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Kurze Mitteilungen. 21. Januar 1927 In der heutigen Sitzung der französischen Kammer wird Paine a re eine Erklärung über die Wirtschaftspolitik der Regierung abgeben. Ueber die Pariser R e st p u n k t e - V e r - Handlungen weif; der Malin zu berichten, das; die deutschen Delegierten ihre ursprünglichen Vorschläge ab- aeändert hätten und nunmehr Grund zu der Hoffnung auf ein baldiges günstigesErgebnisderVer- handlungen bestehe. Im japanischen Parlament ist ein Miß trauensvotum gegen die Regierung wegen ihrer China- Politik eingebracht worden. In einer Rede erklärte LloydEeorge, daß er mit der Erzielung einer Mehrheit der Liberalen bei den nächsten Wahlen rechne. Briand verhandelt mit Mussolini? 21. Januar 1927 Wie die Abendblätter melden, behauptet Avenir in seinem Leitartikel, Brian d verhandele seit einigen Tagen durch Vermittlung des französischen Botschafters beim Quirinal mit Mussolini. Italienische Manöver an der Alpengrenze. Die Abendblätter melden, daß Eiornale d' Italia zufolge im ganzen Februar turnusweise längs der ganzen Alpengrenze italienische Manöver der verschiedenen Heeresgruppen stattfinden, da bei der langen Alpengrenze Italiens das ganze Heer auf den alpinen Krieg vorbereitet werden müsse. Polen und die deutsche Ostgrenze. 21. Januar 1927 Die Auffassung Briands. Wie erst jetzt bekannt wird, hat in der Diskussion über die Ausführungen Briands vor dem auswärtigen Ausschuß der Kammer die Frage der deutschen Ostgrenze eine bedeutende Rolle gespielt. Auf die Frage an Briand, ob die polnisch-französischen Abmachungen der deutsch-französischen Verständigungspolitik nicht w'der- .spräcken, antwortete Briand, daß es sich um zwei völlig verschiedene Dinge handele. Nach seiner persönlichen Auffassung könnte sich Deutschland und Polen ebenfalls verständigen. Auf eine weitere Frage, ob Stresemann in Tkoiry mit Briand über die Notwendigkeit der Ab änderung der Ostgrenzen Deutschlands gesprochen habe, erwiderts Briand bejahend. Er habe aber damals Stresemann gesagt, daß der entscheidende Gesichtspunkt für eine Neuregelung der deutsch-polnischen Grenze nur die Frage der Kompensationen sei, welche Deutschland Polen als Gegenwert andieten könne. Ueber die Politik der deutsch-französischen Verständigung sagte Briand, daß diese in Deutsch land so tiefe Wurzeln geschlagen habe, daß es für jede deutsche Regierung, welche Partei in ihr auch immer ausschlaggebend sein möge, schwer sein würde, den deutsch- französischen Verständigungskurs abzuändern. Weitere Ausweisungsbefehle gegen Deutsche in Polen. Dieser Tage erhielten die beiden Vorstandsmitglieder Dr. Sonneck und Grottian und die beiden leitenden Angestellten Regierungsbaumeister Driopzehner und Dr. Jessen von der schlesischen Kleinbahngesellschaft in Katto- wjtz ohne Angabe von Gründen die Aufforderung, bis zum 31. Januar bzw. 15. Februar das polnische Gebiet zu verlassen. Die vier Beamten befinden sich bereits seit vier Jahren in Polnisch-Oberschlesien. Die mittlere Reise. Das frühere Linjährigen-Freiwilligen-Zeugnis ver lieh seinen Inhabern außer der Berechtigung zum be vorzugten Dienst im Heer auch die Möglichkeit, in mitt lere Stellen der öffentlichen Verwaltung und des Wirt schaftslebens einzutreten. Es baute in den meisten Fällen auf Schulberechtigungen auf. Der Wegfall des Einjäh- rigen-Zeugnisses und die Forderungen des öffentlichen Lebens zwangen Reich und Länder, auch fernerhin ein über die Volksschule hinausgehendes Bildungsziel fest zulegen, das eine ausreichende Grundlage für die all gemeinen Anforderungen verschiedener mittlerer Berufe in der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft gewährleistet. Reich und Länder sind deshalb überein gekommen, den Begriff der mittleren Reife einzuführen. Auch sie wird eine Schicht von Schülern umfassen, die verschiedene Bildungsgänge mit verschiedenen Bildungs mitteln zurückgelegt haben. Aber alle Schulen, die zur mittleren Reife führen sollen, werden schon infolge einer Auswahl der begabten und leistungsfähigen Schüler — einen gewissen Grad von grundlegender Bildung ver bürgen müssen, die die Schüler zu erfolgreicher Tätig keit in den mittleren Berufen befähigt. In diesem Rahmen kommen sowohl die Schulen in Betracht, die, aus einer Grundschule aufbauend, ihre Schüler in einem mindestens sechsjährigen Lehrgang mit einer Fremdsprache unterrichten, als auch die Schulen, die ihre Schüler frü hestens nach dem vollendeten 7. Schuljahr aufnehmen und sie in dreijährigem Vollunterricht, ebenfalls mit einer Fremdsprache, zum Ziel führen. Bei beruflichen Schulen kann eine vertiefte fachliche Ausbildung an Stelle des fremdsprachlichen Unterrichts gewertet werden. Dem nach kann im Bereich des sächsischen Volksbildungsmini steriums die mittlere Reife den Schülern und Schüle rinnen an den öffentlichen Schulen zugesprochen werden, die 1. von Unter- nach Obersekunda einer höheren Schule Var vsai-üws. Jeder fein eigenes Kino. Die Versuche mit drahtloser Filmübertragung beschäftigen s seit längerer Zeit die Laboratorien der Technischen Versuchs anstalt. Aus Amerika kommt die Meldung, daß der technische ' Berater der General Electric Company Dr. E. F. W. Alexander» son einen radio-kinematographischen Apparat erfunden hat, mit dem die Übertragung eines Films auf drahtlosem Wege möglich ist. Die Meldung behauptet, das; es schon in kurzer Zeit möglich s sein werde, mit Hilse dieses Apparates von den Radiostationen aus an die Rundfunkteilnehmer aktuelle Photographien funken zu können. Innerhalb der nächsten 10 Jahre glaubt man mit l Sicherheit, das System so weit vervollkommnet zu haben, daß alle ; Radioieilnehmer radio-kinematographische Aufnahmen im Hause, Fernsicht von Thcateraufsührungen, Sporteieignissen usw. erhalten können. Unser Bild zeigt den Erfinder Dr. E. F. W. Alexanderson l mit seinem radio-kinematographischen Projektionsapparat- (Gymnasium, Realgymnasium, Oberrealschule, Deutsche Oberschule, Ausbauschule, sechsstufige Studienanstalk) regelrecht versetzt worden sind, 2. die Abgangsprüsung einer Realschule oder einer höheren Mädchenschule mit Erfolg abgelegt haben, 3. die Abgangsprüfung der dreistufigen Abteilungen der Höheren Schule für Frauen berufe in Leipzig mit Erfolg abgelegt haben, 4. die Abgangsprüfung einer sechsstufigen höheren Abteilung der allgemeinen Volksschule mit Erfolg abgelegt haben. Inwieweit Privatschulen die Berechtigung zugesprochen werden kann, das Zeugnis der mittleren Reise aus zustellen, wird noch besonders geregelt werden. Welche Berechtigungen im praktischen Leben die mittlere Reise verleiht, wird zunächst der weiteren Entwicklung, die sich an die Einführung des Begriffs knüpft, überlassen werden müssen. Ebenso wie dies beim Einjährigen-Zeug- nis der Fall war, werden sich im öffentlichen Verwal tungsdienst wie im Wirtschaftsleben die Grundsätze her ausbilden, inwieweit Inhaber des Zeugnisses der mitt leren Reife als befähigt angesehen werden, in ihre mitt leren Berufe einzutreten. Aus aller Welt. 21. Januar 1927 - Tödlicher Automobilunfall. Der Magdeburger Dunlop-Vertreter Schön geriet bei Wulkau aus der schlüpfrigen Landstraße mit seinem Wagen ins Schleu dern und stürzte, sich überschlagend, eine Böschung hin ab. Schön, der das Auto selbst lenkte, war sofort tot. * Zusammenstoß zwischen Autoomnibus und Eisen bahn. Aus München wird gemeldet: Ein mit neun Per sonen besetzter Autoomnibus der Bregenzer Verkehrs- gesellschast fuhr am Bahnübergang Lindau—Reutin in die geschlossene Schranke und stieß mit der Lokomotive eines vorüberfahrenden Güter,zuge-s zusammen. Von den Insassen des Omnibusses wurde ein Gastwirt so schwer verletzt, daß ihm der Oberarm abgenommen wurde. * Die Grippe in Berlin. Wie das Hauvtgejund- heitsamt der Stadt Berlin mitteilt, hat die Zahl der Grippekranken seit dem 19. d. M. um 50 zugenommen, während nach der Mitteilung der Allg. Ortskrankenkasse im Vergleich zu gestern die Krankmeldungen um 162 zu rückgegangen sind. * Wenn Frauen mit dem Revolver ihren Mann suchen. In einem kleinen Restaurant in der Kyffhäuser straße in Berlin-Schöneberg wurde der Kohlenhändler Joh. Trümper auf eigenartige Weise getötet. Die In haberin des Lokals, die Grund zur Eifersucht auf ihren Mann hatte, befand sich mit einem Revolver in der Tasche auf der Suche nach diesem. In einer Gastwirt schaft, in der sie ihren Mann traf, wurde sie ausgewiesen. Sie eilte in höchster Wut nach ihrem eigenen Lokal zu rück, legte Hut und Mantel ab und warf den Revolver in höchster Erregung auf den Tisch. Durch den Auf schlag auf den Tisch entlud sich der Revolver und die Kugel ging dem am Nebentische mit einigen Bekannten sitzenden Trümper ins Herz. Er wurde sofort getötet. Als Frau Triptow, die Gastwirtin, gesehen hatte, was sie angerichtet hatte, verfiel sie in Schreikrümpfe und mußte als Polizeigefangene ins Staatskrankenhaus llbergeführt werden. Die Leiche des Kohlenhändlers wurde beschlagnahmt. * Furchtbarer Racheakt. Aus Gelsenkirchen wird uns gedrahtet: Im benachbarten Buer erschoß abends der aus der Schweiz vor einiger Zeil nach dort ge kommene 28jährige Chemiker Schaer den gleichaltrigen Ingenieur Wohlleber. Der verhaftete Mörder gab an, daß er eine Reihe von Jahren hindurch von Wohlleber und einem Professor Hoffmann in Zürich als Medium zu hypnotischen Zwecken verwandt worden sei. Infolge dessen sei sein Nervensystem zerrüttet. Er sei deshalb nach Buer gekommen, um denjenigen, der ihm fein Leben verpfuscht habe, zu töten. Diesen Vorsatz habe er ausgeführt. * Schweres Erdbeben in Transkaukasien. In Elisa- wetpo! haben starke Erdstöße 44 Dörfer verschüttet und 294 Wirtschaften vernichtet. Der Schaden betrügt 25 Millionen Rubel. 17j «Nachdruck verboten.) Friedrich brachte das Gewünschte und half seinen Herrn ankleiden. „Ich gehe zur Universität und bleibe einige Stunden fort," sagte der alte Herr. Friedrich wunderte sich im stillen. Dieser Ausgang seines Herrn war ganz unvorhergesehen und paßte durch aus nicht in sein Programm. Aber er sagte natürlich nichts, denn er war ein wohlgeschulter Diener. Michael von Sachau verließ das Haus. Er ging aber nicht nach der Universität, sondern zu seinem Rechtsanwalt. Dort ließ er ein neues Testament aufsetzen, das wesentlich von dem vernichteten verschieden war. Das war er sich nach der bitteren Enttäuschung schuldig. Fünftes Kapitel. Sanna hatte vom Fenster ihres Zimmers aus erst Tante Anna und dann Onkel Michael fortgehen fehen. Mit einem Gefühl, wie es Kinder haben, wenn der gestrenge Lehrer das Schulzimmer verläßt, streckte sie die Arme aus. Ach — daß sie doch auch so frei und ungehindert durch die Pforte in der Gartenmauer hinauswandern könnte, ohne jemand zu fragen oder um Erlaubnis bitten zu müssen. Da draußen lag die Welt. Das war ein Begriff für sie, der sich mit heißem Sehnen und unbestimmter Furcht mischte. Wie, wenn sie jetzt da hinausging? Niemand war im Hause, der sie hindern konnte. Hinaus in die Welt weit, wett fort von dem öden, grauen Hause, das sie be drückte wie ein Gefängnis. Sie seufzte und lächelte, mit leidig und spöttisch über sich selbst. Würdest nicht weit kommen, arme Sanna! Hast ja nicht einmal Geld zur Verfügung, trotzdem du so reich bist. Und selbst unter Onkel Michaels Vormundschaft. Wie schnell würde er dich wieder einfangen lassen und dann noch sicherer einsperren. So dachte sie. Aber in den Garten hinaus wollte sie wenigstens laufen. Da schien die Sonne und schmolz der Schnee, der auf den Wegen lag. Hastig lief sie hinaus und eilte die Wege auf und ab wie ein gefangenes Wild. Ihre kleinen Füße hinterließen in dem weichen Schnee zierliche Spuren. Es lag schon etwas von Frühlingsahnen in der Luft, und die Sonne schien so hell und warm, als wollte sie gleichfalls den nahenden Frühling künden. Tief sog die junge Dame die reine klare Luft ein, und ihre blassen Wangen röteten sich. Ihre Augen begannen zu leuchten und grüßten den Sonnenschein. Als sie auf ihrer Wanderung wieder an das Haus herankam, sah sie, daß Friedrich ans der Tür trat und hinüber zur Gartenpforte ging. Wahrscheinlich hatte je mand Einlaß begehrt. Einer der Hausbewohner konnte es aber nicht sein. Dieser wußte, daß dicht rieben der Pforte innen an der Mauer ein eisernes Kästchen ange-- ' bracht war, in dem der Pfortenschlüssel aufbewahrt wurde. Aus diesem Kästchen nahm man den Schlüssel, schloß auf und zu und barg den Schlüssel wieder in dem Kästchen, das Eingeweihte auch von außen erreichen konnten. Sanna sah nach der Gartenpforte hinüber und blieb stehen, um zu sehen, wer Einlaß begehrte. Als Friedrich geöffnet hatte, trat eine hohe, stattliche Männergestalt ein i mit gebräuntem Antlitz und einem dichten, blonden Haar- . schöpf, der einige Nüancen dunkler war als der kurze, ! spitzgehaltene Vollbart. Sanna erkannte den Eingetretenen sofort. Es war der Verwalter Heerfurt von Glossow. Heerfurt fragte den Diener, ob der Herr Professor zu Hause sei, und erfuhr, daß dieser abwesend war. Auch Frau von Rehling sei nicht daheim, meldete Friedrich. Da erblickte Heerfurt Susanna von Glossow, die lang sam den Weg vom Hause herüberkam und ihn mit großen, erwartungsvollen Augen ansah. „Da sehe ich aber Fräulein von Glossow. Bitte,, führen Sie mich zu ihr," sagte Heerfurt schnell, als komme! ihm das sehr gelegen. Friedrich schloß das Tor hinter dem Verwalter ab. Inzwischen kam Sanna näher heran. „Sie wollen gewiß Onkel sprechen, Herr Verwalter. Bitte, kommen Sie mit ins Haus, er wird wohl bald wiederkommen. Nicht wahr, Friedrich?" „Der Herr Professor sagte allerdings, er werde einige Stunden fortbleiben," erwiderte Friedrich. Heerfurt hatte Sanna artig begrüßt und sah ihr mit seinen ehrlichen, offenen Blauaugen ins Gesicht. „Wenn Sie gestatten, gnädiges Fräulein, werde ich dennoch auf den Herrn Professor warten." Sanna hegte eine große, unbewußte Sympathie für den Verwalter, den sie jedes Jahr einige Male in Gegen wart Onkel Michaels und Tante Annas sah, wenn er kam, um Rechnung abzulegen. „Vielleicht begnügen Sie sich inzwischen mit meiner Gesellschaft, Herr Verwalter." „Ich werde mich sehr freuen, wenn Sie mir die Ehre Ihrer Gesellschaft zuteil werden lassen. Ich bin gekom men, um mit dem Herrn Profssor abzurechnen und möchte nicht erst wieder fortgehen." „So kommen Sie mit mir ins Haus," sagte Sanna mit freundlichem, lieblichem Lächeln. Nebeneinander schritten sie nach der Haustür, von Friedrich gefolgt. Sanna gab dem Diener ihren Mantel, und Heerfurt legte im Flur seinen Paletot, Hut und Stock ab. Dann betraten sie ein neben dem Flur gelegenes Empfangs zimmer. Sanna war entschieden ein wenig unruhig und erregt. Dies Alleinsein mit Heerfurt erschien ihr sehr wünschens wert. Sie hatte schon oft den Wunsch gehegt, ihm ohne Zeugen mancherlei Fragen vorzulegen. Bisher hatte sie aber nie allein mit ihm sprechen können. Nun bescherte ihr der Zufall ein solches Alleinsein, und das wollte sie ausnützen. „Bitte, nehmen Sie Platz, Herr Verwalter. Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?" (Fortsetzung folgt.)