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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, 2 RW. zuzü^ilt, Abtrag. gebühr. Linzcinummern L!!L»N«,Ä," Drs°«blau I»r Wilsdruff II. Umgegmd für Lürgertuw/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 2V Rxfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen ^)R^ch»- pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgedühr 2V Rerchspsennige. Vor- geschriedeneErscheinungs- tage und Platzvorschristen .-erden nach Möglichdrit Fernsprecher: Ami Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeige», annabmebiruorm.IVUHr. — ! ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzcigen übernehmen wir Keine Garantie. IederRabattanspruch erlischt, wenn derBetrag durch Klage eingezogen werden muß oderderAuftraggebcrin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 3 — 88 Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 4 Januar 1830 Hindenburgs Aeujahrsbolschafi. Die Mahnung des Reichspräsidenten. — Die Front gegen Deutschland. — Depression der Wirtschaft. i„.n,?.mmerernsjhafier wird die wirtschaftliche Lage; ernsthafter auch die politische Situation. Die Mahnung ,n der Neujahrsrede des Reichspräsidenten von gerade angesichts dieser Ernsthaftigkeit »h 's «er die Parteien das Vaterland zu k-in-n ' war nur zu berechtigt. Daß dieses Wort ge tanen ist zwei Tage bevor die Konferenz im Haag zu- '"mmentrat, war von besonderer Bedeutung In seiner ?"'^°rtrede auf die Glückwünsche der Reichsregierung Reichspräsident zu verstehen gegeben, wie zwangs- laung eigentlich die deutsche Innenpolitik, noch mehr aber putsche Außenpolitik ist. Die Haager Konferenz ist ocr beste Beweis dafür. Verpflichtungen über Verpflich tungen wurden und werden Deutschland auferlegt und uur die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bleibt. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen aber sind auch nur eme Folge der außenpolitischen Lage. Gewiß werden in Deutschland die Meinungen darüber selten oder nie ein hellig sein, auf welchem Wege jenes Ziel einer wirklichen Liquidierung der Kriegsfolgen erreicht werden kann. Aber die Mahnung Hindenburgs geht dahin, daß man den Andersdenkenden nicht als von üblem Willen ge leitet hinstellen soll. Kritik muß sein, Opposition soll sein — beides ist positive Mitarbeit, aber nur dann, wenn Wege ausgezcigt werden, die beschreitbar sind. Man möchte das Wort Hindenburgs als Parole über das neue Fahr setzen: „Wer entschlossen Hand mit anlegi und mit arbeitet an den Aufgaben der Gegenwart und am Aufbau der Zukunft, — der handelt wahrhaft national!" -i- Das wird ja auch den deutschen Vertretern aufderHaagerKonferenzin mehr als reichlichem Matze beschieden sein, „arbeiten zu müssen.'" Ein ge waltiger Apparat ist auf der Gegenseite aufgebaut, vor den gleichen Interessen sind die Vertreter der Gläubiger staaten zusammengeschlosscn und getragen, — und dieser Front steht die deutsche Delegation fast allein gegenüber Noch ist nicht die Geheimgeschichte der ersten Haager Konferenz geschrieben, aber man weiß, daß es zwischen den beiden Fronten zu den schärfsten Auseinandersetzun gen gekommen ist. Gleiches kann sich jetzt wiederholen Von jenen die damals die deutschen Interessen wahr nahmen sind jetzt nur noch Dr. Curtius und Dr. Wirth wieder im Haag anwesend. Die anderen sind zum ersten mal in die Atmosphäre einer internationa len Konferenz hineingekommen oder wenn Man will, hineingedrängt worden. Denn auch sie betrachten es als ihre Pflicht, „entschlossen Hand mit anzulegen und mitzuarbeitcn an den Aufgaben der Gegenwart und am Aufbau der Zukunft". * Hindenburgs Mahnung erhält ihre besondere Be deutung aber noch durch den Hinblick auf den Ernst der wirtschaftlichen Lage. Wir sind nicht so glücklich gestellt wie die Vereinigten Staaten, die durch eine Aktion der Regierung dieFolgen einer augenblicklichen Krise überwinden wollen. Es ist durchaus keine Stim mungsmache, wenn der amerikanische Staatssekretär des Auswärtigen, Mellon, daher die wirtschaftliche Zukunst Amerikas sehr optimistisch beurteilt. »Kusinas as usual" — „Geschäft wie gewöhnlich" — kann man in Amerika ruhig sagen, weil dort der Regierung die Mittel zur Verfügung stehen, Wirtschaftskrisen zu über- Minden. Der deutschen Regierung aber sind die Hände gebunden; Aktionen, wie sie hier noch vor ein paar Jahren 5« derartigen Zwecken eingeleitet wurden, verbieten sich jetzt aus Mangel an solchen Mitieln. Erschreckend hoch ist die Zahl der Konkurse und sonstigen Zahlungseinstellungen und leider sieht es gar nicht danach aus, daß die Kette der Insolvenzen zu Ende ist. Diesmal hat man sich auch davor gehütet, bei Jahresbeginn einen wirtschaftlichen Optimismus zu zeigen, der bereits im vergangenen Jahre nicht in Erfüllung ging. Auch die Unterstützung, die in Form von Krediten uns vom Auslande gewährt wurde, ist in erschreckendem Maße zusammengeschmolzen. Der Druck von außen her verstärkt sich. Mehr und mehr wird man in Deutschland auf die eigene Kraft an gewiesen sein. Reichskanzler Müller hat in seiner Glück wunschrede an den Reichspräsidenten sehr deutlich auf diese Notwendigkeit, selbst Ordnung im eigenen deutschen Hause zu schaffen, hingcwiesen und es als vordringlichste Sorge der Reichsregierung bezeichnet, diese Ordnung zu schaffen. Aich: mit Unrecht ist vor kurzem darauf verwiesen Morden, daß sich nach der Haager Konferenz die innen- pouttfcyen finanziellen Auseinandersetzungen und Neurege lungen vor den außenpolitischen Aufgaben maßgebend in den ^oroergrund schieben werden. Derartige Probleme Art liegen in Fülle vor. Und was der Reichstag vzw die Rcichsregicrnng im Dezember geleistet haben, war nur ein Anfang. Die Fortsetzung zu suchen mag aber auch unter jener Parole stehen, daß wahrhaft national handelt, wer entschlossen Hand mit anlegt und Mitarbeiter an den Aufgaben der Gegenwart und am Auf bau der Zukunft. Dr Pr Ser VeMn der 2. Sie Zweite Haager Konferenz. Erste Besprechungen. Schon Freitag morgen traf die deutsche Delegation mit den Reichsministern Dr. Curtius, Dr. Molden hauer, Dr. Wirth und Robert Schmidt an der Spitze mit eineinhalbstündiger Verspätung aus Berlin im Haag ein. Zum Empfang waren der niederländische Außenminister und einige Herren von der deutschen Ge sandtschaft nebst Mitgliedern der deutschen Kolonie am Bahnhof erschienen. Der deutsche Gesandte in den Niederlanden, Gras Zech, war bereits bis Utrecht ent- gegengesahren. Gestern waren die Franzosen unter Führung Tardtcus gekommen, ebenso die Engländer unter Führung Snowdens und Grahams. Im Laufe des Donnerstags und Freitags fanden sich ferner die italienischen, die österreichischen, die ungarischem die tschechischen und die rumänischen Vertreter ein. Die Öster reicher stehen unter der Führung des Bundeskanzlers Schober, die Ungarn unter der des Grasen Beth len. Auch Polen, Jugoslawien und Japan sind vertreten. Eine geschlossene Zusammenkunft der sechs eingelade nen Hauptmächte war für die ersten Nachmittagsstunden angesagt. Dort sollten die Tagesordnung und die weiteren Arbeiten der Konferenz festgelegt werden. Tagesordnung. Die Tagesordnung der Konferenz umfaßt in erster Linie die von dem Juristenausschuß in Brüssel fest gestellten dreizehn noch ungeklärten Punkte der ersten Haager Abmachungen. Die für Deutschland wichtig sten politischen und finanziellen Fragen werden vor aussichtlich erst zum Schluß der Beratungen zur Erörte rung gelangen, da man aus französischer Seite den so genannten Ostreparationen besonderes Gewicht beilegt. Es heißt, die Franzosen würden darauf Hinweisen, daß eine Ablehnung der Unter zeichnung des Haager Schlußprotokolls durch die Mächte der Kleinen Entente und Polen im Osten einen unhalt baren Zustand schaffen würde. Es müsse daher zunächst eine gemeinsame endgültige Vereinbarung für sämtliche Schuldnermächte getroffen werden. Fühlungnahme. Der deutsche Reichsautzenminister Dr. Curtius stattete mittags im Hotel „Des Indes" dem französischen Ministerpräsidenten Tardieu und dem Außenminister Briand einen kurzen Besuch ab. Der englische Schatz kanzler Snowden hatte eine Unterredung mit Außen minister Briand. Diese Unterredung soll den wcsent lichsten Punkten der kommenden Verhandlungen gegolten haben. Snowden äußerte sich Journalisten gegenüber, er glaube nicht, daß es diesmal so aufreibende Arbeiten geben werde wie auf der ersten Konferenz. Die verschiedenen Ausschüsse hätten bereits ungeheure Vorarbeit geleiswi. Den Delegierten bleibe lediglich überlassen, die einzelnen Kommissiousbeschlüsse sachgemäß in- und aneinanderzu fügen. Zwar seidieFragederinternationalen Bank außerordentlich schwierig und verwickelt, aber er rechne doch mit günstiger baldiger Lösung. * Laspar eröffnei die Konferenz. Die förmliche Eröffnungssitzung der Zweiten Haager Kon ferenz begann pünktlich um 5 Uhr (6 Uhr mitteleuropäischer Zeit) in dem Sitzungssaal der Zweiten Kammer der General staaten. Für die Delegierten waren grün gedeckte Tische im Viereck ausgestellt, in dessen Mitte Tische für die Schriftführei und die Übersetzer standen Aus der der Präsidententribüne zu- gewandlen Seite nahmen die sechs einladenden Mächte in alphabetischer Reihenfolge, auf der gegenübcrlegenden Seite des Vierecks, wiederum unter sich alphabetisch geordnet, die übrigen Mächte Platz. Amphithcatralisch angeordnel, zu beiden Seiten des Mitteltisches, hatten die verschiedenen übrigen Dele gationsmitglieder Platz genommen. Dort hielt sich auch dei holländische Außenminister Beelaerts van Blokland als Zu hörer aus. Wenige Minuten nach 5 Uhr eröffnete Jaspar die Sitzung mit einer kurzen Ansprache, in der er zunächst der Königin und dem holländischen Volke für die Gastfreundschaft dankte. Dann erklärte er die zweite Tagung der Konferenz für eröffnet und gedachte in warmen Worten des verstorbenen Außenministers Dr. Stresemann, der seine letzte Kraft trotz sichtbaren Fort schreitens feiner Erkrankung den Arbeiten dei Ersten Haagei Konferenz wie schon jahrelang denen des Friedens gewidmet habe. Jaspar begrüßte dann die anwesenden Minister, wobei e: Tardieu wegen seines „Optimismus', der eine der sichersten Grundlagen des Erfolges sei", lobte: er fand Worte des Willkommens für die neuerschienenen deutschen Minister, Professor Moldenhauer und Schmidt, und für die zum ersten Male anwesenden Bundeskanzler Schober, Graf Bethlen und Burow. Er erwähnte die S ch w i e r i g t e i 1 e n, die sich während der ersten Konferenz gezeigt hatten, und die erfolg reichen Bemühungen zu ihrer Behebung während der Konfe renz selbst und in der.8wikcbcnreit. hWer Konferenz Um 5 27 Uhr war diese formelle Sitzung beendet, und es schloß sich nach zehn Minuten Pause die erste nichtosfi- zielle Sitzung an. Zwei Kommissionen. - Veschleunigtes Arbeitstempo. Die Gesamtlonfercnz im Haag hat zwei Ausschüsse einge setzt: den Ausschuß für die deutschen Reparationen unter Vor sitz von Jaspar, und den Ausschuß für die nichtdeutschcn Repa rationen unter Vorsitz von Loucheur. Der Wunsch der deutschen Abordnung, den Vorsitz in der Zweiten Haager Konferenz einem Neutralen, dem japanischen Botschafter Adatschi zu übertragen, wurde von diesem ab gelehnt. Der Ausschuß für die deutschen Reparationen trat noch am Freitag, der Ausschuß für die nichtdeutschen Repara tionen am Sonnabend zusammen. Am Vormittag des gleichen Tages treten nach dem am Freitag gefaßten Beschluß die Finanzsachverständigen der sechs einladenden Mächte zusammen, um den Streitstand in der Reparationsfrage festzu legen: das heißt Feststellung der Cinigungs- und der Diffe renzpunkte, Teilung der Fragen in wichtige, zu deren Behand- lung die Teilnahme der Minister erforderlich ist, und unwich- ttge die ausschließlich im Kreise der Finanzsachverständgen ge klart werden können Die Finanzsachverständigen erstatten so dann ernen Bericht an die einladenden Mächte ^n der Vorkonferenz ist übereinstimmend der Wunsch zutagegetreten hie entscheidenden Fragen möglichst ausschließ lich in dem kleineren Kreise der sechs einladenden Mächte zu behandeln und zu entscheiden und die übrigen kleinen Mächte nur nach Bedarf zu den einzelnen Fragen hinzuzuziehen, um so eine Beschleunigung und Vereinfachung de Verhandlungen herbeizuführen. Die Vollkonferenz wird sodann in der nächsten Sitzung Einladungen an den Generalagenten für die Repara tionen, an die Treuhänder des Dawes-Planes und an die Kommission ^>er Bank für internationale Zahlungen ergehen lassen. Die Teilnahme der Treuhänder ist notwendig im Hin blick auf die Verhandlung der Frage der verpfändeten Ein nahmen nach dem Dawes-Plan. 'Die Anwesenheit des Repa- rationsagcnten aus der Haager Konferenz wird im Hinblick auf die Überleitung der Tätigkeit der Reparationskommission auf die Bank für internationale Zahlung als notwendig angesehen. Der Vorsitzende der Badener Kommission für die B. I. Z., Reynolds, hat sich bereits eingeschifft und trifft am 1». Januar in Paris ein, so daß der Zusammentritt des Ausschusses für die B I. Z. am 11. oder 12. Januar in Haag zu erwarten ist. Der Beobachter der amerikanischen Regierung Wilson, nimmt an allen Verhandlungen der Konferenz, insbesondere auch an den geschlossenen Sitzungen der sechs einladenden Mächte, teil. Auf deutscher Seite wird besonders Wert auf seine Anwesenheit gelegt, obwohl die Rcparationsbeziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten in dem deutsch-amerikanischen Abkommen geklärt worden sind. * Der -e«W Stanhpuuöt is der SanklWSsrage Haag, 3. Januar. Die von der Haager Konferenz be schlossene Einsetzung zweier Ausschüsse für die deutschen und für die Ostreparationen läßt zunächst noch nicht erkennen, wann die Sanktionsfrage auf der Konferenz zur Verhandlung gelangen wird. Das Protokoll der Brüsseler Iuristenverhandlung vom Dezember enthält unter den dreizehn auf der ersten Haager Konserenz noch nicht geklärten Punkten ausdrücklich die Sanktionsfrage. Hierdurch und durch die große politische Bedeutung dieser Frage ist nunmehr die endgültige Entscheidung und Stellungnahme der Konserenz notwendig geworden. Auf deutscher Seite wird die Rechtslage in der Sanktions frage kurz folgendermaßen -argestellt: Die 88 17 und 18 des Reparationskapitels des Versailler Vertrages sehen vor, daß im Fall deutscher Versehlungen die Regierungen alle Maßnahmen, die erforderlich erscheinen, zu ergreifen berechtigt seien. Art. 43V des Versailler Vertrages sieht ferner die Wiederbesetzung deutschen Gebietes für den Fall vor, daß die Reparationskommission deutsche Verfehlungen feststellt. Demgegenüber erklärt der Youngplan in Uebereinstimmung mit seinem Geist und seiner Verfassung in völlig unzweideutiger Weise im Kapitel Vi: „Die Beziehungen der Re- parationskommission zu Deutschland hören auf. Damit fällt der jenige Organismus, der allein eine Wiederbesetzung der ehemals besetzten deutschen Gebiete herbeiführen kann. Ferner erklärt der Youngplan, daß durch die feierlichen Verpflichtungen, die die deutsche Regierung im Houngplan übernehme, alle Garantien, Psänder und Kontrollen, die bestehen oder entstehen könnten, er setzt würden. Diese Feststellung muß nach der gesamten politiichen Lage von deutscher Seite gefordert werden. Demgegenüber scheint aus sranzösi'cher Seite die Absicht zu bestehen, eine Formulierung zu schaffen, in der erklärt wird, daß die Befugnisse der Repko auf die Internationale Bank übergingen. Es versteht sich von selbst, daß ein derartiger Vorschlag für Deutschland unannehmbar sein würde. WIM MMet die MWn Frage» als MMg gmgkll Haag, 3. Januar. In der Freitag-Unterredung zwischen Tardieu und Snowden soll, wie von englischer Seite erklärt wird, eine Uebereinstimmung über die Konserenzarbeiten erzielt worden sein. Auf englischer Seite vertritt man den Standpunkt, daß die