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Das Geheimnis Vvm Vrintnerhof. Roman von Erich Eben st ein. Sj H (Nachdruck verboten.) Aber Brintner schüttelte heftig den Kopf. „Das tue ich nicht! Er schließt sich immer ein nachts, und wenn er noch schläft, und ich wecke ihn, dann gidt's gleich wieder Verdruß. Sie wissen nicht, wie er sein kann! Gar gegen mich!" — „Dann steigen Sie wenigstens auf eine Leiter und schauen Sie ins Fenster hinein!" Brintner stand un schlüssig. „Wenn er mich sieht, glaubt er womöglich noch, ich hätte ihn bestehlen wollen!" Seine Frau nickte dazu. „Ja, ja, so ist es schon!" Inzwischen hatte aber ein Knecht doch die Leiter herbeigebracht und angelehnt. Alle redeten Andres zu, und so stieg er endlich hinauf. Im Wohn zimmer war cs noch ganz finster. Er mußte ein Streich holz anreiben, um drin überhaupt etwas unterscheiden zu rönnen. Plötzlich wandte er sich um und stieg die Leiter hastig wieder hinab. Sein Gesicht war kreidebleich. „Alle Schränke und Schubladen stehen offen," stammelte er. In diesem Moment öffnete Frau Glöckl im Parteienhaus oben ihr Fenster und fragte neugierig herab, was es denn gäbe? „Beim Großvater mutz etwas geschehen sein," ant wortete Justina, ebenso bleich wie ihr Mann, „bitte, wecken Sie den Gemeindesekretär, datz er nachschauen geht. Mein Mann traut sich nicht hinein." — „Nein, nein," stimmte dieser eifrig bei und warf einen scheuen Blick nach dem zer brochenen Fenster, „man kann ja nicht wissen . . . vielleicht steckt der Dieb noch drin? Und überhaupt — da gehört einer von der Obrigkeit her!" — „Ganz richtig!" nickte Siffl. „Nur nichts anrühren. Alles liegen lassen, wie es ist, so lautet die Vorschrift." Während er den Umstehenden einen Vortrag über die Pflichten eines Staatsbürgers in solchen Fällen zu halten begann, ging Frau Glöckl eilig an die Nachbarswohnung, um den Gemeindesekretär aus dem Schlaf zu trommeln. Fürs Leben gerne wäre sie dann selbst hinabgeilt, um ja nichts von dem interessanten Ereignis zu versäumen, aber Mann und Bruder riefen ungeduldig nach dem Frühstück,' weil sie in die Arbeit mützten. „Denkt euch —beim Groß vater drüben ist eingebrochen worden!" berichtete sie den Männern aufgeregt, während diese hastig ihr verspätetes Frühstück etnnahmen. „So? Ist viel gestohlen worden,* fragte ihr Mann. „Man weiß es noch nicht. Sie warten aus den Gemeindesekretär. Konrad Fercher stürzte seinen Kaffee hinab und stand auf. „Na, mittags wird man ja wohl alles erfahren. Komm, Anton, für uns ist's höchste Zeit zu gehen." Eine Minute später machten sich beide Männer auf den t Weg nach Ebental, weniger neugierig als Frau Hücker, die sich nicht entschließen konnte, fortzugehen, ehe „man etwas Gewisses wußte". Siffl hielt noch immer seinen Vortrag. Justina flüsterte ihrem Mann leise zu: „Nimm dich zu sammen! Es brauchen dir doch nicht alle Leute den gestri gen Rausch anzumerken. Wer weiß . . ." Das Erscheinen des Gemeindssekretärs ließ sie verstummen. Nun kam gleich ein amtlicher Zug in die Sache. Schlager ließ sie kurz Be richt erstatten, schickte einen Knecht fort, der die Anzeige beim Bezirksgericht machen sollte und bestieg dann dis Leiter. ! „Herr Brintner. Sie kommen mit mir, damit wir unser zwei sind, falls der Einbrecher noch nicht fort ist. Hoffent lich ist dem alten Herrn selbst nichts geschehen. Er schläft , wohl im andern Zimmer?" — „Ja. llnd die Tür ins Wohnzimmer sperrt er nachts immer ab," antwortete Justina. s Die Männer stiegen durch das Fenster in das Wohn- ' zimmer. Es war inzwischen Heller geworden, und schon der erste Blick bestätigte dem Gemeindesekretär, daß hier ein Einbruch stattgefunden hatte. Sämtliche Laden und - Schränke standen offen, ihr Inhalt war durcheinander- i gewühlt, zwei Stühle lagen umgestürzt. Aber noch etwas , anderes enthüll-- das Tageslicht. Beide Männer sahen es mit Erstaunen und wichen unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Tür zum anstoßenden Schlafzimmer stand! offen und auf der Schwelle lag der alte Brintner lang aus-; gestreckt in seinem Blut, mit Stichwunden im Gesicht und an der Brust. Im Schlafzimmer, dessen Fenster noch ver dunkelt waren durch die herabgelassenen Vorhänge, brannte, dem Verlöschen nahe, ein Nachtlicht. Sonst war dort alles in Ordnung. Auf einer Truhe im Wohnzimmer , lagen zwei Sparkassenbücher und eine Lebensversicherungs- - Police, die Blutflecken hatten. Der Gemeindovorsteher sagte, daß die Waffe, mit der Brintner erstochen worden war, . allem Anschein nach fehlte. Jetzt sah er sich nach dem Sohn des Ermordeten um. Der stand fahl und reglos, auf die Tischplatte gestützt da und blickte unverwandt auf den Toten. Schlazer klopfte ihn mitleidig auf die Schulter. „Nicht gar so verzagt sein, Brintner! Es ist ja schreck ich — der arme, alte Herr, so rüstig noch und dieses Ende! ! Aber — hm — man muß sich eben ergeben in des Herr-: gotts Willen. Zu machen ist da nichts mehr. Nur den - Mörder finden — das muß jetzt unsere Hauptaufgabe sein. - Sagen Sie mal, Brintner" — des Gemeindesekretärs Stimme wurde leiser — „haben Sie auf jemand Ver- f dacht?" Andres sah verwirrt auf. Dann schüttelte er stumm den Kopf. „Na, dann gehen Sie jetzt wieder hin aus. Ich seh's ja, daß es Sie stark mitgenommen hat. Ich warte hier auf die Kommission vom Bezirksgericht." Andres stieg zum Fenster hinaus, während Schlazer über seine Schulter hinweg den Leuten draußen Mitteilung von dem Geschehenen machte und ersuchte, man sollte schleunigst auch die Gendarmerie verständigen, den Ge meindearzt rufen und Botschaft aufs Bürgermeisteramt tragen. Andres wurde mit Fragen bestürmt, aber er blieb stumm. „Laßt mich in Ruhe," murrte er und setzte sich auf die Hnusbank, den Kopf in die Hände, die Ellbogen auf die Knie stützend. „Mir ist Übel. Das viele Blut. . ." Die Leute, die Klagen und Tränen erwartet hatten, sahen einander enttäuscht an Besonders da auch Justina sclir bleich war, aber anscheinend ruhig dastand. „Wenn sie ihn schon nicht mögen haben," flüsterte die Hücker dem Flickschuster zu, „so gleichgültig brauchen sie nicht zu sein. Der arme, alte Mann!" Dann erinnerte sie sich an ihre Verpflichtungen und machte sich davon. Hui, in der Sonne würden sie Äugen machen, wenn sie heute mit solchen Neuigkeiten kam! (Fortsetzung folgt.) KM MZ käokstsü kMZs zahle für UMLDL» IMTMLUGN LMWDAW aller Art. Telefon Amt Hermsdorf Nr. 74. Keule Sonntag von nachmittag arr MrW TrümA Jür Küche und Keller ist bestens gesorgt. Hirzu ladet freundlichst ein Rob. Lehnert. MMMll t« bester Qualität prima Trocken-Batterien von hervorragender Leuchtkraft sowie Metallfaden - Wimen empfiehlt äußerst preiswert Hermann Wie, Omnaorl-oitrlllz. gegen kkvumstlsmu», Eickt, N»jlanLekuk,S laekisL, feuciito, ltslta flik» A vr. 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Von Titus Locht, dem Gemeindediener, würde man ja vielleicht einiges erfahren . . . Die Erhebungen dauerten bis tief in den Nachmittag hinein und lieferten nur ein spär liches Ergebnis. Obwohl man sämtliche Inwohner des Brintnerhofes vernahm, wußte niemand etwas von Be lang anzugeben. Der alte Brintner war am vergangenen Abend spät wie gewöhnlich heimgekommen, und niemand hatte mehr mit ihm gesprochen. In der Nacht war nicht das leiseste verdächtige Geräusch gehört worden. Die Wohnungstür hatte der Alte wie immer von innen abge sperrt, und so hatte man sie noch gefunden, als das Ver brechen entdeckt wurde. Der Mörder mußte durchs Fenster eingedrungen sein. Spuren hatte er dabei nicht hinterlassen, und die Mord waffe fehlte auch. Was geraubt worden war, ließ sich nicht genau feststellen, da der Alte niemand einen Einblick in seine Verhältnisse gestattet hatte. Aber Andres behaup tete und andere Hausbewohner bestätigten es, daß er stets mehrere lausend Kronen in einer schwarzledernen Brief- tafche bei sich getragen hätte. Die Brieftasche sowie Brint- ners Taschenuhr samt Kette fehlten. Die Stichwunden waren nach Aussage des Arztes mit einem schmalen, sehr scharfen Messer — wahrscheinlich einem Taschenmesser — und mit großer Gewalt ausgeführt worden. „Es scheint, als ob Haß oder Rachsucht dem Mörder die Hand geführt hätten, der anscheinend ohne Über legung blindlings zustach, wohin er eben traf," fügte der Arzt feinem Bericht bei. Justina, deren ruhige Fassnng und umsichtige Anord nungen allgemein auffielen, wandte sich schaudernd ab, als sie den Leichnam ihres Schwiegervaters erblickte. „Der das getan hat," rief sie, einen Augenblick ihre Ruhe verlierend, leidenschaftlich aus, „dem gehört, datz man ihm die Haut bei lebendigem Leibe abzöge. So einen Tod hat der Groß vater nicht verdient!" Befragt, ob sie irgend einen Ver dacht auf jemand habe oder etwas von einem Feind des Ermordeten wisse, fchüttelte sie den Kopf. „Soviel ich weiß, hat der Grotzvater keinen Feind gehabt." So hatte man denn nicht den leisesten Anhaltspunkt für die Person des Mörders gefunden. Gegen fünf Uhr nachmittags wurden die Zimmer des alten Brintner versiegel! und der Leich nam in die Totenkammer geschafft. Das zerbrochene Fen ster hatte man mit Brettern übertragen. Tie Herren, welche an den Erhebungen teilgenommen, eiusenuen sich, und ihnen folgten die Neugierigen sehr bald. Im Brint- nerhof wurde es allmählich wieder still. Viertes Kapitel. Desto unruhiger ging es im Hotel zur Sonne zu. Als die Wäfchcrin Hücker morgens mit ihrer Schreckensnachricht kam, wäre Frau Krcibig beinahe in Ohnmacht gefallen vor Entsetzen. Michael Brintner ermordet! Der gestern abend noch frisch und kerngesund mit ihr Zukunftspläne ge schmiedet hatte, heute — toi? Wirr strich ihr Blick über die Leute hin, die sich neu gierig aufhorchend um die Hücker drängten. Dann schrie sie plötzlich auf: „DaS hat kein anderer getan als sein Sohn, der Andres! Nicht umsonst hat sich der Brintner vor ihm gefürchtet!" Erschrocken zog sie ihr Bruder fort. „Achtet nicht auf ihr törichtes Gerede," rief er den Leuten zu. „Der Schreck hat sie verwirrt. Sie weiß nicht, was sie sagt! Willst du wegen Verleumdung eingesperrt werden?" fuhr er dann drin in Frau Kreibigs Privatkontor die Schwester an. „Was fällt dir ein, Berta? Wo du doch weißt, daß die Leute jedes Wort weftcriragcn!" „Aber es ist wahr!" stammelte sie aufgeregt. „Du weißt ja nicht, was er mir alles erzählt hat von denen . . .! Wie ne waren mit ihm!" — „Kannst du's beweisen?" — „Nein, aber .. ." „Dann schweige! Was Brintner dir erzählt hat, muß überhaupt nicht alles wahr sein. Alte Leute kritteln und Nagen gern. Und selbst weun's wahr wäre — was geht es dich an?" „Valentin!!..." Er gebot mit einer Handbewegung Schweigen. „Jcs weiß, was du mir sagen willst. Ich war ja nicht blind« Aber das ist nun vorüber, und ich mag nicht, daß noch mehr darüber geredet wird. Die Rosa unten — die j« auch nicht blind ist — hat's so schon genug unter Leut« gebracht — die lächerliche Schwachheit einer alternden Frau, die einem schlauen Spekulanten beinahe auf den Leim gegangen wäre. Jetzt ist er tot. Jetzt halte dich wenigstens still und mache keine neue Kopflosigkeit. Solch eine Verleumdung ist kein Spaß, das könntest du wissen. Berta brach in Tränen aus. Plötzlich hob sie die Hände und rief flehend: „Valentin, ich bitte dich, gehe hin und erkundige dich selbst im Brintnerhos, wie, alles ge schehen ist und ob man schon eine Spur des Täters hat? Ich halte es nicht aus vor Unruhe! Die Hücker hat ja nur die nackte Tatfache gebracht, keine Einzelheiten. Du aber frage. . ." „Was fällt dir ein?" unterbrach er sie barsch und wandte ihr den Rücken. „Ich bin doch kein altes Weib, daß ich mich aus folchem Anlaß unter das Volk stelle?" „Valentin — ich bitte dich darum!" „Nein. Ich tu's nicht. Wir haben vor allem au? unsere Reputation zu schauen, da läuft man nicht wie der nächstbeste Schusterbube hin, wenn irgendwo ein Ver brechen geschehen ist! Und überhaupt: ich wünsche nicht, daß dem Gerede, das Rosa schon unter die Leute gebracht hat, jetzt noch irgendwie Vorschub geleistet wird. Da nicht- aus deinem törichten Heiratsplan geworden ist, braucht auch nachträglich niemand davon zu erfahren. Rosas Ge schwätz wird eben Geschwätz bleiben, wenn wir durch unser Benehmen ihm keine neue Nahrung geben. Darum verlange ich, daß du in keiner Weise mehr Anteilnahme an den Vorgängen im Brintnerhos zeigst, als sich mit dem Grundsatz deckt: „Der alte Brintner war Stammgast bei uns, nichts weiter." (Fortsetzung folgte , mit u. ohne Firmendruck IrMßnese,.^