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Weihnacht im Wandel der Zeilen. Auch der gute Weihnachtsmann und die lieben Weib« nachtsengel sind dem Wandel der Zeiten unterworfen. Sie treten auf Erden so auf, toie es den jeweiligen Zeitumstän den und Zeitereignissen entspricht. Als die Eltern de* Schreibers noch frohe Kindlein waren, da stampfte der alte Weihnachtsmann in Zipfelmütze und Kutte, den mächti gen Sack voll Spielzeug, Aepfel und Nüssen auf dem ge krümmten Rücken noch über den lichterhellen Weihnachts markt, auf dem sich im lustigen Schneetreiben mit frostroten Wangen und Nasen die Alten und vor allem natürlich die Zungen wirbelnd durcheinander tummelten. Auch als der, der diese Erinnerung allen „Modernen" und „Aufgeklärten" zu Nutz und Frommen niedergeschrieben hat, selbst noch ein zappelig. Büblein war, daß sich am Christfest einen leibhaftigen Nutzknacker, einen trommelnden Fcllbärcn oder einen — Schornsteinfeger aus Zwetschken wünschte, wie diese eine der großen „Attraktionen" des Weihnachtsmarktes neben den Zuckerherzen mit daraufgegossenen sinnigen Versen bildeten, hatte der Weihnachtsmarkt seine Anziehungskraft noch nicht verloren. Aber die Zeiten ändern sich schnell. Die Zeit der Elektrizität und des Verkehrs nahm auch den schönen alten Weihnachtsmarkt hinweg und verlegte ihn in die Waren- und Kaufhäuser, hinter die großen glänzenden Schaufenster der Luxusgeschäfte. In den Vorfestwochen zur Christnacht 1913 — wer mag sich daran nach all dem seither Geschehenen überhaupt noch recht zu entsinnen? — wie blitzte und leuchtete es da überall bei uns auf. Festlich wie nur je beging man in deutschen Landen, nicht nur in den Großstädten, das schöne Fest der Gaben und Kinderfreude. Und ein Jahr später schon schritt das eherne Schicksal über die Erde, und auch der Weihnachtsmann hatte ein feldgraues Kleid an- gezogen, in dem er höchstselbst der nie ermattenden Feldpost di« Weihnachtspakete an die Front zu Len tapferen Söhnen, Gatten, Vätern und Brüdern befördern half. Am Christbaum in der Heimat aber hingen Kanönchen und Gewehre, und der riesig« Aufmarsch der feldgrauen Heere auf den Gabentischen deutscher Jungen hätte selbst Hindenburg und Ludendorff Vertrauen für den Sieg der deutschen Cache eingeflößt. Und weiter ging es vier lange schwere Jahrs hindurch. Immer dunkler würde es im lieben Deutschland, immer zäher wurde der Widerstand, immer härter wurden die Entbehrungen, und eine Weihnacht kam, da flimmerte gar nur noch ein einzig winziges Lichtlein in der Krone des kleinen deutschen Christoaumes. Der Wcihnachtsengel aber umschwebte auch dieses, und ein feiner Schein der Hoffnung vergoldete alles um uns her. Es sollte aber noch dunkler kom men. Da schwiegen die Geschütze draußen zwar, und unser« Braven waren wieder bei uns im lieben Heim. Aber der Frieds, den wir so heiß ersehnten, war nur schändlicher Trug gewesen. Innerer Unfriede wachte dazu auf. Am heiligen Abend trachten die Geschosse, donnerten Minen und Handgranaten, Blut floh, nicht an der Front, sondern — Schmach über jene Zeit der Unheils! — im eigenen Lande, in unseren Straßen und Gasse». Die Spartakusmeüte störte den Feiertagsfrieden und höhnte allem heiligen Kinderglauben an Weihnachtsmann und Christ« englein in furchtbar blutiger Weife. Und weiter ging der Weg des Schicksals von Weihnacht zu Weihnacht. Teuerung und Not kam daher. Immer ärmer wurden wir, während die ungeladene» ausländischen Blutsauger unseken Kindern mit guten Dollar» und Gulden die letzten Weihnachtsfreuden vor der Nase weg- kausen konnten. Wieder aber rüstete man ein Weihnachtsfen mit vertrauensvolleren Mienen. Die Läden wurden wieder eifriger besucht. Der Millionen-, Milliarden- und Billionenrausch war verflogen, ein kleiner unscheinbarer Zettel, ost noch von einem anderen unterstützt, auf dem Bruchteile amerikanischer Währung den Wert erläuterten, hatte das große fast unglaublich« Wunder vollbracht und öffnete aufs neue die Tor« zum hell«» Weihnachtsland, die schlichte liebe Rentenmark. Aber das ist ein Jahr her. Ein Jahr harten Ringens um unsere Existenz liegt wieder hinter uns, und wieder flammen überall die Kerzen auf, und wieder stampft schmunzelnd der Weihnachtsmann von Haus zu Haus. Zwar gibt es keine Schwelgerei mehr wie einst, — das Geld ist knapp und der Verdienst zahlloser unserer Volksgenossen gering —, dennoch aber merken wir: es geht bergauf! — Das aber soll uns die schönste Weihnachtsfreude sein. „Gott gebe uns allen ein fröhliches Herz!" ryie es so schön in einem alten Bergmannspruch heißt. Dann umschweben die lichten Weihnachtsengel auch den karg belegten Gabentisch, und in uns allen wird es widerhallen, das herrliche Lied der Ver heißung, das da endet mit den Worten, die wir in so manchen dunklen Nächten ersehnt hatten: ..... und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!" M. Rogge. Kostest LKSr sediM >kh,!n MMM Zeitung chuhmacher- Meister 8 SOH. 1 M Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend E Vie »Ottendorfer Leitung' erscheint Diene- » tag, Donneretag und Sonnabend. H Ver Dezuae-Prei» wird mit Beginn » Monat» bekannt gegeben. ü Im Fall, höherer Gewalt (Krieg od. sonst, m ü! irgendwelcher Störungen de« Betriebe« der - I Leitung, d. Lieferanten od. d. Beförderung«- 5 »» Einrichtungen) hat der Bezieher keinen An- - » in euch auf Lieferung oder Nachlieferung der m ü Leitung »d. Rückzahlung d. Depig-pr-tse«. - IIIII Postscheck-Konto Leipzig Nr. 29148. MertzMW- A, md ÄMW Diese Zeitung veröffentlicht die amtlichen Bekanntmachungen des Gemeinderates zu Ottendorf-Okrilla. Mit den Beilagen »Neue Illustrierte", »Mode und Heim" und »Der Kobold". Echriftleitung, Druck und Verlag Hermann Rühle, Ottendorf-Okrilla. 50 w VN. Atzt führung tschaftl- ästigster er. sde e rM inael tes st Her me ilter n Nummer Mittwoch, den 2H. Dezember 4Y2H 23. Jahrgang. Weihnacht! — Ob armselig st« wände«, g«ht Durch Deutschland» Gau«»? — . , l . Glaube es nicht: ^'7. Weihnacht bringt Licht; Licht sollen wir schauen! — Licht, Liebe und Leben will sie den Hoffenden geben. — Weihnacht! — Sie spinnt uns ein Träumchen, ein feines. Ob rm Festsaal ein stattlicher Prachtbaum steht; Im Stübchen ein Bäumchen, ein kleines; — Ob ein winziges Sträußchen, ein Tannenzweig Zur Hütte der Armut gesunden; — Weihnacht! — O, spinne den lieblichen Traum, Du deutscher Tannen- und Lichterbaum! — Deine himmlische Botschaft klingt überall gleich: »Die Welt mutz an Liebe gesunden! Seliger Traum! — Weltbewegende Triebe! — Wo die Weihnacht grüßt, wo ein Licht erstrahlt, Wird mit flammender Schrift in's Leben gemalt Die Botschaft der ewigen Liebe. — Weihnacht! — Glockenklang! — Feiergesang! — Deutsche Tanne im Kerzengefunkel, Trage Licht hinaus, von Haus zu Haus; Licht in's Herz und Licht in's Dunkel. Weihnacht! — Wie viel kannst der Menschheit du geben! Breche des Lebens Sorge und Plage; Drage Liebe in's Leid unsrer Tage. Licht und Liebe in's Leben! — holten dürfen. Glückwunschkarten, die außer den Absender« rngabrn noch weitere Zusätze bis zu sünf Worten enthalten, kosten, wenn sie im Briefumschlag foersandt werden, sowohl im O ts> als auch im Fernverkehr 5 Pfg., werden sie in Kartenform versandt, so unte liegen sie im Ortrbereich einer Gebühr von 3 Pfg., im Fernverkehr einer Gebühr von 5 Pfg. Unzureichend sreigrmachte Sendungen werden mit Nachgebühr belastet. Es kann daher den Versendern nur dringend geraten werden, die Bestimmungen zu beachten. — Ist man verpflichtet eine Zeitung zu Lesen? Im Gesetz ist darüber nichts gesagt, wohl aber besagt der hier in Frage kommende Z 276 de» Bürgerlichen Gesetzbuches: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorg falt außer acht läßt." Da« bezieht sich zunächst auf den Schaden, den man anderen zufügt, aber auch — sich selbst. Da nun alle obrigkeitlichen Verordnungen in unserer Zeit nicht mehr ausgeklingelt, sondern durch die Zeitungen ver öffentlicht werden, sogar nach mehrfachen Gerichtsent scheidungen in den Lokalzeitungen veröffentlicht werden müssen, wenn sie der Allgemeinheit bekannt werden sollen, so ist jeder, der sich nicht in Strafe und Schaden bringen will, eben auch verpflichtet, eine Zeitung zu lesen. Tut er das nicht, so erlangt er auch nicht Kenntnis von den wie Pilze aus der Erde schießenden neuen gesetzlichen und be hördlichen Verordnungen und hat kein Recht, sich im „Betretungsfalle" oder bei Nichterfüllung einer Zahlungs oder Lieferungsauflage damit zu entschuldigen, „er habe da« nicht gewußt, er lese keine Zeitung". Die Zeitung ist eben heute ein Organ de« Verkehr«. Deshalb gehört dar Lesen einer solchen nicht bloß zur Anwendung der üblichen sondern der im Grsetze erforderlichen Sorgfalt jede« Menschen. Wer also kein« Zeitung hält, handelt „fahrlässig" nach dem Gesetz und Hal diese seine Fahrlässigkeit voll und ganz zu vertreten. Unkenntnis von Bestimmungen schützt eben nicht vor Strafe und Schaden. stücke auf den Schienen. Glücklicherweise wurden die An schläge noch rechtzeitig entdeckt. Crimmitschau. In der Nacht zum Sonntag entstand in der Tischlerei der bedeutenden Maschinenfabrik A.-G. zwischen Güterbahnhof und Gasanstalt Feuer, da« sich in den Jnnenräumen infolge der großen Vorräte von Holz und Holzkohle rasch ausbreitete und auch die unteren Räumlichkeiten in Mitleidenschaft zog. Der Großfeueralar« brachte in kurzer Zeit ein stattliche« Feuerwrhrausgebot auf die Beine. vertlicheS »xd Sächsisches. MtknkrHÄkMa» den 2H. Dezember l-s«. H: Am vergangenen Sonntag fand im Hirsch die Neihnacht«bescheerung des FrauenveretnS statt. Eingelettet »urde die Feier durch das Kindelchor unter Leitung des Herrn Kantor Beger. Sodann begrüßt« der Ortspfarrer die Erschienen und sprach dann von der allen Herzen geltenden Neihnachttfreude über das Kommen des Heilandes aller Kelt. Dann sang Herr Oberlehrer a. D. Frank« ein Weihnachtslied, dem Gedichte von Kindern und weiter« Lieder de« Kinderchor«» solgteu. Am Schluß dankte der Ottspsarrer im Auftrag« des Frauenverein« und im Auftrage drr Brscheukteu allen, die es durch ihre Gaben ermöglicht halten, so vielen Armen, Alten und Kindern durch schöne Vnd brauchbare Weihnachtsgeschenk» eine Freude zu machen, sowie denen, die sich um die Verteilung d«r Gab«n bemüht haben. — B«i einem gestern Abend die Heide durchfahrenden Auto brach plötzlich ein Brand aus, der im Nu das ganze Auto in.Flammen fitzte. D«r Führer konnte sich durch Ab springen retten. Da« Auto .wurde bi« auf da« Fahrgestell vollkommen zerstört. — Der heutigen Nummer unserer Zeitung liegt, al« Wethnachtsgabe für die geehrten Leser, eia Wandkalender sÜr da« Jahr 1925 bei, der sicher allgemeinen Beisall finden wird. Möge jeder nur Tage der Zufriedenheit darauf an- iustreichen haben. — Nachdem an einem frei umhergelausenen Hunde in Ottendorf-Okrilla (brauner Rattler, Bastard, Rüde, 4 Jahre alt) bet der Staatlichen Veterinär — Polizei — Unter- suchungtanstalt Tollwut amtlich festgestellt worden ist, wird die Hundtspene bi« zum 1b. März 1925 verlängert. — Die gesetzliche Miete sür Januar beträgt rtnschl. der Mietsteuer 67 Prozent. — Die Versendung von Weihnacht«- und Neujahrs- karten. Zur Vermeidung von Unzuträgüchkeiten wild darauf hingewiefen, daß gedruckte Weihnacht« und NeujahlSkartrn, wenn sie für die Gebühr von 3 Pfg. befördert werden sollen, außer den sogenannten Absenderangaben (Absendungs tag, Name, Firma, Stand und Wohnort nebst Wohnung de« Absender«, seien Fernsprechnummrr, dir Telegramman- schrist und Telegrammschlüffel sowie sein Postscheck und Bankkonto und sonstige geschäftliche Merk« und Kennworte) Kin« weiteren handschriftlichen Aeuderuugrn und Zusätze ent- Dresden. Das Dresdner Polizeipräsidium wird in Kürze eine neue Abteilung einrichten, die Verkehrspolizei heißt und sich ausschließlich mit dem Zweige beschäftigen wird. Nach vorgenommenev Feststellungen in Leipzig und Dresden am 1. Jali 1924 wurden in Dresden an diesem Tage 2410 Privatautos, 1151 Lastautos, 1222 Krafträder gezählt, in Leipzig 2200 Privatauto», 959 Lastauto» und 1175 Krafträder, so daß also der Verkehr in Dresden stärker ist als in Leipzig. Für d!« neue Verkehrspolizei sollen Beamte ausgesucht werden, die in der Poltzeisahrschule hin- sichtlich der Kenntnis des Automobilwesens weiter ausge bildet werden. Diese Beamten werden durch Armbinden und weiße Handschuhe gekennzeichnet. Ferner sollen außer diesen stationierten Verkehrsbeamten je zwei Polizisten mit Krafträdern samt Beiwagen ausgestattet werden, um Tag und Nacht ständig die Straßen der inneren und äußeren Stadt zu befahren und den Verkehr zu überwachen. So dann werden kleine Autos angeschafft, in denen Polizeibr- amte fitzen, die sofort Verfolgungen aufnehmen können. Man hofft, daß der Landtag und da« Ministerium des Innern diesen Plänen und der weiter vorgesehenen neuen VerkehrSordnung zustimmen wird, so daß mit dem Inkraft treten am 1. April 1925 zu rechnen ist. Borna. Am Sonnabevdab«nd gegen halb 8 Uhr ereignete sich zwischen Vorwerk Crossen und Espenhain ein schwerer Aulounfall, dem der Spediteur Mittag au« Borna zum Opfer fiel. Mittag kam auf einem geliehenen Motor rad aus Leipzig und wurde von einem hinter ihm her- sahrendcn, ebenfalls aus Leipzig kommenden Personenauto, da« einer Peniger Maschinenfabrik gehört, erfaßt. Er kam dabet zu Fall und blieb besinnungslos auf der Straße liegen. Der Unfall soll dadurch entstanden sein, daß Mittag plötzlich eine andere Straßenseite erreichen wollte. Auch hat er an geblich da« Hupen und Rufen der Peniger Autoführer über hört und soll überhaupt etwas unsicher gefahren sein. Di« Insassen des Peniger Auto« baten ein die Unsallstelli passierende« Lastauto, den Verunglückten nach Leipzig Krankenhaus zu bringen, was auch geschah. Mittag wurdi nach St. Iakob übergeführt, wo ein Schädelbruch festgestell! wurde. Der Zustand des Verletzten ist besorgniserregend. Aue. In zwei aufeinanderfolgend«» Nächten bei vergangenen Woche wurden auf der Eisenbahnstrecke zwischer Aue und Bockau an einer sehr engen Kurve verbrecherisch, Anschläge verübt. Um eine Entgleisung herbeizuführen wurde ein Eisenstück zwischen Haupt- und Gleitschiene be> festigt, und in der anderen Nacht lagen Hölzer und Fel»