Menschen von Fleisch und Blut, und ein warmes Wort, ein dankbarer Blick gab ihr einen Bro samen wenigstens von der innerlichsten Lebensfreude. Mit der ganzen verzweifelten Innigkeit ihres vereinsamten Herzens hängte sie sich an Xaver. Ihre Liebe für ihn wuchs an sich selber! Weil sie sich nicht betätigen durfte, breitete sie sich immer mehr in ihrem Junern ans und wurde immer größer und stärker. Sie war ihr einziges, schmerzlich-süßes Glück. Und vielleicht, wenn diese Liebe nicht gewesen wäre, hätte Hundula ihr Leben sortgeworfen wie eine Ueber- ftüsjigkeit. Denn niemand zur Freude und niemand zum Glück zu leben, ist der härteste Fluch, der einen Menschen treffen kann. An seine guten Worte klamerte sie sich. Von ihm, der so ganz ahnungslos der großen Leidenschaft mar, zog sie ihre Lebenskraft. Angstvoll spähte sie in seinen Augen, ob auch die alte Güte, die alte Freundschaft ihr noch entgegen grüßte. Es ging von ihrem Wesen in dieser, auch dies etzte Fünkchen Wärme durch irgendwas, durch irgend- i-en verlieren zu können, nicht wehr das klare Strah lende aus. Es mar ein weicher ein wenig hilfloser Charme um sie ausgebreitet, der Lavers Ritterlichkeit ihr gegenüber in hohem Maße weckte. Er schob die Veränderung Gundulas auf den Tod ihres Vaters. Sonst hätte er sich vielleicht mehr Gedanken gemacht. Die wohl dann der Wahrheit in höchst unerwünschtem Grad nachgekommen wären. Gut war es, sehr gut, daß Laver keine Ahnung davon hatte, denn sie hätte es nicht ertragen, seine Freundschaft in mitleidige Dul dung gewandelt zu sehen. Der nächste Morgen brach an, wie alle Tage! So harmlos und so heiter, durch nichts verratend, welche schwere Not und Pein er bringen würde. Xaver stand wie alle Morgen mit dem Dämmern auf und ging an sein schweres Tagewerk. Nachdem ihm die alte Ziegler den Morgeuimbitz gebracht hatte, schlich er sich durch das Haus und in Inges Schlaf zimmer. Er stand an ihrem Bett und sah mit entzück ten Blicken auf so viel ichlumernden Liebreiz. Es war eine Seltenheit, daß eine Frau, die nun fast zwei Jahre verheiratet war, im Schlummer ausfah wie ein Kind, süß und unschuldig. Behutsam, das Herz voll innigem Glück, verließ Xaver dann aus deu Fuß spitzen das Zimmer und glitt lantlos durch den neben anliegenden Naum, vorüber au dem leichtfertig ver wahrten Schreiben, das mit einem brutalen Schlag aü »ein Glück vernichten konnte. Das weiche. alück(»ck>r Zacheln lag noch lange auf seinem Gesicht, bis es der tägliche Aerger mit Mensch und Dreh allmählich aus- löschte. .. Er aber wußte doch, warum er schaffte, jur wen er sich ärgerte. Es war schon weit in den Tag hinein, da erhob sich auch die faule Inge. Mißmutig und unfreundlich, wie das arme, gelangweilte Menschen immer tun, weil sie keine Pflichten erwarten und leine Frenden. Ein Leben ohne Freuden aber erträgt jeder Mensch noch immer leichter als ein Leben ohne Pflicht. Pflicht ist das Salz, das uns das Leben bekömmlich macht. Es nahm Inge auch nichts von ihrem Unmut, als ihr einfiel, daß heute Berty kommen würde. Obgleich sie dem Wiedersehen mit ihm mit einem leichten Prickeln entgegensah, halb Angst, halb Triumph! Im merhin machte sie sich dem Vetter zuliebe besonders hübsch nnd verführerisch. Es bedeutet doch wenigstens eine Abwechslung in dem trostlosen Einerlei ihrer Tage. Flüchtig kam ihr beim Toilettemachen der Gedanke, daß sie den Brief an die Eltern noch fertig machen oder wenigstens iort- schließen mußte, aber wie es so flatterhaften Menschen nun einmal geht, oder wie Moskowsky so reizend sagt: „Wer nichts zu tun hat, wird knapp fertig!" Der Brief blieb wo er nun einmal war, und es wurde dem Zufall überlassen, ob sein Geheimnis erlauscht oder behütet blieb. Berty Hoss mochte wohl angenommen haben, daß er am Bahnhof abgehvlt würde. Er war ein bißchen er staunt, daß das nicht der Fall war, und schlenderte ziemlich mißmutig durch das Dorf. Nahe bei ihrem Hause begegnete er Gundula. Sie sah in ihrem hochge schlossenen. schwarzen Kleid so fremd aus, daß Berty sie nicht kannte. Aber sie blieb stehen, und in ihren schönen Augen war etwas wie ein unruhiges Forsche» und eine Angst, er wußte nicht wovor. Sie streckte ihm die Hand entgegen. (Fortsetzung fv!gt.)