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Kurze Mitteilungen. Der Oppauer Untersuchungsausschuß des Reichstages erklärte, datz es sich bei dem Explosionsunglück in Oppau um eines jener Bettiebsunglücksfülle handelt, deren Ur sachen durch alle Anstrengungen der Untersuchung unter Zuhilfenahme der Wissenschaft und Technik nicht zuver lässig ergründet werden können. Nach der letzten Statistik wurden im unbesetzten Deutschland I 447 000 Vollerwerbslose und I 825 000 Kurzarbeiter gezählt. Im besetzten Gebiet sind noch immer etwa zwei Millionen Erwerbslose vorhanden. Der bayerische Finanzminister Krausneck hat sein Nücktrittsgesuch zurückgezogen. Vom 15. Januar ab soll auch im Berliner Maschinen bau und in der Holzindustrie wieder zehn Stunden ge arbeitet werden. Wie aus Essen berichtet wird, haben die Beschlag nahmungen von Holzvorräten durch die Besatzungsbe hörden im besetzten Gebiet seit kurzem aufzzebört. Der Papst hat der Mütterlichen Hilfe in Berlin 10 000 Lire zur Verfügung gestellt. Derselben wird es nunmehr möglich sein, mehrere Monate hindurch täg lich 600 Armen dec Stadt Berlin ein warmes Essen un entgeltlich zu verabfolgen. Poincarö erklärte bei Besprechung der im Ruhr gebiete abgeschlossenen Verträge, die Sachlieferungen mühten zuerst für die Bestreitung der Besatzungskosten und dann für dis Reparationszahlungen dienen. Wie bestimmt verlautet, hat Sowjetrußland an der afghanischen Grenze größere Tcuppenmassen konzentriert, die mit einem Einmarsch in Afghanistan und womöglich Indien drohen. Deni Erdbeben in Süoamerika sind dreitausend Personen zum Opfer gefallen. Mehr als zweitausend Häuser wurden zerstört. Wie aus Veracruz berichtet wird, ist ein Waffen stillstand zwischen den mexikanischen Regierungstruppen und den Aufständischen vereinbart worden. Die Wahrheit marschiert. Aus Neuyork wird gemeldet: Der demokratische Senator Robert Eathan Swen hat in einer Rede im Senator Robert Nathan Swen hat in einer Rede im aus die letzthin veröffentlichten diplomaiischen Akten stücke aus der Vorkriegszeit»wies Swen in seiner Rede weiter in überzeugender Weise nach, daß dieEntente, insbesondere Frankreich und in dessen Schlepptau Ruh land, den Weltkrieg vorbereitet hatte, und daß Deutschland unbedingt zu seiner Verteidigung grei fen mutzte. Der Kaiser und seine Kanzler hätten den Frieden wahren wollen. Die Leutßche Zwietracht. Im Jahre 1814 hat Napoleon I., als er auf Elba seine Erinnerungen zusammenschrieb, den Deutschen folgendes Zeugnis ausgestellt: „Zwiespalt brauchte ich unter ihnen nicht zu stiften, denn die Einigkeit war längst aus ihrer Mitte gewichen. Nur meine Netze brauchte ich zu stellen, uno sie liefen mir wie ein scheues Wild von selbst hinein. Untereinander haben sie sich erwürgt und glaubten dabei redlich ihr: PsAch üm. Leichtgläubiger und törichter ist kein anderes Volk auf Erden ge wesen. Keine Lüge war so grob ersonnen, daß sie ihr nicht in un begreiflicher Dummheit Glauben beigemessen. Hütten. Keine Schmach ist über sie gekommen, der sie nicht sine schöne Seite abaewannen. - Die verblendete Mißgunst, der sie sich 'm Odeien, habe ich zu meinem Vorteil wirksam genährt. Immer haben sie mehr Erbitterung gegeneinander als gegen den wahren Feind an den Tag gelegt." Aus alter Zeit. Erinnerung an eine wichtige Geschichtsepoche. Die jetzigen Tage schließen dre Erinnerung an eine wichtige Epoche deutscher Geschichte ein, die die deutschen Einigungskriege einleitete, welche mit der Aufrichtung des Reiches am 18. Januar 1871 endete und an die sich Orient führen sollte, im Motorboot auf der Donau zu rücklegen. Nun hat aber die in Ulm begonnene Fahrt schon bei Günzburg ein vorläufiges Ende gefunden. Das Fahrzeug stieß bei der kräftigen Strömung heftig an die Pfeiler der Donaubrücke, wodurch das Steuer brach und der Boden leck wurde.. Mit Mühe und Not konnten die abenteuerlichen Auswanderer mit Schiff und Habselig keiten gerettet werden. Ob die Fahrt auf dem Strom, der noch viele heimtückische Stellen aufweist, durchgeführt werden kann, ist zweifelhaft. " Zwei jugendliche Raubmörder. In Schwabing bei München würde der Goldwarenhändler Has in seiner Wohnung ermordet aufgefunden. Zahlreiche Wertge genstände und 80 Billionen Mark wurden geraubt. Als Täter sind bald darauf die beiden jugendlichen Karl Jungnickel und Ludwig Jehl verhaftet worden. Die Beute ist beigebracht. Jehl hat das Verbrechen bereits eingestanden, während sein Komplize leugnet. Er ist aber durch das Auffinden der Beute im Hause seiner Eltern der Tat überführt. Die Anzeige ist von dem Vater des Jehl ausgegangen, der über die Tat seines Sohnes aufs tiefste erschüttert war. * Die Schnurrbärte im Dienste der Wohltätigkeit. Zwei Bürger von Bad Reichenhall gingen mit zwei Freunden eine Wette ein, daß sie sich ihrer besonders schönen Schnurrbärte entledigen würden, falls die Wet tenden die Summe von 40 Mark an die Kinderbewahr anstalt einzahlen. In der Tat führten die beiden die gestellte Bedingung aus und ließen sich zum Vesten der notleidenden Anstalt ihre Schnurrbärte rassieren. (Wer möchte es nachmachen?) * Ein Eisenbahnzug ins Wasser gestürzt. Bei der gewaltigen Ueberschwemmung in Rumänien hatte die Strecke Balcea—Kalutz besonders gelitten, da die Fluten ganze Teile des Bahndamms weggewaschen hatten. Als nun ein Warenzug diesen Teil der Strecke passieren wollte, wurde der ganze Zug von den Wellen ergriffen und mitgerissen, alle 27 Waggons samt Lokomotive und Tender verschwanden in den Fluten. " Eine Niesenweihnachtspost ist mit dem Dampfer „Minnehaha" der American Line am Montag in Ham burg eingetroffen. 14 000 Säcke mit Briefen und Pake ten sind in Neuyork an Bord genommen worden. Es ist die umfangreichste Post, die jemals ein Dampfer über brachte, und sie wird gewiß vielen sorgenbekümmerten Deutschen Freude und Brot bringen. * Die Maul- und Klauenseuche in England. Den letzten englischen Statistiken zufolge mußten in England durch das Auftreten der Maul- und Klauenseuche 83 322 Stück Vieh geschlachtet werden. Aus dem GerichLssaaL. Bestrafung wegen unberechtigter Preisforderung. Ein Kaffeehausbesitzer, der für ein Elas Tee mit Zucker 60 Goldpfennige verlangt hatte, wurde vom Marktstand gericht Zittau wegen unberechtigter Preisforderung an stelle einer Gefängnisstrafe von 4 Wochen zu einer Geld strafe von 200 Goldmark verurteilt. Vermischtes. — Weihnachtsgerichte. Die Weihnachts zeit hat ihre besondere Küche. Allerlei taucht da auf, was man sonst selten auf dem Tische sieht. Jede Ge gend hat ihre besonderen Weihnachtsspeisen. In Nord deutschland darf der Karpfen nicht auf der Weihnachts tafel fehlen. Die einen rühmen den Fisch „blau", an dere fordern durchaus „Karpfen in Vier". In der feinen Gesellschaft erscheint auch ein Truthahnbraten auf dem Tische. In Italien zieht man den Lammbraten vor, die Portugiesen verspeisen Seefische, die' Neapolitaner aber Aale in allen Zubereitungsarten. In Sachsen darf Heringssalat nicht fehlen und in Schlesien nicht die süßen Mohnklöße. In Ost- und Westpreußen bereitet man sich ein kräftiges Gemisch aus geräuchertem Schinken, Aepfeln, Salzgurken, Heringen und Kartoffeln, eine Zu sammensetzung, die nur ein guter Magen verträgt. Blut wurst mit Schwarzsoße ist des Masuren Weihnachts speise. England weist zahlreiche Weihnachtsgerichte auf. Neben dem Truthahn verspeist der Brite noch sein ge liebtes Hammelfleisch, das er mit Eiern und Gewürz noch schmackhafter macht. Daß der Pudding nicht fehlen darf, ist selbstverständlich. Im inneren Rußland ergötzt man sich an Milchreis mit Saffran. Als Nachtisch dienen natürlich überall Aepfel, Nüsse und Pfefferkuchen, dazu Marzipan Für den Magen ist also reichlich gesorgt in den weihnachtlichen Tagen. Auch an Getränken fehlt es nicht. Aus aller Welt. * Automobilunfall. Am Mittwoch überschlug sich auf der Landstraße Breslau—Schweidnitz bei Tinz ein Kraftwagen, dessen drei Insassen auf die Straße geschleu dert wurden. Dabei wurden Bankdirektor Herbert aus Glatz getötet, Direktor Sachs aus Landeck schwer verletzt und der Holzhändler Peukert aus Glatz leicht verletzt. * Dreizehn Falschgeldausgeber verhaftet. Seit eini gen Tagen waren in Berlin falsche 20-Billionenscheine der Reichsbahn durch Umwandlung des M in B sehr ge schickt hergestellt und in den Verkehr gebracht worden. Am Mittwoch ist es der Polizei gelungen, dreizehn Per sonen festzunehmen, welche die gefälschten Scheine ver trieben haben. - Aus Geschwisterliche in den Tod. In Berlin stürzte sich die 27jährige Herta Oelburg aus Gram über den Tod ihrer Schwester auf den Hof hinab. Sie war sofort tot. - Ein Spielklub der Jugendlichen. Die Berliner Polizei überraschte des Nachts in einer Gastwirtschaft in Tempelhof einen Spielklub, dessen Mitglieder nach dem Polizeipräsidium gebracht wurden. Es handelte sich um einen Klub „Jugend". Der Vorsitzende war siebzehn Jahre alt, der Schriftführer fünfzehn. Das älteste Mit glied war achtzehn Jahre alt und das jüngste zwölf. ' Der 13jährige Junge im Reisekorb als blinder Passagier. L^us dem Berliner Zug stieg in Küstrin ein Ehepaar mit einem großen, sehr schweren Reisekorb aus und verschwand damit auf dem Abort. Nach kurzer Zeit kant das Ehepaar zurück in Begleitung eines 13jährigen Jungen. Der Vorgang war jemand aufgefallen, der so fort dem Stationsvorsteher Meldung machte. Es stellte sich heraus, daß das Kind von Berlin bis Küstrin im Rmsekorü befördert worden war, um die Fahrkosten zu ersparen. * Der Dauerredner und sein Verbrecher. Folgen des Eeschichtchen trug sich kürzlich in London zu: Ein all tägliches Verbrechen brachte einen unverbesserlichen Missetäter auf die Anklagebank. Man hatte ihm einen Offizialverteidiger gegeben. Das war ein junger Advo kat, Ler sich mit Leidenschaft und Begeisterung seinem ersten Kriminalsall hingab, um mit Eindruck zu debü tieren. Er bemühte sich, in nicht weniger als 120 Minu ten die absolute Unschuld seines Klienten zu beweisen. Seine Anstrengungen waren riesengroß. Noch vor be endigtem Plädoyer hielt er einen Moment inne, um Luft zu schöpfen. Da entspann sich eine verblüffende Szene. Der Angeklagte erhob sich und sagte, gegen den Richter gewandt: „Entschuldigen Sie, ich wünsche zu wissen, ob die Zeit, während der mein Advokat plädiert, als Untersuchungshaft in meine Strafe eingerechnet werden wird?" Die gescheiterte Dsnaufahrt. Wir berichteten neu lich über die eigenartige Auswandererfahrt, die drei Fa milien aus Göppingen in Württemberg angetreten 15. Dezember 1863 war es — also vor 60 Jahren — als ! die schleswig-holsteinische Frage zur Lösung drängte und s Preußen, Oesterreicher, Hannoveraner und auch ein säch sisches Truppenkontingent nach dem Norden abdampfte und ein volles Jahr an der damals sogenannten Bun desexekution gegen Dänemark teilnahmen. Genau ein Jahr später — wiederum Mitte Dezember — kamen die selben sächsischen Truppen in 19 Sonderzügen aus Schles wig-Holstein wieder zurück. Sie wurden durch Thürin gen und Nordbayern heimtransportiert und passierten auf ihrer Fahrt von Hof herein nach Leipzig, Chemnitz und Dresden die verschiedenen Bahnhöfe, überall festlich begrüßt und gastlich bewirtet. dann der lange und gesegnete Frieden anschloß, den der > haben. Sie wollten nämlich die Reise, die nach dem von neidischen Feinden gewollte ungeheure Weltkrieg mit all seinen verhängnisvollen Folgen unterbrach. Am Verschlungene Wege, ^oman uon Walter Burkhardt. 58. Fortsetzung. (Nachdruck verbotenZ Hermione fühlst' die Unmöglichkeit,' hier die Lüge weiter zu spinnen. Zu ihrem Entsetzen mußte Carry er fahren, daß die Bläffer falsch benachrichtigt, daß zwar die Festlichkeiten abgesaxi vmrsn, daß die Hochzeit selbst aber in aller Stille .sLaWnden, würde und zwar schon in zwei Tagen. Die Arms war wie erstarrt: , Also dock". stöhnte sie, „alles vergebens — alles!" . Ich folge nicht meinem eigenen Willen, wenn ich Lulas heirate. Fräulein von Auersrode!" „Wer zwingt Sie denn?" „Lukas sechst." „Wodurch?" „Er droht furchtbare Rache an jemand zu nehmen, ocn ich uchr liebe, wie n ein Leben, an jemand, der uns beide uer ist. Fräulein Carry." ,.Wen meinen Sie?"' Hermiones Herz schlug zum Zerspringen: „Sie haben einen Bruder, nicht wahr?" „Einen Bruder?'- Wielerholte Carry zögernd. Dann richtete sie sich aus und blickte Hermione durchdringend an: „Warum sprechen Sie von meinem Bruder? Er ist tot!" „Ist er wirklich tot? Sind Sie dessen ganz sicher?" „Und wenn er nicht tot wäre? Was geht Sie das an, Fräulein von Rühling? Was haben Sie von ihm gehört? Sprechen Sie klar." „Das will ich. Ich hörte, daß Ihr Bruder be schuldigt wurde einen Scheck gefälscht zu haben." ^Nur beschuldigt wurde?" ries Carry in plötzlicher Angst. „Als ob es nicht erwiesen wäre, klar erwiesen, daß er es tat! Wäre er sonst enterbt und von der Fa milie verstoßen worden? Er hat das Verbrechen be gangen. er allein!" Hermione erhob sich von den Knieen. Sie war bleich bis in dir Lippen; ihrs Erregung kannte keine Grenzen. Um sich zur Ruhe zu zwingen, ging sie im Zimmer auf und nieder. Gerads Carrys ängstliche Abwehr der Mög lichkeit daß Mar ein unschuldig Beschuldigter sein könnte, bestärkte sie in dem Gedanken, der ihr so plötzlich, fast wie eine Eingebung, gekommen war. Es würde schwer sein, Carry zu zwingen, die Wahr heit zu gestehen. Hermione war entschlossen, mit allen Mitteln zu kämpfen: „Ihr Bruder Mar lebt, Sie können das nicht leugnen!" begann sie endlich. „Ich leugne es ja auch gar nicht", entgegnete Carry gereizt. „Schon möglich, datz er irgendwo unter falschem Namen lebt." „Augenblicklich ist er in Berlin. Sie kennen auch den Namen, den er angenommen hat." ,^Ganz gewitz nicht. Aber woher wissen Sie das alles? Sollten Sie unfern armen Mar getroffen haben?" „Ja, vor einiger Zeit habe ich hier mit Maximi lian Grün gesprochen." Tiefes Schweigen; bis endlich Hermione mit ihrer Hellen, ruhigen Stimme fortfuhr: „Ich habe die feste Ueberzeugung, datz Maximilian Grün und Maximilian von Auersrode ein und dieselbe Persönlichkeit ist, und ich erkläre mit aller Bestimmt heit: es ist vollständig ausgeschlossen, datz dieser Mann das Verbrechen begangen hat. Die Sonne würde ihren Glanz verlieren. Wahrheit würde zur Lüge, Tag zur Nacht werden, ehe Mar Grün ein Verbrechen be gehen oder einer unehrenhaften Handlung schuldig wer den könnte." „Mein bestes Fräulein von Rühling", begann Carry ! in erzwungener Ruhe, „was Sie da von Mar Grün i und seinem Charakter sagen, ist sehr schön, aber offen ! gestanden, interessiert es mich wenig. Warum erzählen ' Sie mir von diesem Herrn?" „Ich wiederhole es nochmals: Maximilian Grün ist f Ihr Bruder." „Da haben Sie ja einen ganzen Roman erfunden. Sie sind das Opfer einer unglücklichen Liebesgeschichte, aus der ich nicht recht klug werde. Ich kann nicht ein- f sehen, warum Sie trotz Ihrer großen Liebe zu diesem Mar Grün Lukas von Auersrode heiraten wollen." „Ich werde es nicht tun." Carry schnellte empor. „Warum sagten Sie es denn vorher?" „Als ich hierher kam, glaubte ich, mich Lukas' Be- ; dmgungen fügen zu müssen, um Ihren Bruder schonen zu können. Nun aber habe ich erkannt, daß es nur ! nötig ist, daß jemand mit starker Hand und sestem ' Willen die Wahrheit ans Tageslicht bringt und den ' wahren Schuldigen entlarvt. Damit ist Mar gerettet, s Ich aber werde dieser .Jemand' sein, Fräulein von Auersrode." „Mein gutes Kind, Sie jagen da einem Trugbild nach. Sie bilden sich ein, daß dieser Mar Grün -nein Bruder ist. Warum?' Weil die beiden den gleichen Taufnamen haben? Lächerlich! Sie werden andere Beweise finden müssen, wenn verständige Menschen Ihren Worten Ausmerksamleit schenken sollen." „Sie würden Ihren Bruder jedenfalls wieder er kennen, nicht wahr?" (Fortsetzung folgt.)