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Russisch-polnischer Konflikt. Der Ueberfall auf Stolpze. — Weitere Verschärfung durch einen neuen Vorfall. Das polnische Außenministerium hat an den Sowjetgesandten in Warschau wegen des lleberfalls einer Sowjetbande auf Stolpze eine Protestnote gesandt, in der be züglich des Tatbestandes folgendes zum Ausdruck kommt: Am 4. d. Mts. um Mitternacht hat eine Bande von 100 Mann, mit Maschinengewehren, Handgrana ten und Gewehren ausgerüstet, die polnische Grenzstadt Stolpze überfallen. Die Starostei, das Vezirkspolizei- kommando, die Ortspolizeiwache, die Bahnstation, das Postgebäude, das Finanzamt, das Ortsgesängnis und eine Reihe von Privatgebäuden werden beseht. Die Angriffe auf die Starostei. das Finanzamt und das Ortsgefängnis wurden durch die Beamte und die Poli zei zurückgewiesen, während das Postamt und das Bahnhofsgebäude ausgeplllndert und die Polizeiwache vollständig demoliert wurden. Die telegraphischen Apparate der Eisenbahnstation wurden völlig zerstört. Auch eine Anzahl Privathäuser und Geschäfte wurden ausgeplllndert. Bei dem Ueberfall wurden ein Be amter der Ctarostei und sieben Polizi sten getötet, ein Stationstelegraphist schwer verletzt. Zwei Mitglieder der Bande wur den in Haft genommen, von denen einer verwundet ist. Der Ueberfall dauerte über eine Stunde. Während des Ueberfalls war die Stadt von Posten umstellt. Die aus der Nachbarstadt zur Hilfe herbeigerufenen Ulanen wurden beim Eintritt in die Stadt mit Maschinenge wehrfeuer empfangen. Nach dem Einzug der Ulanen zog sich die Bande, die größenteils den bolschewistischen Helm mit dem Sowjetstern trug, in Richtung auf die russische Grenze zurück. Die allgemeine Verfolgung der Bande hat der Kommandeur der 9. Kavalleriebrigade ausgenommen. Nach den letzten eingegangenen Nach richten ist es gelungen, die Bande bei Kolo- sowo zu umzingeln. Während des Kampfes mit ihnen beschost die bolschewistische Grenzwache die aus der Verfolgung befindlichen Ulanen. Fünfzehn Mann der Bande ist es gelungen, auf Sowjetgebiet zu entkommen. Die Zuspitzung Äes Konflikts. Der durch den oben geschilderten Vandenüberfall hervorgerufene russisch-polnische Konflikt hat durch einen neuen Vorfall eine Verschärfung erfahren. In Petersburg sind nämlich zwei Mitglieder des polnischen Revolutionskomitees verhaftet worden. Das polnische Austenminister ium hat bereits in einer Verbalnote gegen diese Ver haftung energisch protestiert und die sofortige Frei lassung verlangt. — Andererseits hat die War schauer Polizei gestern einen Beamten der Sowjetgesandtschaft verhaftet, weil er groste Mengen kommunistische Proklamationen aufbe- ivahrt hatte. — Eine weiter Zuspitzung erfährt die Sache durch die im Laufe der Untersuchungen in Stol pze gemachten Feststellungen, das die Banden, die den Ort geplündert haben, größtenteils aus Soldaten der roten Armee bestanden haben. Die polnische Agentur, „Ajencja Wschodnia" bringt hierzu die Mitteilung, dast der Ueberfall seit langem in Minsk vorbereitet worden ist und dast die Banditen an der Grenze be waffnet wurden. * Sechs Beamte der deutschen Delbrück- Schächte von den Polen verhaftet. Nach einer Meldung der polnischen Telegraphen- Agentur sind am 6. August.auf Anordnung des Pro kurators beim Bezirksamt in Kattowitz sechs Be amten der deutschen Delbrück-Schächte namens Klein, Spende!, Kestermann, Kostelnik. Krö mer und Golomb, die in M a k o s ch a n. Kreis Katto witz, ihren Wohnsitz haben, unter dem Verdacht, einer geheimen deutschen Organisation anzugehören ver haftet worden. Eine Haussuchung soll angeblich fest gestellt haben, dast die Verhafteten Mitglieder eines deutschen Kriegervereins auf polnischem Territorium sind. Weiter Erhebungen sind im Gange. In der Amnestiefrage wurden die deut schen Forderungen erfüllt, wonach auch Verbrechen der Sabotage und Vergehens gegen die Sicherheit der Vefatzungstrnppen in der Amnestie frage eingezogen werden sollen. Im übrigen wurde beschlossen, das; auf beiden Seiten keine neuen Verfolgungen mehr in Kraft treten sollen. Obwohl man sich allgemein der optimistischen Hoff nung hingibt, dast die Konferenz noch in dieser Woche ihre Arbeiten beenden wird, wird doch von einer ganzen Anzahl prominenter Mitglieder die Vermutung aus gesprochen, dast sie sich noch bis in die nächste Woche hinein ausdehnen wird. Was die Frage und die Be handlung der militärischen Räumung des Nuhrge- bietes anbetrifft, so kann festgestellt werden, dast die. englische Delegation sich mit keiner von bei den beschäftigt oder auch nur irgendeinen Anteil daran hat. Mit Bezug auf den alliierten Plan zur wirtschaftlichen Räumung des Ruhrgebietes will die deutsche Delegation auf eine Beschleunigung dieser Mastnahmen gedrungen haben. Die Ansicht der verbündeten Regierungen geht dahin, dast die in diesem Räumungsplan vorgesehenen Daten von den Sachver ständigen nach eingehender Prüfung der Dinge feflgelcgt worden sind, dast natürlich auch auf der anderen Seite diese Räumung nicht ungebührlich hinausgeschoben wer den darf, so dast sich also an umd für sich grundsätz liche Meinungsverschiedenheiten in dieser Frage zwischen den Deutschen und den Alliierten nicht ergeben. Marx und Stresemann bei Herriot. Die Einleitung der Näumungsverhandlungen. London,?. August. Die Führer der Delegation, Reichskanzler Marx und Austenminister Dr. Strese- m a n n haben heute einhalb vier Uhr Herriot einen Besuch abgestattet und bei den anderen Delega tionen Karten abgegeben. Herriot hat den B e - s u ch bereits erwidert. Nach einer Meldung des „Ouotidien" hat am Don nerstag nachmittag in der Frage der militärischen Räu mung des Ruhrgebietes austerhalb des Rahmens der Kon ferenz ein er st er Meinungsaustausch zwischen den deutschen, französischen und belgischen Delegierten statt gefunden. Die deutsche Regierung will die Zurückziehung der Truppen bis zum 3. Dezenhber beendet sehen und sei bereit, dafür große Opfer zu bringen. — Wie der „Matin" aus dem Inhalt der deutschen Gegenvor schläge zu melden weist, soll die Räumung der Wirtschafts kontrolle. so schnell wie möglich, d. h. gleich zeitig mit den von deutscher Seite ergriffenen Maßnahmen erfolgen, und nicht im Anschluß an sie. Die wirt schaftliche Räumung muß spätestens am 1. Ok tober d. I. durchgeführt sein. Geschäft ist Geschäft! Der „Pariser Herald" meldet aus Newyork: Auch Senator Johnson veröffentlicht durch die Presse einen Ausruf an den Präsidenten, ein Scheitern der Londoner Konferenz unter allen Umständen zu verhindern, da seine Folge die Vernichtung des amerikanischen Handels nach Europa sein würde. Senator Johnson weist auf die Absperrung Japans und Ostasiens gegen über dem Handel der Union hin, der die Vereinigten Staaten zwinge, ihre alten europäischen Absatzgebiete zurückzugewinnen. Nun doch eine Einigung in den englisch-russischen Verhandlungen. Eine überraschende Wendung. Nachdem zuerst über eine Einigung, dann über einen Abbruch der englisch-russischen Beziehungen berich tet wurde, trifft heute die überraschende Nachricht ein, nach der von einem Abbruch ganz und gar keine Rede sein kann. Es wurde sogar eine endgültigeUeber- e i n k u n s t mit den Russen erzielt. Wie es kommt, dast die Verhandlungsparteien, von denen keine erst nach geben wollte, sich so schnell wieder zusammenfanden, da rüber wird man nähere Mitteilungen abwarten müs sen. Die Wolff-Meldung, die der ganzen Situation eine neue Wendung gibt, lautet: Die Londoner Konferenzarbeiten. Annahme deutscher Forderungen in der Verfehlungs- und in der Amnestiefrage. Die Konferenzarbeiten in London werden mit den. höchstmöglichen Hochdruck betrieben. Zwei der vor der Ankunft der deutschen Delegation eingesetzten Kommissionen der Konferenz und diejenigen, die sich mit der Frage der wirtschaftlichen Räumung der Ruhr bzw. der der Transferzahlungen und der Sachlieferungen be fassen, hielten gestern im Laufe des Tages Verhandlungen unter Teilnahme der deutschen Delegierten ab. Das Hauptinteresse in politischen Kreisen ist natür lich den Verhandlungen innerhalb des Rates der Vier zehn zugewandt, der des Vormittags sowohl wie des Nachmittags zusammentrat und allem Vernehmen nach sehr ermutigende Fortschritte in seinen Er örterungen erzielt hat. Wie von alliierter Seite verlautet, wurde im Rate der Vierzehn bei den Verhandlungen über die Verseh lungsfraqe der deutsche Antrag an genommen, dast auch Deutschland im gegebe nen Falle das Recht zur Einberufung des Schiedsgerichtes erhalten soll. Nach Erledigung dieser Frage wurde die Frage der Amnestie und außerdem zwei andere Probleme von mehr oder minder politischer Natur aufgegriffen. Auch in diesen Fragen entwickelten sich die Verhandlungen schnell und für Deutschland erfolgreich. London, 6. August. Unterstaatssekrctär Pon sonby teilte im Unterhaufe mit, dast mit der russischen Delegation heute nachmittag um 3,30 Uhr ein end gültiges Uebereinkommen erreicht wörden sei. Ferner gab er bekannt, der Handelsvertrag sei in dem Sinne geändert worden, dast England dem Monopol der Sowjetunion hinsichtlich des auswärtigen Handels Rechnung trägt und einer begrenzten Zabl non russischen Handelsdelegationen die diplomatische Immunität gewährleistet. Außerdem teilte Pon sonby noch mit, dast ein Handelsvertrag und ein allge meiner Vertrag abgeschlossen worden seien. — Die Er klärung wurde von der Arbeiterpartei mit letztstem Beifall bearüstt. Der WWWW bei der SWMhr. Ein neuer Kommunistenprozest. Unter großem Andrange des Publikums und starken polizeilichem Schutz begann Donnerstag vormittag vor dem Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik der Kommunistenprozeß gegen den 33 Jahre alten Maurer Fiedler und Genossen. Die Verhandlung war sehr reich an Zwischenfällen. Auf der Anklagebank hatten fünf Zivilisten, zwei Unteroff'Z'ere, ein Gefreiter, ein Schütze und die Frau eines Unteroffiziers Platz genom men. Der elfte Angeklagte, der Obergefreite Gräfe , hat im Untersuchungsgefängnis Selbstmord be gangen. Die Angeklagten, die sich seit Dezember vor'gen Jahres in Untersuchungshaft befinden, sind in Po^ dam wohnhaft bzw. Angehörige des dortigen wehrregiments. Es sind 18 Zeugen geladen, so die Verhandlungen voraussichtlich mehrere Tage in spruch nehmen werden. Senatspräsident Dr. Niedner eröffnete gegen 9-' Uhr die Verhandlung. Die Verteidigung stellte emen -st trag aufAblehnungdes Vorsitzenden. Dar b richt erklärte den Ablehnungsantrag für unbegründl Danach wurde in die Verhandlung eingetreten. Die" klage lautet auf Verbrechen des Hochverrats"? Beihilfe dazu, sowie Vergehen gegen dasst, publikschutzgesetz. Der erste Angeklagte Fiedll will die bei ihm Vorgefundene Munstion von zwei M bekannten erhalten und aus Furcht vor dem angedroN Erschießen aufbewahrt haben. Der zweite Angekla^ der Maschinengewehrschütze Mehlhorn, hatte in bindung mit dem verstorbenen Gräfe die Munition "" Boden der Reiterkaserne gestohlen und fortgebracht Im Laufe der Verhandlungen kam es zu s ch^ fenAu sein andersetz ungen zwischen dem 2^ sitzenden und den Verteidigern, worauf diese w Saal verließen und erklärten, ihre Mandate n 0 dergelegt zu haben. Die Verhandlung wurde rauf ausgesetzt, bis vom amtsweqen neue Verteidig bestellt find. Die Verhandlung soll am Freitag fortgesetzt werd!" Keine deutsche Rede in Deutschland! Ein Vorgang, der nicht scharf genug gebrandmarkt wcr^ kann, spielte sich am 3. d. M. in Räckelwitz ab, wo st Räckelwitzer Männerverein eine Kranzspende vor dem Kriegst denkmal plante. Die Ansprachen sollten in deutscher und vst, bischer Sprache gehalten werden. Als deutscher Redner mar st Hausgeistliche des Räckelwitzer Malteser Krankenhauses, PH"! Görlich, geladen. Kurz vor der Totengedenkfeier erst- Pfarrer Görlich, daß dem Männervereine die Feier aus st Hand genommen worden sei und zwar aus dem Grunde. angeblich eine Verfügung der Amtshauptmannschaft dein- Mst witzer Bürgermeister eingelaufen sei, die besage, daß keine Kst poration gesondert eine Gedenkfeier veranstalten dürfe, sonst" daß nur die Gemeinden selbst sie abhalten sollen. Als der germeister befragt wurde, in welcher Reihenfolge die beZ Ansprachen erfolgen sollten, antwortete der BürgermeiR des „deutschen" Städtchens Räckelwitz: „Die Gem ei"!, wünscht keine deutsche Rede". Als Pfarrer Est" vor der Gemeinde den Crostwitzer Pfarrer Schewtschk ist Wende) fragte, ob er verboten habe, eine deutsche Rede zu "st ten, verneinte dieser das. Als ein deutscher Dorfinsassc sÄ st rüber äußerte, daß wir Deutschen doch auch einen Anspruch st Trostworte in deutscher Sprache hätten, antwortete PhsJ Schewtschk laut in deutscher Sprache: „Ihr Deutschs seid Fanatiker!" Das war die Gedenkfeier zu Räckelwitz. Vor all" Oeffentlichkeit möge festgestellt werden, dast ein «st bischer Pfarrer es fertig bringt, in einem deuM Städtchen mit überwiegend dcutschbllltiger Bevölkert den Deutschen das Wort verbietet, um am Gedenkst"" der Toten zu sprechet die den Heldentod starben, st Haus und Hof von Feindeshand zu schützen. Sollte " wirklich schon so weit gekommen sein, dätz Deutsche ' einem deutschen Städtchen auf einem deutschen Feie" Hof vor einem deutschen Kriegerdenkmal nicht in dst" scher Sprache sprechen dürfen? Wie ist es nrög l i ch, dast eine Gemeinde einem Stadtoberhauptc ustst stellt ist, der es fertig bringt, zu behaupten, dast st".!, Gemeinde keine deutsche Rede wünsche? Und wa st der Amtshauptmann, der eine derartige Knebelung,st serer Muttersprache durch ein Häuflein FremdsprackE, zulästt? Es darf erwartet werden, dast die maßgebst den Behörden diesen Fall untersuchen und die Geiost dafür geben, dast sich derartige Gehässigkeiten nicht Verholen. . Politische Tagesschau. Eine Studienabordnung am erikani!^' Geistlicher und Professoren in Deutf^ land. Eine Abordnung von siebzig amerikanischen K" lichen und Hochschulprofessoren, die nach Berlin gekost« sind, um die politische und wirtschaftliche Lage Demh lands zu studieren, ist am Mittwoch vom Staatssckrst des Auswärtigen Amtes, Freiherr von Maltzahn, in tretung des in London weilenden Außenministers fangen worden. Der Staatssekretär bekundete den st schienenc» großes Interesse für ihre dankenswerten strebungen und versprach vollste Unterstützung. Keine Verfassungsfeier in Mcckl^ bürg. Von der Mecklenburg-Schweriner Regierung die Abhaltung einer Feier am Verfassungstage nicht st. plant. Die Regierung geht von der Auffassung aus, « bei dem Ernst der Zeit von Feiern abzusehen sei. , Großer Wahierfolg des Gewerkverc stst christlicher Bergarbeiter. Bei den Wahlen !' Knappschaftsältesten im rheinischen Braunkohlcnrsttz! die vom 28. bis 31. Juli stattfanden, hat der Gestst verein christlicher Bergarbeiter eine überwiegende M... heit erzielt. Es wurden in 30 Sprengeln gewählt. ... erhielten der Gewerkoerein christlicher Bergarbeiter "st Stimmen, die freien Gewerkschaften 1907, die Konst, nisten und Unionisten erhielten nur 21 Stimmen, st! auch noch nicht einmal bewertet werden, weil keine st, schriftsmäßigen Kandidatenlisten ausgestellt worden ssstZ Von 37 Mandaten erhielten der Gewerkverein chnsüst. Bergarbeiter allein 25, also weit über die Hälfte- Z ücien Gewerkschaften 11 Mandate, ein Mandat I" unbestimmt. England. Aufsehenerregende Kommunisten^'^ ) aftung in Loudon. Großes Aufsehen erregst London die Verhaftung des Herausgebers des offistst Organs der Kommunistischen Partei, John st Campbell, der beim Versuch, Propaganda unter st. ?.?ere-.angehörigcn zu treiben, abgefaßt wurde. Er ßst zum Lesen eines Artikels „Armee und industrielle st.st igkeiten" zu veranlassen. Campbell wurde ins u" uchungsgefängnis gebracht.